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Inhalt<br />

Gastkommentar<br />

Die Kunst in den böhmischen Ländern,<br />

Böhmen, Mähren und Schlesien,<br />

wurde von Anfang an im Zusammenhang<br />

mit der europäischen, christlich<br />

geprägten Kultur und als ein Teil derselben<br />

gepflegt. Bereits im 14. Jahrhundert,<br />

unter der Herrschaft Karls<br />

IV., oder zwei Jahrhunderte später,<br />

unter Rudolf II., avancierte Prag zu<br />

einer europäischen Kulturstätte ersten<br />

Ranges und einem Mittelpunkt der<br />

europäischen Bildung, einem Ort, an<br />

dem angesehene Maler, Bildhauer,<br />

Baumeister, Musiker, aber auch Astrologen<br />

und Alchemisten aus ganz<br />

Europa zusammentrafen. Die tschechische<br />

bildende Kunst blieb auch an<br />

der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert<br />

auf dem laufenden, wo die ersten<br />

Kapitel der europäischen Moderne<br />

geschrieben wurden. Weltruhm erwarb<br />

unter anderem der Jugendstilmaler<br />

Alfons Mucha oder einer der<br />

Begründer der modernen abstrakten<br />

Malerei, František Kupka. Keine geringe<br />

Rolle in der europäischen Kunstgeschichte<br />

spielten der tschechische<br />

Kubismus und der Surrealismus. Der<br />

Erfolg des Tschechischen Pavillons auf<br />

der Weltausstellung in Brüssel 1958<br />

lieferte einen klaren Beweis dafür, daß<br />

die Kunst auch in der Zeit der erzwungenen<br />

Abschottung, verursacht durch<br />

das totalitäre Regime, ihren Weg ins<br />

Land gefunden hatte. Auch dieses<br />

traurige Kapitel verbindet uns mit unseren<br />

europäischen Nachbarn.<br />

Der Förderung des freien Kunstschaffens<br />

und der künstlerischen Vielfalt<br />

seitens des Kulturministeriums gebührt<br />

Priorität, genauso wie der Pflege<br />

des Kulturerbes und dem nichtkommerziellen<br />

Künstleraustausch. Gleichzeitig<br />

ist man bestrebt, das kulturell-spirituelle<br />

Klima hierzulande als Vermächtnis<br />

religiöser Traditionen in höchstem<br />

Maße zur Entfaltung zu bringen: möglichst<br />

günstige Bedingungen für Weiterbestand<br />

und erfülltes Leben der<br />

Religionsgemeinschaften zu schaffen<br />

und zur Verbreitung positiver ethischer<br />

Werte beizutragen. Sind es übrigens<br />

nicht vielfach Kirchen, die der<br />

Gesellschaft von heute nicht nur das<br />

religiöse, sondern auch das kulturelle<br />

Erbe vermitteln?<br />

Kunstliebhaber sind in Tschechien<br />

herzlich willkommen! Der Reichtum<br />

von Kunstsammlungen steht allen<br />

offen. Findet man zu Genuß und Seelenfrieden,<br />

dann hat sich der Besuch<br />

gelohnt.<br />

Václav Jehlička<br />

Kulturminister<br />

Stolz, Tschechin zu sein,<br />

ist die Kunstsammlerin Meda<br />

Mládková.<br />

Seite 4 –7<br />

Barocker Graveur in englischen<br />

Diensten: Václav Hollar<br />

Die 400. Wiederkehr seines<br />

Geburtstages steht dieses Jahr<br />

ins Haus.<br />

Seite 8 –11<br />

Hollarka-Penne<br />

Fachschule für Kunst Václav Hollar<br />

Seite 12 –13<br />

Giovanni Giacomo Komarek Boemo<br />

Königgrätzer Buchdrucker in Diensten<br />

römischer Kardinäle<br />

Seite 14 –15<br />

Exotische Sprache der Graphik<br />

Preisgünstig und originell, so sieht<br />

das Ausland die graphische Kunst<br />

Tschechiens.<br />

Seite 16 –19<br />

František Skála<br />

Seite 20 –21<br />

Nicht am Alter leiden<br />

Porträt des Künstlers und Performers<br />

Petr Nikls<br />

Seite 22 – 25<br />

Herzlandschaft, Herzlandschaft<br />

Kamil Lhoták hat sich seine<br />

Kunstfertigkeiten selbst angeeignet.<br />

Seite 26 –29<br />

Künstler und Außenseiter<br />

Meisterwerke zwischen Licht und<br />

Schatten sind die Bilder des Meisters<br />

der Nostalgie Jakub Schikaneder.<br />

Seite 30 –33<br />

Puzzle Tschechien<br />

Seite 34 –35<br />

Biennale Brünn<br />

Graphisches Design stellt sich vor.<br />

Seite 36 –38<br />

Die Zeitschrift Im Herzen Europas erscheint sechsmal jährlich<br />

und vermittelt auf ihren Seiten ein Bild über das Leben in<br />

der Tschechischen Republik. Die Beiträge präsentieren die<br />

Ansichten ihrer Autoren und müssen nicht mit den offiziellen<br />

Standpunkten der tschechischen Regierung übereinstimmen.<br />

Der Nachdruck der publizierten Materialien ist nur mit<br />

Zustimmung des Herausgebers gestattet. Abonnementbestellungen<br />

sind an die Redaktion der Zeitschrift zu richten.<br />

Herausgegeben vom Verlag Theo in Zusammenarbeit mit dem<br />

Außenministerium der Tschechischen Republik.<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

