31.10.2013 Aufrufe

Thema Drosselstraße Zusammenleben in Osterholz-Scharmbeck - Haus ...

Thema Drosselstraße Zusammenleben in Osterholz-Scharmbeck - Haus ...

Thema Drosselstraße Zusammenleben in Osterholz-Scharmbeck - Haus ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Migrantenvere<strong>in</strong>e und Bürger und Bürger<strong>in</strong>nen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

<strong>in</strong> <strong>Osterholz</strong>-<strong>Scharmbeck</strong> fühlen sich<br />

häufig den Anwohner/-<strong>in</strong>nen der <strong>Drosselstraße</strong> verbunden<br />

und teilen e<strong>in</strong>en Teil der Betroffenheit als gesellschaftliche<br />

M<strong>in</strong>derheit.<br />

Kirchen und zivilgesellschaftliche soziale Träger treten nur<br />

wenig als Akteure <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung, die explizit Strategien<br />

für die <strong>Drosselstraße</strong> entwickeln und die besondere Lage<br />

des Quartiers dabei <strong>in</strong>s Auge fassen. E<strong>in</strong>e besondere Rolle<br />

nehmen allerd<strong>in</strong>gs Schulen und kommunale E<strong>in</strong>richtungen<br />

e<strong>in</strong>, die an der Schnittstelle zwischen Gesellschaft und<br />

Staat liegen. Das Mehrgenerationenhaus, dessen Angebot<br />

für K<strong>in</strong>der im K<strong>in</strong>dergartenalter im Umfeld der <strong>Drosselstraße</strong><br />

entstanden ist, verfügt bis heute über Kontakt <strong>in</strong>sbesondere<br />

zu Anwohner<strong>in</strong>nen, hat aber diesbezüglich wenig<br />

Integrationskraft. Auch das <strong>Haus</strong> der Kulturen <strong>in</strong> der Mozartstraße<br />

erreicht das Quartier nur langsam und wird daher<br />

vorwiegend von Angehörigen anderer Familien als<br />

derjenigen mit libanesisch-kurdischem H<strong>in</strong>tergrund genutzt.<br />

2. 5. Das Konfliktgeschehen:<br />

Muster im Umgang mite<strong>in</strong>ander<br />

Im Umgang der Konfliktparteien <strong>in</strong> <strong>Osterholz</strong>-<strong>Scharmbeck</strong><br />

lassen sich e<strong>in</strong>e Reihe von immer wiederkehrenden Mustern<br />

erkennen, die deren E<strong>in</strong>stellungen und Handeln bestimmen.<br />

Grundsätzlich hat die Stadtgesellschaft von <strong>Osterholz</strong>-<br />

<strong>Scharmbeck</strong> erkannt, dass e<strong>in</strong>e Spaltung der Stadt nicht<br />

akzeptabel ist. Dieser Konsens hat bei unterschiedlichen<br />

Akteuren vor Ort verschiedene H<strong>in</strong>tergründe, z. B. daraus<br />

entstehende besondere Belastungen für Mitarbeiter <strong>in</strong><br />

Behörden, die Bee<strong>in</strong>trächtigung von Sicherheit durch Drogenhandel<br />

und E<strong>in</strong>brüche, die Frage nach der Legitimität<br />

des eigenen Handelns und nicht zuletzt die Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen<br />

Zukunftsperspektive für die Stadt.<br />

Aus diesen Gründen s<strong>in</strong>d viele Institutionen und E<strong>in</strong>zelpersonen<br />

aktiv geworden und bleiben auch weiterh<strong>in</strong> aktiv.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs nimmt jeder Akteur nur Ausschnitte der<br />

Situation wahr und denkt über die Probleme des <strong>Zusammenleben</strong>s<br />

von se<strong>in</strong>er bzw. ihrer Warte nach. Es erfolgt<br />

e<strong>in</strong>e Reduktion des Bildes, im Positiven wie im Negativen.<br />

Da die Probleme drängen, werden Lösungen vorgeschlagen,<br />

die aus der eigenen Sicht plausibel ersche<strong>in</strong>en, die<br />

jedoch nicht die Interessen anderer Akteure oder die Dynamik<br />

der Situation <strong>in</strong>sgesamt erfassen. Abstimmung und<br />

Zusammenarbeit s<strong>in</strong>d noch nicht <strong>in</strong>stitutionalisiert.<br />

