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Paweł Włodkowic: Jagiellonischer Universalismus - Instytut Filozofii ...

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<strong>Paweł</strong> <strong>Włodkowic</strong>: <strong>Jagiellonischer</strong> <strong>Universalismus</strong><br />

<strong>Paweł</strong> <strong>Włodkowic</strong> (Paulus Vladimiri, 1370-1435) ist ein philosophisch trittfester Jurist, der<br />

abwechselnd den Think Tank des polnischen Königs - eine Reihe von Gremien zur Außen-<br />

und Sicherheitspolitik - und die einzige Universität des Staates leitet. Gemeinsam mit<br />

Politikern und Gelehrten erarbeitet er auf modernsten juristischen Grundlagen eine<br />

umfassende Konzeption für die Präsentation polnisch-litauischer Interessen in Europa, die mit<br />

ihrer normativen Aussage zumindest für die Angehörigen der königsnahen Krakauer<br />

Universität eine Art Staatsdoktrin des entstehenden Doppelgemeinwesens darstellt. Die<br />

Generation seiner Schüler macht die 1400 wiedergegründete Krakauer Universität zu einer<br />

pluralistischen Lehrstätte unter staatlicher Ägide und dominiert das politische und<br />

intellektuelle Leben Polens bis Mitte des 15. Jahrhunderts. Ihre Langzeitwirkung hält<br />

mindestens bis zum Untergang der Jagiellonen-Dynastie 1572 an. Und noch die Ansprüche,<br />

die heute verschiedene politische und intellektuelle Lager auf dieses Erbe erheben, belegen<br />

die universale Dimension des philosophisch-juristischen Denkens <strong>Włodkowic</strong>’: Die<br />

Interessen der polnisch-litauischen Föderation werden mittels einer naturrechtlichen Ethik<br />

begründet und damit auch - zumindest theoretisch - eingegrenzt. Das Naturrecht fungiert hier<br />

als universale Verständigungsebene sowohl in den Außenbeziehungen als auch im Innern der<br />

Föderation. Die großen kulturellen Unterschiede zwischen den Regionen und Volksschichten<br />

müssen dabei zwar erklärt, aber nicht aufgehoben werden. Dieser von den aktuellen<br />

politischen Interessen der beginnenden jagiellonischen Dynastie geleitete theoretische Ansatz<br />

wird im Folgenden als jagiellonischer <strong>Universalismus</strong> bezeichnet. Dabei ist zu betonen, dass<br />

dieser <strong>Universalismus</strong> mit nüchterner Interessenpolitik einhergeht.<br />

Dem Juristen <strong>Włodkowic</strong> wird häufig eine Denkweise unterstellt, mit der heutige<br />

Nichtregierungsorganisationen weltweit für Menschen- und Bürgerrechte eintreten. 1 Nicht<br />

1<br />

Die Verbindung mit dem Erbe <strong>Włodkowic</strong>' pflegt das Amt des Beauftragten (Ombudmanns bzw.<br />

Ombudsfrau) für Bürgerrechte (Rzecznik Praw Obywatelskich), das jährlich einen nach dem<br />

frühhumanistischen Juristen benannten Preis verleiht. Die polnische Verfassung garantiert »jedem« - also<br />

nicht nur polnischen Staatsbürgern - das Recht, sich an den Bürgerrechtsbeauftragten zu wenden,<br />

insbesondere dann, wenn staatliche Behörden seine Rechte verletzt haben könnten (Art. 80). Neben dem<br />

Obersten Rechnungshof und dem Medienrat gehört der Ombudsmann zu den drei Verfassungsorganen, die<br />

die Tätigkeit des Staates kontrollieren und dem Einzelnen Rechtsschutz gewähren (Art. 202-215, insb. 208-<br />

212). Der Beauftragte »hütet [...] die Rechte und Freiheiten der Menschen und Staatsbürger« (Art. 208 Abs.<br />

1). Er »ist in seiner Tätigkeit unabhängig, insbesondere von anderen staatlichen Organen«, und »allein dem<br />

Sejm verantwortlich«, dh. berichtpflichtig (Art. 210). Aufgrund seiner weitreichenden Klageberechtigungen<br />

und seiner Öffentlichkeitswirksamkeit zählt das Amt heute zu den wichtigsten politischen Institutionen<br />

1


unbegründet, denn <strong>Włodkowic</strong> schreibt sich in die Vorgeschichte der Menschenrechte ein,<br />

wie wir sie aus der UNO-Charta kennen. Dabei wirkt er allerdings als ambassiator: von<br />

seinem königlichen Auftraggeber dazu berufen, ihm bei der Durchsetzung politischer<br />

Interessen zur Seite zu stehen. 2 <strong>Włodkowic</strong> ist also gerade kein Anwalt der Schwächsten im<br />

Sinne der Nächstenliebe, der sozialen Solidarität, einer nationalen Schicksalsgemeinschaft<br />

oder universellen Menschheitsethik. Wenn er die Schwächsten in Schutz nimmt, so tut er dies<br />

im Auftrag eines Herrschers, der seine Macht begründen und festigen will, indem er die<br />

Schwächsten unter seine Hoheit bringt und zugleich ihre Macht – die spezifische Macht der<br />

Schwächsten – für sich nutzt. Nicht Selbstlosigkeit gibt hierzu den Ausschlag, sondern<br />

Realitätssinn, Vorstellungsvermögen und fachliche Kompetenz, somit eher politische als<br />

moralischen Tugenden. Zwar besteht kein Grund, an <strong>Włodkowic</strong>’ Mitgefühl für die Opfer der<br />

gewaltsamen Missionierung durch den Deutschen Orden zu zweifeln. Doch als das Konzil<br />

von Konstanz, das sich vom Schicksal der gewaltsam Missionierten bewegt zeigt, den<br />

tschechischen Reformator Jan Hus trotz des vom König zugesicherten Geleits auf den<br />

Scheiterhaufen bringt, kommt von <strong>Włodkowic</strong> kein kritisches Wort. 3<br />

Wie andere Gelehrten seiner Zeit »europäisiert« <strong>Włodkowic</strong> Polen, indem er Römische<br />

und kanonische Rechtsprinzipien in die Staatsdoktrin der polnisch-litauischen Föderation<br />

integriert. Und er »polonisiert« Europa, indem er die Erfahrungen dieses osteuropäischen<br />

Unikats bei der Lösung der westeuropäische Probleme einbringt. In beiden Fällen geht es<br />

darum, sowohl die säkulare Macht autonom zu stellen als auch die Kirche zu reformieren.<br />

Konflikte sollen nicht gewaltsam entschieden, sondern politisch gelöst werden. Politik<br />

bedeutet dabei die Kunst, staatlichen Gemeinschaften trotz verschiedener Herkunft,<br />

widerstrebender Interessen und einander ausschließender Ziele gemeinsame Normen zu<br />

erschließen. Hierfür gibt es zwar keine universalen Rezepte, aber doch universale<br />

Polens. Seine neuere Geschichte beginnt mit der Einrichtung eines Höchsten Verwaltungsgerichts<br />

(Najwyższy Sąd Administracyjny) 1980, auf dem Höhepunkt des Dialogs der kommunistischen Staatsmacht<br />

mit der Opposition. Im Zuge weiterer liberaler Reformen wurde 1987 das Amt des Bürgerrechtsbeauftragten<br />

geschaffen. Vgl. http://www.sejm.gov.pl/prawo/konst/niemiecki/kon1.htm und http://www.rpo.gov.pl<br />

(zuletzt geprüft 31.3.2011). Näheres in den deutschsprachigen Beiträgen von Banaszak/Jarosz-Żukowska<br />

2006 und Stolz 2006.<br />

2<br />

Zur Ausstattung <strong>Włodkowic</strong>' mit einträglichen Ämtern vgl. Filozofia w Polsce 1971, S. 307f.<br />

3<br />

Kapeliński o.J., S. 205: »In <strong>Paweł</strong> <strong>Włodkowic</strong>' frühen Traktaten ist das Toleranzprinzip klar ausformuliert,<br />

insofern es sich auf die Juden, die Sarazenen und die Heiden (Ungläubigen) bezieht... [...] Doch sollte nicht<br />

auch erwähnt werden, dass <strong>Włodkowic</strong> seinen bemerkenswertesten Beitrag über religiöse Toleranz gerade an<br />

jenem Tag verkündete, als Jan Hus für seine Häresie auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde?« - Diese<br />

zeitliche Koinzidenz ist wohl nicht ausreichend belegt, aber Kapelińskis Zuspitzung verweist auf ein reales<br />

Problem.<br />

2


philosophische Grundlagen.<br />

Geschichtlicher Hintergrund<br />

Polen-Litauen<br />

<strong>Włodkowic</strong>’ Jugend fällt in die Zeit zwischen zwei Königen, die Polen tiefgreifend<br />

reformieren. Kazimierz der Große (1310-1370, Krönung 1333) zentralisiert das Land nach<br />

langer Zersplitterung. Der Schülerspruch, Kazimierz habe Polen aus Holz gebaut<br />

übernommen und aus Stein gesetzt hinterlassen, gilt metaphorisch auch für die politischen<br />

Institutionen und das Recht. Nicht zufällig eröffnet vier Jahrhunderte später der Aufklärer<br />

Stanisław Konarski (1700-1773) seine Sammlung polnischer Rechtsdenkmäler mit den<br />

Kodizes dieses Königs. 4<br />

Kazimierz beginnt, die heterogenen Bestandteile von<br />

Gewohnheitsrecht, zentraler und dezentraler Legislation zu ordnen. Sein Ziel, die<br />

Kodifikation eines umfassenden Landrechts (prawo ziemskie), erreicht er zwar nicht, aber das<br />

Ideal eines kohärenten Rechtssystems steht von jetzt an im Raum. Auch der 1364 gegründeten<br />

Krakauer Akademie ist zunächst kein Erfolg beschieden, noch vor Kazimierz' Tod zerfällt das<br />

Projekt. Doch die Idee bleibt bestehen. Die Gelehrten finden vorübergehend Aufnahme an der<br />

1348 gegründeten und nun prosperierenden Prager Karlsuniversität. Von hier aus werden sie<br />

einen zweiten Versuch unternehmen, der schließlich glückt. Und mit dieser Bewegung, die<br />

Wissen aus Prag, Paris, Heidelberg und Padua nach Krakau bringt, wird auch <strong>Włodkowic</strong> in<br />

höchste staatliche und universitäre Ämter gelangen.<br />

Etwa 15 Jahren nach Kazimierz‘ Tod beginnt ein neuer Wandel der polnischen<br />

Staatlichkeit. 5 Die polnische Krone gelangt 1386 an den litauischen Großfürst Jogaila<br />

Algirdaitis (polnisch Władysław Jagiełło, 1362-1434). Litauen ist wesentlich größer als Polen,<br />

erstreckt sich von seinem schmalen Ostseezugang über das ganze heutige Weißrussland und<br />

große Teile der Ukraine bis tief nach Russland hinein und weit über die nordwestliche Küste<br />

des Schwarzen Meeres in den Bereich des heutigen Moldawien. Als polnischer König und<br />

litauischer Großfürst legt Jagiełło die Grundlagen für die zweihundertjährige Dynastie der<br />

Jagiellonen in Polen und die vierhundertjährige Föderation Polen-Litauen. Immer wieder auf<br />

4<br />

Volumina legum, Bd. 1.<br />

5<br />

Wyrozumski 1997, S. 59 über die dazwischen liegende Zeit: »Die fünfzehnjährige Herrschaft der Linie<br />

d'Anjou verbindet zwei große Epochen der polnischen Geschichte: der Piasten und der Jagiellonen. Sie wirkt<br />

verbindend, nicht trennend.«<br />

3


verschiedene Personal-, Real- und Kirchenunionen gestützt, bringt die Föderation beiden<br />

Ländern anregenden Austausch (Universitäten Krakau und Vilnius), fruchtbare Konkurrenz<br />

(Wettlauf um Reformen im 16. Jahrhundert), aber auch koloniale Verödung (Polonisierung<br />

der litauischen Bildungsschichten). 6 Polen und Litauen bleiben formal selbständig, halten<br />

gemeinsame Parlamentssitzungen ab, bestätigen einander ihre Staatsoberhäupter und stehen<br />

nach dem Prinzip gemeinsamer Feinde für ihre Sicherheit ein. 7 Der Deutsche Orden<br />

unterwirft indes rücksichtslos das südliche Baltikum mit der Begründung, dass dessen<br />

ungetaufte Einwohner kein Recht auf Unversehrtheit, Eigentum und eigene Staatlichkeit<br />

hätten. 8 Was für Polen ein Grenzstreit unter anderen ist, trifft das von dynastischen Konflikten<br />

geschüttelte Litauen an einem wunden Punkt und stellt das gesamte Unionsprojekt in Frage:<br />

Was macht die Legitimität eines Herrscher aus? Wann ist ein Krieg gerecht und sein Ergebnis<br />

verbindlich? Wer verdient die Anerkennung der internationalen Gemeinschaft: Der Deutsche<br />

Orden, der in kaiserlichem und päpstlichem Namen die christliche Ordnung des Westens mit<br />

Feuer und Schwert im Osten durchsetzt, oder Polen-Litauen, dessen Entstehen eine neue<br />

Austarierung des politischen Systems in Europa erforderlich macht? All diese<br />

Diskussionslinien laufen in folgender Frage zusammen: Welche Macht haben Kaiser und<br />

Papst über die Heiden? Und so überschreibt <strong>Włodkowic</strong> seinen berühmten Traktat: De<br />

potestate papae et imperatoris respectu infidelium (1415).<br />

6<br />

Sowohl in Polen als auch in Litauen dominieren heute historische Narrationen, die im 19. Jahrhundert, in der<br />

Zeit der Nationenbildung ohne eigene Staatlichkeit, wurzeln. Während die Föderation in Polen gerne als<br />

Muster gleichberechtigter Zusammenarbeit gesehen wird, gilt sie in Litauen häufig als Ausdruck eines<br />

polnischen Imperialismus. In letzter Zeit arbeiten litauische und polnische Historiker gemeinsam an der<br />

Überwindung einseitiger Bewertungen. So halten Jūratė Kiaupienė (Kaunas) und Andrzej Zakrzewski<br />

(Warschau) in einem gemeinsamen Artikel fest: »Jagiełło versprach 1385 in einem Dokument, die von<br />

Litauern und Orthodoxen bewohnten Territorien der Krone der Königreichs Polen perpetuo applicare (auf<br />

immer zu verbinden). Dabei ging es wohl um eine Verbindung beider Staaten, die für beide Seiten der<br />

Vereinbarung (möglicherweise aber auch nur für die heutige Forschung) nicht vollständig durchschaubar<br />

ist.« Die Bedeutung des applicare versuchen die Autoren mittels der neueren Konzeption der<br />