J. Poppera 18, 530 06 Pardubice, Česká republika<br />

Chefredakteur: Pavel Šmíd<br />

Graphische Redaktion: Karel Nedvěd<br />

Vorsitzender des Redaktionsbeirats: Zuzana Opletalová,<br />

Leiter der Pressestelle des Außenministeriums der ČR<br />

und Pressesprecher des Außenministers<br />

Redaktionsbeirat: Libuše Bautzová, Pavel Fischer, Vladimír<br />

Hulec, Robert Janás, Milan Knížák, Martin Krafl, Eva Ocisková,<br />

Tomáš Pojar, Jan Šilpoch, Petr Vágner, Petr Volf, Marek Skolil<br />

Deutsche Übersetzung: Institut für Germanistik<br />

Philosophische Fakultät der Masaryk-Universität Brno<br />

Druck: VČT Sezemice<br />

Der Nachdruck der in der Zeitschrift Willkommen im Herzen<br />

Europas abgedruckten Texte ist ohne Genehmigung des<br />

Verlages und der Verfasser möglich. Im Falle des Interesses<br />

an Bildmaterialien bitte um Anfrage bei der Redaktion oder<br />

den jeweils genannten Photographen.<br />

Die Gestaltung und Übersetzung von Werbematerialien auf<br />

dem Umschlag liegt in Eigenverantwortung der Auftraggeber.<br />

ISSN 1211–9296<br />

Theo Verlag – Internet:<br />

http://www.theo.cz<br />

E-Mail: pavelsmid@theo.cz<br />

3


Stolz, Tschechin zu sein<br />

Frau Meda Mládková steht im Ruf<br />

einer wohlgesinnten Kunstmäzenin<br />

hierzulande, mag auch das Wort Mäzenatum<br />

heutzutage noch so obsolet<br />

klingen. Geboren wurde sie in Zákupy<br />

(Reichstadt) im Reichenberger<br />

Land (Liberecko). Nach<br />

Kriegsende ging sie zum<br />

Studium in die Schweiz und<br />

beschloß, nach der kommunistischen<br />

Machtübernahme<br />

in der Tschechoslowakei<br />

(1948) dort zu bleiben.<br />

Sie war an der Herausgabe<br />

der Exilzeitschrift<br />

Současnost beteiligt und erlangte<br />

Doktorwürde in den<br />

Wirtschaftswissenschaften.<br />

Von der modernen Kunst angetan,<br />

übersiedelte sie nach<br />

Paris, wo sie an der Sorbonne moderne<br />

Kunstgeschichte studierte. Sie begründete<br />

den Exilverlag Edition Sokolová<br />

(nach ihrem Mädchennamen benannt).<br />

Damals lernte sie Jan Mládek, eine in<br />

der Finanz bekannte Persönlichkeit,<br />

kennen. (Dieser zeichnete unter anderen<br />

für den Marshallplan mit.)<br />

Sova-Mühlen bei Nacht<br />

Zu dem Zeitpunkt wird Mládková die<br />

Schicksalsbegegnung mit dem tschechischen<br />

Maler František Kupka zuteil,<br />

der am Rand von Paris einsam lebte und<br />

sich künstlerisch betätigte. Von der Mitte<br />

der 1960er Jahre an reiste<br />

Mládková nach Prag, wo sie<br />

Bilder aufkaufte und Angehörigen<br />

der damaligen Malergeneration<br />

Stipendien der<br />

Stiftung Ford vermittelte.<br />

Bevor die kommunistischen<br />

Behörden ihr 1985 die Einreise<br />

endgültig verbaten,<br />

brachten es Mládeks fertig,<br />

tschechische Künstler in<br />

den angesehensten Galerien<br />

der Welt einzuführen und<br />

eine umfangreiche Kollektion<br />

tschechischer moderner<br />

Kunst aufzubauen.<br />

Nach dem Tode ihres Mannes (1989)<br />

schenkte Meda Mládková diese Samm-<br />

4<br />

Werke des Bildhauers Otto Gutfreund und des Malers František Kupka, aus Meda Mladkovás Stiftung an die Stadt Prag


