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burnout in der medizin – medizin im burnout? - ÖGKV

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13 ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />

01/08<br />

F A C H B E I T R A G<br />

Wolfgang Lalouschek<br />

<strong>burnout</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong> <strong>–</strong><br />

mediz<strong>in</strong> <strong>im</strong> <strong>burnout</strong>?<br />

Mediz<strong>in</strong>isches Personal gehört zu<br />

den am stärksten von Burnout<br />

gefährdeten Berufsgruppen. In diesem<br />

Artikel werden e<strong>in</strong>erseits die <strong>in</strong>dividuellen<br />

aber auch die für die Patientenversorgung<br />

und für das Gesundheitssystem<br />

relevanten Auswirkungen von<br />

Burnout behandelt. Außerdem werden<br />

Strategien zur Prävention und Behandlung<br />

von Burnout erläutert.<br />

Wie häufig ist Burnout?<br />

Burnout wurde erstmals <strong>in</strong> den 70er<br />

Jahren bei Sozialarbeitern und mediz<strong>in</strong>ischem<br />

Personal beschrieben. (Freudenberger<br />

1974) Wenngleich Burnout<br />

seither auch <strong>in</strong> zahlreichen an<strong>der</strong>en<br />

Berufen beschrieben wurde, gehören<br />

Personen <strong>im</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Bereich zu<br />

e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> am meisten gefährdeten<br />

Gruppen. (Rös<strong>in</strong>g 2003; Burisch 2006)<br />

Nach übere<strong>in</strong>st<strong>im</strong>menden Untersuchungen<br />

<strong>in</strong> westlichen Län<strong>der</strong>n zeigen<br />

m<strong>in</strong>destens 20% von ÄrztInnen und<br />

Pflegepersonen manifeste Burnoutsymptome<br />

und etwa 50% gelten als<br />

gefährdet.(Aiken, Clarke et al. 2002;<br />

Spickard, SG et al. 2002) Deutliche<br />

Entmutigungsersche<strong>in</strong>ungen f<strong>in</strong>den<br />

sich bereits früh, Untersuchungen zeigen<br />

teilweise e<strong>in</strong>en Altersgipfel bei 30<br />

Jahren.(Bergner 2006)<br />

Was ist Burnout?<br />

Der Begriff Burnout beschreibt e<strong>in</strong><br />

Syndrom, das unter an<strong>der</strong>em gekennzeichnet<br />

ist durch emotionale und körperliche<br />

Erschöpfung, e<strong>in</strong>e gefühllose,<br />

gleichgültige o<strong>der</strong> zynische E<strong>in</strong>stellung<br />

gegenüber PatientInnen und Kolleg-<br />

Innen (Depersonalisation <strong>–</strong> Zynismus),<br />

e<strong>in</strong>e negative E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> persönlichen<br />

Leistungskompetenz, teilweisen<br />

sozialen Rückzug aus <strong>der</strong> Arbeit und<br />

Körper<br />

kardiale Beschwerden<br />

Verdauungsbeschwerden<br />

Kopfschmerz<br />

Müdigkeit<br />

Muskelverspannungen<br />

Lustlosigkeit<br />

Sexuelle Funktionsstörungen<br />

Geist<br />

Konzentrationsschwierigkeiten<br />

Entscheidungsschwäche<br />

fehlende Ziele<br />

verm<strong>in</strong><strong>der</strong>te Belastbarkeit<br />

Verlust von Kreativität<br />

verm<strong>in</strong><strong>der</strong>te Leistungsfähigkeit (Maslach<br />

and Leiter 1997). Auf <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen<br />

Ebene geht Burnout e<strong>in</strong>her mit<br />

körperlichen Symptomen und Erkrankungen<br />

(Kaluza 1994), psychischen<br />

und mentalen Erkrankungen (Williams<br />

2002) und sozialem Rückzug(Bergner<br />

2006). (s. Abb. 1).<br />

Burnout ist e<strong>in</strong> phasenhaft ablaufen<strong>der</strong><br />

Prozess, an dessen Beg<strong>in</strong>n häufig idealistisches<br />

Überengagement und beson<strong>der</strong>er<br />

Leistungswille stehen, zu denen<br />

sich allmählich e<strong>in</strong>e subtile Vernachlässigung<br />

<strong>der</strong> eigenen Bedürfnisse gesellt<br />

(Abb.2). Allmählich beg<strong>in</strong>nen jedoch<br />

Ermüdung und Frustration stärker<br />

zu werden, die Bereitschaft an<strong>der</strong>en<br />

zu helfen s<strong>in</strong>kt. Manchmal wird e<strong>in</strong>e<br />

(Über)-Kompensation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeit<br />

gesucht, teilweise gepaart mit dem<br />

Konsum von Alkohol o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Substanzen (z.B. Nikot<strong>in</strong>, Beruhigungsmittel).<br />