»zusammengesetzten Monarchie (composite state)« erklären, stoßen aber auch hier auf Probleme: Warum<br />

bleibt Jagiełło auf dem polnischen Thron, als 1399 seine Frau Jadwiga stirbt? »Möglicherweise wurde die<br />

dynastischen Union zu einer Personalunion... Diese Frage bleibt offen und muss von Rechtshistorikern<br />

geklärt werden,« s. Kiaupienė/Zakrzewski 2008, S. 67; 69.<br />

7<br />

Zum letzten Punkt vgl. Wyrozumski 1997, S. 26: »Der Hauptfaktor für die Annäherung Litauens und Polens<br />

und schließlich für die polnisch-litauische Union war der Deutsche Orden, der sich im Laufe des 14.<br />

Jahrhunderts zu einer ernsthaften Macht entwickelt hatte. Er verdankte dies seiner kolonialen Aktivität und<br />

zahlreichen wirtschaftlichen Initiativen in Verbindung mit finanzieller Unterstützung aus Westeuropa und<br />

einer effizienten Staatsorganisation.«<br />

8<br />

Alexander 2008, S. 66ff.<br />

4


Von Grunwald nach Konstanz<br />

In der Schlacht bei Grunwald 1410 erringen die Polen gemeinsam mit den Litauern einen<br />

historischen Sieg über den Deutschen Orden. 9 Doch der Orden findet in Westeuropa durchaus<br />

Zustimmung zu seiner These, dass Polen-Litauen ein häretischer und damit illegitimer Staat<br />

sei. Bei den diplomatischen und juristischen Anstrengungen Polen-Litauens steht <strong>Włodkowic</strong><br />

an vorderster Front. 1412 vertritt er den polnisch-litauischen Standpunkt bei einem<br />

Schiedsgericht vor Kaiser Sigismund (1368-1437) in Buda, zwischen 1415 und 1418 vor dem<br />

Konzil von Konstanz, 1420 in Breslau wieder vor Kaiser Sigismund und im gleichen Jahr in<br />

Rom vor dem in Konstanz gewählten Papst Martin V (1368-1431). 10 In diesen politischen<br />

Bemühungen markiert das Konstanzer Konzil nur ein Stadium zwischen dem militärischen<br />

Sieg 1410 und der stabilen Akzeptanz der polnisch-litauischen Union in der europäischen<br />

Öffentlichkeit ab etwa 1420. In Konstanz, während der größten politischen Konferenz des 15.<br />

Jahrhunderts, veröffentlicht <strong>Włodkowic</strong> seine theoretischen Konzepte, mit denen er in die<br />

Geschichte der Philosophie und der Politik eingehen wird. 11 Wie hoch das theoretische Niveau<br />

seiner Schriften ist, zeigt sich im Kontrast mit einflussreichen polemischen Beiträgen. 12<br />

9<br />

Grunwald liegt etwa auf halbem Weg zwischen Warschau und Danzig, 40 km südöstlich von Olsztyn<br />

(Allenstein). - Nachdem diese Schlacht in der politischen Literatur Polens lange Zeit kaum eine Rolle spielt,<br />

geht sie im 19. Jahrhundert als vorrangiges Symbol polnischer Staatlichkeit in<br />

Nationalgeschichtsschreibung, Literatur, Malerei und Architektur ein. Henryk Sienkiewicz veröffentlicht<br />

1900 seinen populären Roman Die Kreuzritter, der in alle wichtigen Sprachen - sehr schnell auch ins<br />

Deutsche - übersetzt wird. Die aufwändige Verfilmung von Aleksander Ford ist in Polen ein Klassiker. Zum<br />

600. Jahrestag im Juli 2010 wird eine Rekonstruktion der Schlacht mit Tausenden Darstellern aus polnischen<br />

und ausländischen Historienvereinen veranstaltet, vgl. www.grunwald1410.pl (zuletzt geprüft 12.12.2010).<br />

10<br />

Näheres bei Ehrlich 1968, S. XXIII-XL und passim. Eine Aufzählung der hier entstandenen Schriften<br />

<strong>Włodkowic</strong>’ gibt Bobrzyński 1878, S. 155ff. Der Chronist Jan Długosz (1415-1480) berichtet in den<br />

entsprechenden Jahrgängen eingehend von der Gruppe um <strong>Włodkowic</strong> und betont dessen persönliche<br />

Verantwortung für die rechtlichen und politischen Inhalte, so 1420 in Buda: de singulis meritis cause per<br />

organum magistri Pauli Wladimiri, vgl. Długosz 2000, S. 111 (1420, HP IV 241) und passim.<br />

11<br />

Vgl. Wünsch 1999, S. 163 ff. zu diesem »Traktatenkampf«.<br />

12<br />

Während des Konzils schreibt sich der im vorangegangenen Kapitel bereits erwähnte preußischstämmige<br />

Dominikaner aus Krakau Johannes Falkenberg (1365-1435) mit einer scharfen Satire gegen Jagiełło beinahe<br />

um Kopf und Kragen. Falkenbergs Satire kommt vor den polnischen Bischof von Gnesen, der Buch und<br />

Autor wegen Majestätsbeleidigung und Häresie verurteilt. Davon berichtet Długosz 2000, S. 67 (1416, HP IV<br />

200). <strong>Włodkowic</strong> erreicht, dass Falkenberg in Konstanz inhaftiert wird. Der Dominikaner kommt erst nach<br />

Jahren wieder frei. Danach sucht er beim Deutschen Orden um Lohn für seine Worte an. Als man seine<br />

Vorstellungen nicht akzeptiert, dankt er es mit einer nicht minder scharfen Satire gegen den Orden. Trotz<br />

dieser offensichtlichen Schaumschlägerei nimmt <strong>Włodkowic</strong> die Beleidigungen gegen Jagiełło ernst und<br />

bringt sie in aller Öffentlichkeit vor Kaiser und Papst, zeigen sie doch den Kern des Konflikts: Auf dem Spiel<br />

stehen Ansehen, Legitimität und der Ruf der Rechtgläubigkeit der beginnenden Jagiellonen-Dynastie. Vgl.<br />

allgemein Böhm 1992; zu der hier erwähnten und anderen relevanten Schriften Falkenbergs s. Ehrlich 1968,<br />

Bd. 1, S. XXX-XXXII und passim. - Der romantische Historiker Preußens Johannes Voigt (1736-1863)<br />

schildert: »Sein (König Jagiełłos) unversöhnlicher Hass gegen den Orden war aufs neue entflammt und zwar<br />

jetzt auf einen Grad gesteigert, wie noch nie zuvor. Mit einem Male nämlich erschien eine Schmähschrift,<br />

worin nicht nur der König mit den schwärzesten Farben geschildert, ein götzendienerischer Verführer seines<br />

Volkes, ein Begünstiger des Irrglaubens und das ganze Polnische Volk eine Rotte von abtrünnigen Ketzern<br />

genannt, sondern auch die Behauptung ausgesprochen wurde, es sei Pflicht aller Fürsten, mit dem Schwerte<br />

5


<strong>Włodkowic</strong> argumentiert aus genauer Kenntnis der Probleme, die zur Einberufung des<br />

Konzils geführt haben. Dabei übernimmt er teilweise die Sicht jener Konziliaristen aus Paris,<br />

Prag, Heidelberg und Padua, die ihn beim Aufbau der Universität Krakau unterstützen. 1378<br />

hat das sog. Westliche Schisma die Kirche gespalten. Zum Papst in Rom gibt es zunächst<br />

einen, seit dem Konzil von Pisa (1409) auch zwei Gegenpäpste. Um die monarchische<br />

Verfassung der Kirche auch real wieder herzustellen, bedarf es mehr als nur eines<br />

Kompromisses zwischen den Machtzentren, nämlich einer Korrektur des theokratischen<br />

Absolutismus, der sich mit den Gegenpäpsten selbst ad absurdum geführt hat. Das gesamte<br />

Thema der kirchlichen und weltlichen Macht, ihrer Verfassungen und beiderseitigen<br />

Beziehungen muss neu durchdacht werden. Eine große Rolle spielen dabei<br />

Reformbewegungen, die verschieden radikal sind und verschiedene Machtinteressen<br />

repräsentieren.<br />

Großes Aufsehen erregt in Konstanz der erwähnte tschechische Reformer Jan Hus. Seine<br />

Kritik an kirchlicher und weltlicher Macht ist radikal, gestützt auf sozialen Protest und eine<br />

der wichtigsten philosophischen Schulen des 14. Jahrhunderts: den methodisch orientierten<br />

Konzeptualismus Wilhelm Ockhams (1285-1347). Ockhams Schüler Wycleff (1329-1384)<br />

radikalisierte die Lehren des Oxforder Methodikers. In Prag und im besonders radikal<br />

orientierten südböhmischen Tábor entstehen Alternativmodelle zur gängigen Standesordnung,<br />

Staatslehre und Kirchenpraxis; Modelle, die Europa Angst einflößen. Polen ist hier keine<br />

Ausnahme. Jagiełłos Hof beobachtet den südwestlichen Nachbarn auf das Misstrauischste und<br />

trifft in den Jahren nach Konstanz umfassende Maßnahmen gegen eine Ausbreitung der<br />

sozialrevolutionär-religiösen Bewegung.<br />

Doch die Krakauer Universität unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt vom Rest<br />

Europas. In der Übergangszeit zwischen der gescheiterten ersten Gründung 1364 und der<br />

Neugründung 1400 haben die Krakauer Gelehrten, wie bereits erwähnt, an der Prager<br />

Universität Aufnahme gefunden, wo sie den Aufstieg der Husiten in all seinen Facetten<br />

miterlebten. Zwar überwiegen nach 1400 kritische Ansichten. Doch bei <strong>Włodkowic</strong> und<br />

seinen Partnern finden sich keine Hinweise auf eine systematische Dämonisierung der<br />

Husiten, wie sie andernorts gang und gäbe ist. 13 Auch in den späteren Generationen bleibt der<br />

der Rache gegen sie aufzustehen, denn man könne die ewige Seligkeit nicht sicherer gewinnen als durch<br />

gänzliche Vertilgung des Polnischen Volkes samt seinem Könige und allen Großen. [...] Die Sache machte<br />

gewaltiges Aufsehen«, s. Voigt 1836, S. 301.<br />

13<br />

Der Vergleich mit Pest oder geistiger Umnachtung ist das Minimum an antihusitischer Rhetorik, das in<br />

Europa von rechtgläubigen Autoren verlangt wird. Die husitische Lehre - etwa, dass äußere<br />

6


Krakauer Antihussitismus, gestützt auf eine gute Quellenlage in den hiesigen Bibliotheken,<br />

bei aller Polemik immer noch geneigt zur inhaltlichen Auseinandersetzung. 14<br />

<strong>Włodkowic</strong> und seine Partner passen ihre Argumentation den politischen Bedürfnissen an,<br />

agieren jedoch in allen Fragen der Doktrin äußerst gründlich. Sie gehen, wie Władysław<br />

Seńko bemerkt, vom Konkreten aus und arbeiten sich zu Verallgemeinerungen vor. 15 Und so<br />

nennt Juliusz Domański den erwähnten Traktat <strong>Włodkowic</strong>’ “ein höchst spektakuläres<br />

Beispiel dafür, wie aktuelle außerwissenschaftliche Bedürfnisse die Formulierung von Thesen<br />

und ganzen Doktrinen stimulieren, die sonst nie solch radikale Formen angenommen hätten.<br />

Ihr Material und ihre Ausrichtung ergab sich aber ganz und gar aus der Dogmatik der Zeit.“ 16<br />

Partner und Autoritäten<br />

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts bestehen günstige Voraussetzungen für eine umfassende<br />

Lösung der Legitimationsprobleme Polen-Litauens. Philosophie und Theologie haben in den<br />

vergangenen 150 Jahren ein großes Spektrum unterschiedlichster metaphysisch-politischer<br />

Konzepte erarbeitet. Der Zugriff auf antikes Material, insbesondere auf den lateinischen<br />

Stoizismus und das Römische Recht, ist nun europaweit möglich. Und die Stimmung ist<br />

günstig für Reformen.<br />

Betrachten wir fünf europäische Traditionslinien, an die <strong>Włodkowic</strong> anknüpft: die<br />

Römische Rechtsstradition in Bologna und Padua, das Kirchenrecht, das spätscholastischfrühhumanistische<br />

Naturrechtsdenken sowie die philosophischen Konzepte des Thomas von<br />

Aquin und Wilhelm Ockham.<br />

Autoritätsverhältnisse nicht gelten, wenn die »Autoritäten« in Todsünden befangen sind - muss dafür<br />

angeprangert werden, die Gesellschaft zu zerstören. Eine Vorlage hierfür findet man etwa beim Bischof des<br />

südmährischen Znojmo, Stanislav (1360-1414), der für seine scharfe antihusitische Polemik bekannt ist: »So<br />

beharren die Hussiten auf einem Irrtum, der weniger häretisch als irrsinnig (insanus) ist, der nicht nur den<br />

Erhalt der christlichen Religion unmöglich macht, sondern den inneren Zusammenhang des menschlichen<br />

Lebens überhaupt zerstört...«, vgl. Stanislaus de Znoyma, o.J.<br />

14<br />

Zur Präsenz von Wycleff und Hus in Osteuropa vgl. Überblick und Literaturhinweise bei Benrath 1973, S.<br />

360f. Zur Auseinandersetzung mit dem husitischen Denken an der Krakauer Universität s. Domański in<br />

Domański/Ogonowski/Szczucki 1989, S. 62-69.<br />

15<br />

Seńko 1973, S. 19f.; 1978, S. 13.<br />

16<br />

Domański 1978, S. 19.<br />

7


Die Rechtsschulen von Bologna und Padua<br />

Der Aufschwung des Römischen Rechts im 15. Jahrhunderts wäre nicht möglich, hätten nicht<br />

in den Jahrhunderten zuvor akademische Zentren das entsprechende antike und spätantikmittelalterliche<br />

Wissen gepflegt. In besonderer Weise leisteten dies die Rechtsschulen in<br />

Bologna und, nach der Übersiedlung der Gelehrten im Jahr 1222, in Padua. 17 Das Recht<br />

wurde hier zur Grundlage einer umfassenden Universitätskultur, die cum grano salis als<br />

„öffentlich-rechtlich“ bezeichnet werden kann: Die „öffentliche Hand“, also lokale fürstliche<br />

und städtische Macht, ermöglicht Forschung und Lehre in einem detailreich ausgestalteten<br />

rechtlichen Rahmen, der eine weitgehende Unabhängigkeit von Forschung und Lehre<br />

gewährleistet.<br />

Der weltliche Charakter dieser Schulen äußert sich auch in der Philosophie. Ohne die<br />

übliche Verschränkung mit der Theologie entwickelt sich hier ein freier, den Natur- und<br />

Sozialwissenschaften zugewandter Aristotelismus. In Analogie zu den unabhängigen<br />

Philosophenschule in der arabischen Welt des frühen Mittelalters, aber auch zum heterodoxen<br />

Pariser Aristotelismus wird er als Averroismus bezeichnet. 18 Im weitesten Sinne gilt als<br />

