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Thema Drosselstraße Zusammenleben in Osterholz-Scharmbeck - Haus ...

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Zukunftsperspektiven, z. B. Bildung: Teilhabe an Bildung wird<br />

von jungen Anwohnern und Anwohner<strong>in</strong>nen als Möglichkeit<br />

gesellschaftlichen Aufstiegs gesehen. Doch nicht alle<br />

können diese Möglichkeit wahrnehmen. Es gibt Neid und<br />

Ausgrenzung.<br />

Generationenkonflikte im Quartier: Die Autorität der Elterngeneration<br />

bei Migranten schw<strong>in</strong>det aufgrund ihrer<br />

schwierigen gesellschaftlichen Stellung. Kenntnis der deutschen<br />

Sprache gibt ihren K<strong>in</strong>dern mehr E<strong>in</strong>fluss. Eltern<br />

verlieren daher werteorientierenden E<strong>in</strong>fluss auf ihre K<strong>in</strong>der,<br />

besonders heranwachsende Männer, die sich eher an<br />

Gleichaltrigen orientieren und <strong>in</strong> entsprechenden Gruppen<br />

organisieren.<br />

Während Gewalt und Krim<strong>in</strong>alität e<strong>in</strong>en Teil dieses Konfliktgeschehens<br />

<strong>in</strong> den Vordergrund rücken, bleibt e<strong>in</strong><br />

wichtiger Teil wenig sichtbar oder ist sogar nur latent vorhanden.<br />

16 Um wirkungsvoll auf die Situation E<strong>in</strong>fluss nehmen<br />

zu können, muss sich die Wahl der Maßnahmen an<br />

e<strong>in</strong>er Konfliktanalyse orientieren, die auch die strukturellen<br />

Probleme <strong>in</strong> den Blick nimmt, nicht aber an e<strong>in</strong>er vordergründigen<br />

Bekämpfung der Gewalt. Diese Konfliktbeschreibung<br />

wird daher als Grundlage zur Bewertung der<br />

durchgeführten Maßnahmen herangezogen.<br />

2. 4. Das Konfliktgeschehen:<br />

Wahrnehmungen, E<strong>in</strong>stellungen<br />

und Handlungen e<strong>in</strong>zelner Akteure<br />

Konflikte s<strong>in</strong>d Teil e<strong>in</strong>es Systems, dessen Elemente sich<br />

gegenseitig bed<strong>in</strong>gen und e<strong>in</strong>er Dynamik unterliegen, die<br />

Konflikt verschärfend oder Konflikt reduzierend wirken.<br />

E<strong>in</strong>stellungen und Handlungen unterschiedlicher Akteure<br />

haben e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die Situation, die Strukturen <strong>in</strong><br />

der <strong>Drosselstraße</strong> sowie auf die Konfliktdynamik. Sie s<strong>in</strong>d<br />

oft <strong>in</strong> sich widersprüchlich, stehen <strong>in</strong> Widerspruch zue<strong>in</strong>ander<br />

und beleuchten nur Teilaspekte der Problematik.<br />

Die Gespräche <strong>in</strong> <strong>Osterholz</strong>-<strong>Scharmbeck</strong> im Rahmen dieser<br />

Studie haben deutlich gemacht, dass gegenseitige Wahrnehmungen<br />

durch e<strong>in</strong> Kommunikationsdefizit gekennzeichnet<br />

s<strong>in</strong>d, das auch durch e<strong>in</strong>zelne (positiv wahrgenommene!)<br />

Aktionen von unterschiedlicher Seite bislang<br />

nicht gebrochen werden konnte. Das Kommunikationsdefizit<br />

hat strukturelle Ursachen:<br />

■■<br />

Erfahrung des Duldungsstatus<br />

■■<br />

Erfahrung von Ablehnung bei Polizeibeamten wie<br />

auch bei Jugendlichen<br />

■■<br />

E<strong>in</strong>satz von auswärtigen Polizeikräften mit wenig<br />

Kenntnis der Dynamik<br />

■■<br />

Festhalten an sozialen Strukturen, die die eigene<br />

Gruppenzugehörigkeit betonen 17<br />

■■<br />

Arbeitsmarktprobleme<br />

■■<br />

Bildungsprobleme<br />

Für die wichtigsten Akteure sollen ihre Wahrnehmungen,<br />

E<strong>in</strong>stellungen und Haltungen und deren E<strong>in</strong>fluss auf andere<br />