Erste körperliche Symptome<br />

wie Schlaf- o<strong>der</strong> Konzentrationsstörungen<br />

können auftreten. Gleichzeitig<br />

mit nachlassendem Engagement tritt<br />

auch e<strong>in</strong>e depressive Grundst<strong>im</strong>mung<br />

Emotion<br />

Nervosität, Unruhe<br />

depressive Verst<strong>im</strong>mung<br />

Verlust von Freude<br />

fehlende Motivation<br />

Kontaktverlust zu Kunden, Mitarbeitern,<br />

Kollegen und Freunden<br />

<strong>in</strong>nere Leere<br />

verm<strong>in</strong><strong>der</strong>tes Selbstwertgefühl<br />

Verhalten<br />

anfangs Hyperaktivität<br />

später Alkoholkonsum und an<strong>der</strong>e Süchte<br />

Rückzug<br />

Fehlleistungen<br />

Abb. 1: Burnout-Symptome<br />

<strong>im</strong>mer mehr <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund, oft<br />

gepaart mit gleichzeitiger Unruhe und<br />

Rastlosigkeit. Die Betroffenen werden<br />

ihrer Umwelt gegenüber zunehmend<br />

gleichgültig, auch enge Freundschaften<br />

und die Familie werden vernachlässigt<br />

und das Leben verflacht zusehends.<br />

Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist professionelle<br />

Hilfe dr<strong>in</strong>gend nötig, um<br />

den Prozess noch umkehren zu können.<br />

Die Leistungsfähigkeit <strong>in</strong> Beruf<br />

und Privatleben aber auch die Fähigkeit<br />

Gefühle zu empf<strong>in</strong>den haben bereits<br />

deutlich nachgelassen. Auch das Gefühl<br />

gar nicht mehr man selbst zu se<strong>in</strong>,<br />

gewissermaßen „neben sich zu stehen“<br />

und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>neren Leere<br />

machen sich breit. Auch körperliche<br />

Probleme s<strong>in</strong>d häufig zu beobachten<br />

wie z.B. kardiale und gastro<strong>in</strong>test<strong>in</strong>ale<br />

Beschwerden, Schmerzen, chronische<br />

Müdigkeit, Lustlosigkeit und sexuelle<br />

Funktionsstörungen sowie gehäufte<br />

Infekte. In den spätesten Stadien<br />

schließlich besteht e<strong>in</strong>e schwere Depression<br />

bis h<strong>in</strong> zur Selbstmordgefährdung<br />

und e<strong>in</strong>e stationäre Behandlung<br />

ist meist unumgänglich. Beson<strong>der</strong>s


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ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />

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<strong>burnout</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong><br />

Abb.2: Die Burnout-Spirale<br />

schwerwiegend ist, dass Burnout meistens<br />

e<strong>in</strong> schleichen<strong>der</strong> Prozess ist und<br />

bestehende Probleme oft übersehen<br />

o<strong>der</strong> verleugnet werden. Gerade dies<br />

macht es oft schwierig Menschen <strong>im</strong><br />

Burnout zu erreichen und ihnen helfen<br />

zu können. Wie oben erwähnt beg<strong>in</strong>nen<br />

die ersten Phasen <strong>der</strong> „Burnoutspirale“<br />

oft mit e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>s hohen<br />

Engagement und e<strong>in</strong>er oft idealistischen<br />

E<strong>in</strong>stellung beg<strong>in</strong>nen <strong>–</strong> Eigenschaften,<br />

die naturgemäß von Arbeitgebern<br />

sehr geför<strong>der</strong>t werden. Natürlich<br />

kommt es bei weitem nicht bei<br />

allen engagierten Menschen zu Burnout<br />

<strong>–</strong> dennoch ist folgen<strong>der</strong> Satz oft<br />

treffend: „Ausbrennen kann nur, wer<br />

e<strong>in</strong>mal gebrannt hat.“ Burnout trifft<br />

also häufig die motiviertesten und fleißigsten<br />

MitarbeiterInnen!<br />

Wie kommt es zu Burnout?<br />

In <strong>der</strong> Entstehung von Burnout spielen<br />

sowohl <strong>in</strong>dividuelle als auch organisations-<br />

und arbeitsplatzbezogene Faktoren<br />

e<strong>in</strong>e Rolle. Zu den personenbezogenen<br />

Faktoren gehören neben an<strong>der</strong>en<br />

die E<strong>in</strong>stellung Anerkennung (und<br />

Liebe) nur durch Leistung bekommen<br />

zu können, e<strong>in</strong> Hang zum Perfektionismus<br />

und das Gefühl, schwierige Situationen<br />

ohne fremde Hilfe bewältigen<br />

zu müssen und.(Bühler and Land 2003;<br />

Burisch 2006) müssen (e<strong>in</strong> „Out<strong>in</strong>g“,<br />

dass man Probleme hat und sich überlastet<br />

fühlt, ist auch tatsächlich oft mit<br />

negativen Konsequenzen behaftet).<br />

Als Burnout-för<strong>der</strong>nd gilt e<strong>in</strong>e Arbeitsumgebung,<br />

die gekennzeichnet ist<br />

durch Arbeitsüberlastung und Zeitdruck,<br />

Mangel an Mitbest<strong>im</strong>mung und<br />

Kontrolle sowie Unfairness und Mangel<br />

an Belohnung, Anerkennung und<br />

Geme<strong>in</strong>schaft. (Maslach and Leiter<br />

1997) Generell ist hier auch e<strong>in</strong> Zustand<br />

zu nennen, <strong>der</strong> mit high demand<br />

(hoher Anspruch) / low <strong>in</strong>fluence (ger<strong>in</strong>ger<br />

E<strong>in</strong>fluss) bezeichnet wird. E<strong>in</strong><br />

Zustand also, <strong>der</strong> gerade <strong>im</strong> Spital oft<br />

<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Weise anzutreffen ist:<br />

e<strong>in</strong>erseits besteht e<strong>in</strong> hoher Anspruch<br />

durch täglichen Umgang mit Krankheit,<br />

Leiden, Tod und Ängsten (eigenen<br />

und <strong>der</strong> PatientInnen); lebensbee<strong>in</strong>flussende<br />