Averroist jeder, der eine autonom weltliche Wissenschaftsauffassung pflegt. Dies betrifft auch<br />

und gerade die Rechtsgelehrten, Philosophen und Mediziner in Padua. Der wohl wichtigste<br />

Vertreter der averroistischen Sozialphilosophie ist Marsilio von Padua (ca. 1275-ca.1342).<br />

Sein Hauptwerk Defensor pacis, das die Autonomie weltlicher Macht aus metaphysischen<br />

und theologischen Thesen herleitet, bleibt über Jahrhunderte in der Diskussion, u.a. bei<br />

<strong>Włodkowic</strong>. 19<br />

17<br />

Savigny 1834, S. 276.<br />

18<br />

Averroes, arabisch Ibn-Rushd (1126-1198), im lateinischen Bereich als commentator bezeichnet, ist der<br />

wichtigste Vermittler aristotelischer Philosophie für das arabische, jüdische und christliche Mittelalter. Von<br />

christlichen Autoren, etwa Thomas von Aquin, wird er beschuldigt, die Individualität der unsterblichen<br />

Menschenseele zu leugnen.<br />

19<br />

Seńko 1973, S. 7f. betont in einem positiven Sinn die moderne Orientierung des Paduenser Denkers:<br />

»Marsilius beruft sich auf das averroistische Prinzip der Trennung von Philosophie und Theologie und zögert<br />

nicht, die Trennung von Kirche und Staat zumindest dem Prinzip nach zu verlangen; mehr noch, er<br />

unterstreicht die Mannigfaltigkeit der Völker und Staaten ebenso wie ihr Recht auf Selbstbestimmung.« Mit<br />

dieser Sicht auf Marsilio befindet sich Seńko in Polen noch in einer Minderheitenposition. Ganz anders der<br />

Philosophiehistoriker Stefan Swieżawski, in jungen Jahren bemüht um Übereinstimmung mit der<br />

katholischen Lehre: »In laizistischen Programm Marsilios, das bereits seit langem in der mittelalterlichen<br />

Gesellschaft schlummerte, wird die bisherige Ordnung vollständig umgekehrt, die kirchliche Gemeinschaft<br />

zerschlagen und die Kirche der Übermacht des Staates unterworfen. Marsilio schafft hier die Grundlagen für<br />

den gesamten Etatismus und Totalismus der Neuzeit.« Swieżawskis Begriff des »Totalismus« (nicht<br />

»Totalitarismus«) bezieht sich auf die umfassende Souveränität des neuzeitlichen Staates, spielt aber auch<br />

mit der Assoziation des Totalitarismus im stalinistischen und poststalinistischen Polen. In späteren Jahren,<br />

während seiner Epoche machenden Studien zur Philosophie des 15. Jahrhunderts, werden Swieżawskis<br />

Urteile ausgeglichener. Vgl. Swieżawski 2000, S. 852.<br />

8


Generell ist die Bedeutung Oberitaliens für die frühe Phase der Krakauer Wissenschaft<br />

schwer zu überschätzen, zumal auch die für Krakau so wichtige Universität Heidelberg eng<br />

mit Padua vernetzt ist. 20 In Krakau übernimmt man das erwähnte weltliche („öffentlichrechtliche“)<br />

Modell der Universitätsorganisation. 21 Bereits um 1320 hält sich in Bologna der<br />

spätere Bischof von Gnesen, Jarosław Bogoria von Skotniki (1280-1376), auf, der eine<br />

ähnliche Funktion wie <strong>Paweł</strong> <strong>Włodkowic</strong> im 15. Jahrhundert bekleidet: Im Auftrag von König<br />

Kazimierz dem Großen vertritt er Polens Interessen gegen den Deutschen Orden. 22 Die Praxis,<br />

die besten Studenten nach Padua zu schicken, wird bis weit ins 16. Jahrhundert fortgesetzt. 23<br />

Entscheidend für <strong>Włodkowic</strong>' Karriere wird ein Vertreter der einflussreichen<br />

Paduenser Familie Zabarella, der Rechtsgelehrte, Diplomat und Bischof Francesco Zabarella.<br />

Geboren 1360, studiert er in Bologna und wird als anerkannte Autorität in den<br />

Rechtswissenschaften zum Wegbereiter des Konziliarismus. Die Zusammenarbeit dieses<br />

erstrangigen europäischen Gelehrten mit <strong>Włodkowic</strong> beginnt in Padua mit einem Meister-<br />

Schüler-Verhältnis und endet in Konstanz, wo beide Seite an Seite arbeiten. Hier stirbt<br />

Zabarella 1417, noch vor Abschluss des Konzils. 24<br />

In seinen rechtsphilosophischen Grundlagenwerken definiert Zabarella,<br />

<strong>Włodkowic</strong> direkt anwendbar, Ethos und Methode des Vermittelns (arbitramentum). Dieser<br />

Vorgang erfasst Wahrheit und Aufrichtigkeit als die Grundlagen des Rechts, somit mehr als<br />

das normale judiziale Geschehen (actus extraiudicialis). Die Wahrheit muss so lange gesucht<br />

20<br />

Wie sich diese Einflüsse in der Frühphase der Universität Krakau überschneiden und Grundpositionen<br />

prägen, schildert u.a. Markowski 1975, S. 26-36; 1976, S. 12-29; 1978, S. 21-34.<br />

21<br />

Savigny 1834, S. 178f.: »Ursprünglich war in Bologna keine andere als eine Rechtsschule, und nur in dieser<br />

konnte daher eine Universität entstehen«, genauer - so Savigny - mehrere Universitäten, die allesamt von den<br />

»Artisten«, dh. Philosophen und Medizinern, dominiert waren. Theologen kamen erst später hinzu. Der<br />

staatlich-weltliche Charakter des Krakauer Studium generale wird in der Forschung übereinstimmend betont,<br />

vgl. etwa Wyrozumski 1992 (L'université de Cracovie...), S. 8. - Zur Charakteristik des europäischen<br />

Universitätssystem und der weltlichen Universitäten vgl. Meder 2005, S. 172-178: Das Bologneser Modell<br />

einer Scholarenuniversität, eingeführt gegen Mitte des 12. Jahrhhunderts, »gewährt Autonomie gegenüber<br />

der Kommune von Bologna, wodurch die universitas scholarum faktisch ein eigenes künstliches Bürgerrecht<br />

erlangt« (175), und fördert auf lange Sicht die intellektuelle Vielfalt: »Im Interesse der Wahrheitsfindung<br />

konnten Professoren durchaus auch gegensätzliche Meinungen vertreten [...]. Für die magisterzentrierte<br />

Universität Paris galt die freilich nur mit Einschränkungen«, die auf kirchlichen Einfluss zurückzuführen sind<br />

(176). - Ożóg 1993, S. 78 betont die geradezu revolutionäre soziale Durchlässigkeit des Krakauer studium<br />

generale, das als »Modell eines Idealstaates« funktioniere, »in welchem die Geburt und die aus ihr<br />

resultierenden Privilegien keine Rolle spielen«. In diesem Idealbild entscheiden allein universitäre Bildung<br />

und Wissensstand darüber, wer zur Machtelite vorstoßen darf.<br />

22<br />

Dunin-Wąsowicz 1993, S. 27ff. betont, ganz im Sinne historischer Standardwerke, den Einfluss Bolognas auf<br />

die Universität Krakau im Allgemeinen und auf Jarosław Bogoria im Besonderen.<br />

23<br />

Zu diesem Aspekt und generell zur akademischen Mobilität in der Frühphase der Universität Krakau vgl.<br />

Ożóg 1993. Zu den Schülern und Erben <strong>Włodkowic</strong>' während des Konzils von Basel vgl. Włodarski 2001, S.<br />

56-66.<br />

24<br />

Frenken 1998.<br />

für<br />

9


werden, bis »Dissonanzen« ausgeräumt und die Sichtweisen der Streitpartner »konsonant«<br />

gestaltet werden können. Die Aufrichtigkeit - als Glaubwürdigkeit im Sinne des Römischen<br />

Vertragsrechts und zugleich als Frömmigkeit im Sinne der devotio moderna verstanden - wird<br />

zum ethischen Definiens der Gerechtigkeit. Die allgemein menschliche Fähigkeit, vom Streit<br />

abzulassen, Vermittlung anzunehmen und trotz der Kränkung aktiv nach Gemeinsamkeit zu<br />

streben, verleiht der Gerechtigkeit ein universelles Maß. 25<br />

Das Paduenser Erbe bewirkt an der Krakauer Universität eine Öffnung für das<br />

Römische Recht, das in Westeuropa alsbald große Bereiche der Rechtspraxis dominieren<br />

wird. 26 Doch in Polen ist der Allianz von Königshof und Universität in diesen Bemühungen<br />

kein dauerhafter Erfolg beschieden: Das Gewohnheitsrecht und der Rechtspluralismus<br />

erweisen sich auf die Dauer als stärker, weil die traditionellen Wirtschafts- und Sozialformen<br />

jene geld- und technologiefreundlichen Neuerungen, die Norditalien zur Blüte gebracht<br />

haben, blockieren. Von Zabarella und <strong>Włodkowic</strong> nimmt eine intellektuelle Reformbewegung<br />

ihren Ausgang, die sich über Jahrhunderte eher erfolglos an diesem Widerstand abarbeiten<br />

wird. Noch heute lassen sich die Linien dieses Konflikts in der öffentlichen Debatte Polens<br />

beobachten: Sie verlaufen zwischen den wirtschafts- und sozialpolitischen a priori-Positionen<br />

der Reformer und der Traditionalisten. 27<br />

25<br />

Zabarella 1581, S. 23-25 (Consilium 29), Punkt 1: Der stoischen Definition der Gerechtigkeit als Kunst, das<br />

Gute und Richtige zu erkennen und jedem das ihm Zustehende zu gewähren, steht als »stärkere<br />

Bestimmung« (significatio fortius...) die »Frömmigkeit« (devotissima) zur Seite. Die Schlussfolgerungen in<br />

Punkt 15 (s.u.) zeigen, dass damit auch und gerade die römische bona fides, die Glaubwürdigkeit in Vertragsund<br />

Schulddingen, gemeint ist. So gelangt die Vermittlung in tiefere psychische Schichten vor, als dies die<br />

gewöhnliche Rechtspraxis, insbesondere das autoritative Gerichtsurteil, vermag. Der arbiter richtet seine<br />

Anstrengung auf die Gesamtheit des Streits und vermag die Parteien davon abzubringen, andere Menschen<br />

oder Institutionen für ihre partikulären Interessen zu mobilisieren, weil er mit realer Gewalt ausgestattet ist<br />

(arbiter debet sedare totam controversiam et non ad alium remittere, Punkt 2). Der arbitrator, dem eigene<br />

Machtattribute fehlen, bringt eine verbindliche Meinung hervor. Er »verbindet« die Streitparteien zu einer<br />

»freundschaftlichen Versammlung« (amicabilis conventus), die nicht dem Buchstabensinn des Gesetzes folgt<br />

und ohne formalen Zwang arbeitet (Punkt 10). So wird es möglich, dass »Dissonanz« beseitigt und<br />

»Konsonanz« erreicht, dh. die Wahrheit gefunden wird (vero omnia consonant, falso autem cito dissonat<br />

verum..., ebd.). Diese außergerichtliche und außerrechtliche Zusammenfindung (conventus extraiudicialis)<br />

stellt mit der Anerkennung des Schiedsspruchs die Glaubwürdigkeit (bona fides) aller Beteiligten wieder her<br />

und ermöglicht ihre Einigung als »Einswerdung« (ambas partes sententiae fore coniunctas et potius unum et<br />

idem, Punkt 15). - Eine Kurzdarstellung der bona fides als »mündlicher Garantiezusage, Verlässlichkeit« am<br />

Übergang von römischer Sozialmoral zum formalen Recht mit seinen »Treuhandabreden« (pacta fiduciae)<br />

gibt Liebs 2004, S. 264f.<br />

26<br />

Liebs 2004, S. 109-114; Meder 2005, S. 191-204.<br />

27<br />

Die Auseinandersetzung um ein auf römische Prinzipien (Eigentum als Allmacht des Besitzers,<br />

Vertragsfreiheit, Schuldverpflichtung) gestütztes Rechtssystem als Rahmen und Instrument tiefgreifender<br />

wirtschaftlicher und sozialer Reformen lässt sich gut an der öffentlichen Wahrnehmung Leszek Balcerowicz'<br />

verfolgen, der als intellektueller Urheber der Transformation nach 1989 gilt.<br />

10


Kirchenrecht<br />

<strong>Włodkowic</strong> ist Kanonist, Gelehrter des Kirchenrechts. Sein Handwerkszeug ist das Corpus<br />

iuris canonici, das auf die Kodifizierung Gratians (Decretum) in der Mitte des 12.<br />

Jahrhunderts zurückgeht. Das Decretum entstand in enger Wechselwirkung mit der<br />

Bologneser Schule Römischen Rechts. 28 Es macht die Kirche von der weltlichen Macht<br />

unabhängig und gestattet es ihr, selbst nach Hegemonie zu streben. Da das Kirchenrecht große<br />

Bestandteile des Römischen Zivil-, Staats-, und Völkerrechts übernimmt, vermag es später<br />

auf diese Bereiche auszustrahlen. Das mittelalterliche Netz kirchlicher Gelehrsamkeit, die<br />

Klöster und die bischöflich kontrollierten Universitäten verleihen der kirchlichen<br />

Rechtspraxis Tiefe und Präzision.<br />

In Polen ist der Vorsprung der kirchlichen vor der weltlichen Rechtskultur noch größer<br />

als im Westen Europas. Eine starke Kirche und ein schwacher Staat stellen hier den<br />

Normalfall dar. Eine der großen Ausnahmen ist die jagiellonische Epoche, zu deren Beginn<br />

<strong>Paweł</strong> <strong>Włodkowic</strong> wirkt. Um 1400, bedingt durch die Reformen Kazimierz' des Großen, ist<br />

das Kräfteverhältnis zwischen weltlicher und kirchlicher Macht weitgehend ausgeglichen.<br />

Wenn also <strong>Włodkowic</strong> von König Jagiełło beauftragt wird, fundamentale Probleme des<br />

Staates mit den Mitteln des Kirchenrechts auf internationaler Ebene zu lösen, so zeugt dies -<br />

in diesem spezifischen Fall - vom Selbstbewusstsein einer weltlichen Macht, die ihre<br />

Beziehungen zur kirchlichen Macht aktiv zu regeln sucht. Da die Kirche gerade in<br />

tiefgreifender Umgestaltung begriffen ist, lohnt es sich für den Staat, kirchliches Rechtsgut<br />

den eigenen Bedürfnissen entsprechend auszulegen, in der begründeten Hoffnung, auch die<br />

gesamteuropäischen Verhältnisse in seinem Sinne beeinflussen zu können. Andererseits wird<br />

hier sichtbar, wie sehr sich Kirchengelehrte für die Probleme und Bedürfnisse der weltlichen<br />

