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Überwachung von Mitarbeitern - Anwaltskanzlei Merz - Dresden

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<strong>von</strong> Rechtsanwalt Dieter <strong>Merz</strong><br />

1


Zur Person: Dieter <strong>Merz</strong><br />

Rechtsanwalt <strong>Merz</strong> ist seit 1985 als Rechtsanwalt zugelassen. Seit<br />

2011 hat sich die Kanzlei mit Rechtsanwalt Tobias Stöhr und<br />

Rechtsanwältin Kristin Dimke verstärkt. Herr RA Stöhr ist<br />

schwerpunktmäßig auf den Gebieten des gewerblichen<br />

Rechtschutzes, IT – Recht und Bank- und Kapitalmarktrechtes tätig,<br />

während die Tätigkeitsschwerpunkte bei Frau RA Dimke in den<br />

Gebieten Verkehrs- und Versicherungsrecht, Erbrecht und Mietrecht<br />

liegen.<br />

Dieter <strong>Merz</strong> ist Gründer <strong>von</strong> zahlreichen Organisationen, Verbänden und Vereinen und besitzt<br />

langjährige Erfahrung als Aufsichtsratsvorsitzender und Gemeinderat. Ferner ist er Herausgeber<br />

zahlreicher Fachpublikationen und Ratgeber, so zum Beispiel <strong>von</strong> dem Online-Portal www.szjobs.de/Ratgeber.<br />

Zudem hält er vielfach Fachvorträge, leitet arbeitsrechtliche Workshops und ist<br />

Referent im Expertenteam der <strong>Dresden</strong> International University.<br />

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht betreut er schwerpunktmäßig mittelständische Unternehmen<br />

unterschiedlicher Branchenbereiche, vom kleinen Einzelunternehmerbetrieb bis hin zu<br />

Kapitalgesellschaften, Kommunen, soziale Träger sowie Angehörige freier Berufe.<br />

Ferner kann Herr Rechtsanwalt <strong>Merz</strong> auf erfolgreiche Beratungen bis hin zur Prozessvertretungen <strong>von</strong><br />

Managern, Führungspersonal und leitenden Angestellten verweisen.<br />

Zur Rechtsanwaltskanzlei <strong>Merz</strong><br />

Oberste Priorität der Rechtsanwaltskanzlei <strong>Merz</strong> ist das problemorientierte, effiziente und<br />

wirtschaftlich durchdachte Handeln im Umgang mit den Anliegen der Mandantschaft. Hierbei erfolgt<br />

eine umfassende und zielorientierte Betreuung der Mandantschaft sowohl im außergerichtlichen, als<br />

auch im gerichtlichen Bereich. Neben der Vertretung der Mandantschaft hat es sich die<br />

Rechtsanwaltskanzlei <strong>Merz</strong> zur Aufgabe gemacht, durch intensive und sorgfältig abgestufte Beratung<br />

die Mandantschaft zu präventiven Denken zu verhelfen und somit frühzeitig juristische<br />

Problemschwerpunkte zu vermeiden.<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

I. EINLEITUNG ......................................................................................................4<br />

II. AKTUELLE FÄLLE ..............................................................................................4<br />

III. ÜBERWACHUNGSMETHODEN .......................................................................... 5<br />

1) Kameraüberwachung .................................................................................. 5<br />

a) Verdeckte Kameraüberwachung ...................................................................................... 5<br />

b) Offene Kameraüberwachung ........................................................................................... 6<br />

c) Einzelprobleme der Videoüberwachung ......................................................................... 8<br />

d) Checkliste im Rahmen der Videoüberwachung ............................................................ 13<br />

2) Einsatz <strong>von</strong> Detektiven............................................................................... 13<br />

a) Grundsätzliches .............................................................................................................. 13<br />

b) Einzelprobleme beim Einsatz <strong>von</strong> Detektiven .............................................................. 14<br />

3) <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Internet, E-Mail und Telefon ......................................... 14<br />

a) Grundsätzliches .............................................................................................................. 14<br />

b) Wichtige Fragen bzgl. der <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Internet, E-Mail und Telefon .............. 15<br />

c) Einzelprobleme bei der <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Internet und E-Mail ................................ 15<br />

d) Einzelprobleme bei der <strong>Überwachung</strong> des Arbeitstelefons ......................................... 18<br />

4) Leibesvisitationen und Torkontrollen ........................................................ 21<br />

3


I. Einleitung<br />

Die Möglichkeiten zur <strong>Überwachung</strong> und Kontrolle <strong>von</strong> Arbeitnehmern durch deren Arbeitgeber ist ein<br />

aktuelles Thema. Dies belegen Berichte aus der Vergangenheit über die Deutsche Bahn, <strong>von</strong> Lidl und<br />

der Deutschen Telekom. Im Zuge der Zeit haben sich die Möglichkeiten zur Kontrolle und<br />

<strong>Überwachung</strong> der Arbeitgeber vervielfältigt. So geschieht dies teilweise durch Kameras, Detektive<br />

sowie Datensammlung und -auswertung <strong>von</strong> Internet-, E-Mail- oder Telefonverbindungen. Dennoch<br />

sollten diese Maßnahmen aus moralischen Gründen sowie mit Blick auf den Betriebsfrieden und die<br />

öffentliche Reputation erst nach eingehender Prüfung und sorgfältiger Planung ergriffen werden.<br />

Häufig stehen die so erlangten Erkenntnisse der gerichtlichen und außergerichtlichen Verwertung im<br />

Wege. Arbeitgeber und Arbeitnehmern, welche in diesem Rahmen über Informationen verfügen,<br />

gereicht dies zum Vorteil.<br />

In diesem Zusammenhang fragt sich, wie die häufig zu hörenden Schlagzeilen<br />

„Ruf nach Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz wird lauter“<br />

„Videoüberwachung im Betrieb ist grundsätzlich erlaubt“<br />

„Personalmanager beobachten verstärkte <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> <strong>Mitarbeitern</strong>“<br />

„Mitarbeiterüberwachung: Datenschützer fordern neue gesetzliche Regelungen“<br />

„Big Brother am Arbeitsplatz? Nicht ohne den Betriebsrat“<br />

„Dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter überwachen?“<br />

einzuordnen sind.<br />

In diesem Ratgeber wird auf mögliche Änderungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG)<br />

hingewiesen, welche am 25.08.10 in einem Entwurf des Beschäftigtendatenschutzgesetzes (E-BDSG)<br />

durch das Bundeskabinett beschlossen wurden.<br />

Die wesentlichen Neuerungen des Entwurfs werden in 13 neuen Paragrafen aufgestellt, welche die<br />

Datenerhebung, -speicherung und -nutzung betreffen. Diese Regelungen sind in das bisherige<br />

Datenschutzgesetz eingebettet und gehen den allgemeinen Regelungen des Datenschutzgesetzes<br />

vor.<br />

II.<br />

Aktuelle Fälle<br />

In den letzten Jahren sind zunehmend die Datenskandale großer Unternehmen an das Tageslicht<br />

getreten. Zu nennen sind nur die Affären der Deutschen Telekom, der Deutschen Bahn und dem<br />

Discounter Lidl. Wie explosiv dieses Thema in sozialer und rechtlicher Hinsicht ist, zeigt unter<br />

anderem der Fall Hartmut Mehdorns, welcher nach einem erheblichen Vertrauensverlust und einem<br />

4


Entschuldigungsschreiben abgesetzt wurde. Im Vorfeld kam es zu systematischen <strong>Überwachung</strong>en<br />

und sogar direkten Manipulationen gegenüber „unbeliebten“ <strong>Mitarbeitern</strong>. Hierbei zeigt sich, welche<br />

Brisanz dieses Thema bietet.<br />

Ist die Entscheidung zur <strong>Überwachung</strong> der Mitarbeiter einmal gefallen, müssen rechtliche Grenzen<br />

beachtet werden. Zum einen müssen arbeitsrechtlichen und persönlichkeitsrechtlichen Grenzen <strong>von</strong><br />

<strong>Überwachung</strong>smaßnahmen eingehalten werden, die im Fall einer Verletzung durchaus finanziell<br />

schmerzhafte Folgen für den Arbeitgeber haben können. Zum anderen folgt aus einer rechtlich<br />

fehlerhaften Vorgehensweise eine grundsätzliche Unpopularität der <strong>Überwachung</strong>, die zu einem<br />