Entscheidungen, oft auf Basis<br />

wi<strong>der</strong>sprüchlicher/une<strong>in</strong>deutiger Befunde,<br />

Nachtdienste, Notsituationen;<br />

e<strong>in</strong>sam zu treffende Entscheidungen;<br />

Konflikte mit KollegInnen und Vorgesetzten;<br />

auf <strong>der</strong> ärztlichen Seite<br />

spielt auch das <strong>im</strong>mer höher werdende<br />

Berufsrisiko mit Klagemöglichkeit e<strong>in</strong>e<br />

beson<strong>der</strong>e Rolle, während <strong>im</strong> Pflegebereich<br />

e<strong>in</strong> Mangel an Anerkennung oft<br />

e<strong>in</strong>en zusätzlichen Faktor darstellt.<br />

An<strong>der</strong>erseits besteht oft das subjektive<br />

Gefühl <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gen Bee<strong>in</strong>flussbarkeit,<br />

z.B. durch den Druck auch bei ger<strong>in</strong>ger<br />

Compliance erfolgreich behandeln zu<br />

müssen; Vorgaben des Systems, die für<br />

den/die E<strong>in</strong>zelne/n nicht (<strong>im</strong>mer)<br />

nachvollziehbar s<strong>in</strong>d; (macht)politische<br />

Entscheidungen; e<strong>in</strong> erlebtes Missverhältnis<br />

zwischen Leistung und Verantwortung<br />

und <strong>der</strong> Entlohnung <strong>in</strong> vielen<br />

Bereichen.(Bergner 2006) Konflikte am<br />

Arbeitsplatz, unfaire Behandlung durch<br />

Vorgesetzte und Mangel an Geme<strong>in</strong>schaft<br />

runden dieses Szenario ab.<br />

Auf dem H<strong>in</strong>tergrund dieser Belastungen,<br />

oft e<strong>in</strong>hergehend mit Burnout-disponierenden<br />

Persönlichkeitseigenschaften<br />

gehört mediz<strong>in</strong>isches Personal zu<br />

den Berufsgruppen mit beson<strong>der</strong>s<br />

hohem Burnoutrisiko. (Bühler and<br />

Land 2002; Bergner 2006) Neben den<br />

<strong>in</strong>dividuellen Folgen hat Burnout bei<br />

mediz<strong>in</strong>ischem Personal jedoch auch<br />

schwerwiegende Auswirkungen auf die<br />

betreuten PatientInnen (Aiken, Clarke


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15 ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />

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et al. 2002; Shanafelt, Bradley et al.<br />

2002) sowie relevante wirtschaftliche<br />

Folgen (Spickard, SG et al. 2002).<br />

Burnout gefährdet unsere<br />

Professionalität!<br />

Wie oben beschrieben geht Burnout<br />

e<strong>in</strong>her mit e<strong>in</strong>er Vielzahl an körperlichen<br />

und seelischen Beschwerden und<br />

Erkrankungen. Die Folgen von Burnout<br />

weisen jedoch weit über die <strong>in</strong>dividuelle<br />

Bef<strong>in</strong>dlichkeit h<strong>in</strong>aus. Entscheidungen<br />

werden an<strong>der</strong>s getroffen, Fehler<br />

nehmen zu, die Empathie n<strong>im</strong>mt ab<br />

<strong>–</strong> kurz Burnout bedeutet e<strong>in</strong>e massive<br />

Gefährdung unserer Professionalität <strong>–</strong><br />

von den sozioökonomischen Folgen<br />

ganz zu schweigen. Und was ist mit<br />

denjenigen von uns, die zwar „funktionieren“,<br />

jedoch ihre negative E<strong>in</strong>stellung<br />

gegenüber ihren PatientInnen<br />

<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> spüren lassen, die sich<br />

nicht mehr als unbed<strong>in</strong>gt nötig um ihre<br />

PatientInnen kümmern, den Leiden <strong>der</strong><br />

PatientInnen eigentlich ke<strong>in</strong> Ohr mehr<br />

schenken, die <strong>im</strong>mer „grantig“ reagieren,<br />

wenn sie von PatientInnen „gestört“<br />

werden, o<strong>der</strong> die vielleicht nur<br />

mehr handeln um „rechtlich abgesichert“<br />

zu se<strong>in</strong>? Und was bedeutet das<br />

für junge, unerfahrene KollegInnen,<br />

die mit solchen „Vorbil<strong>der</strong>n“ den Beruf<br />

beg<strong>in</strong>nen? Und welche Folgen hat das<br />

für die PatientInnen? S<strong>in</strong>d dies normale<br />

und verständliche Entwicklungen<br />

o<strong>der</strong> handelt es sich nicht vielmehr um<br />

dysfunktionale Prozesse, um e<strong>in</strong>e achselzuckend<br />

h<strong>in</strong>genommene Erosion<br />

unseres mediz<strong>in</strong>ischen Wertesystems?<br />

Verwandte Faktoren und<br />

Abgrenzung<br />

Burnout kann mit e<strong>in</strong>er Reihe von<br />

Erkrankungen o<strong>der</strong> Störungen geme<strong>in</strong>sam<br />

auftreten. Häufig besteht e<strong>in</strong>e


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ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />

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<strong>burnout</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong><br />

depressive Grundst<strong>im</strong>mung bis h<strong>in</strong> zur<br />

manifesten Depression (Glass and<br />

McKnight 1996). Depression tritt<br />

außerdem <strong>in</strong> Mediz<strong>in</strong>berufen häufiger<br />

auf als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>bevölkerung<br />

(Korkeila, Tögry et al. 2003). Gegenüber<br />

<strong>der</strong> alle Lebensbereiche durchdr<strong>in</strong>genden<br />

Charakteristik <strong>der</strong> Depression<br />

ist Burnout jedoch pr<strong>im</strong>är berufsbezogen<br />

(wenn es auch <strong>im</strong> S<strong>in</strong>n des<br />

„burn out crossover“ <strong>in</strong>s Privatleben<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>reichen kann (Westman and<br />