Macht öffnen. Praktisch liefern sie eine theologische Begründung für die weitgehende<br />

Unabhängigkeit des Staates von theologischen Vorgaben.<br />

28<br />

Meder 2005, S. 138: »Da Gratian sein Dekret einige Jahrzehnte nach Gründung der Rechtsschule in Bologna<br />

abgefasst hat, ist zu vermuten, dass in den Anfängen der wissenschaftlichen Bearbeitung des Rechts weniger<br />

die Legisten [die weltlichen Lehrer Römischen Rechts - S.H.] von den Kanonisten als vielmehr diese von den<br />

Legisten gelernt haben. Die Einflüsse des weltlichen auf das kanonische Recht sind denn auch unschwer<br />

nachzuweisen.« Andererseits dient »der Text des Gratian schon bald als Grundlage des Rechtsunterrichts in<br />

Bologna« (S. 137).<br />

11


Individuum und Gemeinschaft<br />

Das westliche Schisma nach 1378 hat, wie eingangs erwähnt, nicht nur tektonische<br />

Spannungen zwischen den europäischen Mächten, sondern auch allgemeine<br />

Verfassungsprobleme sichtbar gemacht: zunächst das unklare Verhältnis zwischen Papst,<br />

Klerus und Laien in der Kirche sowie zwischen Kirche und Staat, darüber hinaus aber das<br />

Verhältnis von Individuum und jeglicher Gemeinschaft - ein philosophisch attraktives<br />

Problem, das immer dann zu lösen ist, wenn Kodifizierungen anstehen. 29 Unter den<br />

politischen Bedingungen zu Beginn des 15. Jahrhunderts kann die Lösung nur auf dem<br />

Decretum des Gratian und den etablierten Kommentaren beruhen.<br />

Die Grundprinzipien des Römischen Rechts, die auf individuelle Verantwortung und<br />

Persönlichkeitsentwicklung in einem hochentwickelten sozialen Kontext abstellen, werden<br />

von Gratian um genuin christliche Inhalte erweitert. Diese müssen nun zum ersten Mal in<br />

einer kohärenten juristischen Sprache mit dem vorchristlichen Material harmonieren.<br />

Offenbarung und Seelenheil werden zwar nicht direkt zu Rechtsgütern erklärt, doch sie<br />

verändern die Sicht auf fundamentale Rechtsgüter wie Eigentumstitel, Vertragsfähigkeit und<br />

Schuldverbindlichkeit. Der Text des Decretum bestätigt nun gerade nicht das Argument, das<br />

in Polen lange Zeit - je stärker ab 1600 das Sarmatentum wird, um so intensiver - geltend<br />

gemacht wird, dass nämlich das Römische Recht individualisierend, das Christentum<br />

hingegen vergemeinschaftlichend wirke. Einen starken Impuls zur Individualisierung liefert<br />

nämlich die christliche Vorstellung vom Seelenheil, das nur individuell gedacht werden<br />

kann. 30 Unweigerlich erhebt sich die Frage nach der Verbindung von Individuellem und<br />

Gemeinschaftlichem. Die Austarierung beider Dimensionen erfolgt bei Gratian mit<br />

29<br />

Wulf 1922, S. 222 formuliert treffend: »... the professors of Roman law at Bologne and the other jurists, who<br />

argued on behalf of the souvereigns (the Hohenstaufen, and the kings of England and France), and the<br />

canonists, following the Decretum of Gratian, had touched upon these delicate questions; but the<br />

philosophers attained to a clearness and precision which had been denied to experts in law on the same<br />

questions.« Welch entscheidende Rolle die Philosophen bei diesem großen Bologneser Kompilationsprojekt<br />

spielen, schildert Wulf wie folgt: »But in comparison with the philosophers, the encyclopedists, jurists, and<br />

canonists are as dwarfs by the side of giants« (S. 107). Dies darf auch als Bestimmung des norditalienischen<br />

Averroismus als primär philosophischer Denkweise verstanden werden.<br />

30<br />

Ein beredtes Beispiel für die Individualisierung menschlicher Verantwortung vor dem Hintergrund des<br />

individuellen Seelenheils liefert ein von Gratian ins Decretum p. II, causa I, qu. IV, c. VIII aufgenommenes<br />

Brieffragment des Augustinus. Hier wird argumentiert, dass die Schuld für das Vergehen eines Menschen<br />

nicht auf einen anderen Menschen, auch nicht auf seine Nachkommen übertragen werden kann. Die Teilhabe<br />

an fremder Sünde ist nur durch freie Entscheidung möglich. Jeder lebt sein eigenes Leben und tritt auf eigene<br />

Verantwortung vor das Jüngste Gericht, wo er eventuell zu ewiger Verdammnis (»Seelentod«) verurteilt<br />

wird: »Die Seele, die gesündigt hat, ist es auch, die den Tod erleidet« (anima, que peccauerit, ipsa morietur).<br />

12


philosophischen Mitteln, wobei er die praktisch-ethischen Aspekte auf theoretischmetaphysische<br />

zurückbindet. 31 Gelangt nun das Motiv des Seelenheils aus Offenbarung und<br />

Theologie in die Philosophie, verbindet es sich mit Kernbestandteilen der metaphysischen<br />

Tradition. Die individuelle Dimension wird so irreduzibel. Damit ist zwar nicht gesagt, dass<br />

die gemeinschaftliche Dimension reduzibel sei. Ihre theoretisch-metaphysische Begründung<br />

erfolgt aber eher vermittelt, auf dem Umweg über praktisch-ethischen Aspekte.<br />

Der Status der Heiden<br />

Welche Bedeutung hat nun die Christianisierung für die allgemeine Gesellschafts- und<br />

Rechtsfähigkeit? Einerseits lässt sich schlüssig argumentieren, dass eine fehlende Taufe, also<br />

das fehlende Bekenntnis zur Offenbarung als Letztbegründung aller Normativität, alle<br />

Ansprüche null und nichtig mache. Dem lässt sich entgegenhalten, dass der Offenbarung<br />

zufolge Gottes vorrangiges Geschöpf der Mensch als solcher und nicht der getaufte Mensch<br />

ist. Daher ergebe sich die Normativität des Rechts primär aus der Natur (darin einbegriffen<br />

die Natur des Menschen) und höchsten sekundär aus einer Anerkennung der Offenbarung.<br />

Diese letztere Ansicht wird <strong>Włodkowic</strong> übernehmen.<br />

Brisant wurde dieses Problem erstmals während der mittelalterlichen Kreuzzüge in<br />

den Orient. Besitzen die Ungetauften ihr Land zu Recht? Sind ihre gemeinschaftlichen<br />

Institutionen legitim? Sind sie vertragsfähig? Und müssen ihnen gegebene Versprechen<br />

eingehalten werden? In der Diskussion des beginnenden 15. Jahrhunderts bezieht man sich<br />

auf zwei Kirchenrechtler des 13. Jahrhunderts, die in enger persönlicher Zusammenarbeit das<br />

Thema ausgeleuchtet haben und dabei zu graduell verschiedenen Schlüssen gekommen sind.<br />

Papst Innozenz IV (vor 1200-1254) entwickelt im Konflikt mit weltlichen Herrschern<br />

Argumente für die Überlegenheit der kirchlichen, insbesondere der päpstlichen Macht, sucht<br />

aber bei der Missionierung die Zusammenarbeit mit heidnischen Herrschern, u.a. in Litauen,<br />

was ihn für <strong>Włodkowic</strong> attraktiv macht. 32 In seiner juristischen Theorie schwächt Innozenz IV<br />

die weltlichen christlichen Herrscher und wertet die Macht des Papstes sowie der heidnischen<br />

Herrscher auf. Mit der Zeit wird Innozenz IV, diese »Herrschernatur« (Michael Hanst), zum<br />

31<br />

Vgl. Wulf 1922, S. 222: »In very fact, this principle - that the state exists only for the good of the citizen, or<br />

obversely, that it is not the citizen who exists for the good of the state - is closely connected with the whole<br />

scholastic system. While it is a foundation for the doctrine of the state, this principle itself rests upon an<br />

ethical ground. In its turn, this ethical ground rests upon the deeper lying basis of metaphysical doctrine.<br />

Thus, social philosophy in reality rest upon a twofold basis, the ethical an the metaphysical.«<br />

32<br />

Die Angaben zu Innozenz IV nach Hanst 1990.<br />

13


Inbegriff einer Missionierung mit sanften Mitteln, ja, zum Vorläufer eines universellen<br />

Menschenrechtsdenkens. 33 Heinrich von Segusio (1194-1271), nach seinem Bischofssitz in<br />

Ostia bei Rom auch Ostiensis genannt, macht Einschränkungen zur Lehre Innozenz' IV<br />

geltend. 34 Sein Name wird zum Chiffre einer umfassenden Entrechtung der Ungetauften.<br />

<strong>Włodkowic</strong> lässt beide Autoren sprechen und spricht sich in der Regel für Innozenz IV aus.<br />

Pacta sunt servanda. Gerechter Krieg<br />

Das bekannte Prinzip der allgemeinen Verbindlichkeit einmal geschlossener Verträge (pacta<br />

sunt servanda) wird zumeist mit dem Römischen Recht in Verbindung gebracht. <strong>Włodkowic</strong><br />

beruft sich auf dieses Prinzip, um die Gültigkeit der polnisch-litauischen Verträge zu<br />

begründen. Ein näherer Blick zeigt, warum das Kirchenrecht für das Anliegen, die Verträge<br />

zwischen Polen und Litauen sowie generell Verträge mit Nichtchristen zu legitimieren, so gut<br />

geeignet ist. Das Römische Zivilrecht hat die Verbindlichkeit von Verträgen grundsätzlich als<br />

Einklagbarkeit verstanden und aus Formalitäten des Vertragsabschlusses abgeleitet. Solche<br />

formellen Verträge entsprachen den Vorstellungen von verantwortungsvollem und zugleich<br />

transparentem Handeln. Wollte nun <strong>Włodkowic</strong> die Gültigkeit der polnisch-litauischen<br />

Verträge aus ihrem formellen Charakter ableiten, geriete er rasch in Konflikt mit den<br />

christlichen Vorstellungen zum Schwur, der ohne Taufe des Schwörenden nicht als<br />

zuverlässig gelten kann. Auf der anderen Seite standen im Römischen Recht »nackte<br />

Verträge« (pacta nuda bzw. conventa), die durch faktisches Handeln zustande gekommen<br />

waren und deren Erfüllung vor Gericht nicht eingeklagt werden konnte. 35 Während nun die<br />

weltlichen Juristen von Römischen Zeiten bis in die Neuzeit über das Ausmaß der<br />

Verbindlichkeit »nackter Verträge« streiten und zögernd einige von ihnen zu »bekleideten<br />

Verträgen« (pacta vestita) erheben, durchschneidet Gratian im Kirchenrecht den gordischen<br />

Knoten: Aus pacta vestita sunt servanda wird pacta sunt servanda, alle (!) Verträge sind<br />

einzuhalten. 36 Stephan Meder bemerkt hierzu: »Die Durchsetzung des Grundsatzes pacta sunt<br />

33<br />

Hanst 1990.<br />

34<br />

Biografisches bei Müller 2004.<br />

35<br />

Vgl. Zimmermann 1996, S. 537-545.<br />

36<br />

Zu den weltlichen Juristen vgl. Zimmermann 1996, S. 539, zu den kirchlichen Meder 2005, S. 143-147. -<br />

Diese vereinfachte Gegenüberstellung lässt die Übergänge zwischen pacta nuda und vestita in der<br />

Römischen Rechtsgeschichte außer acht, hierzu vgl. Hausmanninger/Selb 2001, S. 262: »Der Präter verheißt<br />

jedoch im Edikt, auch diese nuda pacta zu schützen (pacta conventa servabo), freilich nicht durch<br />

Gewährung einer Klage, sondern nur einredeweise [...]. Im Laufe der Rechtsentwicklung werden vom Prätor,<br />

später vom Kaiser, manche pacta zu klagbaren Verträgen aufgewertet und den pacta nuda als pacta vestita<br />

14


servanda bildet ein weiteres Beispiel dafür, wie das kanonische Recht geltendes positives<br />

Recht und juristische Gewohnheiten außer Kraft setzen kann, wenn diese mit übergeordneten<br />

Rechtsquellen (ius divinum) in Konflikt geraten.« 37 Dabei erfolgt ein Austausch der religiösen<br />

Bezüge des Rechts: So wie die Römischen Formalitäten (etwa die Stipulation, ursprünglich<br />

die Berührung des Vertragsgegenstands mit einem Stab) auf religiöse Rituale zurückgingen,<br />

ergeben sich die christlichen Neuerungen aus den mittelalterlichen Vorstellung von der Seele<br />

und den göttlichen Sanktionen. Wichtig wird also das mentale Profil der Vertragspartner: Was<br />

bewegt sie, überhaupt eine vertragliche Lösung zu suchen? Werden sie ihre Pflichten<br />

erfüllen? Beachten sie die Rechte Dritter? Sind sie aller Folgen ihres Handelns eingedenk?<br />

Kurz: Meinen sie es ernst? 38<br />

Dieser für das Spätmittelalter typischen Tendenz zur Psychologisierung folgt<br />

<strong>Włodkowic</strong> auch in der anschließenden Frage des gerechten Kriegs. Dabei inspiriert ihn das<br />

Werk eines weiteren mit Bologna verbundenen Juristen, des Spaniers Raimund von Peñaforte<br />

(ca. 1175-1275). Raimund, der dem Klerus ein tieferes psychologisches Verständnis der<br />

zugrundeliegenden Rechtsliteratur vermittelt, leistet einen nachhaltigen Beitrag zur Reform<br />

des Beicht- und Bußwesens im 13. und 14. Jahrhundert. 39 Er zeigt, dass nicht der Ungetaufte<br />

schuldig ist, sondern der gewaltsam Missionierende sich schuldig macht, und zwar sowohl<br />

durch die Mittel als auch durch den Effekt: »Erzwungene Dienste sind nicht gottgefällig«. 40<br />

Schließlich entwickelt Raimund ein juristisch-psychologisches Formular, an welchem sich die<br />

('bekleidete', dh. mit Klage ausgestattete Vereinbarungen) gegenübergestellt.«<br />

37<br />

Meder 2005, S. 144.<br />

38<br />

Ebd., S. 144f.: »In der Moraltheologie und in der praktischen Handhabung des Bußsakraments stand es außer<br />

Frage, dass jedes Versprechen ohne Rücksicht auf seine Form gültig ist. [...] Die Legisten stellten den<br />

Kanonisten daher die Frage, wie die Preisgabe der überkommenen Formerfordernisse zu rechtfertigen sei.<br />

Deren Antwort besticht in ihrer Einfachtheit: Die Klagbarkeit erstrecke sich nur auf solche pacta, die serio<br />

factum (ernsthaft) oder deliberato animo (vernünftig, überlegt) geschlossen worden sind.«<br />