Imageverlust führen kann.<br />

III.<br />

<strong>Überwachung</strong>smethoden<br />

Die häufigsten <strong>Überwachung</strong>smethoden sind die Kameraüberwachung, der Einsatz <strong>von</strong> Detektiven<br />

sowie die <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Internet, E-Mail und Telefonkontaktdaten. Diese systematische<br />

Mitarbeiterüberwachung hat in rechtlicher Hinsicht unterschiedliche Grenzen. Zu beachten sind hierbei<br />

die individuellen Rechte der Arbeitnehmer, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sowie die<br />

allgemein geltenden Datenschutzgesetze. Je nach Art und Weise der <strong>Überwachung</strong> sind vor allem die<br />

folgenden Punkte zu beachten.<br />

1) Kameraüberwachung<br />

Eine der häufigsten <strong>Überwachung</strong>smethoden ist die Kameraüberwachung. Hierbei ist streng zwischen<br />

der verdeckten Kameraüberwachung und der weniger beeinträchtigenden offenen<br />

Kameraüberwachung zu differenzieren.<br />

a) Verdeckte Kameraüberwachung<br />

Die verdeckte Kameraüberwachung ist nur sehr eingeschränkt zulässig, weil sie deutlich stärker in die<br />

Rechte der Beobachteten eingreift als die offene Videoüberwachung. Das heimliche Beobachten <strong>von</strong><br />

<strong>Mitarbeitern</strong> zur Überprüfung der Arbeitsleistung ist <strong>von</strong> vornherein unzulässig. So ist es dem<br />

Arbeitgeber verwehrt, die Arbeitsweise und Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter „heimlich“ zu<br />

kontrollieren.<br />

Nicht anders verhält es sich im Rahmen <strong>von</strong> Präventivmaßnahmen. Auch das heimliche Beobachten<br />

der Mitarbeiter zum vorgreifenden Schutz vor Eigentumsdelikten ist grundsätzlich unzulässig. Da der<br />

Arbeitgeber durch eine verdeckte Kameraüberwachung erheblich in die Persönlichkeitsrechte der<br />

Mitarbeiter eingreift, darf er dieses Mittel nicht generalpräventiv einsetzen.<br />

5


In stark begrenzten Ausnahmefällen ist die verdeckte Videoüberwachung für zulässig erklärt worden.<br />

Voraussetzung ist hierbei, dass eine offene Videoüberwachung nicht erfolgversprechend scheint.<br />

Grundsätzlich gilt:<br />

Nur wenn ein konkreter, auf Tatsachen gestützter Verdacht auf strafbares Verhalten eines<br />

Mitarbeiters besteht und kein anderes, milderes Mittel zur Überprüfung zur Verfügung steht,<br />

darf der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur heimlichen<br />

Kameraüberwachung greifen (BAG, Urteil v. 27.3.2003, 2 AZR 51/02).<br />

Handelt es sich dagegen um öffentlich zugängliche Räume, ist eine verdeckte Videoüberwachung<br />

bereits nach § 2 Abs.1 GG wegen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unzulässig (BAG, Urteil vom<br />

27.03.2003, 2 AZR 51/02).<br />

Bei ständiger lückenloser verdeckter <strong>Überwachung</strong> steht dem Arbeitnehmer sogar ein Unterlassungs-<br />

sowie Schadensersatzanspruch aufgrund der Persönlichkeitsrechtsverletzung zu (BAG, Urteil vom<br />

07.10.1987).<br />

Hinweis:<br />

Der Entwurf sieht vor, eine heimliche Videoüberwachung für grundsätzlich unzulässig zu erklären (§<br />

32f Abs. 1 E-BDSG). Diese Art der <strong>Überwachung</strong> soll trotz konkretem Tatverdacht oder auch bei<br />

Kenntnis der Arbeitnehmer vollkommen ausgeschlossen werden.<br />

b) Offene Kameraüberwachung<br />

Eine offene Kameraüberwachung ist dagegen im Einzelfall zulässig, solange sie einen legitimen<br />

Zweck verfolgt, die Mitarbeiter nicht nur schikanieren oder unter Beobachtungsdruck setzten<br />

soll und im Einzelfall verhältnismäßig ist (BAG, Urteil v. 14.12.2004, 1 ABR 34/03).<br />

(aa) Legitimer Zweck<br />

Da die <strong>Überwachung</strong> einem legitimen Zweck dienen muss, darf nur das erfasst werden, was hierfür<br />

notwendig ist. So können z. B. Kassen, Warenbestände oder teure Betriebsmittel überwacht werden.<br />

Grundsätzliche Bedeutung kommt dem Interesse des Arbeitgebers am Schutz seiner im Einzelhandel<br />

befindlichen Ware zu. Die <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Flur, Pausenräumen oder gar sanitären Anlagen ist<br />

dagegen unzulässig, solange kein konkreter, nachvollziehbarer Anlass besteht. Ein Anlass wäre unter<br />

anderem das häufige bzw. wiederholende Auftreten <strong>von</strong> Vandalismus.<br />

(bb) Kein Beobachtungsdruck<br />

Die sichtbare Videoüberwachung in Betrieben stellt den Arbeitnehmer unter einen erhöhten<br />

<strong>Überwachung</strong>sdruck. Dieser zusätzliche <strong>Überwachung</strong>sdruck stellt einen erheblichen Eingriff in das<br />

Allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Von daher benötigt der Arbeitgeber zur Rechtfertigung der<br />

6


<strong>Überwachung</strong>smaßnahme ein vorrangiges Kontrollinteresse, das ausnahmsweise höher zu bewerten<br />

ist, als das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers.<br />

Deshalb ist eine Videoüberwachung allein zu Vorbeugung und ohne spezifischen Anlass nicht<br />

zulässig. Denn hierbei wird ein Druck auf den Arbeitnehmer aufgebaut, welcher diesem ohne<br />

Vorliegen deliktischer Anhaltspunkte nicht zuzumuten ist.<br />

Besonders schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers ergeben sich jedoch, wenn erhebliche<br />

Straftaten zu befürchten sind. Exemplarisch sind hierbei Industriespionage, Sabotage oder Diebstahl<br />

zu nennen. Allerdings ist das Vorliegen eines konkreten Tatverdachts oder eines konkreten Anlasses<br />

zwingend erforderlich. Ein pauschaler Verdacht gegen die gesamte Belegschaft genügt diesen<br />

Erfordernissen nicht.<br />

Videoüberwachung aus reiner Prophylaxe ist unzulässig.<br />

Überwiegende Schutzinteressen bestehen häufig in öffentlichen Geschäftsräumen, in welchen zur<br />

Aufklärung und Verhütung <strong>von</strong> Warenverlusten durch Eigentumsdelikte <strong>von</strong> Kunden und <strong>Mitarbeitern</strong><br />

Kameras eingesetzt werden.<br />

Nicht erlaubt ist die <strong>Überwachung</strong> zur Gewährleistung sorgfältiger Arbeitserledigung. Dies gilt nicht,<br />

wenn die <strong>Überwachung</strong> aus Sicherheitsgründen geschieht, wie bei Bankangestellten, oder lediglich<br />

maschinelle Arbeitsvorgänge kontrolliert werden. Zur Gefahrenabwehr und zur Aufzeichnung <strong>von</strong><br />

möglichen Tätern kann wegen der besonderen Gefährdung an Bankschaltern eine permanente<br />

Videoüberwachung erforderlich und gerechtfertigt sein. Folglich ist die <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong><br />

Bankangestellten am Bankschalter wegen der hohen Missbrauchsgefahr rechtmäßig (BAG, Urteil vom<br />

07.10.1987, Az.: 5 AZR 116/86).<br />

Auf jeden Fall aber, muss der Arbeitnehmer <strong>von</strong> der <strong>Überwachung</strong> informiert werden.<br />

Schließlich ist zu verlangen, dass diese Form der <strong>Überwachung</strong> verhältnismäßig ist. Folglich darf das<br />

Ergebnis nicht in anderer Weise, mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreicht werden.<br />

(cc) Hinweispflicht des Arbeitgebers<br />

Der Gesetzgeber hat in § 6 b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) eine wichtige neue Regelung<br />

geschaffen zur <strong>Überwachung</strong> in öffentlichen Räumen. Die Videoüberwachung in öffentlich<br />

zugänglichen Räumen ist nur ganz eingeschränkt zulässig, soweit diese Videoüberwachung<br />

erforderlich ist zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, zur Wahrnehmung des Hausrechtes oder zur<br />

Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke. Zusätzlich ist gefordert, dass<br />

keine Anhaltspunkte bestehen, wonach das schutzwürdige Interesse der betroffenen überwachten<br />

Personen überwiegen. Sollten diese überwiegen, ist die Videoüberwachung trotz der guten Gründe<br />

unzulässig.<br />

7


Die Tatsache der Videoüberwachung und die dafür verantwortliche Stelle muss zusätzlich durch<br />

geeignete Maßnahmen den Überwachten erkennbar gemacht werden. Dies gilt auch für die<br />

Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Arbeitsräumen (z.B. Kaufhaus). Handelt es sich um<br />

öffentlich zugängliche Räume, muss nach § 6b BDSG ein sichtbarer Hinweis auf die<br />

Videoüberwachung erfolgen.<br />

Die Arbeitnehmer können sich jedoch nicht immer auf die Vorschrift des § 6 b BDSG berufen. Diese<br />

Vorschrift regelt nur die Beobachtung und Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen.<br />

Hierzu zählen unter anderem Verkaufsräume, Schalterhallen oder Bahnhofsvorplätze. Sie findet keine<br />

Anwendung auf Videoüberwachungen am Arbeitsplatz in nichtöffentlichen Betrieben. Eine analoge<br />

Anwendung des Gesetzes scheidet aus, da der Gesetzgeber eine direkte Anwendung für private<br />

Räume oder geschlossene Betriebsräume nicht wollte.<br />

Hinweis:<br />

Eine offene Videoüberwachung nicht öffentlich zugänglicher Räume erklärt der Gesetzentwurf (§ 32 f<br />

E-BDSG) nur als zulässig, wenn diese der Wahrnehmung wichtiger betrieblicher Interessen dient und<br />

verhältnismäßig ist. Des Weiteren ist sie nur aus den im Gesetz genannten Gründen (Zutrittskontrolle,<br />

Wahrnehmung des Hausrechts, Schutz des Eigentums, Sicherheit des Beschäftigten, Sicherung <strong>von</strong><br />

Anlagen, Abwehr <strong>von</strong> Gefahren für die Sicherheit des Betriebes, Qualitätskontrolle) erlaubt.<br />

Betriebsräume, die überwiegend zur privaten Nutzung vorhanden sind, dürfen nicht überwacht<br />

werden. Für die <strong>Überwachung</strong> öffentlich zugänglicher Räume gilt weiterhin die Regelung des § 6 b<br />

BDSG.<br />

c) Einzelprobleme der Videoüberwachung<br />

(aa) Verdachtsabhängige Videoüberwachung im Betrieb<br />

Arbeitgeber und Betriebsrat sind grundsätzlich berechtigt, eine Videoüberwachung im Betrieb<br />

einzuführen. Ob der hiermit verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der<br />

Arbeitnehmer zulässig ist, richtet sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine<br />

Videoüberwachung ist jedenfalls dann verhältnismäßig, wenn sie auf konkrete Verdachtsfälle sowie<br />

zeitlich und räumlich beschränkt ist und <strong>von</strong> der Mitwirkung des Betriebsrats abhängt. Die<br />

Argumentation, der Arbeitgeber wolle mit der Kameraüberwachung Diebstähle verhindern, reiche<br />

dagegen ohne einen konkreten Verdacht nicht aus.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Arbeitgeberin betrieb ein Briefverteilzentrum. Sie verhandelte mit dem Betriebsrat erfolglos über<br />

die Einrichtung einer stationären Videoüberwachungsanlage. Die daraufhin angerufene<br />

Einigungsstelle beschloss eine Betriebsvereinbarung über den Einsatz der Videoüberwachung im<br />

Betrieb. Hiernach gilt:<br />

8


1. Eine Videoüberwachung ist nur zulässig, wenn ein auf konkrete Arbeitnehmer<br />

beschränkter Verdacht einer strafbaren Handlung (insbesondere Diebstähle <strong>von</strong><br />

Briefsendungen) besteht.<br />

2. Die Videoüberwachung ist zudem (zunächst) räumlich beschränkt auf den Bereich, in dem<br />

Briefsendungen abhanden gekommen sind.<br />

3. Erst wenn die Videoüberwachung in diesem Bereich zu keinem Ergebnis geführt hat, darf<br />

sie räumlich ausgedehnt werden, wobei sie ohne Zustimmung des Betriebsrats nicht länger<br />

als vier Wochen eingesetzt werden darf.<br />

4. Die Kameras sind zudem in einem Schrank aufzubewahren, der nur mit zwei Schlüsseln<br />

geöffnet werden kann, wobei einer der Schlüssel im Besitz des Betriebsrats sein muss.<br />

Der Betriebsrat beantragte beim ArbG die Feststellung, dass die Betriebsvereinbarung unwirksam ist.<br />

Er machte geltend, dass durch die vorgesehene Videoüberwachung unverhältnismäßig in das<br />

allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer eingegriffen werde. Es sei schon fraglich, ob die<br />

Videoüberwachung überhaupt geeignet sei, Diebstähle zu verhindern. Sie sei jedenfalls nicht<br />

erforderlich, da die bereits bestehenden Möglichkeiten einer Tür- und Taschenkontrolle ein<br />

ausreichendes und milderes Mittel darstelle.<br />

ArbG und LAG wiesen den Antrag des Betriebsrats ab. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde<br />

hatte vor dem BAG teilweise Erfolg.<br />

Die Gründe:<br />

Die Rechtsbeschwerde hat nur insoweit Erfolg, als dass die Betriebsvereinbarung eine Ausdehnung<br />

der Videoüberwachung über den Bereich, in dem die Briefsendungen abhanden gekommen sind,<br />

erlaubt. Grundsätzlich sind Arbeitgeber und Betriebsrat befugt, eine Videoüberwachung im Betrieb<br />

einzuführen. Der hiermit verbundene Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer<br />

muss allerdings verhältnismäßig und damit geeignet, erforderlich und angemessen sein.<br />

Die Videoüberwachung verfolgt im Streitfall einen legitimen Zweck, nämlich die Verhinderung <strong>von</strong><br />

Diebstählen in Bezug auf Briefsendungen oder deren Inhalt. Die vorgesehenen Maßnahmen sind zur<br />

Erreichung dieses Zwecks grundsätzlich geeignet, da sie die Feststellung <strong>von</strong> Tätern erleichtern und<br />

sie möglicherweise <strong>von</strong> weiteren Straftaten abhalten können.<br />

Die Maßnahmen sind auch erforderlich. Es ist nicht ersichtlich, dass es mildere gleich geeignete Mittel<br />

zur Diebstahlsbekämpfung und -aufklärung gibt. Taschen- und Personenkontrollen sind nicht gleich<br />

geeignet, da Briefsendungen häufig Geld und Gegenstände des täglichen Lebens entnommen<br />

werden, die auch dem Arbeitnehmer gehören können.<br />

Eine verdachtsabhängige, räumlich und zeitlich beschränkte sowie <strong>von</strong> der Mitwirkung des<br />

Betriebsrats abhängige Möglichkeit der Videoüberwachung ist auch angemessen.<br />

9


Einschränkung:<br />

Etwas anderes gilt für die in der Betriebsvereinbarung ebenfalls vorgesehene räumliche<br />

Ausdehnung der Videoüberwachung. Diese Regelung ist unwirksam. Denn hierdurch wird ein<br />

größerer Kreis "unschuldiger" Arbeitnehmer in die <strong>Überwachung</strong> einbezogen. Es wird in die<br />

Persönlichkeitsrechte <strong>von</strong> sehr viel mehr Arbeitnehmern eingegriffen, ohne dass diese hierzu Anlass<br />

gegeben hätten. Die Regelung macht dies auch nicht vom Vorliegen zusätzlicher, die Ausweitung der<br />

<strong>Überwachung</strong> rechtfertigender Verdachtsmomente oder Indizien abhängig (BAG. Urteil vom<br />

26.8.2008, 1 ABR 16/07). So entschied das BAG in einem anderen Fall, dass die Installation <strong>von</strong><br />

Kameras in einer Postsortierstelle unzulässig war. Es waren zwar Postsendungen verschwunden,<br />

aber es gab keine ausreichenden Hinweise, dass sie in dieser Sortierstelle gestohlen wurden." (BAG,<br />