Etzion 2001). Es zeigt sich auch, dass<br />

die Burnout-D<strong>im</strong>ensionen <strong>der</strong> Depersonalisation<br />

und <strong>der</strong> reduzierten arbeitsbezogenen<br />

Selbstbewertung nicht<br />

mit Depression korrelieren. (Glass and<br />

McKnight 1996) In den meisten Fällen<br />

ist die depressive Verst<strong>im</strong>mung eher die<br />

Folge e<strong>in</strong>es bereits länger dauernden<br />

Burnout-Prozesses als dessen Ursache.<br />

Nichtsdestotrotz erfor<strong>der</strong>t jedoch e<strong>in</strong>e<br />

bei Burnout bestehende Depression die<br />

gleiche Beachtung und Behandlung wie<br />

e<strong>in</strong>e Depression an<strong>der</strong>er Genese.<br />

Auch zur allgeme<strong>in</strong>en Arbeitsunzufriedenheit<br />

ist durch die charakteristische<br />

emotionale Ausgelaugtheit e<strong>in</strong>e<br />

Abgrenzung gegeben. Ebenso gegenüber<br />

dem temporären Arbeitsstress, <strong>der</strong><br />

alle<strong>in</strong> nicht durch Distanzierung vom<br />

Beruf und Negativierung <strong>der</strong> eigenen<br />

Leistungsfähigkeit gekennzeichnet ist.<br />

(Rös<strong>in</strong>g 2003) Überzufällig häufig f<strong>in</strong>den<br />

sich bei Burnout auch verschiedene<br />

Arten des Substanzengebrauchs <strong>–</strong> von<br />

Alkohol, Nikot<strong>in</strong>, Beruhigungs- und<br />

Schlafmitteln sowie St<strong>im</strong>ulanzien, welche<br />

ebenfalls beson<strong>der</strong>e Beachtung und<br />

Behandlung erfor<strong>der</strong>n (Bergner 2006;<br />

Burisch 2006).<br />

Geschlechtsspezifische Faktoren<br />

von Burnout<br />

Geschlechtsspezifische Faktoren können<br />

sowohl bei <strong>der</strong> Entstehung von<br />

Burnout als auch bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />

von Lösungsmöglichkeiten e<strong>in</strong>e Rolle<br />

spielen. Studien zur Häufigkeit von<br />

Burnout bei Männern und Frauen zeigen<br />

ke<strong>in</strong>e systematischen Unterschiede,<br />

es zeigt sich jedoch e<strong>in</strong>e Tendenz, dass<br />

Männer eher zu Depersonalisation und<br />

Zynismus tendieren, während Frauen<br />

oft stärker von emotionaler Erschöpfung<br />

betroffen s<strong>in</strong>d.(Rös<strong>in</strong>g 2003) H<strong>in</strong>sichtlich<br />

<strong>der</strong> Entstehung von Burnout<br />

bei Männern und Frauen können biologische<br />

und psychologische Unterschiede,<br />

als auch Rollenmodelle und beson<strong>der</strong>s<br />

soziale Unterschiede zum Tragen<br />

kommen. So gibt es H<strong>in</strong>weise auf<br />

unterschiedliche physiologische und<br />

verhaltensmäßige Reaktionen auf<br />

Stressoren und Burnout zwischen<br />

Männern und Frauen. (McCarthy 1995;<br />

Light, Smith et al. 2000; Toker, Shirom<br />

et al. 2005) Während z.B. Frauen <strong>in</strong><br />

Stresssituationen eher zur sogenannten<br />

„tend and befriend“ Strategie (Beschwichtigung,<br />

Suchen sozialer Kontakte)<br />

neigten, fand sich bei Männern<br />

eher die „fight or flight“-Reaktion,<br />

nämlich Aggression o<strong>der</strong> Flucht, Rückzug<br />

und Substanzabusus). (P<strong>in</strong>es,<br />

Aronson et al. 1981; Tamres, Janicki et<br />

al. 2002) (Taylor, Kle<strong>in</strong> et al. 2000;<br />

Williams 2003). Daneben gibt es auch<br />

H<strong>in</strong>weise auf unterschiedliche hormonelle<br />

und körperliche Reaktionen auf<br />

Stress bei Frauen und Männern, sowie<br />

e<strong>in</strong>e unterschiedliche neurale Verarbeitung<br />

negativer emotionaler Reize.<br />

Vor allem aber existieren nach wie vor<br />

bedeutende soziale Ungleichheiten zwischen<br />

Männern und Frauen wie z.B. e<strong>in</strong><br />

deutlicher E<strong>in</strong>kommensnachteil für<br />

Frauen, häufige Doppel- und Mehrfachbelastung,<br />

fehlende Anerkennung<br />

von Haushaltstätigkeiten als Arbeit und<br />

Unterrepräsentation <strong>in</strong> Führungsrollen.<br />

(Strunk, Hermann et al. 2005) Die häufig<br />

von Frauen ausgeübte Teilzeitarbeit<br />

ist wie<strong>der</strong>um mit fehlenden Karrieremöglichkeiten<br />

und E<strong>in</strong>kommensverlusten<br />

verbunden.<br />

Was tun gegen Burnout?<br />

Das Risiko für Burnout wird durch<br />

Dispositionen auf <strong>der</strong> <strong>in</strong>trapersonalen<br />

Ebene und durch Bed<strong>in</strong>gungen des<br />

Arbeitskontextes und <strong>der</strong> Organisationsebene<br />

bee<strong>in</strong>flusst. (Maslach and<br />

Leiter 1997) (Burisch 2002) Maßnahmen<br />

zur Vorbeugung und Behandlung<br />

von Burnout s<strong>in</strong>d demgemäß sowohl<br />

bei <strong>der</strong> betroffenen Person als auch <strong>im</strong><br />

Arbeitsumfeld wesentlich. Lei<strong>der</strong> werden<br />

erste Schritte oft spät gesetzt,<br />

wenn schon deutliche Leistungse<strong>in</strong>bußen<br />

bestehen und <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />

reagiert häufig erst bei Arbeitsausfall.<br />

Zudem s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> häufigen Reaktionsmuster<br />

eher kontraproduktiv <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Prävention o<strong>der</strong> Bewältigung von<br />