39<br />

Vgl. Lachner 1994. Zur reformierenden Wirkung der Raimundschen Summa de casibus poenitentiae vgl.<br />

Oberste 2003, S. 285-292, insbesondere S. 291: »Die konsequente Übertragung der Intentionsethik [...] in die<br />

praktische Seelsorge setzte ein Medium der Individualisierung, einem ordentlichen Gerichtsverfahren<br />

ähnlich, voraus.«<br />

40<br />

Das Motiv des compelle intrare - des zwangweisen Eintritts in eine Bekenntnisgemeinschaft - wird von<br />

Raimund klar abgelehnt. Vielmehr soll sich die Missionierung der »Autoritäten und Denkweisen« der<br />

Anderen, ja sogar all dessen bedienen, »was ihnen schmeichelt«, vgl. etwa Raimund 1740, S. 45 (liber I, cap.<br />

4, § 1). - Lachner 1994 erwähnt, dass Raimund in höherem Alter Gelegenheit hat, seine theoretisch<br />

begründeten humanitären Ansprüche »bei der Bekehrung der Mauren und Juden in Spanien« umzusetzen,<br />

mehr noch: »Daneben regte Raimund das Studium der hebräischen und der arabischen Sprache an und<br />

gründete zu diesem Zweck Studienhäuser«. Raimund setzt also im 13. Jahrhundert, nach der<br />

Wiedereroberung Spaniens durch die Christen, die arabische Tradition der Übersetzerschulen und<br />

vielsprachigen Bibliotheken fort (man denke an die altehrwürdigen Zentren in Toledo und Cordoba). Dies<br />

erfolgt zwar in bescheidenem Rahmen, hat aber mit Sicherheit Einfluss auf die 1218 gegründete Universität<br />

Salamanca, die ab 1418 die Unterlagen des Konzil von Konstanz beherbergen und als »Völkerrechtsschule<br />

von Salamanca« zu einem europaweit wichtigen Ort tolaranten, kulturvermittelnden Denkens werden wird.<br />

15


Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit von Kriegen ablesen lässt (s.u.).<br />

Diese juristischen Werkzeuge beruhen, wie bereits angedeutet, auf einer humanitär<br />

ausgerichteten Interpretation der philosophischen Grundlagen des Römischen und<br />

Kirchenrechts. Daher muss <strong>Włodkowic</strong> auch in diesem Bereich eine eigene philosophische<br />

Interpretation zumindest andeuten. Er tut dies mit Hilfe des Naturrechtsbegriffs.<br />

Naturrecht<br />

Ein wesentlicher, für <strong>Włodkowic</strong>' Argumentation bedeutsamer Unterschied zwischen<br />

Römischem und Kirchenrecht betrifft die möglichen Inhalte und Funktionen des Naturrechts.<br />

Der spätrömische Rechtsgelehrte Ulpian (170-223) liefert eine klare Definition des<br />

Naturrechts: Es ist deckungsgleich mit all dem, »was die Natur jegliches Lebewesen gelehrt<br />

hat.« 41 Hiervon unterscheidet Ulpian zunächst das Völkerrecht, das nur von den Menschen,<br />

nicht aber von anderen Lebewesen benutzt wird. 42 Das Römische Völkerrecht regelt u.a. die<br />

Anwendung und Vermeidung von Gewalt, Krieg und Gefangenschaft, die Entstehung<br />

separater Völker, die Grenzen, Handel und Schuldverpflichtungen, also grundsätzlich alle<br />

Bereiche »mit Ausnahme derjenigen, die erst vom Zivilrecht eingeführt werden«. 43 Das<br />

Römische Zivilrecht im weitesten Sinne umfasst schließlich alles, was über das Völkerrecht<br />

hinaus entsteht; es entwickelt sich innerhalb einer bestimmten Gemeinschaft als ihr eigenes<br />

Recht (ius nostrum). 44 Wie diese Reihe von Begriffsbestimmungen, die von den Juristen<br />

Kaiser Justinians im 6. Jahrhundert an den Beginn der Digestae gestellt werden, erkennen<br />

lässt, sind alle Rechtsschöpfungen zwar vom Naturrecht inhaltlich und funktionell<br />

unterschieden, bleiben aber, insofern sie rational sind, in ihm verwurzelt. Die Natur nun hat<br />

die Menschen ebenso wie alle anderen Lebewesen gewisse Dinge - etwa die Sorge um die<br />

Existenz seiner selbst, seiner Kinder, seiner Gemeinschaft und seiner Art - gelehrt. Davon, ob<br />

sich der Naturbegriff eher an ein universelles oder ein exklusives Denken anlehnt, hängt die<br />

praktische Interpretation rechtlicher Normen ab. Anhaltspunkte für einen toleranten<br />

<strong>Universalismus</strong> ergeben sich etwa aus den Schriften Ciceros, der für den europäischen<br />

Humanismus von entscheidender Bedeutung ist. Cicero leitet das Phänomen von Normativität<br />

41<br />

Dig. 1.1.1.3 Ulpianus.<br />

42<br />

Dig. 1.1.1.4 Ulpianus.<br />

43<br />

Dig. 1.1.5 Hermogenianus.<br />

44<br />

Dig. 1.1.6 Ulpianus. - Im engeren Sinne wird das Zivilrecht vom Institutionen-, Kirchen-,<br />

Berufsgruppenrecht etc. unterschieden.<br />

16


aus der Rationalität als solcher her, die als innerstes Prinzip der Natur auch dem Menschen<br />

zugänglich ist, und zwar soweit zugänglich, dass sie zur direkten Quelle rechtsschöpferischer<br />

Tätigkeit des Menschen taugt. Nützlichkeit (utilitas) und Anstand (honestas) als Ausdruck<br />

von Rationalität sind dabei das Maß authentischer Gerechtigkeit (aequitas). 45 Die<br />

Verbindlichkeit des Naturrechts ergibt sich also in gleichem Maße daraus, dass es den<br />

Naturprinzipien entspricht und dass es von allen Menschen verstanden werden kann. So<br />

ermöglicht es Rechtsschöpfung in kritischer Distanz gegenüber den historisch gewachsenen<br />

Sitten, ja sogar gegen diese, falls sie rationaler Weise abzulehnen sind.<br />

Mit diesen Bestimmungen zu den Bereichen des Rechts und zur Rationalität leitet in<br />

ähnlicher Form Gratians sein Decretum ein, allerdings mit einer folgenreichen<br />

Akzentverschiebung: Bei Cicero war die rationale Natur bzw. die natürliche Rationalität ein<br />

aktives Prinzip, aus welchem erst die Gemeinschaft von Menschen und Göttern entsteht. 46<br />

Anders hier. Rationalität und Natur gelten nun als das Werk eines rational-übernatürlichen<br />

Schöpfergottes bzw. mit diesem identisch; keinesfalls aber ihm vorausliegend. Der Mensch<br />

kann nun nicht mehr mit den Mitteln seiner Rationalität allein Gesetze schaffen, sondern muss<br />

auf einem langen, von ihrer Auffassung des Schöpfergottes vorgegebenen geschichtlichen<br />

Weg Sitten ausprägen. Diese erst geben das Material für menschliche Rechtsschöpfung ab.<br />

Bevor es aber soweit ist, haben die Sitten bereits die Völker voneinander getrennt. 47 Und<br />

einen zweiten Unterschied führt Gratian ein: Er setzt das Naturrecht formal und zunehmend<br />

auch materiell mit dem göttlichen Recht (ius divinum) gleich. Dieses göttlich-natürliche Recht<br />

übernimmt nun die Stellung des alten stoischen Naturrechts. Zudem wird es an den<br />

altrömischen Begriff des fas zurückgebunden, der auf eine ursprünglich-unmittelbare, mit<br />

metaphysischen Vorstellungen einhergehende Intuition dessen verweist, was zu tun und zu<br />

lassen ist. 48<br />

Auf diese neue Situation nach der Christianisierung reagiert der eine Interpret mit<br />

mentaler Öffnung, der andere mit Abschottung. Der eine gewinnt durch Berücksichtigung der<br />

historischen Entwicklung einen gewissen Abstand zur eigenen Sittlichkeit, vergleicht sie mit<br />

den Sitten anderer Völker und erkennt, vor dem Hintergrund von Natur und Offenbarung, in<br />

den Gemeinsamkeiten gewisse Elemente eines göttlich-natürlichen Rechts, insbesondere<br />

45<br />

Cicero, De legibus I 16, I 23, I 24 und vor allem I 33.<br />

46<br />

Cicero, De legibus I 23.<br />

47<br />

Decretum Gratiani, C. I.<br />

48<br />

Decretum Gratiani, C. I § 1.<br />

17


solche, die zur Anerkennung der Würde kulturell fremder Menschen auffordern. Der andere<br />

hingegen beginnt, etwa durch die Optik eines Mythos der »erwählten Nation«, die Sitten der<br />

eigenen Gemeinschaft als direkten Ausdruck des göttlich-natürlichen Rechts wahrzunehmen.<br />

So lehnt er es ab, bei Fremden nach Elementen eines übergeordneten Rechts zu suchen; mehr<br />

noch, er wird auch jede autonome Rationalität ablehnen, die an den eigenen Sitten Kritik üben<br />

könnte. So bleibt nur noch der Weg in einen metaphysisch untermauerten kollektiven<br />

Egoismus.<br />

Diese beiden Typen werden bei <strong>Włodkowic</strong>, wie erwähnt, von Innozenz IV und<br />

Ostiensis repräsentiert. Das Kirchenrecht selbst lässt sich nicht auf einen Typ festlegen. In der<br />

Praxis schützt es die Würde von Kolonialisierungsopfern so häufig, wie es der Brutalität von<br />

Kolonisatoren Vorschub leisten. Es darf angenommen werden, dass die Konstanzer Arbeiten<br />

des <strong>Paweł</strong> <strong>Włodkowic</strong> etwa hundert Jahre nach seinem Tod dabei helfen, die Überzeugung<br />

von der irreduziblen Würde fremder Kulturen zumindest in der offiziellen Hauptströmung der<br />

europäischen Kultur, teilweise aber auch in der politischen Praxis durchzusetzen. 49<br />

Thomas von Aquin<br />

Nicht selten werden Zitate aus den Werken des Thomas von Aquin (1225-1274) als ein Maß<br />

dafür angesehen, ob ein Text als mittelalterlich oder neuzeitlich, realistisch oder<br />

nominalistisch, scholastisch oder humanistisch, kurz: konservativ oder progressiv<br />

einzuordnen sei. 50 Die Konstanzer Texte des <strong>Paweł</strong> <strong>Włodkowic</strong> belegen exemplarisch, wie<br />

falsch dieses Schema ist. Knapp 150 Jahre nach dem Tod Thomas' und etwa 150 Jahre, bevor<br />

Thomas zur Leitfigur der Gegenreformation gemacht wird, fügen sich Elemente seines<br />

Denkens harmonisch in den frühhumanistischen Diskurs ein. Die polnischen Denker des<br />

beginnenden 15. Jahrhunderts nutzen dies intensiv. Dabei interessieren sie sich weniger für<br />

die ontologische Spekulation und mehr für die praktische Seite der Thomasischen Synthese.<br />

<strong>Włodkowic</strong> beruft sich auf die Autorität Thomas' in der Frage der Legitimität des<br />

litauischen Staats und der polnisch-litauischen Föderation. Die Vernunft- und Rechtsthorie<br />

49<br />

Diese Hypothese wurde von Bełch 1965 zur übertriebenen Annahme ausgebaut, dass sich die Kritik der<br />

europäischen Naturrechtsdenker am Kolonialismus ohne <strong>Włodkowic</strong> kaum hätte entwickeln können. Zur<br />

Kritik an Bełch vgl. Boockmann 1975, S. 229f. Für den Hinweis auf Boockmanns Kritik an Bełch danke ich<br />

Prof. Thomas Wünsch (Passau).<br />

50<br />

In Polen findet man diese Ansicht bei positivistischen und thomistischen Autoren, freilich in Verbindung mit<br />

verschiedenen Wertungen. Eine detailreiche Kritik dieses Schemas liefert Domański 2005.<br />

18


des Aquinaten interpretiert er in Übereinstimmung mit dem Duktus der Paduenser<br />

Rechtslehrer. 51 Die elegante Linie, die <strong>Włodkowic</strong> hier zeichnet, verweist auf wesentliche<br />

Gemeinsamkeiten von »Scholastik«, »Averrorismus« und »Humanismus«. Zwar hat sich der<br />

»Scholastiker« Thomas mit zunehmendem Alter immer stärker gegen die »averroistische«,<br />

dh. allzu freie, mehr dem antiken als dem monotheistischen Wissensziel verpflichteten<br />

Philosophie gewandt. Doch dies war zu einem guten Teil Rhetorik, denn Thomas blieb schon<br />

allein wegen seiner schwachen Verbindung mit der Kultur der griechischen Antike auf die<br />

latinisierten Aristoteles-Kommentare des Averroes angewiesen. Und auch zwischen<br />

Thomismus und Humanismus bestehen Brücken: Die Seinsanalogie des Aquinaten lässt sich<br />

im Sinne empirischer Wissenschaft auslegen, seine Rechtstheorie folgt weitgehend dem<br />

Römischen und kanonistischen Denken, seine Darstellung der politischen Gemeinschaft muss<br />

keineswegs als Lob auf unhinterfragbare Hierarchien verstanden werden. Mehr noch, Thomas<br />

tritt eindeutig für die Anerkennung bestehender politischer Gemeinschaften von Ungetauften<br />

ein, solange diese sich nicht gegen friedliche Missionierung wehren. 52 Diese Brücken benutzt<br />

<strong>Włodkowic</strong>. Er stellt den empirischen Befund in den Vordergrund, ohne die alte Metaphysik<br />

anzugreifen. Er zitiert die Rechtstheorie des Aquinaten dort, wo sie das Römische Völkerrecht<br />

und das Kirchenrecht ergänzt. 53 Und im Lichte der frühhumanistischen Interpretationen<br />

<strong>Włodkowic</strong>' scheint die Thomasische Theorie insgesamt die Rolle des rational denkenden<br />

Individuums aufzuwerten.<br />

In den politischen Realien nach 1400 passt aber auch der gemäßigte Papalismus des<br />

Aquinaten zu den Interessen der Auftraggeber <strong>Włodkowic</strong>'. Thomas sieht die päpstliche<br />

Macht als der kaiserlichen überlegen an, insbesondere in Hinsicht auf die metaphysische und<br />

51<br />

Erkennbar in <strong>Włodkowic</strong> 1878, S. 183 (II § 11, ed. Bobrzyński).<br />

52<br />

In Sth II-IIae q. 10 a. 10 lehnt Thomas jede neu zu errichtende Herrschaft Ungetaufter über Getaufte ab<br />

(nullo modo permitti debeat), konstatiert aber, dass eine solche Herrschaft legitim fortgesetzt werden darf,<br />

wenn sie schon besteht. Die weltliche und geistliche Obrigkeit entsteht aus menschlichem Recht, der<br />

