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Thema Drosselstraße Zusammenleben in Osterholz-Scharmbeck - Haus ...

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Sanierung der Mozartstraße<br />

Aus Gesprächen mit Polizeibeamten<br />

Krim<strong>in</strong>alität und Gewalt als Ausdruck unbearbeiteter Konflikte<br />

hat Auswirkungen auf das konkrete polizeiliche Handeln,<br />

aber auch auf die Stressbelastung der Polizist<strong>in</strong>nen<br />

und Polizisten. In standardisierten Interviews, geführt im<br />

ersten Quartal 2011, waren diese Auswirkungen der eskalierenden<br />

Situation im Quartier e<strong>in</strong> <strong>Thema</strong>: »Es gab Zeiten,<br />

da hat die Situation <strong>in</strong> der <strong>Drosselstraße</strong> e<strong>in</strong>fach alles überstrahlt<br />

(…)Wir hatten zahlreiche Gefahrensituationen und<br />

auch e<strong>in</strong>e Aussage, dass e<strong>in</strong> Polizeibeamter körperlich angegangen<br />

werden soll, (…) und das ist psychisch und auch<br />

was die Arbeitsbelastung angeht immens. (…) Also ich hatte<br />

Phasen, da b<strong>in</strong> ich nachts aufgewacht, weil ich glaubte,<br />

das Telefon hätte gekl<strong>in</strong>gelt und wieder sei was passiert…«<br />

Neben der psychischen Belastung ist es die Bewältigung<br />

der alltäglichen polizeilichen Anforderungen, die durch<br />

die Konflikte im Quartier erschwert werden, wenn auch,<br />

wie die Beamt<strong>in</strong>nen und Beamten betonen, die E<strong>in</strong>satzsituation<br />

<strong>in</strong>zwischen deutlich besser geworden sei:<br />

»Nichtsdestotrotz haben wir bei E<strong>in</strong>sätzen die Situation,<br />

dass wir nicht mit e<strong>in</strong>em Wagen fahren können, das heißt,<br />

wenn wir e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wohnung oder e<strong>in</strong>en Unfall<br />

dort haben, brauchen wir immer e<strong>in</strong>en zweiten Wagen,<br />

eben weil die Gefahr besteht, dass wir mit zerstochenen<br />

Reifen sonst rechnen müssen. Das s<strong>in</strong>d Sachen, die für uns<br />

im E<strong>in</strong>satz nervig s<strong>in</strong>d, das ist schwierig, weil wir ja oft nur<br />

zwei Fahrzeuge haben (…) und andere E<strong>in</strong>sätze dann erst<br />

mal offen bleiben und nach und nach abgearbeitet werden<br />

müssen. Also das ist schon anstrengend und personal<strong>in</strong>tensiv.«<br />

Diese Zitate verdeutlichen darüber h<strong>in</strong>aus Wesentliches:<br />

Die Polizei als die Institution im Staat, die Gewalt anwenden<br />

darf und anwenden muss, um Gewalt zu verh<strong>in</strong>dern,<br />

eskaliert unter Umständen gerade durch dieses polizeiliche<br />

Handeln die Situation weiter. E<strong>in</strong> Polizeibeamter<br />

drückt dies so aus.<br />

»Irgendwann waren die Probleme so stark, (…) wir mussten<br />

tätig werden, re<strong>in</strong> repressiv – und aufgrund dieser repressiven<br />

Maßnahmen folgten dann ja Reaktionen des Gegenübers,<br />

Brandlegungen u. a. Woraufh<strong>in</strong> wir dann unsere<br />

polizeilichen Maßnahmen noch e<strong>in</strong>mal verschärft haben<br />

mit e<strong>in</strong>er Null-Toleranz-Strategie um deutlich zu machen:<br />

»Hier ist jetzt Schluss«. E<strong>in</strong> Staat kann nicht rechtsfreie Räume<br />

dulden. Aus diesem Grund s<strong>in</strong>d wir dann massiv polizeilich<br />

vorgegangen. Stichwort: verrufener Ort, Aufenthaltsverbote,<br />

Razzia…Dies hat natürlich Wirkung gezeigt. Aber<br />

eben ke<strong>in</strong>e vertrauensbildende.«<br />

Das E<strong>in</strong>schreiten der Polizei lässt den Konflikt allzu leicht<br />

als e<strong>in</strong>en Konflikt zwischen der Polizei und dem Quartier<br />

ersche<strong>in</strong>en – mit der möglichen Folge, dass andere Institutionen<br />

sich für e<strong>in</strong>e Konfliktbearbeitung nicht zuständig<br />

fühlen. Notwendige, repressive Maßnahmen der<br />

Polizei zur Verh<strong>in</strong>derung von Straftaten oder Schlichtung<br />

von gravierenden Konflikten s<strong>in</strong>d immer durch langfristige<br />

und auf Nachhaltigkeit ausgelegte Interventionen,<br />

die <strong>in</strong> Kooperation der beteiligten Institutionen durchgeführt<br />

werden, zu ergänzen.<br />

In <strong>Osterholz</strong>-<strong>Scharmbeck</strong> ist diese Verantwortungsübernahme,<br />

verbunden mit e<strong>in</strong>er aktiven und Behörden-<br />

und Institutionen übergreifenden Strategie zur<br />

Konfliktbearbeitung, <strong>in</strong> noch nicht ausreichendem Maß<br />

gegeben.<br />

Nach E<strong>in</strong>schätzung der <strong>in</strong> den Interviews befragten Beamt<strong>in</strong>nen<br />

und Beamten muss e<strong>in</strong>e grundlegende Änderung<br />

der Behörden und der Zivilgesellschaft im Umgang<br />

mit dem sozialen Brennpunkt e<strong>in</strong>setzen:<br />

»Wir müssen offen und ehrlich über e<strong>in</strong>e Perspektivverbesserung<br />

für diese Menschen nachdenken. Im Moment habe<br />

ich den E<strong>in</strong>druck, dass alle Handelnden eigentlich froh s<strong>in</strong>d<br />

und waren, dass die Menschen im Quartier leben und man<br />

möglichst wenig mit ihnen zu tun hat. … aber man muss<br />

ihnen zeigen, dass man hier, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ländlich geprägten<br />

Region, mit ihnen zusammen leben will – das sche<strong>in</strong>t aus<br />

me<strong>in</strong>er Sicht hier im Moment nicht gegeben zu e<strong>in</strong>.«<br />

E<strong>in</strong> anderer ergänzt:<br />

»Ich würde mir wünschen, dass man früh ansetzt, bei der<br />

Familie, <strong>in</strong> den Schulen (…) Dass man ihnen Perspektiven<br />

ermöglicht, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen (…)<br />

und dass man Hilfestellungen gibt. (…)Wenn die Leute ke<strong>in</strong>e<br />

Perspektiven haben, werden sie sich uns gegenüber auch<br />

anders verhalten, als wenn sie Chancen für sich sehen.« 19<br />

19

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