amnesty international - Dan Richter
amnesty international - Dan Richter
amnesty international - Dan Richter
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Pressespiegel<br />
Deutsche Welle<br />
22. März 2007<br />
Transnistrien: Wirtschaftsprobleme verschärfen sich<br />
Von Serhij Osadtschuk, Odessa<br />
Seit einem Jahr gelten neue Zollbestimmungen<br />
am transnistrischen<br />
Abschnitt der ukrainisch-moldauischen<br />
Grenze. Chisinau<br />
und Kiew wollen damit den<br />
Schmuggel bekämpfen. Tiraspol<br />
spricht hingegen von einer Blockade.<br />
Auf dem zentralen Platz von Tiraspol<br />
befinden sich nahe dem Suworow-Denkmal<br />
immer viele Menschen.<br />
Nebenan sind ein Markt und<br />
mehrere Bushaltestellen. Dort halten<br />
sich oft Rentner auf. Auf die Frage,<br />
wie sich der Durchschnittsbürger in<br />
Transnistrien fühlt, sagen sie nur:<br />
„Sehr schlecht.“ Sie berichten, dass<br />
die Renten nicht rechtzeitig ausgezahlt<br />
werden. Und diejenigen, die im<br />
Ausland Verwandte hätten, seien<br />
längst fort. Vor allem die Jugend verlasse<br />
Transnistrien. Junge Menschen<br />
zieht es auf der Suche nach Arbeit<br />
meist ins Ausland. Aleksandr Pakur<br />
erzählte, er habe nur wenig Geld verdient.<br />
Deshalb habe er sich entschieden,<br />
in Russland auf Baustellen zu<br />
arbeiten: „Man kann hier mit dem<br />
wenigen Geld nicht überleben. Man<br />
hat die Menschen so weit gebracht,<br />
dass sie in Moskau oder sonst wo<br />
Gastarbeiter sein müssen.“<br />
Es ist nicht verwunderlich, wenn<br />
viele Menschen unter diesen Bedingungen<br />
versuchen, Transnistrien zu<br />
verlassen. Dies ist aber nicht gerade<br />
einfach, denn derzeit gibt es nur einen<br />
Passagierzug, und der ist nur<br />
eine Transitverbindung in die Republik<br />
Moldau. Um Transnistrien zu<br />
verlassen, müssen die Menschen erst<br />
die Grenze in einem Auto passieren.<br />
Erst dann können sie in einen Zug<br />
steigen.<br />
Vorwürfe gegen Kiew<br />
und Chisinau<br />
Die separatistische Führung Transnistriens<br />
weist jegliche Verantwortung<br />
für die Wirtschaftslage zurück.<br />
Tiraspol beschuldigt vor allem die<br />
Ukraine und die Republik Moldau,<br />
die vor einem Jahr neue Zollbestimmungen<br />
am transnistrischen Abschnitt<br />
der Grenze zwischen beiden<br />
Ländern eingeführt hatten. Kiew<br />
und Chisinau wollen in Zusammenarbeit<br />
mit der Europäischen Union<br />
den unkontrollierten Transport von<br />
Gütern über die Grenze stoppen und<br />
insbesondere Schmuggel und illegalen<br />
Waffenhandel in der Region verhindern.<br />
Seit der Einführung der<br />
neuen Zollbestimmungen spricht Tiraspol<br />
von einer Wirtschaftsblockade.<br />
Den Vorwurf, dass über das Territorium<br />
Transnistriens Waffen und<br />
Schmuggelwaren transportiert wurden,<br />
weist man in der selbsternannten<br />
Republik zurück.<br />
Gemäß den neuen Zollbestimmungen<br />
müssen transnistrische Unternehmen<br />
in der Republik Moldau<br />
registriert sein. Sie müssen zudem<br />
ihre Transporte ausschließlich über<br />
den moldauischen Zoll abfertigen.<br />
Transnistrische Unternehmen bemühen<br />
sich allerdings nicht sonderlich<br />
um eine Registrierung in der Republik<br />
Moldau. Sie begründen dies mit<br />
zusätzlichen Kosten. Aber auch die<br />
Führung Transnistriens ermuntert<br />
sie, die neuen Bestimmungen nicht<br />
zu befolgen. Dies führte schließlich<br />
dazu, dass die Produktion in den<br />
transnistrischen Unternehmen zurückgefahren<br />
werden musste. Der<br />
Direktor eines der größten Unternehmen<br />
in Tiraspol, Wiktor Iwantschenko,<br />
sagte der Deutschen Welle:<br />
„Die Menschen erhalten keine Löhne,<br />
wenn die Produktion stillsteht,<br />
und manche mussten wir in Zwangsurlaub<br />
schicken.“<br />
Menschen hoffen auf Russland<br />
Fast die Hälfte der Einwohner Transnistriens<br />
sind ethnische Ukrainer. In<br />
Tiraspol gibt es ein ukrainisches Lyzeum,<br />
das etwa 300 Kinder besuchen.<br />
Oleksandr Sajtschuk arbeitet<br />
dort als Lehrer für Geschichte der<br />
Ukraine und Gesellschaftskunde.<br />
Ihm zufolge schauen die Menschen<br />
aber heute eher nach Russland. Sie<br />
hoffen, dass dort über das weitere<br />
Schicksal Transnistriens entschieden<br />
wird: „Transnistrien hat Verbindungen<br />
zur Ukraine, aber es gibt<br />
auch Verbindungen nach Russland.<br />
Derzeit orientiert man sich eher nach<br />
Russland hin. Natürlich muss die<br />
Ukraine eine wichtige Rolle spielen<br />
und man sollte dort nicht nur mit der<br />
moldauischen Führung sprechen,<br />
sondern auch mit der Transnistriens.“<br />
Viele der Menschen, die sich auf<br />
dem zentralen Platz von Tiraspol<br />
treffen, verfolgen gespannt die Diskussion<br />
um das Kosovo. Sie sind<br />
überzeugt: wenn das Kosovo unabhängig<br />
würde, dann müsste auch<br />
Transnistrien das Recht auf Souveränität<br />
bekommen. Andere sagen<br />
hingegen, ihnen sei der Status ihrer<br />
Region egal, denn sie hätten andere,<br />
wichtigere Probleme.<br />
50 <strong>amnesty</strong> <strong>international</strong> – Kogruppe Weißrussland – Ukraine – Republik Moldau · Rundbrief 16 / 2007