Unterschied zwischen Gläubigen und Ungläubigen aus dem göttlichen Recht. Göttliches Recht hebt aber<br />

menschliches Recht nicht auf (ius divinum non tollit ius humanum). Daher ist der Unterschied zwischen<br />

Gläubigen und Ungläubigen für sich genommen (secundum se considerata) nicht hinreichend, um die<br />

Obrigkeit Ungläubiger über Gläubige aufzuheben. - <strong>Włodkowic</strong> bezieht sich explizit auf diese Stelle, vgl.<br />

<strong>Włodkowic</strong> 1878, S. 183 (II § 11, ed. Bobrzyński). Die symbolhafte Bedeutung dieses Thomas-Zitats für die<br />

Ausbildung der pluralistisch-toleranten humanistischen Rechtskultur unterstreicht Seńko 1973, S. 18. Eine<br />

andere Sicht, allerdings im Hinblick auf die mittelalterliche Kultur vor 1400, schlägt Koelmel 1970, S. 275<br />

vor. Er unterstreicht, dass Thomas der Kirche durchaus das Recht einräumt, »den Ungläubigen diese<br />

Herrschaft zu entziehen, da sie um ihres Unglaubens wegen diese Herrschaft nicht verdienen«. Insgesamt<br />

komme es, so Koelmel, zu einem »Zusammenstoß der in der Scholastik neugewonnen humannaturalen<br />

Perspektive und des Heilsrechts, der hier [bei Thomas] mit dem Vorrang des Heilsrechts beantwortet wird«.<br />

53<br />

So in der Frage der Sklaverei, vgl. <strong>Włodkowic</strong> 1878, S. 183f. (II § 11, ed. Bobrzyński) und Thomas, Sth II-<br />

IIae, qu. 10, a. 10.<br />

19


formalrechtliche Legitimation. So kann auch <strong>Włodkowic</strong> den Papst in seiner Rolle als<br />

übergeordneten Arbiter sowie als Kontrollinstanz für jene weltliche Macht ansprechen, die<br />

den Deutschen Orden unterstützt. Jene Aspekte des Thomasischen Papalismus allerdings, die<br />

der konziliaristischen Tendenz zur Aufwertung gremialer Machtausübung und zur<br />

Demokratisierung entgegenwirken, übergeht <strong>Włodkowic</strong> mit Schweigen; schließlich will er<br />

das Konzil nicht gegen sich aufbringen. So wird Thomas zum Paten einer diplomatisch<br />

ausgewogen, weder explizit papalistischen noch konsequent konziliaristischen Linie. Wie<br />

vorsichtig <strong>Włodkowic</strong> an Thomas herangeht, ist auch daran zu erkennen, dass er dort, wo er<br />

ihn zum Zeugen der unveräußerlichen Rechte der Heiden macht, kaum an das originäre<br />

metaphysische System des Aquinaten erinnert. Zweifler verweist <strong>Włodkowic</strong> an das von<br />

Thomas gelegentlich genutzte Argument, dass Selbstbeschränkung zu üben und Aufruhr zu<br />

vermeiden sei (scandalum vitandum). 54<br />

<strong>Włodkowic</strong> schreibt sich damit in jene europäische Tradition ein, die zentrale Texte<br />

der mittelalterlichen Geisteskultur gemäßigt modern auslegt und sie langfristig als Impulse für<br />

das Menschenrechtsdenken nutzbar macht.<br />

Wilhelm Ockham<br />

Die Entscheidungen wichtiger Universitäten der frühen Neuzeit für den Realismus oder den<br />

Nominalismus in der Universalienfrage 55 wirken sich ohne Zweifel nachhaltig auf die<br />

kulturelle Entwicklung der jeweiligen Länder aus. Allerdings erreicht dies weite<br />

Bevölkerungskreise, wenn überhaupt, nur auf den extrem langen Vermittlungswegen der<br />

Literatur, Kunst, Religion oder des Rechts. Die Unwägbarkeiten einer Beschreibung dieser<br />

Prozesse sind so groß, dass wohl niemand von geschlossenen »realistischen« oder<br />

»nominalistischen « Kulturen sprechen würde - gerade dann nicht, wenn es um Politik geht.<br />

Hinzu kommt, dass sich die Begriffe, die für die Ausrichtung von Universitäten stehen,<br />

schnell als unscharf herausstellen, sobald man sie auf konkrete Autoren und deren politische<br />

Aktivität anwendet. Treffend formuliert Kurt Flasch, dass die Neuerungen ab ca. 1300 zu<br />

einem großen Teil daraus folgen, dass »nicht nur das Denken seit 1080 kompliziert geworden<br />

54<br />

Zur Selbstbeschränkung vgl. <strong>Włodkowic</strong> 1878, S. 169 (I § 10, ed. Bobrzyński), zur Vermeidung von<br />

Skandalen ebd. S. 183 (II § 11, ed. Bobrzyński).<br />

55<br />

Dafür, Allgemeinbegriffe als Primärquellen der einzelnen Seienden (somit etwas Reales) oder aber als den<br />

einzelnen Seienden nachfolgende mentale Konstrukte (somit etwas Nominales) anzusehen.<br />

20


ist, sondern das gesamte gesellschaftliche Leben«. 56<br />

Unter Berücksichtigung dieser Bemerkungen lässt sich sagen, dass die polnische<br />

Denkkultur eine eher »realistische« ist. Im Falle <strong>Włodkowic</strong>' spricht dafür seine Opposition<br />

gegen den »Nominalisten« Wilhelm Ockham (1285-1347) und seine Ablehnung des<br />

Husitismus, der als radikaler Realismus seine Wurzel in der »nominalistischen«<br />

Methodenlehre Ockhams hat. Doch die Situation ist komplizierter. Der »Averroist«<br />

<strong>Włodkowic</strong> steht nicht weniger als Ockham auf der Seite der Modernisierer. In seiner<br />

Funktion als Rektor der Krakauer Universität lehnt er zwar den Nominalismus der Oxforder<br />

Schule Ockhams ab, unterstützt aber um so mehr die Nominalismen des Marsilius von Inghen<br />

und Johannes Buridanus. Während und nach der Rektoratszeit <strong>Włodkowic</strong>' dominieren auch<br />

in Physik und Ethik nominalistische Strömungen.<br />

<strong>Włodkowic</strong>' Ablehnung gegenüber Ockham ergibt sich also nicht aus dessen frühen<br />

Grundlagenwerken, sondern aus dem politischen Profil. Ockham ist als Gegner des Papsttums<br />

bekannt. In den 20er Jahren des 14. Jahrhunderts der Häresie verdächtigt und vor den Papst<br />

zitiert, hat er - vor dem Hintergrund der hochpolitischen Armutsdebatte - den Papst der<br />

Häresie beschuldigt. 57 Daher ist er aus <strong>Włodkowic</strong> Sicht wenig geeignet, den Papst für die<br />

polnisch-litauische Sicht zu gewinnen. Schwerer noch wiegt das folgende Problem: Nach<br />

seiner Flucht an den Hof des Kaisers Ludwig IV (»des Bayern«, 1282-1347) - eines<br />

Herausforderers päpstlicher Macht - erarbeitete Ockham, teils gemeinsam mit dem erwähnten<br />

Marsilius von Padua, Rechtsgutachten und theoretische Traktate für seinen Dienstgeber. 58<br />

Von Ludwig IV aber stammen wichtige Dokumente, mit denen der Deutsche Orden nun, zu<br />

Beginn des 15. Jahrhunderts, seinen Status begründet. 59 Und so begegnen sich Ockham und<br />

<strong>Włodkowic</strong> quasi als gegnerische Anwälte: Ersterer für eine aufstrebende, reformwillige<br />

weltliche Macht im 14. Jahrhundert, die im Konflikt mit dem Papsttum steht und eine<br />

Partnerschaft mit den Kolonisatoren des Deutschen Ordens pflegt. Letzterer für eine<br />

56<br />

Flasch 2000, S. 501.<br />

57<br />

Leppin/Müller 2000, S. 13; Flasch 2000, S. 513ff.<br />

58<br />

Leppin/Müller 2000, S. 14. - Details zu den Traktaten Dialogus und Dialogus inter fratrem et vicarium bei<br />

Cardelle Hartmann 2007, S. 539-553. - <strong>Włodkowic</strong> bezieht sich auf diesen Umstand in seinem Konstanzer<br />

Traktat De potestate... Die Meinung des Marsilius, dass dem Papst eine physische Gewaltausübung versagt<br />

sei, zitiert <strong>Włodkowic</strong> zwar sachlich, aber nicht ohne hinzuzufügen, dass »sich dieser hervorragende<br />

Paduenser Bibelgelehrte auf die Seite des Bayern schlug« (Paduanus doctor maximus scripturarum<br />

divinarum adhaesit Bavario). Mit anderen Worten: Der Theologe hat sich der säkularen Macht verschrieben,<br />

ein vergiftetes Kompliment. Vgl. <strong>Włodkowic</strong> 1878, S. 170 (II § 1).<br />

59<br />

Die von <strong>Włodkowic</strong> als ungültig angegriffenen Privilegien des Ordens stammen von Friedrich II (1194-<br />

1250), Ludwig IV (»dem Bayern«, 1281-1437), Karl IV (1316-1378) und Wenzel (1361-1419), vgl. Ehrlich<br />

1968, Bd. 1, S. XLVII.<br />

21


aufstrebende, reformwillige weltliche Macht im 15. Jahrhundert, die im Konflikt mit dem<br />

Deutschen Orden steht und eine Partnerschaft mit dem vom Konstanzer Konzil erneuerten<br />

Papsttum anstrebt. Wie Ockham im 14. Jahrhundert auf der Seite der Gewinner stand - das<br />

Kaisertum konsolidierte sich, während das Papsttum auf das westliche Schisma zusteuerte -<br />

kann <strong>Włodkowic</strong> nun die Stimmung des Konstanzer Publikums für sich nutzen. 60<br />

<strong>Włodkowic</strong>' Argumente<br />

Im Folgenden wird ein Überblick über die Argumente gegeben, die <strong>Włodkowic</strong> in seiner<br />

erwähnten Schrift über die Macht von Kaiser und Papst verwendet.<br />

Processus doctrinalis<br />

Der Prozess vor dem Konstanzer Konzil betrifft Doktrinen, nicht äußere Fakten (processus<br />

doctrinalis statt iudicialis). 61 Damit ist eine gewisse Nähe zur Inquisition gegeben, deren<br />

Methoden - einem hartnäckigen Vorurteil zum Trotz - keineswegs repressiv sein müssen<br />

(auch wenn sie es häufig sind). 62 Die Erörterung strittiger Normen soll neue Gemeinsamkeit<br />

ermöglichen, freilich mit dem Instrumentarium der Strafverfolgung im Hintergrund. Bei<br />

solchen Doktrinen-Prozessen gewinnen entweder beide Seiten, indem sie eine<br />

kompromisshafte Auslegung der betreffenden Normen finden, oder eine Seite wird zum<br />

Häretiker erklärt. Hierauf richtet sich auch die gesamte Argumentation <strong>Włodkowic</strong>': Der<br />

Deutsche Orden sei in seinen wesentlichen Eigenschaften häretisch.<br />

Die Legitimität des Deutschen Ordens<br />

De iure ist der Deutsche Orden illegitim, so <strong>Włodkowic</strong>, denn die weltliche Macht, die seine<br />

60<br />

Ehrlich 1968, Bd. 1, S. XVVII über die allgemeine Tendenz während des Konstanzer Konzils: »The most<br />

prominent canonists adhered to the view of the superiority of papal power.«<br />

61<br />

Die Entscheidung für den processus doctrinalis wird von <strong>Włodkowic</strong> 1417 begründet, vgl. Ehrlich 1968, Bd.<br />

1, S. XXII.<br />

62<br />

Vgl. Swieżawski 1999, S. 25: »Das Thomas von Aquin zugeschriebene Prinzip Multum affirma, pauca nega,<br />

frequenter distingue (Akzeptiere vieles, negiere weniges, unterscheide häufig) lag auch den Anfängen der<br />

Inquisition zugrunde, [...] die als Versuch gedacht war, Ansichten von Häretikern verstehen zu lernen und<br />

einen Prozess der Verständigung mit ihnen einzuleiten. Erst später, als sich die Religion zu einem staatlichen<br />

Dogma entwickelt hatte, wurden Andersdenkende zu Todfeinden.«<br />

22


Privilegien ausstellte, hat sich Kompetenzen des Papstes angemaßt. 63 Dies betrifft<br />

insbesondere Kaiser Friedrich II. Auch die behauptete Rechtsnachfolge des antiken<br />

Römischen Reichs ist nicht geeignet, die Lücken in der Legitimationskette zu schließen. 64<br />

Und die brutalen Methoden der »Christianisierung« bedeuten de facto, dass der Orden<br />

jegliche Legitimation verloren hat, selbst dann, wenn diese formell einwandfrei wäre,<br />

argumentiert <strong>Włodkowic</strong>. Das Christentum ist nämlich an die absolut allgemeinverbindlichen<br />

Normen des Naturrechts gebunden und folgt, wo es über das Naturrecht hinausgeht, seiner<br />

inhärenten Tendenz zur Sanftheit. Wer es also mit Gewalt durchsetzt, handelt unchristlich. 65<br />

Kaiser, Papst und Konzil<br />

Legitime politische Macht auf Erden leitet sich bei <strong>Włodkowic</strong> aus zwei Prinzipien ab:<br />

Entweder aus dem göttlichen Willen, der den Menschen auf diese oder jene Weise offenbart<br />

wurde, oder aus der Zustimmung der Menschen, die ihr unterstellt sind. Stützt sich Macht auf<br />

bloße Gewalt - und nur diese Möglichkeit bleibt, wenn keines der beiden Prinzipien wirkt - ist<br />

sie tyrannisch, erfüllt also die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des<br />

Widerstandsrechts. 66 Das Prinzip des göttlichen Willens steht hinter der päpstlichen Macht. 67<br />

So besitzt der Papst alle geistliche und weltliche Macht, übt letztere aber im Normalfall<br />

politisch-administrativer Tätigkeit nicht selbst aus, sondern überlässt dies dem Kaiser. 68 Die<br />

Kernkompetenz des Papstes gegenüber dem Kaiser besteht im Legitimieren und Kontrollieren<br />

dessen weitgehend autonomer Machtausübung. 69<br />

Die Zustimmung der Regierten zur Regierung legitimiert nun aber weltliche Macht<br />

63<br />

<strong>Włodkowic</strong> 1878, S. 174 (II § 3, ed. Bobrzyński). - Ehrlich 1968, Bd. 1, S. XLVII: »Within the framework of<br />

the writings of Paul [<strong>Włodkowic</strong>] the problem of the relationship bewteen the power of the Pope and that of<br />

the Emporer was important since Paul wanted to prove the invalidity of the grants by emporers to the<br />