Urteil vom 29.06.2004, Az.: 1 ABR 21/03) Eine flächendeckende Kameraüberwachung <strong>von</strong><br />

Arbeitsplätzen ist somit im Regelfall nicht zulässig. "Erlaubt ist eine solche <strong>Überwachung</strong>smaßnahme<br />

nur dann, wenn es keine anderen, milderen Möglichkeiten der Überprüfung <strong>von</strong> <strong>Mitarbeitern</strong> gibt."<br />

(bb) Kameraüberwachung: Tabu in Umkleideräumen<br />

Unzulässig sind dagegen <strong>Überwachung</strong>en, die den Privatbereich des Mitarbeiters betreffen und somit<br />

seine Persönlichkeitsrechte verletzen. Hierbei ist dem Arbeitnehmer ein „beobachtungsfreier Raum“<br />

zu belassen. Dem Arbeitgeber gehe die Privatsphäre seiner Mitarbeiter grundsätzlich nichts an. Auch<br />

Wortprotokolle über Mitarbeitergespräche zu persönlichen Themen wie Reisen oder Schulden sind<br />

unzulässig. Somit ist die <strong>Überwachung</strong> mittels verdeckter Kameras im Umkleide- oder Pausenräumen<br />

unzulässig. Der Arbeitgeber hat in diesen Bereichen kein schutzwürdiges Interesse daran, seine<br />

Mitarbeiter zu filmen oder abzuhören. Hier geht der Schutz der Privat- und Intimsphäre in jedem Falle<br />

vor, wenn nicht Kapitalverbrechen oder ähnliches zu befürchten sein sollte.<br />

(cc) Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats<br />

Im Falle der <strong>Überwachung</strong> durch technische Hilfsmittel wie etwa Videokameras oder Programmen zur<br />

<strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Computern gilt es grundsätzlich die Mitwirkung des Betriebsrates zu beachten.<br />

Dieser ist dringend zu beteiligen. So bedarf es bei Einsatz einer der zahlreichen<br />

<strong>Überwachung</strong>smöglichkeiten der Mitbestimmung des Betriebsrates, § 87 Abs. 1 Nr. 6<br />

Betriebsverfassungsgesetz. Eine technische Einrichtung im Sinne dieser Norm ist jedes optische,<br />

mechanische, akustische oder elektronisches Gerät (BAG, Urteil vom 08.11.1994). Kommt eine<br />

Zustimmung des Betriebsrates allerdings nicht zustande, so kann die Einigungsstelle entscheiden,<br />

wodurch die Zustimmung als ersetzt gilt.<br />

Ferner hat der Betriebsrat darüber mitzubestimmen, wie lange die Daten aufbewahrt werden und<br />

wann sie gelöscht werden müssen. Auch im Bereich der Datenauswertung ist der Betriebsrat nach<br />

Ansicht des BAG zu beteiligen. Diese Auswertung liegt vor, wenn verhaltens- oder leistungsbezogene<br />

Daten mit anderen Daten in Beziehung gesetzt werden und dadurch Aussagen über Verhalten und<br />

Leistung <strong>von</strong> Arbeitern verarbeitet werden.<br />

10


Dieser Datenauswertung liegt ein weit größerer Druck als der Datenerfassung zugrunde, so dass<br />

hiergegen starke Verhältnismäßigkeitsgrundsätze sprechen und die Gefahr der Verletzung des<br />

allgemeinen Persönlichkeitsrechts besteht.<br />

Achtung:<br />

Somit sind auch Daten die auf einem nichttechnischen Weg gewonnen worden und erst in einem<br />

weiteren Schritt in eine Datenverarbeitungsanlage eingeleitet worden, der Mitbestimmung des<br />

Betriebsrates unterworfen.<br />

Hält sich der Arbeitgeber nicht an das Zustimmungserfordernis des Betriebsrates, so kann der<br />

Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht auf Unterlassung klagen. Von daher sollten Mitarbeiter, welche die<br />

Vermutung haben, dass sie ausspioniert werden, sich an den Betriebsrat wenden. Dieser wird der<br />

Sache nachgehen und gegebenenfalls klagen. Vorteilhaft für den betroffenen Arbeitnehmer ist hierbei<br />

der Umstand, dass er gegenüber seinem Arbeitgeber nicht in Erscheinung treten muss.<br />

Die Möglichkeit des Arbeitgebers selbst beim zuständigen Gericht Unterlassungsklage einzureichen<br />

bleibt hier<strong>von</strong> unberührt.<br />

Es reicht im Übrigen zur Auslösung des Zustimmungserfordernis aus, dass diese technischen Anlagen<br />

abstrakt zur <strong>Überwachung</strong> geeignet sind (§ 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG). Es kommt nicht darauf an, ob<br />

die Einführung der Anlage aus der Sicht des Arbeitgebers auch zur <strong>Überwachung</strong> der Arbeitnehmer<br />

dienen soll. Alleine die Möglichkeit der <strong>Überwachung</strong> entscheidet über die Mitbestimmung. Fehlt<br />

diese, so darf die Kameraanlage nicht installiert und eingesetzt werden.<br />

Ein weiteres Mitbestimmungsrecht besteht auch dann, wenn außerhalb des eigentlichen<br />

Arbeitsverhaltens Regelungen im Rahmen der Ordnung des Betriebes eingeführt werden (§ 87 Abs. 1<br />

Ziff. 1 BetrVG). Darunter fallen z.B. Tor- und Personalkontrollen am Ausgang sowie<br />

Taschenkontrollen. Schließlich kann auch ein Mitbestimmungsrecht bestehen, wenn spezielle<br />

Mitarbeiter oder Detektive eingestellt oder in den Betrieb eingeschleust werden, um andere Mitarbeiter<br />

zu kontrollieren.<br />

Gibt der Arbeitnehmer an, dass die Installation allein der <strong>Überwachung</strong> der Arbeitsleistung als solcher<br />

dient, so dürfte sich auch hierbei ein Mitbestimmungsrecht ergeben, da die Anlagen neben der<br />

Arbeitsleistung auch das sonstige Verhalten des Arbeitnehmers überwachen oder überwachen<br />

können. Damit ist die Ordnung des Betriebes betroffen, bei deren Regelung der Betriebsrat stets<br />

mitzubestimmen hat.<br />

Hinweis:<br />

Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats werden durch den neuen Entwurf des<br />

Beschäftigtendatenschutzgesetzes nicht eingeschränkt.<br />

11


(dd) Empfohlenes Vorgehen bei Betroffenheit<br />

Grundsätzlich empfiehlt sich im Falle der Kenntnis <strong>Überwachung</strong> zunächst eine außergerichtliche<br />

Lösung zu finden. Hierbei kann, wenn er denn existiert, der Betriebsrat aufgesucht werden oder eine<br />

Beratung seitens der Gewerkschaft erfolgen. Sollten diese Möglichkeiten nicht in Betracht kommen, so<br />

empfiehlt sich das persönliche Gespräch mit dem Arbeitgeber. Die Nachteile einer Klage oder gar<br />

einer Strafanzeige gegen den Arbeitgeber sind eindeutig in dem zugrunde liegenden Vertrauensbruch<br />

zu erblicken, welcher nicht selten in einer Kündigung endet. Ist das Arbeitsverhältnis aber ohnehin<br />

nicht mehr zu retten, so kommen diese Instrumente sowie die Forderung <strong>von</strong> Schmerzensgeld und<br />

Schadensersatz aufgrund erfolgter <strong>Überwachung</strong> in Betracht.<br />

So oder so empfiehlt sich die Inanspruchnahme eines fachkundigen Anwalts, da dem Arbeitnehmer in<br />

einem ersten Gespräch seine Rechte dargelegt werden. Viele Ängste der Arbeitnehmer können durch<br />

eine solche Beratung ausgeräumt werden. So befürchteten viele Arbeitnehmer, dass durch die<br />

<strong>Überwachung</strong> ein eventuelles Fehlverhalten aufgedeckt werden könnte. Dies muss aber nicht<br />

zwangsläufig mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen geahndet werden, da bei unzulässiger<br />

Arbeitsüberwachung ein Beweisverwertungsverbot entsteht. Wird ein Arbeitnehmer aufgrund eines<br />

solchen Fehlverhaltens abgemahnt oder gekündigt, können die Arbeitsgerichte also im Einzelfall<br />

zugunsten des Arbeitnehmers entscheiden, selbst wenn es sich um einen Diebstahl handelt.<br />