Burnout: Passive Bewältigungsstrategien<br />

und das Meiden stresshafter Situationen<br />

führen eher zu e<strong>in</strong>er weiteren<br />

Verschlechterung <strong>der</strong> Selbste<strong>in</strong>schätzung.<br />

E<strong>in</strong> reduziertes Engagement<br />

bewirkt wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e Reduktion <strong>der</strong><br />

sozialen Kontakte <strong>im</strong> Beruf und wird<br />

oft nur <strong>in</strong> den Bereichen überhaupt<br />

möglich se<strong>in</strong>, die vielleicht noch am befriedigendsten<br />

s<strong>in</strong>d. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite bleibt die Menge an „ungeliebten“<br />

Tätigkeiten, Verwaltungsaufgaben o<strong>der</strong><br />

belastenden Tätigkeiten unverän<strong>der</strong>t,<br />

sodass <strong>in</strong> Summe eher e<strong>in</strong>e Verschlech-


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17 ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />

01/08<br />

F A C H B E I T R A G<br />

Paul Resetarics<br />

Wie weit b<strong>in</strong> ich (noch) me<strong>in</strong> Orig<strong>in</strong>al?<br />

1 10<br />

Überhaupt nicht!<br />

Völlig!<br />

Abb. 3: Me<strong>in</strong>e Orig<strong>in</strong>al-Skala.Wie weit b<strong>in</strong> ich noch me<strong>in</strong> Orig<strong>in</strong>al, wie weit lebe ich MEIN Leben?<br />

Wo möchte ich auf <strong>der</strong> Skala stehen? Und woran würde ich merken, dass ich e<strong>in</strong>en Punkt höher<br />

stehe?<br />

Kurz vor Drucklegung<br />

erreichte uns die Meldung,<br />

dass Mag. Paul Resetarics<br />

ab 2. Jänner 2008<br />

die Nachfolge von<br />

Frau Renate Holenia<br />

als Chief Nurse <strong>im</strong><br />

Gesundheitsm<strong>in</strong>isterium<br />

antritt.<br />

Herzliche Gratulation!<br />

terung <strong>der</strong> Arbeitssituation resultiert.<br />

Es versteht sich, dass das häufig beobachtete<br />

Ersatz- bzw. Suchtverhalten<br />

(Rauchen, Alkohol, Beruhigungs/Aufputschmittel)<br />

zu e<strong>in</strong>er weiteren Schwächung<br />

führt.<br />

E<strong>in</strong> erster Schritt...<br />

In all <strong>der</strong> Überlastung, Ermüdung und<br />

Rout<strong>in</strong>e, die wir <strong>in</strong> Mediz<strong>in</strong>berufen oft<br />

erleben, kommt oft e<strong>in</strong>es zu kurz <strong>–</strong><br />

nämlich uns selbst auch <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong><br />

Fragen zu stellen, Fragen wie z.B.... Wo<br />

stehe ich überhaupt <strong>im</strong> Leben? Wie ist<br />

die Qualität me<strong>in</strong>er Arbeit? Was s<strong>in</strong>d<br />

me<strong>in</strong>e Ziele? (Und was waren sie e<strong>in</strong>mal?)<br />

Und welche Ziele haben für mich<br />

Priorität? Geschieht me<strong>in</strong> Leben o<strong>der</strong><br />

gestalte ich noch me<strong>in</strong>en Lebensweg?<br />

Und wie weit b<strong>in</strong> ich überhaupt noch<br />

me<strong>in</strong> Orig<strong>in</strong>al, wie weit lebe ich MEIN<br />

Leben? (Abb. 3)<br />

Oft stehen wir auch vor <strong>der</strong> Frage, ob<br />

e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> Beruf alle<strong>in</strong>e ausreichend<br />

ist, o<strong>der</strong> ob nicht vielmehr die<br />

verschiedenen Lebensbereiche harmonisiert<br />

werden müssten. Denn unser<br />

Leben ruht auf mehreren Standbe<strong>in</strong>en:<br />

Zuallererst auf dem Standbe<strong>in</strong> me<strong>in</strong>er<br />

eigenen Person, dem ICH. Dann auf<br />

dem Standbe<strong>in</strong> me<strong>in</strong>er sozialen Kontakte<br />

und me<strong>in</strong>er Familie. Und schließlich<br />

auf dem beruflichen Standbe<strong>in</strong>.<br />

S<strong>in</strong>d die beiden erstgenannten stabil<br />

und sicher, so werde ich auch schwierige<br />

berufliche Situationen überstehen<br />

können. Gibt es jedoch auch hier Probleme<br />

o<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d sie zu lange vernachlässigt<br />