Akteure hier beschrieben werden.<br />

Anwohner und Anwohner<strong>in</strong>nen der <strong>Drosselstraße</strong>:<br />

Die die Situation <strong>in</strong> der <strong>Drosselstraße</strong> bestimmende Bevölkerungsgruppe<br />

setzt sich aus etwa 12 bis 14 Familien<br />

mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund zusammen. Sie haben ihren<br />

Ursprung im Libanon, der Türkei und <strong>in</strong> Syrien und s<strong>in</strong>d<br />

überwiegend kurdischen, aber auch arabischen H<strong>in</strong>tergrunds.<br />

Die Familienverbände s<strong>in</strong>d häufig Teil verwandtschaftlicher<br />

Beziehungsnetze, die weit über das Quartier<br />

h<strong>in</strong>aus bis nach Bremen und nach Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />

organisiert s<strong>in</strong>d. Verb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> die Heimatländer werden<br />

vor allem bei Kurden aus der Türkei gehalten. Sehr<br />

häufig hatten diese Familien über lange Zeit e<strong>in</strong>en ungeklärten<br />

Aufenthaltsstatus. Der Erteilung e<strong>in</strong>er »Duldung«<br />

erlaubte ihnen <strong>in</strong> den meisten Fällen ke<strong>in</strong>e Arbeitsaufnahme<br />

und machte sie von Transferleistungen abhängig.<br />

E<strong>in</strong>e besondere Rolle spielen männliche jugendliche Anwohner,<br />

die sich <strong>in</strong> Peergruppen (»Cliquen«) organisiert<br />

haben. Die älteren Jugendlichen unter den männlichen<br />

Anwohnern übernehmen für die jüngere Generation die<br />

Vorbildfunktion, die ihre Eltern nicht mehr ausüben können,<br />

da sie ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der deutschen Gesellschaft Erfolg versprechenden<br />

Lebensmodelle repräsentieren. Unter ihnen<br />

s<strong>in</strong>d straffällig gewordene junge Männer und Jugendliche<br />

die, obwohl nur e<strong>in</strong> verschw<strong>in</strong>dender Anteil der Anwohner<br />

und Anwohner<strong>in</strong>nen, <strong>in</strong> der Quartiersöffentlichkeit sehr<br />

präsent s<strong>in</strong>d. Mädchen und Frauen treten kaum als Akteure<br />

<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung.<br />

Wenn es das Wetter erlaubt, halten sich vor allem, aber<br />

nicht ausschließlich, Männer im Quartier außerhalb ihrer<br />

Wohnungen auf. Dies gilt zu allen Jahreszeiten für K<strong>in</strong>der<br />

und männliche Jugendliche, die sich untere<strong>in</strong>ander überwiegend<br />

nur hier treffen können. Sich gegenseitig zu <strong>Haus</strong>e<br />

zu besuchen, ist bei jungen unverheirateten Männern<br />

tendenziell eher unüblich, da die Wohnung als der engere<br />

Familienraum gilt und besonders den weiblichen Familienangehörigen<br />

vorbehalten ist. Im Frühjahr und Sommer<br />

dienen die Rasenflächen im Quartier allen Familienangehörigen<br />

z. B. zur Organisation von Picknicks.<br />

Der Fußballvere<strong>in</strong> Barispor spielt e<strong>in</strong>e wichtige Rolle als<br />

Organisationsform für junge Männer und hat ausschließlich<br />

Spieler mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund, überwiegend Kurden.<br />

Spieler bei Barispor zu se<strong>in</strong> bedeutet Prestige und<br />

zieht Anerkennung nach sich. Es gibt allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Jugendmannschaften<br />

und die Organisation des Vere<strong>in</strong>s ist<br />

noch schwach entwickelt. Indem der Vere<strong>in</strong> Spieler und<br />

Fans b<strong>in</strong>det und sie <strong>in</strong> den sportlichen Wettkampf mit anderen<br />

Vere<strong>in</strong>en auf regionaler Ebene e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt, könnte<br />

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