Crucifers. [...] Paul wanted to prove that since these according to divine and natural law the Pope had no<br />

power to grant such privileges as the Crucifers claimed to have, alle the less had the Emporer power to do so<br />

since his power was inferior to, and derived from, that of the Pope.«<br />

64<br />

Details bei Ehrlich 1968, Bd. 1, S. LII: Ockham argumentiert, dass die antiken Römer der gesamten<br />

bekannten Welt Frieden und Einheit brachten und, wo sie nicht auf freiwillige Zustimmung trafen, das Recht<br />

hatten, Widerstand zu brechen. <strong>Włodkowic</strong> hält dem entgegen, dass es sich nicht nur in Polen-Litauen anders<br />

verhalte, sondern dass bereits die antiken Römer kein Recht hatten, so zu handeln.<br />

65<br />

Ebd., S. XXXIII: Diese Ausführungen <strong>Włodkowic</strong>' gipfeln in der These, dass der Deutsche Orden von 1400<br />

nicht mehr jener ist, der während der Kreuzzeuge in Jerusalem gegründet wurde. Daher sollte er aufgelöst<br />

werden.<br />

66<br />

<strong>Włodkowic</strong> 1878, S. 174 (II § 1, ed. Bobrzyński).<br />

67<br />

Ebd.<br />

68<br />

Ebd., S. 171 (II § 1, ed. Bobrzyński). - Daher wird der Papst mit der Sonne und der Kaiser mit dem Mond<br />

verglichen.<br />

69<br />

Ebd.<br />

23


unabhängig vom Prinzip des göttlichen Willens. Wenn <strong>Włodkowic</strong> dies auf die staatliche<br />

Macht der Polen und Litauer bezieht, sieht er sich in völliger Übereinstimmung mit der<br />

kirchlichen Lehre. Bewusst bezeichnet er die Kirche als universa fidelium congregatio - eine<br />

Verneigung vor dem Konzil und den Laien. 70<br />

Das Verhältnis zwischen Papst und Konzil bei <strong>Włodkowic</strong> ist ausgeglichen. Weder<br />

vertritt er einen papalistischen Standpunkt, was vor dem Hintergrund des westlichen Schisma<br />

auch absurd erschiene. Noch folgt er den Konziliaristen, wenn diese den Papst zum<br />

ausführenden Organ des Konzilswillens herabstufen. Das Konzil gilt ihm als Ort einer<br />

offenen, theoretisch vertieften und zugleich pragmatischen Diskussion aller Interessierten. Er<br />

hält konziliare Prozesse für ebenso notwendig wie die monarchische Macht des Papstes. Will<br />

man <strong>Włodkowic</strong> als Konziliaristen bezeichnen, so darf dieser Begriff keinen Konflikt mit dem<br />

Papsttum implizieren. Da aber ein solche Konflikt schon bald nach dem Konstanzer Konzil<br />

wieder aufbricht, ist es besser, <strong>Włodkowic</strong> als Theoretiker harmonischer Machtteilung<br />

zwischen Kaiser, Papst und Konzil zu bezeichnen. Was <strong>Włodkowic</strong> mit den Konziliaristen<br />

verbindet, ist vor allem das naturrechtliche Denken und nicht die Überzeugung von der<br />

Überlegenheit des Konzils. 71<br />

Naturrecht<br />

Im Widerstreit fundamentaler Rechtsauffassung bietet sich das Naturrecht als »Metaebene«<br />

an, um gemeinsam nach der ersten Quelle aller Rechtsprinzipien zu suchen. Dies wird bei<br />

70<br />

Ebd., S. 174 (II § 1, ed. Bobrzyński).<br />

71<br />

<strong>Włodkowic</strong> wird in einigen Überblicksdarstellungen rundheraus als Konziliarist angesprochen, etwa von<br />

Wąsik 1958, S. 35-40 und in Filozofia w Polsce 1971, S. 307 f. Vorsichtiger äußert sich Seńko 2006, S. 7 f.<br />

In das entgegengesetzte Extrem einer Interpretation <strong>Włodkowic</strong>' als Anhänger der Papstmonarchie scheint<br />

der frühe Herausgeber seiner Schriften, Stanisław Bełch, zu verfallen; vgl. die kritische Besprechung durch<br />

Kubiak 1970. - Der Begriff des Konziliarismus wäre höchstens dann angebracht, wenn er <strong>Włodkowic</strong>'<br />

Konzentration auf das Konzilsgeschehen und eine gewisse Öffnung für neue Trends um 1400 meinte, nicht<br />

aber seine prinzipielle Stellung im Streit um den Vorrang der päpstlichen bzw. synodalen Macht. Mit einer<br />

solchen Verwendung des Begriffs würde man allerdings gegen den üblichen Sprachgebrauch verstoßen. So<br />

verwendet Domański den Begriff des Konziliarismus erst für die Generation der Schüler und Erben<br />

<strong>Włodkowic</strong>', vgl. Domański/Ogonowski/Szczucki 1989, S. 39-77. Nach Analysen vor europäischem<br />

Hintergrund verlangt Wünsch 1999, S. 164 f. größere terminologische Präzision: »Bei keinem Autor aus<br />

dem polnischen Raum können vor der Zeit des Basler Konzils konziliaristische Gedanken festgemacht<br />

werden. [...] Zu beobachten ist vielmehr eine allgemein kirchenreformerische Grundeinstellung in Polen.«<br />

Vor 1431 werde neueres kanonistisches und staatstheoretisches Gedankengut aus Westeuropa kaum rezipiert.<br />

Vielmehr treffe bei <strong>Włodkowic</strong> »eine eher 'konservative' Kirchenlehre« auf »geistige Experimentierfreude«.<br />

Diese wiederum und »die Bereitschaft zu dem Wagnis - das es noch immer war -, die Papstmonarchie im<br />

Sinne einer Rangerhöhung des Konzils umzubauen, standen im Widerspruch zum Erfordernis einer<br />

Zusammenarbeit mit dem Papst als Rechtsgaranten gegenüber den Ansprüchen des Deutschen Ordens.« Vgl.<br />

auch Wünsch 2001, S. 542 f.<br />

24


<strong>Włodkowic</strong> sichtbar, wenn er begründet, warum die Litauer ein Recht auf Frieden haben. Er<br />

nennt vier große Rechtsbereiche, die entsprechende Regeln bereithalten: Das Zivilrecht<br />

verbietet, »friedlich lebende Menschen zu belästigen«; das Kirchenrecht konkretisiert dies als<br />

Verbot von Judenverfolgungen; das göttliche Recht sagt: »Du sollst nicht töten« und »Du<br />

sollst nicht stehlen« (eine klare Qualifikation des Vorgehens des Deutschen Ordens). 72 Neben<br />

diesen Verboten steht das Gebot des Naturrechts: »Was du willst (dass man dir tu'), das füg<br />

auch dem anderen zu« (quod tibi vis, alteri fac). 73 Warum markiert <strong>Włodkowic</strong> einen solchen<br />

Übergang vom Lassen zum Tun, da doch die Grundregel des Naturrechts klassischerweise als<br />

Verbot gefasst wird: »Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg auch keinem anderen zu«<br />

(quod tibi fieri non vis, alteri ne feceris)?<br />

<strong>Włodkowic</strong> ist anthropologischer Optimist. Seinen Naturrechtsbegriff stützt er auf die<br />

Überzeugung, dass der Mensch die objektive Ordnung der Natur - ob sie nun der Natur<br />

immanent ist oder sie transzendiert - tatsächlich erkennt. Weil die menschliche Rationalität<br />

ihre positive Wirkung auch in der Rechtspraxis längst unter Beweis gestellt habe, hofft<br />

<strong>Włodkowic</strong>, dass seine rationale Argumentation ihr langfristiges politisches Ziel nicht<br />

verfehlt. Und so nimmt <strong>Włodkowic</strong> und nach ihm die »polnische Naturrechtsschule«<br />

heterogene Bestimmungen von Rationalität auf: antik-stoische, mittelalterlich-scholastische<br />

und neuzeitlich-humanistische. Durch diese Vielfalt des Rationalen verkompliziert sich die<br />

Suche nach dem Natürlichen im Naturrecht: Gibt es hier noch objektiv Natürliches, das sich<br />

der natürlichen Erkenntnis entzieht, dh. eine natürliche Ordnung, die ausschließlich mit<br />

übernatürlicher Hilfe erkannt werden kann, oder noch einmal anders formuliert: ein göttlicher<br />

Plan, der nur von Gott selbst offenbart werden kann? Oder ist andererseits die Rationalität des<br />

Menschen soweit mit der Rationalität der Natur gleichzusetzen, dass die Erkenntnis der<br />

natürlichen Ordnung quasi nur ein Nebenprodukt menschlicher Selbsterkenntnis darstellt? Die<br />

wichtigste Autorität der humanistisch inspirierten Juristen und Naturrechtstheoretiker der<br />

Renaissance, Cicero, lässt verschiedene Interpretationen zu, die sich allerdings in der Regel<br />

der zweiten These - dem anthropologischen Optimismus - annähern. 74<br />

So ist Władysław Seńkos Bemerkung zuzustimmen: »Es ist erstaunlich, wie eng die<br />

polnischen Juristen im 15. Jahrhundert ihren Naturrechtsbegriff an die ciceronianische recta<br />

72<br />

<strong>Włodkowic</strong> 1878, S. 174 (II §4, ed. Bobrzyński).<br />

73<br />

Ebd.<br />

74<br />

Meder 2005, S. 192 über humanistisch orientierte Juristen: »Viele [...] knieten geradezu vor Cicero nieder«.<br />

Vgl. das gesamte Kapitel 9, S. 191-204.<br />

25


atio binden. Grundlage und Quelle aller rechtlichen Normen lassen sich nicht auf die Natur -<br />

auf einen stoischen 'Kosmos', der mit seiner Ordnung des gesamte Universum erfasst -<br />

reduzieren. Vielmehr hat die menschliche Natur jene Regeln hervorgebracht. Sie bestimmt<br />

auch alle Prinzipien und Normen des Verhaltens, die den Menschen angeboren sind.« 75 Das<br />

Naturrecht stimmt hier zwar mit dem göttlichen Recht überein, kann jedoch - wie Seńko<br />

hervorhebt - auf gänzlich natürliche Weise erkannt und universell angewandt werden. 76<br />

So kehrt bei <strong>Włodkowic</strong> das alte, von den griechischen Sophisten formulierte Problem<br />

des Verhältnisses von Natur (gr. physis, lat. natura) und Recht (gr. nomos, lat. ius) wieder.<br />

Die Lösung stützt sich auf eine rational reflektierte Praxis unter den Bedingungen eines<br />

gewissen Pluralismus: Die Universitäten üben den metaphysischen Pluralismus, während die<br />

Gesellschaften - und die polnisch-litauische Union darf in dieser Hinsicht als einer der<br />

interessantesten Orte in Europa gelten - mit dem kulturellen Pluralismus zurechtkommen<br />

müssen. Das Naturrecht tritt bei <strong>Włodkowic</strong> sowohl in theoretischer als auch in praktischer<br />

Hinsicht wieder in die Funktion ein, die es im Römischen Reich wahrnahm: als universelles,<br />

einfach gehaltenes Subsidiärrecht, das in Kontakten zwischen den verschiedenen<br />

gesellschaftlichen Gruppen mit ihrem jeweils eigenen Zivilrecht vermittelt.<br />

Gerechter Krieg und Konfliktvermittlung<br />

Der oben erwähnte mittelalterliche Jurist Raimund von Peñaforte nennt die folgenden fünf<br />

Kriterien, anhand derer die Gerechtigkeit eines Krieges festzustellen sei: 77<br />

(1) Der Anlass (causa) muss von außen kommen. Nur ein aufgezwungener Krieg, der als<br />

einzig übrig gebliebenes Mittel der Wiederherstellung des Friedens dient, kann gerecht sein.<br />

(2) Der Gegenstand (res) muss klar definiert sein (z.B. ein annektiertes Gebiet). Nur ein<br />

Krieg, der erlittenes Unrecht ausgleicht, kann gerecht sein.<br />

75<br />

Seńko 1973, S. 17.<br />

76<br />

Seńko 1973, 17f. - Seńko geht möglicherweise einen Schritt zu weit, wenn er diesen Prozess rundheraus als<br />

rationalen Verzicht auf Metaphysik charakterisiert und unter »Metaphysik« ausschließlich die ontologischen<br />

Realismen der Hochscholastik versteht. Dem ist entgegenzuhalten, dass um 1400 in ganz Europa, besonders<br />

aber in Krakau ein metaphysischer Pluralismus herrscht. Die humanistisch orientierten Juristen wie<br />

<strong>Włodkowic</strong> würden eine Bezeichnung als antimetaphysische Rationalisten nicht akzeptieren.<br />

77<br />

Dem breiteren Publikum in Krakau wird dieses Material durch Stanisław aus Skarbimierz (1362-1431)<br />

bekannt. Dieser enger Vertrauter <strong>Włodkowic</strong>' referiert Raimunds Theorie juristisch detailreich und rhetorisch<br />

elegant in seiner Rede Über die gerechten Kriege, die zu seinen berühmten sermones sapientiales gehört.<br />

Vgl. Stanisław ze Skarbimierza 1955, S. 94 und passim (hier auch von Ludwig Ehrlich zusammengestellte<br />

Originalzitate aus den Werken Raimunds und seiner Kommentatoren).<br />

26


(3) Die Person (persona), die aktiv am Krieg teilnimmt, muss entsprechenden Standes sein.<br />

Geistliche sind hiervon ausgeschlossen, ihnen steht Gewaltanwendung nur im Falle<br />

persönlicher Notwehr zu.<br />

(4) Die formale Kompetenz (auctoritas) zur Kriegsführung im System des internationalen<br />

Rechts und in der Hierarchie der Machtinstanzen muss gegeben sein. Eine solche Kompetenz<br />

verbindet sich aber immer mit der vorrangigen Pflicht zum Friedenserhalt.<br />

(5) Die charakterliche und psychische Verfassung (animus) der Kriegsführenden, ihre<br />

Bereitschaft zu Verhandlungen, Schadensausgleich und Friedensschluss oder aber ihr Hang zu<br />

Hass, Gier und Rache, entscheiden darüber, ob ein Krieg als gerecht gelten darf.<br />

<strong>Włodkowic</strong> erweitert Raimunds Liste um einen Punkt, den er von Thomas von Aquin<br />

übernimmt:<br />

(6) An Feiertagen darf nicht Krieg geführt werden. 78<br />

Der Leser gelangt wie von selbst zu dem Schluss, dass der Angriffskrieg des Deutschen<br />

Ordens ungerecht, der Verteidigungskrieg Polen-Litauens hingegen gerecht ist - ein Zeichen<br />

für die Überzeugungskraft <strong>Włodkowic</strong>'.<br />

Das wirklich Neue betrifft allerdings die Institutionalisierung der internationalen<br />

Mediation in gewaltsamen Konflikten. Über Raimunds und Thomas' Vorstellungen hinaus<br />

schlägt <strong>Włodkowic</strong> reguläre Vermittlungsinstanzen vor und macht ein konsensorientiertes<br />