worden <strong>–</strong> vielleicht <strong>im</strong> Laufe<br />

e<strong>in</strong>es jahrelang schwelenden Burnout-<br />

Prozesses <strong>–</strong>, so kann e<strong>in</strong>e zusätzliche<br />

Belastung zum Zusammensturz des<br />

gesamten Systems führen.<br />

Daher s<strong>in</strong>d, neben all den Maßnahmen<br />

zur Steigerung <strong>der</strong> beruflichen Effizienz<br />

und Belastbarkeit sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Prävention als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlung<br />

von Burnout Maßnahmen zur Stärkung<br />

<strong>der</strong> eigenen Person und des sozialen<br />

Lebens zentral.<br />

Was kann ich selbst tun?<br />

Bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorbeugung von Burnout<br />

aber auch <strong>in</strong> den ersten Phasen <strong>der</strong><br />

Burnout-Spirale gibt es viele Möglichkeiten,<br />

die man selbst tun kann:<br />

Umgang mit Beruf, Stress und Work<br />

Life Balance<br />

<strong>–</strong> Def<strong>in</strong>ition von Schwerpunkten und<br />

Grenzen <strong>der</strong> Arbeit<br />

<strong>–</strong> Setzen realistischer Ziele<br />

<strong>–</strong> Beachtung und För<strong>der</strong>ung<br />

bestärken<strong>der</strong> Faktoren<br />

<strong>–</strong> Wo wird Kraft verschwendet?<br />

<strong>–</strong> Setzen von Grenzen gegenüber<br />

hohen Erwartungshaltungen<br />

<strong>–</strong> Zeit für sich selbst<br />

60 Jahre <strong>ÖGKV</strong> 60 Jahre <strong>ÖGKV</strong> 60 Jahre <strong>ÖGKV</strong><br />

2008<br />

feiert <strong>der</strong> <strong>ÖGKV</strong> se<strong>in</strong><br />

60-jähriges Bestehen!<br />

Wir bitten Sie, uns<br />

Ihre Geschichte<br />

und/o<strong>der</strong> Ihre Fotos<br />

zu schicken, damit wir<br />

unsere geme<strong>in</strong>same<br />

Geschichte aufzeigen<br />

können.<br />

Vielen Dank!<br />

<strong>ÖGKV</strong><br />

Wilhelm<strong>in</strong>enstraße 91/IIe<br />

1160 Wien<br />

office@oegkv.at


01/08<br />

ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />

18<br />

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F A C H B E I T R A G<br />

<strong>burnout</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong><br />

<strong>–</strong> Zeit für Familie, Freunde, Hobbys<br />

<strong>–</strong> Essgewohnheiten, Ernährung<br />

<strong>–</strong> Körperlicher Ausgleich<br />

<strong>–</strong> Entspannungstechniken wie z.B.<br />

Autogenes Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Atemmeditation,<br />

Yoga o<strong>der</strong> Muskelentspannungstechniken<br />

Zeitmanagement<br />

<strong>–</strong> Unangenehmes nicht verschieben<br />

<strong>–</strong> ähnliche Tätigkeiten zusammenfassen;<br />

feste Zeiten e<strong>in</strong>planen<br />

Arbeitsgestaltung<br />

<strong>–</strong> Wie s<strong>in</strong>d die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen?<br />

<strong>–</strong> Was sollte an<strong>der</strong>s se<strong>in</strong>?<br />

<strong>–</strong> Wie gehe ich mit Verwaltungstätigkeiten/unangenehmen<br />

Aufgaben um?<br />

Praxisbezogene Aus- und<br />

Weiterbildung<br />

<strong>–</strong> bezogen auf alltagsrelevante Aspekte<br />

<strong>der</strong> Tätigkeit<br />

<strong>–</strong> Wäre e<strong>in</strong>e Spezialisierung hilfreich?<br />

Stärkung sozialer Stützsysteme<br />

<strong>–</strong> Rückhalt <strong>in</strong> Familie und bei Freunden<br />

<strong>–</strong> Feedback von und Austausch mit<br />

Kollegen<br />

<strong>–</strong> berufliche Kooperationen<br />

Hilfe von Außen<br />

Wir alle können <strong>in</strong> Situationen kommen,<br />

<strong>in</strong> denen wir Unterstützung durch<br />

jemanden an<strong>der</strong>en benötigen. Und oft<br />

kann e<strong>in</strong>e solche Unerstützung beson<strong>der</strong>s<br />

effizient se<strong>in</strong>, wenn ich sie noch<br />

gar nicht unbed<strong>in</strong>gt brauche, aber mich<br />

aktiv dafür entscheide. So ist <strong>in</strong> den<br />

Anfangsphasen von Burnout berufsorientiertes<br />

Coach<strong>in</strong>g oft sehr hilfreich,<br />

um Ziele und Prioritäten wie<strong>der</strong> klarer<br />

zu sehen und um schwierige Situationen<br />

besser managen zu können. In<br />

fortgeschritteneren Phasen von Burnout,<br />

vor allem wenn e<strong>in</strong>e depressive<br />

Grundst<strong>im</strong>mung besteht, das Gefühl es<br />

nicht aus eigener Kraft zu bewältigen,<br />

<strong>in</strong>nere Leeregefühle auftauchen, ist<br />

e<strong>in</strong>e psychotherapeutische Behandlung<br />

angezeigt. Diese kann auch mit Coach<strong>in</strong>g<br />

komb<strong>in</strong>iert werden, um sowohl<br />

grundlegen<strong>der</strong>e persönliche Fragestellungen<br />

bearbeiten zu können, gleichzeitig<br />

aber auch die pragmatische Umsetzung<br />

von Maßnahmen <strong>–</strong> beruflich<br />

o<strong>der</strong> privat <strong>–</strong> zu unterstützen. In Fällen<br />

von manifester Depression, von Angststörungen<br />

o<strong>der</strong> Schlafstörungen ist<br />

unter Umständen e<strong>in</strong>e psychopharmakologische<br />

Behandlung erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Ebenso s<strong>in</strong>d natürlich organische Beschwerden<br />

