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amnesty international - Dan Richter

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Republik Moldau: Folter und Misshandlungen im Polizeigewahrsam „Es ist einfach normal“<br />

2. Sergei Gurgurow<br />

„Ich habe gewonnen, weil ich kein Geständnisabgelegt<br />

habe.“<br />

Sergei Gurgurow gab folgenden Bericht über seine<br />

Behandlung.<br />

Sergei Gurgurow wurde am 25. Oktober 2005<br />

von der Polizei im Bezirk Rîscani von Chişinău unter<br />

dem Verdacht, ein Mobiltelefon gestohlen zu<br />

haben, festgenommen. Er wurde im IVS des Polizei-Hauptquartiers<br />

von Chişinău festgehalten und<br />

wurde angeblich in der Zeit bis zu der Freilassung<br />

gegen Kaution am 3. November 2005 geschlagen.<br />

Während der Inhaftierung wurde er abends und<br />

mittags in Büros im zweiten Stock des Hauptquartiers<br />

gebracht und gefoltert, damit er den Diebstahl<br />

weiterer Mobiltelefone gestehe.<br />

Er sagt aus, dass er auf den Rücken geschlagen<br />

wurde, dass man ihn Elektroschocks ausgesetzt<br />

habe, dass man ihn beinahe mit einer Gasmaske erstickt<br />

habe und dass ihm seine Finger verdreht worden<br />

seien.<br />

Er hatte keinen Zugang zu einem Anwalt bis<br />

zum 3. November, als er bei Gericht einem Untersuchungsrichter<br />

vorgeführt wurde. Videoaufnahmen<br />

seiner Ankunft im Gerichtsgebäude, die <strong>amnesty</strong><br />

<strong>international</strong> vorliegen, zeigen, dass er nicht<br />

in der Lage war zu gehen und von zwei Polizeibeamten<br />

geschleppt wurde. Er konnte auch seine Finger<br />

nicht bewegen und hatte Schwierigkeiten beim<br />

Sprechen. Bei der Anhörung ordnete der <strong>Richter</strong><br />

die Freilassung gegen Kaution an. Dennoch wurde<br />

Sergei Gurgurow von Polizeibeamten aus dem Gerichtssaal<br />

geführt, man behauptete, es seien noch<br />

Papiere für seine Freilassung auszufüllen. In Wahrheit<br />

wurde er in das IDP der Abteilung gegen das<br />

organisierte Verbrechen verbracht. Sein Anwalt<br />

konnte am folgenden Tag – 4. November – lediglich<br />

seinen Aufenthaltsort ermitteln.<br />

Die Polizei rechtfertigte später die weitere Inhaftierung<br />

mit einem Haftbefehl vom 5. September<br />

2001. Dass dieser Haftbefehl aber nicht die Grundlage<br />

für Gurgurows Verhaftung am 25. Oktober<br />

2005 war, legt nahe, dass es darum ging, die Verletzungen<br />

geheim zu halten und eine Freilassung zu<br />

verhindern, die Gurgurow hätte nutzen können,<br />

Anklage wegen der erlittenen Folter zu erheben.<br />

Am 4. November erhob der Anwalt im Büro des<br />

Generalstaatsanwaltes Anklage wegen Misshandlung<br />

und es wurde eine Ermittlung eingeleitet, allerdings<br />

weder effektiv durchgeführt noch eine<br />

Aussage Sergei Gurgurows zu den Foltervorwürfen<br />

eingeholt.<br />

Sergei Gurgurow berichtet im Behandlungszentrum<br />

für Folteropfer der NGO »Memorial« den<br />

ai-Mitarbeiterinnen<br />

Am 1. Dezember 2005 ordnete der Untersuchungsrichter<br />

eine Verlängerung der Haft für 25 Tage an.<br />

Dagegen legte der Anwalt beim Revisionsgericht<br />

Einspruch ein und am 9. Dezember wurde Gurgurow<br />

gegen Kaution freigelassen.<br />

Bis zum 2. Dezember erhielt er keinerlei medizinische<br />

Behandlung der bei der Folter erlittenen<br />

Verletzungen, an diesem Tag wurde er in das Gefängniskrankenhaus<br />

verlegt. Dort gab es aber nicht<br />

den nötigen Neurologen, sodass er erst nach der<br />

Freilassung von Spezialisten behandelt werden<br />

konnte.<br />

Der 28-jährige Sergei Gurgurow ist nach den Misshandlungen<br />

und der Folter, die er durch die Polizei<br />

erlitten hatte, behindert und arbeitsunfähig. Beide<br />

Trommelfelle sind zerstört und auf einem Ohr kann<br />

er gar nichts mehr hören.<br />

Aufgrund der Verletzungen ist seine Sprechfähigkeit<br />

vermindert und die Verletzungen am Rücken<br />

machen es ihm unmöglich, ohne Krücken zu<br />

gehen. Im Juni 2007 wurden seine Behinderungen<br />

als solche 2. Grades eingestuft, was eine kleine monatliche<br />

Rente und einige Vergünstigungen mit sich<br />

bringt.<br />

Die Anklage wegen Diebstahls wird weiter aufrecht<br />

erhalten und er muss mit einem Prozess rechnen.<br />

Die Polizeibeamten, die ihn angeblich gefoltert<br />

haben, sind weiterhin im Dienst und haben Gurgu-<br />

38 <strong>amnesty</strong> <strong>international</strong> – Kogruppe Weißrussland – Ukraine – Republik Moldau · Rundbrief 16 / 2007

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