Verhalten der Konfliktparteien zum Generalkriterium für den gerechten oder ungerechten<br />

Charakter ihrer Kriegshandlungen.<br />

Langzeitwirkung<br />

<strong>Paweł</strong> <strong>Włodkowic</strong> gehört also zu den Vorläufern der heutigen Bestrebungen um eine in<br />

Konfliktfällen handlungsfähige internationale Gemeinschaft, um ein verbindliches, laufend<br />

modernisiertes Völkerrecht. Die damaligen und heutigen Ansätze sind verwandt:<br />

Mobilisierung der Weltöffentlichkeit, zwischen- und überstaatliche Institutionengeflechte,<br />

Mediation, die Praxis nationaler und internationaler Gerichte, Gewaltopfern Klagen gegen<br />

amtierende Vertreter staatlicher Macht zu ermöglichen und damit die Entwicklung eines<br />

internationalen Strafrechts in Menschenrechtssachen vorantreiben. Gerechtigkeit bedeutet hier<br />

78<br />

Zu allen 6 Punkten vgl. Ehrlich 1968, S. LVIII-LXII.<br />

27


die Fähigkeit zu Vermittlung, sowohl aktiv im Sinne starker Institutionen, die über den<br />

Konfliktparteien stehen, als auch passiv im Sinne einer Erziehung der Mächtigen zur<br />

Akzeptanz von Vermittlung. Legitime Gewaltanwendung entfernt sich von mythologischen<br />

Heldendarstellung und wird immer stärker auf die Begriffe der Selbstverteidigung und<br />

Notwehr zurückgebunden. 79<br />

<strong>Włodkowic</strong>' Konstanzer Texte sind, wie allgemein angenommen wird, mit den übrigen<br />

Unterlagen des Konstanzer Konzils - einer der umfangreichsten Sammlungen philosophischjuristischer<br />

Texte der frühen Neuzeit - an die Universität Salamanca in Spanien gekommen. 80<br />

Ähnlich wie Polen-Litauen und Krakau, verfügen Spanien und Salamanca über besondere<br />

Erfahrungen an den Grenzen zwischen Kulturen. Die Universität wurde 1218 gegründet, kurz<br />

nach dem Ende der arabischen Herrschaft. Gerade unter den Arabern erlebte die iberische<br />

Halbinsel eine kulturelle Blüte, deren Früchte den intellektuellen Aufschwung des 13.<br />

Jahrhunderts in ganz Europa beflügeln sollten: Schulen, Bibliotheken und eine umfangreiche<br />

Praxis der Übersetzung philosophischer Literatur zwischen dem Griechischen, Arabischen,<br />

Hebräischen und Lateinischen. 100 Jahre nach Konstanz bringt Salamanca die<br />

Naturrechtsschule des Francisco de Vitoria (1492–1546) hervor. Diese entwickelt, ebenfalls<br />

im Schatten eines kolonialen Konflikts, universalistische Muster der Konfliktlösung. Nun sind<br />

es allerdings die Iberer, die in Mittel- und Südamerika fremde Kulturen ausrotten. Der<br />

Theoretiker Francisco de Vitoria und sein Partner, der Aktivist Bartolomé de Las Casas<br />

(1484-1566), wenden zwei Hauptargumente gegen die conquistatores: Zum einen sind die<br />

Indios in jeder wesentlichen moralischen und juristischen Hinsicht den Europäern<br />

gleichgestellt. Zum anderen müssen die zivilisatorischen Errungenschaften des Alten<br />

Kontinents vor der Verrohung durch die eigene koloniale Praxis geschützt werden.<br />

Ob und in welchem Ausmaß de Vitoria und Las Casas auf die Schriften <strong>Włodkowic</strong>'<br />

zurückgreifen, ist nicht geklärt. Sicher ist, dass alle drei zu einer gemeinsamen Tradition<br />

79<br />

Zur Einordnung <strong>Włodkowic</strong> in diese Entwicklung vgl. ebd., S. LVIII: »The basis of due settlement of<br />

international disputes is the prohibition of unilateral decisions on the justice of one's own case and on the<br />

admissibility of self-defence: only a decision of a competent court authorizes the use of force, even against a<br />

lawless attack. [...] But the very statement of the principle [of arbitration] by Paul Wladimiri was important<br />

and to this day it has its equivalent only in the so-called optional clause under art. 36 of the Statute of the<br />

International Court of Jurstice [...] which is applicable, however, only if the State concerned has agreed to to<br />

it, whereas Paul's pronouncement concerned unconditionally all States.« - Aus heutiger Sicht, gut 40 Jahre<br />

nach Ludwik Ehrlichs Analysen, lässt sich ergänzen, dass die Institutionalisierung der internationalen<br />

Mediation und Gerichtsbarkeit deutliche Fortschritte gemacht hat, die im Allgemeinen auf der juristischen<br />

Linie <strong>Włodkowic</strong>' liegen. Allerdings muss offen bleiben, ob damit auch seine philosophischen Vorstellungen<br />

vom gerechten Krieg umgesetzt werden.<br />

80<br />

Winiarski 1935; Woś 1975.<br />

28


gehören, die Hans Magnus Enzensberger in seinem streitbaren Essay über Las Casas auf die<br />

Formel bringt, »dass die Zivilisation kein Singular, sondern ein Plural ist«. 81 Mit dieser<br />

Einsicht erreichen de Vitoria Las Casas weite Kreise der europäischen Öffentlichkeit. Um<br />

1550 stößt ihr Engagement für die Indios auf die - ebenfalls naturrechtlich argumentierende -<br />

Apologie der conquista von Juan Ginés de Sepúlveda (1490-1573). Für Sepúlveda stehen die<br />

Indios auf so niedriger Entwicklungsstufe, dass sie sich zu ihrem eigenen Wohl bedingungslos<br />

den Europäern zu unterwerfen haben. Tun sie dies nicht, verstoßen sie gegen göttliches und<br />

Naturrecht, wofür sie mit Sklaverei zu bestrafen sind. Die Nichtzugehörigkeit zum<br />

europäischen Kulturkreis schließt sie Sepúlveda zufolge nicht nur de facto, sondern auch de<br />

iure aus dem aristotelischen Begriff des Menschen als rationalen und politischen Lebewesens<br />

aus. Mit ihrem Beharren auf der eigenen Kultur berechtigen sie die Europäer zu<br />

kriegerischem Eingreifen. Unter anderem argumentiert Sepúlveda, dass die »gerechte<br />

Absicht« (recta intentio, in etwa entsprechend dem animus bei Raimund) der conquistadores<br />

sich darauf richte, »den Frieden wiederherzustellen, 'nachdem den schlechten Menschen [dh.<br />

den Indios, deren Widerstand gegen die conquista als Widerstand gegen das Naturrecht<br />

ausgelegt wird] die Fähigkeit zu schaden und zu sündigen weggenommen wurde'«. 82 In<br />

diesem Zitat spiegelt sich mehr als nur die Entschlossenheit der Auftraggeber Sepúlvedas,<br />

ihre wirtschaftlichen Interessen theoretisch zu begründen. Es kommt auch ein generelles<br />

Dilemma in den Blick: Läuft nicht jede, zumal eine naturrechtliche, Theorie des gerechten<br />

Krieges Gefahr, als Feigenblatt für Ungerechtigkeit, ja für systematischen Völkermord<br />

herhalten zu müssen? Und wie hoch wäre, andererseits, der Preis eines Verzichts auf solche<br />

Theorien?<br />

Und ein zweiter Typus von Kritik sei erwähnt. Ebenfalls im 16. und noch im 17.<br />

Jahrhundert führen die Anhänger des berühmten Humanisten Erasmus von Rotterdam und des<br />

Juristen Alberico Gentili (1552-1608) eine Polemik über den Zusammenhang von Krieg und<br />

Recht. Erasmus protestiert in einem humanitären Sinn gegen die Rhetorik des<br />

Zivilisationskriegs gegen die »barbarischen« Türken. Möglicherweise, so Erasmus, sind »wir<br />

81<br />

Enzensberger 2006, S. 190. - Vgl. Winiarski 1935, S. 246: »Sucht man nach den Quellen der Ideen de<br />

Vitorias, stößt man auf jene Dinge, die auch für <strong>Włodkowic</strong> wichtig waren. Beide Denker haben<br />

vergleichbare Ansichten zum Natur- und Völkerrecht, zu kaiserlicher und päpstlicher Macht, zu den<br />

Beziehungen zwischen Kirche und weltlicher Macht; vergleichbar sind aber vor allem ihre Ideen zu den<br />

Beziehungen zwischen christlichen Staaten und nichtchristlichen Völkern sowie zum Problem des gerechten<br />

Kriegs.« - Woś 1975, S. 87 weist darauf hin, dass de Vitoria die Schriften <strong>Włodkowic</strong>' kennen musste, sie<br />

aber wahrscheinlich deshalb nicht zitierte, weil <strong>Włodkowic</strong> im Unterschied zu seinem Lehrer Zabarella keine<br />

europäische Autorität, sondern nur ein »bescheidener Rechtsgelehrter« war.<br />

82<br />

Zitat nach Bordat 2008, S. 57.<br />

29


die wahren Türken«, während die Menschen in der Türken friedfertiger sind als die Europäer.<br />

Wenn nur die Europäer friedlich auf die Türken zugehen wollten, müsste der Konflikt bald<br />

gelöst sein. Erasmus katalogisiert hehre Tugenden, die höchsten Ansprüchen an die<br />

Menschlichkeit gerecht werden sollen. Einige Jahrzehnte und verlorene Schlachten später<br />

gelangt Gentili zu ähnlich positiven Einschätzung der türkischen Kultur, verlacht aber den<br />

Pazifismus des Erasmus. Krieg ist für Gentili nun einmal fester Bestandteil der vom<br />

Menschen geprägten Welt. 83 Die Anstrengungen sollten sich darauf richten, Privat-, Kolonialund<br />

Religionskriege zu vermeiden und dem Krieg als Forum der Austragung politischer<br />

Konflikte einen rechtlichen Rahmen zu verleihen. 84 Das Menschenfreundliche gewinnt Gentili<br />

nicht aus der Kraft der Utopie, sondern aus der Einsicht, dass die menschliche Natur dem<br />

Bösen verhaftet, aber doch universell ist. Daher ist, so Gentili, die Annahme »natürlicher«,<br />

»ewiger«, »schicksalhafter« Feindschaften - also solcher, die von Kriegführenden häufig zur<br />

Rechtfertigung der eigenen Grausamkeit herangezogen werden - absurd. 85 Feindschaften<br />

lassen sich nicht vermeiden, aber sie dürfen auch nicht verabsolutiert werden. Ganz<br />

politischer Realist, setzt Gentili auf die parallele Entwicklung sowohl der Kriegskunst als<br />

auch der - umfassenderen und höherstehenden - Kunst der Politik.<br />

<strong>Włodkowic</strong> erscheint somit als Vertreter der frühen Phase des europäischen<br />

Naturrechtsdenkens, die bald nach Gentilis Arbeiten enden und mit Althusius, Grotius und<br />

Pufendorf neue Wege betreten wird. Dem Krakauer Juristen stehen de Vitoria und Las Casas<br />

besonders nahe. Der Realist Gentili spricht manche machiavellisch anmutende Gedanken aus,<br />

die <strong>Włodkowic</strong> eher für sich behalten, aber nicht unbedingt abgelehnt hätte. Radikal<br />

unvereinbar mit dem <strong>Universalismus</strong> des <strong>Paweł</strong> <strong>Włodkowic</strong> sind nur die Ansichten<br />

Sepúlvedas.<br />

83<br />

In seinem Hauptwerk De iure belli (1598) definiert Gentili den Krieg als »gerechten bzw. rechtmäßigen<br />

Wettstreit öffentlicher Waffen« (publicorum armorum iusta contentio), dessen Ursachen nicht in der<br />

Anwesenheit der Waffen, sondern in den menschlichen Seelen liegen (animis, non armis gerere bellum), vgl.<br />

Gentili 1770, S. 10 (liber I, cap. 2). Zur »Natürlichkeit« des Krieges in einer biologischen Wirklichkeit, die<br />

von Geburt und Tod geprägt ist, vgl. ebd., S. 45 (liber I, cap. 12).<br />

84<br />

Ebd., S. 104 (liber I, cap. 25) spricht in stoischer Diktion von einem »ehrlichen Kriegsgrund«, der das<br />

Gemeinwesen betreffen und das Engagement für andere Menschen beinhalten muss.<br />

85<br />

Ebd., S. 47 (liber I, cap. 12): »Der Kampf Mensch gegen Mensch ist kein Naturzwang. Es gibt keinen<br />

natürlichen Widerwillen (antipathia) zwischen Tieren gleicher Gattung, somit auch nicht zwischen<br />

Menschen.«<br />

30


Weiterführende Literatur<br />

Die Texte <strong>Włodkowic</strong>' wurden von Bobrzyński (1878, lateinisch) und Ehrlich (1968,<br />

polnisch, teilweise englisch) herausgegeben und kommentiert. Eine Auswahl bietet Domański<br />

(1978, polnisch).<br />

Die Standardmonographien zu <strong>Włodkowic</strong> von Bełch (1965) und Ehrlich (1968)<br />

unterscheiden sich in ihren Bewertungen mitunter erheblich: Bełch sieht eher den Visionär,<br />

Ehrlich den traditionell denkenden Pragmatiker.<br />

Den Zusammenhang zwischen dem Werk <strong>Włodkowic</strong>' und der Gründung des Jagiellonischen<br />

Staates schildert Domański (1978, polnisch). Hierzu auch Seńko (1978, französisch).<br />

Die Spezifik des polnischen Konziliarismus wird umfassend dargestellt von Wünsch (1998,<br />

deutsch), vgl. auch den kürzeren Aufsatz von Wünsch (1999, deutsch). Zum europäischen<br />

Konzilsgeschehen als Hintergrund vgl. Patschovsky (1996, deutsch).<br />

Der Zusammenhang zwischen Kolonialisierung in Amerika und Naturrechtsdenken in Europa<br />

wird in einer breiten realhistorischen Perspektive und anhand zahlreicher Beispiele erläutert<br />

von Křížová (2007, englisch). Eine bündige Einführung in dieses Problem gibt der<br />

Kommentar zu Las Casas von Sievernich (2006, deutsch).<br />

Zur Geschichte der Naturrechtsphilosophie gibt es eine kaum zu überblickende Fülle an<br />

Literatur. Aus philosophiehistorischer Sicht für den frühen Abschnitt immer noch instruktiv<br />

ist Wulf (1922, englisch), für den späteren, unter Betonung der politischen Aspekte, Courtine<br />

(1999, französisch).<br />

Aktuelle Probleme der Interpretation historischen Materials vor dem Hintergrund der<br />

Nationalgeschichtsschreibungen in Polen und Litauen schildern Kiaupienė/Zakrzewski (2008,<br />

polnisch).<br />

31


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