(ee) Beweisverwertung<br />

Beweismittel, die der Arbeitgeber unter Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter erlangt<br />

hat, sind gerichtlich nicht verwertbar. Diese Beweise dürfen vom Gericht nicht akzeptiert und nicht zur<br />

Entscheidung herangezogen werden.<br />

Gleiches gilt für mitbestimmungswidrig erlangte Beweise. Soweit der Arbeitgeber durch eine<br />

unzulässige Videoüberwachung den Nachweis <strong>von</strong> Vertragsverletzungen oder gar Straftaten der<br />

Mitarbeiter erlangt hat, kann er diese Beweise in der Regel vor Gericht nicht verwerten. Von daher ist<br />

dem Arbeitgeber bei Einführung einer Videoüberwachung der Abschluss einer Betriebsvereinbarung<br />

anzuraten, um die Rechte der Arbeitnehmer in ausreichendem Maße zu gewährleisten.<br />

Ausnahmsweise hat das Bundesarbeitsgericht jedoch eine Verwertung zugelassen, wenn der<br />

Betriebsrat den Verstoß gegen sein Mitbestimmungsrecht kennt und gleichwohl bei der Anhörung zur<br />

fristlosen Kündigung der Verwendung des Beweismittels und der fristlosen Kündigung ohne<br />

Einschränkung zugestimmt hat. So hat das BAG den Grundsatz aufgestellt, dass bei nachträglicher<br />

Genehmigung des Betriebsrates und Wahrung der gerade im Einzelfall erforderlichen<br />

Verhältnismäßigkeit eine Verwertbarkeit der eigentlich rechtswidrigen Erlangung des Beweismittels<br />

möglich ist (BAG, Urteil v. 27.3.2003, 2 AZR 51/02).<br />

Trotz einer zulässigen Aufzeichnung kann sich auch dann ein Beweisverwertungsverbot aus § 6 Abs.<br />

3 BDSG ergeben, wenn der Zweck der Aufnahme und der mit der Verwertung bezweckte Erfolg nicht<br />

identisch sind.<br />

12


d) Checkliste im Rahmen der Videoüberwachung<br />

Da im Rahmen der Videoüberwachung eine grundsätzliche Kollision zwischen dem allgemeinen<br />

Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers und den schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers<br />

unvermeidbar ist, sollten bei der Abwägung beider Positionen umfassende Tatsachen berücksichtigt<br />

werden. Eine Einordnung fällt leichter, beachtet man folgende Punkte:<br />

- wie viele Personen sind ihr ausgesetzt<br />

- ist die Videoüberwachung anonym oder bekannt<br />

- ist die Videoüberwachung Anlassbezogen<br />

- liegen bereits begangene Straftaten vor<br />

- wo fand die Videoüberwachung statt<br />

- wie lange und intensiv fand die <strong>Überwachung</strong> statt<br />

- welche Technik wurde eingesetzt<br />

2) Einsatz <strong>von</strong> Detektiven<br />

a) Grundsätzliches<br />

Der Einsatz <strong>von</strong> Detektiven ist in vielen Bereichen möglich. So werden Detektive <strong>von</strong> Arbeitgebern<br />

teilweise mit der Aufklärung <strong>von</strong> Straftaten im Betrieb oder mit der Durchführung sog.<br />

„Ehrlichkeitskontrollen“ beauftragt.<br />

Auch die Beobachtung <strong>von</strong> Arbeitnehmern außerhalb des Arbeitsplatzes zur Aufdeckung vermuteter<br />

Vertragsverletzungen wird gelegentlich gewünscht. Sinnvoll ist ein Einsatz <strong>von</strong> Privatdetektiven hierbei<br />

nur, wenn er heimlich erfolgt. So betreffen die häufigsten Fälle „detektivischer Arbeit“ Krankfeiern,<br />

Ausübung einer Konkurrenztätigkeit oder einer anderen Erwerbstätigkeit während der<br />

Krankschreibung.<br />

Die Grenzen hierfür sind jedoch wegen des schweren Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des<br />

„Bespitzelten“ dieselben, wie für eine heimliche Kameraüberwachung: Es muss ein konkreter, auf<br />

Tatsachen gestützter Straftatverdacht bestehen, der nicht mit einem milderen Mittel überprüft<br />

werden kann. Keinesfalls ist aber in der Eingehung des Arbeitsverhältnisses eine Einwilligung des<br />

Arbeitnehmers zu sehen, dass sich dieser in <strong>Überwachung</strong>smaßnahmen durch eine Detektei<br />

einverstanden erklärt. Anders kann dies im Einzelfall bei der Durchführung <strong>von</strong> Torkontrollen sein.<br />

Auch Ehrlichkeitskontrollen, z. B. durch Detektive als Testkäufer, sind nur eingeschränkt zulässig.<br />

Der Arbeitgeber darf keine andere geeignete Möglichkeit haben, die Ehrlichkeit seiner Mitarbeiter zu<br />

überprüfen, was aber z. B. bei Außendienstmitarbeitern oder Angestellten an der Kasse regelmäßig<br />

der Fall ist. Die Ehrlichkeitskontrolle darf auch nicht den Mitarbeiter zu einer Tat anstiften, sondern<br />

13


muss sich auf die Schaffung der Gelegenheit zur Tatbegehung beschränken. Dies ist ein in der Praxis<br />

häufig missachteter Unterschied. Allerdings ist die Grenze zwischen och erlaubter Herausforderung<br />

und unzulässiger Verführung schwer zu ziehen du lässt sich nur aufgrund einer Betrachtung im<br />

Einzelfall feststellen.<br />

b) Einzelprobleme beim Einsatz <strong>von</strong> Detektiven<br />

(aa) Kosten eines eingesetzten Privatdetektives<br />

Unter folgenden Voraussetzungen muss der „ertappte“ Arbeitnehmer die Kosten eines Privatdetektiv-<br />

Einsatzes zahlen:<br />

· Es bestand ein konkreter Verdacht auf eine Straftat oder eine andere schwere<br />

Pflichtverletzung gegen den Arbeitnehmer,<br />

· der Einsatz eines Privatdetektivs war zur Aufklärung erforderlich und<br />

· der Arbeitnehmer konnte durch den Einsatz überführt werden.<br />

Unter diesen Voraussetzungen können entsprechend auch andere Kosten, wie z. B. die einer<br />

Videoüberwachung, geltend gemacht werden. Die Kosten müssen aber stets anlassbezogen<br />

entstanden sein. So sind Kosten, welche für ständig eingesetzte Hausdetektive oder Kameras<br />

aufgewendet werden, nicht erstattungsfähig.<br />

3) <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Internet, E-Mail und Telefon<br />

a) Grundsätzliches<br />

Die <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Internet und E-Mail sowie <strong>von</strong> Telefonkontaktdaten kann technisch ohne<br />

Probleme durch geeignete Programme erfolgen. Es bestehen jedoch datenschutzrechtliche<br />

Einschränkungen sowie ein generelles Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1<br />

Nr. 6 BetrVG.<br />

Generell muss zwischen der <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Telekommunikationsdaten und -inhalten<br />

unterschieden werden. Telekommunikationsdaten dürfen in weit größerem Maß gespeichert und<br />

kontrolliert werden als Telekommunikationsinhalte.<br />

Es ist also zulässig, Zeitpunkt und Kommunikationsdauer <strong>von</strong> Internetzugriffen oder<br />

Telefongesprächen zur Missbrauchskontrolle zu erfassen, nicht aber ohne Weiteres deren Inhalte.<br />

Das Abhören oder Aufzeichnen <strong>von</strong> Telefongesprächen ohne Einwilligung des Gesprächspartners<br />

ist sogar nach § 201 StGB strafbewehrt.<br />

14


Die Kontrolle <strong>von</strong> E-Mails und Internetsurfen richtet sich vor allem danach, ob die Nutzung privat<br />

oder dienstlich erfolgte. Dienstliche E-Mails und dienstlich aufgerufene Internetseiten dürfen<br />

nachverfolgt und kontrolliert werden, ebenso wie der Arbeitgeber auch dienstliche Briefpost und<br />

andere Arbeitsergebnisse überprüfen kann.<br />

Private E-Mails und Internetnutzung dürfen dagegen grundsätzlich nicht vom Arbeitgeber inhaltlich<br />

kontrolliert werden. Eine Ausnahme besteht nur in Fällen des Straftatverdachts oder Notfällen. Hierbei<br />

ist aber äußerste Zurückhaltung geboten. Hat der Arbeitgeber dagegen die private Nutzung <strong>von</strong><br />

