amnesty international - Dan Richter
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Ukraine: Häusliche Gewalt – Die Opfer werden beschuldigt<br />
Opfer häuslicher Gewalt haben auch die Erfahrung<br />
gemacht, dass Korruption im Justizsystem und bei<br />
der Polizei verhindert, dass ihnen Gerechtigkeit zuteil<br />
wird.<br />
Shanna gab <strong>amnesty</strong> <strong>international</strong> gegenüber an,<br />
dass ihr Mann nicht nur die Polizei bestochen hat,<br />
sie nicht zu vorzulassen, sondern auch dafür bezahlt<br />
hat, dass sie die erste Verhandlung gegen ihn<br />
„verloren“ hat. Eine zweite Verhandlung wurde<br />
jetzt eröffnet, aber laut Shannas Aussagen ist es ihrem<br />
Mann gelungen, Zeugen zu bestechen.<br />
Mitglieder von NGOs beklagen, dass die Polizei<br />
es häufig ablehnt, in Fällen häuslicher Gewalt etwas<br />
zu unternehmen. Eine für die NGO Westukrainische<br />
Perspektiven in Lwiw tätige Rechtsberaterin<br />
berichtete <strong>amnesty</strong> <strong>international</strong>, dass die Polizei<br />
in fünf bis acht Fällen von den 20 bis 25 Fällen<br />
häuslicher Gewalt, zu denen sie im Monat arbeitet,<br />
etwas unternimmt.<br />
Shanna erklärt, dass der Polizist ihr das erste<br />
Mal, als sie ihren Mann bei der Polizei anzeigte,<br />
weil er sie geschlagen hatte, sagte, sie solle ihm sexuelle<br />
Dienste leisten, wenn sie wolle, dass der Fall<br />
schnell bearbeitet würde.<br />
Mangel an Frauenhäusern<br />
Laut Völkerrecht ist die Ukraine dazu verpflichtet,<br />
mittels verschiedener Maßnahmen sicherzustellen,<br />
dass Frauen in ihren Bemühungen unterstützt werden,<br />
einer gewalttätigen Beziehung zu entkommen.<br />
Die UN-Vollversammlung als alle Regierungen der<br />
Welt vertretendes Organ hat in verschiedenen Resolutionen<br />
zu diesem Thema gefordert, dass Staaten<br />
Frauenhäuser und Notrufstellen bereitstellen,<br />
Mitarbeiter der Rechtsschutzorgane ausbilden und<br />
andere Initiativen ergreifen sollen, um Gewalt gegen<br />
Frauen auszurotten.<br />
Auch das Gesetz zur Prävention häuslicher Gewalt<br />
fordert die Einrichtung von Frauenhäusern.<br />
Es existieren verschiedene Arten von Zufluchtsstätten,<br />
die vom Staat oder von NGOs betrieben<br />
werden, aber es gibt keine umfassenden genauen<br />
Informationen über Frauenhäuser. Die meisten der<br />
vorhandenen Einrichtungen sind nicht speziell zur<br />
Unterstützung von Frauen, die Opfer häuslicher<br />
Gewalt geworden sind, eingerichtet worden und<br />
entsprechen in vielen Fällen nicht den <strong>international</strong>en<br />
Standards für solche Häuser.<br />
Standards für Frauenhäuser<br />
gemäß dem Bericht der 7. Assembly of Women’s<br />
Shelters and Support Centres,<br />
3. - 5. Dezember 2004 in Çanakkale, Türkei<br />
– Adressen von Frauenhäusern sind geheimzuhalten<br />
und Informationen/Daten über Frauenhäuser<br />
aufsuchende Frauen vertraulich zu behandeln.<br />
– Es darf keinerlei Diskriminierung aufgrund von<br />
Religion, Familienstand, Hautfarbe, Nationalität,<br />
Beruf, Muttersprache, Behinderung, sozialer<br />
Herkunft, Alter oder politischer Meinung gegenüber<br />
den Frauen geben.<br />
– Frauenhäuser sollen für alle Frauen offen sein,<br />
auch für kinderlose Frauen und Angehörige<br />
ethnischer Minderheiten.<br />
– Frauenhäuser sollen von Frauen betrieben werden,<br />
die sich der Belange der Frauen annehmen.<br />
– Frauen und ihre Kinder sollen gemeinsam untergebracht<br />
werden und es ist unbedingt für ihre<br />
Sicherheit Sorge zu tragen.<br />
– Es ist davon auszugehen, dass die Frauen Gewalt<br />
erlitten haben und dass ihre Aussagen wahr sind.<br />
– Frauenhäuser sollen die Frauen dazu ermutigen,<br />
einen Weg aus der Gewalt zu finden, indem Unterstützung<br />
in Form von Kinderbetreuung,<br />
Rechtsberatung, beruflicher Ausbildung, Arbeitsmöglichkeiten,<br />
medizinischer und psychologischer<br />
Betreuung angeboten wird in einer sicheren<br />
Umgebung, in der sie wieder Vertrauen<br />
fassen können.<br />
– Frauenhäuser bieten Unterstützung in Form von<br />
Kinderbetreuung, Rechtsberatung, beruflicher<br />
Ausbildung, Arbeitsmöglichkeiten, medizinischer<br />
und psychologischer Betreuung, damit<br />
sich die Frauen ein Leben ohne Gewalt aufbauen<br />
können.<br />
– Frauenhäuser bieten eine sichere Umgebung, in<br />
der Frauen wieder Vertrauen fassen können.<br />
Während der letzten zwei Jahre hat das Ministerium<br />
für Familie, Jugend und Sport 21 miteinander<br />
vernetzte Zentren für soziale und psychologische<br />
Unterstützung junger Menschen und Familien aufgebaut,<br />
weitere sind in Planung.<br />
Diese Zentren bieten juristische und psychologische<br />
Beratung sowie Unterbringung für bis zu<br />
drei Monaten an. Jedoch entsprechen sie nicht den<br />
<strong>international</strong>en Standards für Frauenhäuser und<br />
können nicht als den Anforderungen des Gesetzes<br />
zur Prävention häuslicher Gewalt genügend angesehen<br />
werden.<br />
Gründe dafür sind:<br />
– Die Zentren sind mit dem Ziel eingerichtet worden,<br />
die Familie als Ganzes zu schützen und<br />
nicht die Frauen.<br />
26 <strong>amnesty</strong> <strong>international</strong> – Kogruppe Weißrussland – Ukraine – Republik Moldau · Rundbrief 16 / 2007