E<strong>in</strong>e Vielzahl von E<strong>in</strong>zelpersonen und Institutionen <strong>in</strong><br />

<strong>Osterholz</strong>-<strong>Scharmbeck</strong> thematisieren im Umgang mite<strong>in</strong>ander<br />

die Probleme gesellschaftlicher Integration, <strong>in</strong>sbesondere<br />

mit Bezug zur <strong>Drosselstraße</strong>. Doch die Zugänge<br />

für diese Gespräche s<strong>in</strong>d sehr unterschiedlich. Unter anderem<br />

bee<strong>in</strong>flussen persönliche Erfahrungen, die Zwänge<br />

der eigenen Situation, die Wahrnehmung der Grenzen<br />

eigener E<strong>in</strong>flussmöglichkeiten die jeweiligen, unterschiedlichen<br />

<strong>Thema</strong>tisierungsmuster. Gegenseitige Erwartungen<br />

schw<strong>in</strong>gen implizit mit, werden jedoch nicht immer und<br />

oft nicht ausreichend präzisiert. So geschieht es häufig,<br />

dass gegenseitige Erwartungen nicht verstanden werden.<br />

Konkret: Zwischen der Stadtgesellschaft von <strong>Osterholz</strong>-<br />

<strong>Scharmbeck</strong> und den <strong>in</strong> der <strong>Drosselstraße</strong> ansässigen Migranten<br />

und Migrant<strong>in</strong>nen liegen die H<strong>in</strong>dernisse <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Vorstellungen über die Rolle von Staat im<br />

Leben se<strong>in</strong>er Bürger. Migranten und Migrant<strong>in</strong>nen haben<br />

im Laufe ihrer Biografie Staat oft als überwiegend repressives<br />

Gegenüber und Gegner erlebt und nicht als e<strong>in</strong> Geflecht<br />

von mit der Gesellschaft verwobenen Institutionen,<br />

die die Aufrechterhaltung des staatlichen Gewaltmonopols<br />

durch die Garantie von Sicherheit und von Dienstleistungen<br />

für den Bürger legitimieren. Interessanterweise<br />

sche<strong>in</strong>t dieser Anspruch, auf dessen Anerkennung von<br />

Behördenseite gedrängt wird – siehe der E<strong>in</strong>satz der Polizei<br />

bei Fragen von Krim<strong>in</strong>alität und <strong>in</strong>nerer Sicherheit – <strong>in</strong><br />

den Augen vieler Migrant<strong>in</strong>nen und Migranten immer weniger<br />

erfüllt: Sie fühlen sich verunsichert (Aufenthaltsstatus<br />

der Duldung) und verstehen nicht immer, wer für sie<br />

wann zuständig ist und welche Vorteile ihnen aus der angestrebten<br />

gesellschaftlichen Ordnung entstehen könnten.<br />

Staat ersche<strong>in</strong>t ihnen monolithisch, es gel<strong>in</strong>gt ihnen nicht,<br />

zwischen den unterschiedlichen Ebenen und Institutionen<br />

der föderalen Ordnung zu differenzieren. Der gesellschaftliche<br />

Anspruch »Gewaltmonopol und Zuständigkeit von<br />

Staat zur Bereitstellung von Sicherheit und Fürsorge«<br />

kommt bei Ihnen nicht an. Zwar erhalten sie erhebliche<br />

Transferleistungen aus staatlichen Töpfen und erleben hier<br />

den Staat durchaus als »Fürsorger«. Viel präsenter ist jedoch<br />

die Wahrnehmung, dass die eigenen sozialen und<br />

beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten beschränkt bzw.<br />

nicht vorhanden s<strong>in</strong>d und sie im Staat und se<strong>in</strong>en Institutionen<br />

ke<strong>in</strong>en Unterstützer, sondern eher e<strong>in</strong>en Verh<strong>in</strong>derer<br />

wahrnehmen. Dies wird an Aussagen derjenigen<br />

E<strong>in</strong>zelpersonen deutlich, die den sozialen und wirtschaftlichen<br />

Aufstieg durch Bildung oder durch e<strong>in</strong> gesichertes<br />

Arbeitsverhältnis geschafft haben und sich nun emotional<br />

von den »Ausländern« distanzieren, zu denen sie vor<br />

kurzem noch selbst gehörten: sie betonen <strong>in</strong> ihren Beschreibungen<br />

eher vorhandene Möglichkeiten als bestehende<br />

Grenzen.<br />

21

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!