Internet und E-Mail verboten, darf er zunächst da<strong>von</strong> ausgehen, dass das Verbot auch eingehalten<br />

wird und inhaltliche Kontrollen durchführen.<br />

Tipp: Betriebsvereinbarung zur privaten Nutzung abschließen<br />

Es empfiehlt sich daher, das Verbot der Privatnutzung und zulässige Kontrollmaßnahmen in einer<br />

Betriebsvereinbarung festzulegen. Ist die private E-Mail- und Internetnutzung dagegen erlaubt, ist es<br />

dem Arbeitgeber nicht nur individualrechtlich sondern auch datenschutzrechtlich grundsätzlich<br />

untersagt, eine inhaltliche <strong>Überwachung</strong> durchzuführen.<br />

b) Wichtige Fragen bzgl. der <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Internet, E-Mail und Telefon<br />

(aa) Muss der Betriebsrat bei der Einführung neuer Internet- oder E-Mail-Software beteiligt werden?<br />

Da alle derartige Software zahlreiche Kontrollmöglichkeiten der Internet- und E-Mail-Nutzung enthält,<br />

besteht stets ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Nicht entscheidend ist, ob der<br />

Arbeitgeber tatsächlich beabsichtigt mit Hilfe der Software zu überwachen.<br />

(bb) Muss die private Nutzung <strong>von</strong> Internet und E-Mail ausdrücklich erlaubt werden oder gilt das ohnehin?<br />

Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit verpflichtet zu arbeiten, was die private<br />

Nutzung des Computers ausschließt. Dennoch ist – ohne ausdrückliches Verbot – eine kurze,<br />

geringfügige Privatnutzung, ebenso wie beim Telefon, sozialadäquat und erlaubt. Da die Grenze<br />

mitunter schwer zu ziehen ist, sollte durch den Arbeitgeber ein generelles Verbot ausdrücklich<br />

ausgesprochen werden. Es empfiehlt sich eine Klausel im Arbeitsvertrag oder eine<br />

Betriebsvereinbarung.<br />

c) Einzelprobleme bei der <strong>Überwachung</strong> <strong>von</strong> Internet und E-Mail<br />

(aa) „Surfen“ im Internet, während der Arbeitszeit<br />

Arbeitnehmer haben gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch, während der Arbeitszeit oder auch<br />

außerhalb der Arbeitszeit auf dem dienstlichen PC privat im Internet zu surfen und ihre Privatpost,<br />

sprich ihren privaten E-Mails über ihren Arbeitsplatz abzuwickeln. Der Arbeitgeber kann die private<br />

15


Nutzung seiner Kommunikationseinrichtungen generell verbieten. Er kann allerdings auch einen<br />

beschränkten Zugang zulassen, z.B. private Internetbesuche oder E-Mail-Verkehr außerhalb der<br />

Arbeitszeit. Es gelten hier die gleichen Regeln wie bei Privattelefonaten im Arbeitsverhältnis.<br />

Dem Arbeitgeber ist dringend zu raten, für die Frage der privaten Internetnutzung im Betrieb eine klare<br />

Regelung durch Dienstanweisung zu schaffen: Was ist verboten, was ist erlaubt, was wird in welchem<br />

Umfang geduldet? Schon aus Gründen der Fürsorgepflicht ist es fatal, wenn in einer Firma insoweit<br />

Unklarheit herrscht. Arbeitnehmer riskieren nämlich bei Streitigkeiten über diese Fragen aus<br />

rechtlichen oder tatsächlichen Gründen letztendlich ihren Arbeitsplatz.<br />

Soweit die private Nutzung gestattet wird, sollten eindeutige Grenzen gesetzt werden. Nur so herrscht<br />

Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Außerdem ist nur so gesichert, dass der Arbeitgeber im<br />

Streitfalle Chancen besitzt, vertragswidriges Verhalten ordnungsgemäß abzumahnen oder gar eine<br />

Kündigung erfolgreich auszusprechen.<br />

(bb) Kontrolle des Arbeitgebers<br />

Höchstrichterlich noch nicht ausreichend geklärt ist die Frage, inwieweit der Arbeitgeber <strong>von</strong> sich aus<br />

ohne eine Betriebsvereinbarung als Rechtsgrundlage Internetzugriffe <strong>von</strong> <strong>Mitarbeitern</strong> inhaltlich<br />

kontrollieren darf bzw. ob er E-Mails lesen darf.<br />

Hier empfiehlt sich dringend der Abschluss einer Betriebsvereinbarung, in der die Möglichkeiten und<br />

Grenzen der Kontrolle mit dem Betriebsrat geregelt werden und ein gemeinsames Kontrollorgan<br />

geschaffen wird.<br />

Zulässig ist es grundsätzlich, wenn der Arbeitgeber die Verbindungsdaten der einzelnen<br />

Internetzugriffe aufzeichnet. Mit diesen Aufzeichnungen kann der Arbeitgeber überprüfen, welche<br />

Seiten der Mitarbeiter im Internet aufgerufen hat. Er kann im Regelfall damit insbesondere überprüfen,<br />

ob es sich um dienstliche Bereiche handelt, oder ob die Zugriffe privater Art waren.<br />

(cc) Lesen <strong>von</strong> E-Mails<br />

Die inhaltliche Kontrolle <strong>von</strong> E-Mails des Arbeitnehmers kann mit dem Persönlichkeitsrecht des<br />

Arbeitnehmers unverträglich sein. Da keine höchstrichterliche Rechtsprechung bisher vorliegt, werden<br />

verschiedene Auffassungen vertreten. Einerseits wird vertreten, dass entsprechend der<br />

Rechtsprechung zum Mithören <strong>von</strong> Telefonaten es grundsätzlich unzulässig ist, E-Mails <strong>von</strong><br />

<strong>Mitarbeitern</strong> zu lesen. Eine Ausnahme wird nur dann gemacht, wenn aufgrund erheblicher Indizien der<br />

konkrete Verdacht besteht, dass der Arbeitnehmer schwere Arbeitsvertragsverletzungen begeht.<br />

Soweit der Arbeitgeber allerdings ein absolutes Internetverbot einschließlich des Verbots <strong>von</strong> privaten<br />

E-Mails erlassen hat, dürfen die E-Mails nur dienstlichen Charakter haben. Es wird deshalb auch<br />

vertreten, dass in diesem Falle die Inhaltskontrolle der E-Mails zulässig sei. Handelt der Arbeitgeber<br />

der Dienstanweisung zuwider und versendet private E-Mails, so verhält er sich rechtswidrig. Die<br />

16


Berufung des Arbeitnehmers auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht könnte dann<br />

rechtsmissbräuchlich sein. Ob sich diese Meinung allerdings durchsetzt, bleibt abzuwarten.<br />

Auch in diesem Falle empfiehlt es sich, im Rahmen einer Betriebsvereinbarung eine Regelung zu<br />

treffen. Diese kann so aussehen, dass die Überprüfung der dienstlichen E-Mails durch ein<br />

gemeinsames Kontrollorgan des Arbeitgebers und des Betriebsrats vorgenommen wird unter<br />

Anhörung des betroffenen Mitarbeiters im Falle <strong>von</strong> Problemen. Schließlich muss bei der Erhebung<br />

<strong>von</strong> personenbezogenen Daten das Bundesdatenschutzgesetz und seine Vorschriften beachtet<br />

werden<br />

Eine Möglichkeit für den Arbeitgeber besteht darin, dass er mit Hilfe <strong>von</strong> Filtern oder Zugangssperren<br />

bestimmte Seiten des Internets für eine unerlaubte Nutzung <strong>von</strong> vorneherein sperrt bzw. ausschließt.<br />

(dd) Erlaubte Privatnutzung<br />

Nach herrschender Ansicht fällt eine erlaubte private Nutzung des Internets einschließlich privater E-<br />

Mails unter das Telekommunikationsgesetz und das Teledienstdatenschutzgesetz. Aus diesem<br />

Grunde sind bei erlaubter Internetnutzung die Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers sehr begrenzt.<br />