abzuklären und mögliche<br />

organische (Mit)Ursachen des Beschwerdebildes<br />

auszuschließen (z.B.<br />

e<strong>in</strong>e Schilddrüsenfunktionsstörung).<br />

Ergänzend s<strong>in</strong>d Entspannungstechniken<br />

und körperorientierte Verfahren<br />

(z.B. Yoga, Shiatsu, Energiearbeit etc.)<br />

oft hilfreich, auch da sie uns e<strong>in</strong>en<br />

gänzlich an<strong>der</strong>en Zugangsweg zu uns<br />

selbst erschließen als auf <strong>der</strong> verbalen<br />

Ebene. Menschen <strong>in</strong> Burnout-Situationen<br />

haben oft den Wunsch „am liebsten<br />

alles h<strong>in</strong>schmeißen zu wollen“,<br />

sich sofort <strong>in</strong> Krankenstand zu begeben<br />

o<strong>der</strong> den Beruf gänzlich zu wechseln.<br />

Doch sollte die Frage nach e<strong>in</strong>er<br />

beruflichen Auszeit o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es Berufswechsels,<br />

wenn <strong>im</strong>mer möglich, nach<br />

vorheriger gründlicher Überlegung und<br />

Vorbereitung beantwortet werden.<br />

Auch hier ist e<strong>in</strong>e Beratung bzw. Unterstützung<br />

von Außen oft sehr wichtig,<br />

um die Perspektive wie<strong>der</strong> zu erweitern,<br />

bisher unbeachtete Aspekte zu<br />

sehen und um solche Schritte gut vorzubereiten.<br />

S<strong>in</strong>n und Werte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong><br />

Neben all diesen Maßnahmen ist wohl<br />

auch e<strong>in</strong>es wesentlich -, Wie gut gel<strong>in</strong>gt<br />

es uns als Berufsgruppe und als E<strong>in</strong>zelne<br />

<strong>–</strong> sowohl jungen als auch erfahreneren<br />

KollegInnen, mediz<strong>in</strong>ischen Führungskräften<br />

und den standespolitischen<br />

Vertretungen <strong>–</strong> S<strong>in</strong>n und Werte<br />

unseres Berufs <strong>–</strong> unserer Berufung <strong>–</strong><br />

lebendig und <strong>in</strong> unserem Bewusstse<strong>in</strong><br />

zu halten? Denn e<strong>in</strong> stabiles, sowohl<br />

auf <strong>der</strong> Ebene des E<strong>in</strong>zelnen als auch<br />

<strong>in</strong>stitutionell getragenes System, das<br />

S<strong>in</strong>n und Werte glaubwürdig vermittelt,<br />

stellt e<strong>in</strong>e zentrale Bed<strong>in</strong>gung dar, um<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mediz<strong>in</strong>ischen Beruf <strong>in</strong>nerlich<br />

langfristig überleben zu können. Was<br />

bedeutet es 20, 30 und mehr Jahre e<strong>in</strong>e<br />

Krankenschwester/e<strong>in</strong> Krankenpfleger<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Arzt/e<strong>in</strong>e Ärzt<strong>in</strong> zu se<strong>in</strong>? Wie<br />

verän<strong>der</strong>n sich unsere Überzeugungen<br />

<strong>in</strong> dieser Zeit, wer hilft mir, mit belastenden<br />

Situationen umzugehen, welche<br />

Vorbil<strong>der</strong> leiten me<strong>in</strong>en Weg? Wie<br />

gut gel<strong>in</strong>gt es den leitenden Personen<br />

die hohe Motivation <strong>der</strong> jungen<br />

KollegInnen zu erhalten aber auch<br />

<strong>der</strong>en Belastungen und manches mal<br />

Verzweiflung zu sehen und zu hören <strong>–</strong><br />

und was ist mit denjenigen Führungskräften,<br />

welche dies stattdessen lieber<br />

übersehen und überhören...?<br />

Doch anstatt <strong>in</strong> bloßer Kritik zu verharren<br />

und die Zustände zu beklagen<br />

sei auch daran er<strong>in</strong>nert, dass dieses<br />

System aus je<strong>der</strong>/m E<strong>in</strong>zelnen von uns<br />

besteht, das jede und je<strong>der</strong> von uns sich<br />

die wichtigen Fragen zum se<strong>in</strong>em/<br />

ihren Beruf und zu se<strong>in</strong>en/ihren zentralen<br />

Werten zuallererst sich selbst<br />

stellen muss, um dann auch positiv verän<strong>der</strong>nd<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er/ihrer Umgebung<br />

wirken zu können. Und stellen wir uns


www.oegkv.at<br />

19 ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />

01/08<br />

F A C H B E I T R A G<br />

geme<strong>in</strong>sam diese Fragen <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong><br />

selbst, für uns alle<strong>in</strong>e, <strong>im</strong> Team und <strong>in</strong><br />

den Organisationen!<br />

Interdiszipl<strong>in</strong>äre Burnout-Studie<br />

Derzeit ist unter Leitung von Prof.<br />

Lalouschek e<strong>in</strong>e Wienweite, multidiszipl<strong>in</strong>äre<br />