Nach den gesetzlichen Vorschriften ist Verwertung <strong>von</strong> Kenntnissen über die Privatnutzung und den<br />

Inhalt weitgehend verboten. Soweit ein Nutzungsentgelt vereinbart wird, darf der Arbeitgeber<br />

allerdings Verbindungsdaten erheben, um seine Abrechnung tätigen zu können. Fraglich ist auch, ob<br />

der Arbeitgeber bei Missbrauchsverdacht Überprüfungen z.B. wegen der zeitlichen Inanspruchnahme<br />

durchführen darf. Eine inhaltliche Kontrolle der erlaubten Privatnutzung stellt in jedem Falle einen<br />

Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht dar. Eine solche inhaltliche Kontrolle ist deshalb grundsätzlich<br />

nicht zulässig. Eine Ausnahme dürfte nur bestehen, wenn konkrete Indizien vorliegen für einen<br />

schweren Arbeitsvertragsverstoß des Arbeitnehmers. In diesem Falle könnte die Berufung des<br />

Arbeitsnehmers auf das Allgemeine Persönlichkeitsrecht unzulässig sein.<br />

Beispiel:<br />

Der Arbeitnehmer betreibt Industriespionage und versendet per E-Mail den Inhalt <strong>von</strong><br />

Firmendokumenten, Zeichnungen, Fotos etc. <strong>von</strong> betrieblichen Einrichtungen, Erfindungen usw.<br />

(ee) Kostentragung<br />

Soweit der Arbeitgeber eine private Internetnutzung erlaubt, empfiehlt sich dringend eine klare<br />

Kostenregelung. Dabei ist der Arbeitgeber frei. Er kann alle entstandenen Kosten vom Arbeitnehmer<br />

verlangen. Allerdings muss er dann sicherstellen, dass die Kosten für privaten Internetzugang<br />

entsprechend abgerechnet werden können.<br />

17


(ff) Mitbestimmung<br />

Wie schon bei der Telefonbenutzung, so steht auch bei der Frage der Kontrolle der Internetnutzung<br />

dem Betriebsrat ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht zu. Es ist insoweit auf das zwingende<br />

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziff. 6 Betriebsverfassungsgesetz zu<br />

verweisen. Die entsprechende Software ist generell geeignet, das Verhalten und die Leistung der<br />

Arbeitnehmer zu überwachen. Darüber hinaus empfiehlt sich auch hier zur Absicherung des<br />

Arbeitgebers die Betriebsvereinbarung als rechtliche Grundlage für alle Kontrollvorgänge.<br />

d) Einzelprobleme bei der <strong>Überwachung</strong> des Arbeitstelefons<br />

(aa) „Abhören“ privat geführter Telefongespräche<br />

Dem Arbeitgeber ist es gem. § 201 StGB generell verboten, den Arbeitnehmer am Arbeitsplatz durch<br />

Abhörgeräte oder Tonbandaufnahmen zu überwachen und seine Gespräche, egal welcher Art,<br />

abzuhören. Ebenso strafbar ist das heimliche bzw. verdeckte Abhören <strong>von</strong> Telefonaten des<br />

Arbeitnehmers. Dies gilt für alle Arten <strong>von</strong> Telefongesprächen, folglich unabhängig des dienstlichen<br />

oder privaten Charakters.<br />

Nur in absolut begrenzten Ausnahmefällen kann ein solches Vorgehen durch § 32 Strafgesetzbuch<br />

gerechtfertigt sein. Hierbei ist äußerste Vorsicht geboten. Denn Voraussetzung dafür ist, dass der<br />

Arbeitnehmer die geschützten Rechtspositionen des Arbeitgebers oder sein Vermögen in<br />

rechtswidriger Weise angreift oder schädigt. Ein solcher rechtswidriger Angriff auf die Rechtsposition<br />

des Arbeitgebers ist insbesondere bei strafbaren Handlungen gegeben, wie z.B. bei Diebstahl,<br />

Unterschlagung, Betrugsgeschäften oder Verrat <strong>von</strong> Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen. Absolut<br />

erforderlich ist aber ein dringender, konkreter, letztendlich auch durch entsprechende Indizien<br />

nachweisbaren Tatverdacht.<br />

Eine Abhörpraxis, die nur zur Vorbeugung <strong>von</strong> Straftaten erfolgt, ist generell verboten.<br />

(bb) Mithören <strong>von</strong> Telefongesprächen<br />

Das Mithören <strong>von</strong> Telefongesprächen am Apparat eines Teilnehmers oder über eine Mithöranlage ist<br />

zu unterscheiden <strong>von</strong> dem streng verbotenen Abhören. Das Mithören eines Telefongesprächs z.B.<br />

über eine Mithöranlage ist jedenfalls i.d.R. nicht strafbar. Gleichwohl kann auch hier die Verletzung<br />

des Allgemeinen Persönlichkeitsrechtes zumindest eines Gesprächspartners vorliegen. Nach der<br />

Rechtsprechung, auch des Bundesverfassungsgerichts, unterliegt selbst das dienstliche<br />

Telefongespräch dem Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das heimliche Mithören eines<br />

Dienstgespräches z.B. über eine entsprechende Mithöranlage, stellt die Verletzung des Rechts am<br />

eigenen Wort des Arbeitnehmers dar. Auch ein solches Mithören ist deshalb rechtswidrig.<br />

18


Praxistipp:<br />

Es ist deshalb dringend zu empfehlen, dass im Falle des Mithörens beide Gesprächsteilnehmer über<br />

diesen Tatbestand vor dem Mithören aufgeklärt werden und dass ihr Einverständnis eingeholt wird.<br />

Bei erklärtem Einverständnis beider Teilnehmer geht der Arbeitgeber kein Risiko ein. Entscheidend ist<br />

immer, dass die Gesprächsteilnehmer positive Kenntnis vom Mithören eines Dritten haben. Es reicht<br />

nicht aus, dass der Gesprächspartner an der anderen Leitung nur Kenntnis <strong>von</strong> einer<br />

Mithörmöglichkeit an sich hat. Vielmehr unterliegt der Mithörende oder derjenige, der einen Dritten<br />

mithören lassen will, einer Offenbarungspflicht.<br />

(cc) Beweisverwertungsverbot<br />

Kenntnisse, die der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer durch ein rechtswidriges Mithören oder Abhören<br />

eines Telefongespräches erlangt haben, sind in der Regel gerichtlich nicht verwertbar. Der Schutz des<br />

gesprochenen Wortes untersagt es den Gerichten, entsprechende Beweise zu erheben bzw. die<br />

mithörenden Zeugen zu vernehmen.<br />

Achtung:<br />

Lässt der Arbeitgeber somit einen Dritten über eine Sprechanlage das vertrauliche Gespräch<br />

mithören, so darf der Dritte vom Gericht nicht als Zeuge vernommen werden (BAG, Urteil vom<br />

02.06.1982, Az.: 1237/79). Im Rahmen einer Ausbildung kann das Mithören eines Telefongespräches<br />

zulässig sein, wenn dies der Ausbildung förderlich ist (BAG, Urteil vom 30.08.1995, Az.: ABR 4/95).<br />

In Extremfällen ist die Vertraulichkeit des Gespräches durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht<br />

geschützt. Dies betrifft vor allem die Fälle, in denen das Telefon zu Straftaten missbraucht wird, z.B.<br />

im Falle <strong>von</strong> Erpressungen, Nötigungen, telefonischen Beleidigungen. Hier ist die Rechtsposition des<br />

Angegriffenen schützenswerter, als das Persönlichkeitsrecht des Straftäters.<br />

(dd) Telefondatenerfassung<br />

Im Zuge der Einführung neuer Techniken wird das Problem der Telefondatenerfassung in nahezu<br />

allen Unternehmen akut. Die Erfassung <strong>von</strong> Telefondaten im Betrieb betrifft zumeist Datum und<br />

Uhrzeit des Gespräches, die Dauer und Nummer des Angerufenen (Zielnummer) bei Dienst- wie bei<br />

Privatgesprächen. Die Verarbeitung dieser Dateien dient der Kontrolle des Telefonverhaltens der<br />

Arbeitnehmer bei Nutzung der betrieblichen Telefonanlage. Eine solche Telefondatenerfassung und<br />

Kontrolle ist grundsätzlich zulässig bei Dienstgesprächen und dienstlich veranlassten<br />

Privatgesprächen.<br />

Hat der Arbeitgeber ein generelles privates Telefonverbot ausgesprochen, so kann er eine<br />

Telefondatenerfassung einschließlich der Zielnummer durchführen. Sofern Privatgespräche erlaubt<br />

sind, verstößt die Telefondatenerfassung ebenfalls nicht gegen allgemeine Rechtsgrundsätze, mit<br />

Ausnahme der Zielnummernerfassung. Auch bei privaten Telefongesprächen hat der Arbeitgeber ein<br />

berechtigtes Interesse daran, zum Zweck der Abrechnung und der Kontrolle des Telefonverhaltens<br />

19


einzelner Arbeitnehmer die Kosten und die Dauer des Telefongespräches, Datum und Uhrzeit zu<br />

erfassen.<br />

Die volle Erfassung der Zielnummer bei Privatgesprächen ist nicht zu empfehlen. Sie wäre zwar<br />

zulässig gegenüber dem Arbeitnehmer, wenn dieser die Zielnummernerfassung kennt und damit<br />

einverstanden wäre. Es könnte jedoch der Datenschutz gegenüber dem Angerufenen verletzt sein. In<br />

der Regel ist die Zielnummernerfassung bei angemeldeten und genehmigten Privatgesprächen nicht<br />

erforderlich und damit unverhältnismäßig.<br />

Die Erfassung der Zielnummer kann aber auch dann unzulässig sein, wenn der Gesprächspartner des<br />

Arbeitnehmers ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat und der Arbeitnehmer selbst zur<br />

Geheimhaltung seiner Gesprächsteilnehmer gegenüber verpflichtet ist. Dies kommt namentlich bei der<br />

Verletzung <strong>von</strong> Privatgeheimnissen i.S.v. § 203 Strafgesetzbuch in Betracht.<br />

(ee) Datenschutz<br />

Die Telefondatenerfassung und die Verarbeitung dieser Daten bei der Benutzung der betrieblichen<br />

Telefonanlage verstößt gegenüber dem Arbeitnehmer nicht gegen das Bundesdatenschutzgesetz<br />

bzw. die Landesdatenschutzgesetze.<br />

Vom Recht zur Erfassung <strong>von</strong> Telefondaten gibt es jedoch Ausnahmen. Die <strong>Überwachung</strong> durch den<br />

Arbeitgeber ist bei all den Arbeitnehmern unzulässig und ausgeschlossen, die bestimmte<br />

Geheimnisse auch gegenüber dem Arbeitgeber wahren müssen. Dies gilt insbesondere für<br />

Arbeitnehmer, denen nach § 203 StGB verboten ist, fremde, zum persönlichen Lebensbereich oder zu<br />

Geschäftsgeheimnissen gehörende Dinge zu offenbaren, wie z.B. Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte,<br />

Wirtschaftsprüfer, Ehe-, Erziehungs- und Jugendberater, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und<br />

Berufspsychologen.<br />

Dazu kann auch die Frauenbeauftragte eines Betriebes oder einer staatlichen Einrichtung gehören. In<br />

diesem sensiblen Bereich haben nämlich die Angerufenen in der Regel ein berechtigtes Interesse<br />

daran, dass ihre Zielnummer geheim bleibt. Sie haben oft auch ein berechtigtes Interesse daran, dass<br />

sie tatsächlich geheim bleibt, überhaupt ein Gespräch mit der Frauenbeauftragten geführt zu haben.<br />

Auch die Zielnummernerfassung der Betriebsratsgespräche ist problematisch und unzulässig. Wenn<br />

alle Gespräche und Zielnummern des Betriebsrats gespeichert würden, läge eine unzulässige<br />

Behinderung der Betriebsratstätigkeit vor.<br />

Unbedenklich könnte allerdings bei Ferngesprächen des Betriebsrats die Erfassung <strong>von</strong> Zeitpunkt und<br />

Dauer des Gespräches sein, soweit der Betriebsrat nicht mit einem auswärtigen Betriebsteil, einem<br />

anderen Betriebsrat desselben Unternehmens oder dem Gesamtbetriebsrat telefoniert.<br />

20


(ff) Mitbestimmung<br />

Jede Telefondatenerfassung unterliegt der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87<br />

Abs. 1 Ziff. 6 Betriebsverfassungsgesetz. Die Telefondatenerfassung erfolgt nämlich mittels einer<br />

technischen Kontrolleinrichtung, d.h. mittels der Telefonanlage. Der Arbeitgeber muss vor Einführung<br />

einer Datenerfassung und Speicherung der entsprechenden Daten mit dem Betriebsrat eine<br />

Betriebsvereinbarung abschließen. Diese Betriebsvereinbarung muss sich über Art und Umfang der<br />

Telefonüberwachung erstrecken sowie die Frage der Speicherung und Verwendung der Daten<br />

beinhalten. Wichtig ist insbesondere auch, dass die Frage geregelt wird, wie im Falle <strong>von</strong> Verstößen<br />

<strong>von</strong> Arbeitnehmern gehandelt wird. Dabei ist dringend zu empfehlen, zunächst ein gemeinsames<br />

Kontrollgremium zu schaffen, das die entsprechenden Telefondaten sichtet und überprüft, ggf. auch<br />

mit den verdächtigen <strong>Mitarbeitern</strong>, die notwendigen Gespräche führt. Die Betriebspartner müssen bei<br />

diesen Regelungen außerdem immer dem Persönlichkeitsschutz der Arbeitnehmer ausreichend<br />

Rechnung tragen und dafür sorgen, dass dem verdächtigen Mitarbeiter Gelegenheit zur<br />

Stellungnahme bzw. Rechtfertigung gegeben wird.<br />

Hinweis:<br />

Der beschlossene Gesetzentwurf erlaubt dem Arbeitgeber – insbesondere zur Gewährleistung des<br />

ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs bei Abwesenheitsfällen – die Kontrolle der Nutzung <strong>von</strong><br />

Telekommunikationsdiensten am Arbeitsplatz im erforderlichen Maß (§ 32 i Abs. 3 Satz 2 E-BDSG).<br />

Der betroffene Arbeitnehmer muss da<strong>von</strong> aber in Kenntnis gesetzt werden. Weiterhin sind die<br />

berechtigten schutzwürdigen Interessen des Beschäftigten zu beachten. Die Inhalte <strong>von</strong> Telefonaten<br />

sollen einem besonderen Schutz unterliegen.<br />

4) Leibesvisitationen und Torkontrollen<br />

Leibesvisitationen sowie Torkontrollen greifen grundsätzlich in das allgemeine Persönlichkeitsrecht<br />

des Arbeitnehmers ein. Von daher ist eine vorherige Zustimmung in Form der Einwilligung erforderlich.<br />

Diese Einwilligung kann allerdings schon im Abschluss des Arbeitsvertrages gesehen werden,<br />

insofern dringende sachliche Gründe eine solche Kontrollmaßnahme erfordern. Auch hierbei sollte<br />

absolut restriktiv vorgegangen werden, da der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten ist und<br />

häufig mildere, den Arbeitnehmer weniger beeinträchtigende, Maßnahmen in Betracht kommen. Bei<br />

allgemeiner Durchführung bedarf es der Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.<br />

Hinweis:<br />

Wichtig ist im Allgemeinen, dass der Entwurf des Beschäftigtendatenschutzgesetzes eine verstärkte<br />

Unterrichtungs- und Dokumentationspflicht vorsieht. Es ist also zu beachten, dass Arbeitnehmer über<br />

<strong>Überwachung</strong>smaßnahmen informiert werden müssen. Eine Ausnahme sieht der § 32 e Abs. 2 E-<br />

BDSG dann vor, wenn ein auf Tatsachen gestützter Verdacht begründet, dass eine Straftat oder eine<br />

schwere Pflichtverletzung vorliegt, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund<br />

berechtigen würde oder wenn eine Datenerhebung bei der <strong>Überwachung</strong> erforderlich ist, um eine<br />

21


Straftat bzw. die schwere Pflichtverletzung aufzudecken oder um damit im Zusammenhang stehende<br />

weitere Straftaten bzw. schwere Pflichtverletzungen zu verhindern. Der Arbeitgeber hat<br />

entsprechende Gründe und Maßnahmen umfassend zu dokumentieren.<br />

Dieter <strong>Merz</strong><br />

Rechtsanwalt<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

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