Studie über „Burnout auf<br />

Intensivstationen“ <strong>in</strong> Vorbereitung. In<br />

<strong>der</strong> Studie werden erstmalig bei Ärzt-<br />

Innen und Pflegepersonal an verschiedenen<br />

Abteilungen Burnout und damit<br />

zusammenhängende Faktoren systematisch<br />

erhoben und mit den Teams geme<strong>in</strong>sam<br />

über e<strong>in</strong>en Zeitraum von<br />

e<strong>in</strong>em halben Jahr Lösungs- und Verbesserungsmöglichkeiten<br />

entwickelt.<br />

Die Effekte <strong>der</strong> entwickelten Maßnahmen<br />

und ihre Umsetzbarkeit und<br />

Nachhaltigkeit werden ebenfalls systematisch<br />

evaluiert. Im Rahmen <strong>der</strong> Studie<br />

werden beson<strong>der</strong>s geschlechtsspezifische<br />

Aspekte von Burnout und möglichen<br />

Maßnahmen berücksichtigt. Das<br />

Projekt wird unterstützt von Krankenanstaltenverbund,<br />

Ärztekammer und<br />

<strong>der</strong> Österreichschen Gesellschaft für<br />

Anästhesiologie, Rean<strong>im</strong>ation und Intensivmediz<strong>in</strong>.<br />

Die Durchführung erfolgt<br />

<strong>in</strong> Kooperation mit mehreren<br />

Universitätskl<strong>in</strong>iken, dem Ludwig-<br />

Boltzmann Institut für Mediz<strong>in</strong>-und<br />

Gesundheitssoziologie und <strong>der</strong> Wirtschaftsuniversität.<br />

Weitere Informationen<br />

(auch bei Interesse an e<strong>in</strong>er Teilnahme)<br />

unter www.<strong>burnout</strong>-<strong>in</strong>tensiv.at.<br />

Für Interessierte o<strong>der</strong> Betroffene bietet<br />

Prof. Lalouschek am Institut für Burnout<br />

und Stressmanagement <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre<br />

Beratung und Behandlung an.<br />

Für Teams und Organisationen werden<br />

Workshops und Vorträge zu dem<br />

Themenkreis angeboten. <br />

Univ.-Prof. Mag.Dr.Wolfgang<br />

Lalouschek<br />

Institut für Burnout und<br />

Stressmanagement<br />

w.lalouschek@origo.at<br />

leserme<strong>in</strong>ung<br />

ÖPZ 11/2007, S. 5: „Muskel und Skeletterkrankungen“. K<strong>in</strong>ästhetik kann helfen.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, <strong>in</strong> dem wertvollen Beitrag „Muskel und Skeletterkrankungen“ (MSE) wird auf die<br />

ergonomischen Risiken von <strong>in</strong> Gesundheitsberufen Tätigen h<strong>in</strong>gewiesen: Überbeanspruchung, Abnützung, Verletzungen<br />

durch hohe mechanische Belastungen <strong>der</strong> <strong>–</strong> u. a. <strong>–</strong> Wirbelsäule. Empfohlen wird <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von Hebe- und Tragehilfen.<br />

Das unterstütze ich und merke Folgendes an: Wenn <strong>in</strong> Gesundheitsberufen tätige Personen e<strong>in</strong> „Ergonomisches<br />

Bewegen“ mit und an Klienten / Patienten praktizieren, kann wirkungsvoll Problemen am Muskel- und Skelettapparat<br />

vorgebeugt bzw. e<strong>in</strong>e Reduzierung o<strong>der</strong> gar Vermeidung von Problemen erreicht werden. Betroffen s<strong>in</strong>d auch Berufsgruppen,<br />

die z. B. am OP-Tisch stehen o<strong>der</strong> für die Instandsetzung von gebrauchten Materialien zuständig s<strong>in</strong>d, bzw. <strong>im</strong><br />

Ver-/Entsorgungsbereich arbeiten. U. a. kann durch Wissen, das <strong>in</strong> K<strong>in</strong>ästhetikunterrichten bzw. -Kursen erlernt wurde<br />

sehr wirkungsvoll die eigene körperliche Belastung erheblich reduziert werden. Vor allem dadurch, dass auf Heben<br />

(möglichst) verzichtet wird und statt dessen Körper-„Massen“ bewegt werden. Durch die k<strong>in</strong>ästhetische Herangehensweise<br />

lässt sich für die betroffene Person mittels des ressourcenför<strong>der</strong>nden Konzeptes e<strong>in</strong> meist hoher Gew<strong>in</strong>n acquirieren.<br />

Voraussetzung dafür ist erstens, dass z.B. <strong>in</strong> Alten- und Pflegehe<strong>im</strong>en, <strong>in</strong> Kranken- und Rehabilitationsanstalten<br />

sowie bei <strong>der</strong> Pflege von Personen <strong>im</strong> häuslichen Umfeld das K<strong>in</strong>ästhetik-Wissen geschult wird. Zweitens ist es meist<br />

unabd<strong>in</strong>gbar, dass e<strong>in</strong>e Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong>er „greifbar“ ist, wenn man vor Ort die K<strong>in</strong>ästhetik anwenden will. Ich b<strong>in</strong><br />

zuversichtlich, dass Entscheidungsträger <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pflege und Pflegeausbildung diesen Umstand wenigstens mittelfristig<br />

verstehen und dann konsequent agieren. Interessierte werden weiterführende Infos <strong>in</strong> Suchmasch<strong>in</strong>en bzw. <strong>in</strong> den<br />

Berufsverbänden, z. B. dem <strong>ÖGKV</strong> (Kursangebote), f<strong>in</strong>den, o<strong>der</strong> den Autor kontaktieren.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Ra<strong>in</strong>er Werlberger; Hygienefachkraft, K<strong>in</strong>ästhetiktra<strong>in</strong>er, Lehrer für Krankenpflege

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