Interview<br />

„Solange die Kultur besteht, wird<br />

die Nation überleben.“<br />

Jan Mládek<br />

(1912–1989)<br />

Ökonom, Kunstsammler<br />

und Mäzene<br />

lung im Wert von 30 Mio. US-Dollar der<br />

Hauptstadt Prag. Die Jan-und-Meda-<br />

Mládek-Stiftung verwaltet in den Sova-<br />

Mühlen auf der Prager Kampa-Insel eine<br />

der umfangreichsten Sammlungen des<br />

Pioniers der abstrakten Malerei František<br />

Kupka und des kubistischen Bildhauers<br />

Otto Gutfreund. Deren Expositionen<br />

werden durch bedeutende Werke<br />

Dutzender Künstler aus dem ehemaligen<br />

Ostblock vervollständigt. Frau Meda<br />

lebt heute abwechselnd in Washington<br />

und Prag, zur Zeit gibt sie in Zusammenarbeit<br />

mit dem Verlag Akropolis den<br />

bisher unveröffentlichten Briefwechsel<br />

zwischen Jiří Voskovec und Jan Werich,<br />

den legendären Begründern des Entfesselten<br />

Theaters (Osvobozené divadlo)<br />

heraus.<br />

Sie widmen in gewissem Sinne ihr<br />

ganzes Leben dem Kunstsammeln.<br />

Bilder haben nicht nur ihre Geschichte,<br />

sagt man auch, sie führten ihr eigenes<br />

Leben. Stoßen Sie auf ihre Aufmerksamkeit<br />

und Gegenliebe?<br />

Sie machten meine Heimat aus – was<br />

im Exil eigentlich viel wichtiger war.<br />

Nicht nur unser Haus, aber auch das<br />

Büro meines Mannes war mit Bildern<br />

tschechischer Künstler geschmückt. Die<br />

Bilder verschafften uns das Gefühl, zu<br />

Hause zu sein, wo wir doch nicht heimkehren<br />

durften. Jetzt gehören sie zur<br />

Sammlung des Kampa-Museums und<br />

erfreuen die tschechischen Menschen,<br />

die keine Möglichkeit hatten, sich mit<br />

solcher Kunst vertraut zu machen, denn<br />

sie durfte nicht ausgestellt werden. Ausländer<br />

staunen wiederum darüber, was<br />

hierzulande entstanden ist und wovon<br />

sie keine Ahnung hatten. Sie waren der<br />

Ansicht, wo keine Freiheit sei, dort käme<br />

nichts zustande, und ich habe ihnen<br />

demonstriert, daß das nicht stimmt.<br />

Sie reisten bis in die Mitte der 1980er<br />

Jahre in die Tschechoslowakei, neue<br />

Talente auszukundschaften und Kunstwerke<br />

einzukaufen. Mit welchem Auftrag<br />

sind Sie gekommen, und wie<br />

haben Sie sich in der heimischen<br />

Szene orientiert?<br />

Ich hatte die Vorstellung, wir sollten<br />

versuchen zu eruieren, was zu machen<br />

wäre. Einige Jahre mußte ich um meine<br />

Einreise in die sozialistische Tschechoslowakei<br />

kämpfen – es gab lange<br />

Kämpfe mit meinem Mann und vielen<br />

Freunden – Wissenschaftlern und Intellektuellen.<br />

Zu ihnen gehörten Ferdinand<br />

Peroutka, Jiří Voskovec, der Mediziner<br />

und enge Freund von Jan Masaryk,<br />

Karel Steinbach, Rafael Kubelík und<br />

andere – sie alle dachten, ich würde keinem<br />

helfen, alles nur noch schwieriger<br />

machen, die Leute würden mich fürchten.<br />

Schließlich mußten sie mir aber<br />

alle recht geben.<br />

Als ich nach neunzehn Jahren im Exil<br />

1967 in der Tschechoslowakei angekommen<br />

war, besuchte ich zuerst Jiří<br />

Kotalík, Direktor der Nationalgalerie<br />

Prag, dann Schulminister Kadlec und<br />

Kulturminister Galuška. Allen sagte ich<br />

dasselbe: „Ich und meine Mann, wir<br />

sind gegen Ihr Regime, das wissen oder<br />

erfahren Sie bestimmt, und es stimmt.<br />

Wir sind aber Patrioten und froh, wenn<br />

wir helfen können. Ich schlage Ihnen folgendes<br />

vor: Wenn Sie mir erlauben, die<br />

zu besuchen ich auswähle, sowohl unter<br />

den Künstlern, als auch unter den Wirt-<br />

Julian Opie, Susanne gehend (Suzanne při chůzi) und Bruce gehend (Bruce při chůzi), Lichtinstallation auf der Moldau,<br />

eine der letzten Ausstellungen des Kampa-Museums, Juni 2007<br />

5


René Roubíček, Commedia di vetro, 2007<br />

schaftsexperten, so verspreche ich, niemand<br />

zu fragen, ob er Parteimitglied ist<br />

oder nicht – es interessiert mich nur die<br />

Qualität seines Werkes.<br />

Alle haben mich herzlich und begeistert<br />

aufgenommen. Dr. Kadlec besuchte<br />

ich einige Male auf Křivoklát (Pürglitz),<br />

wo er mit seiner Frau, einer Augenärztin,<br />

lebte, und er erklärte mir, er wolle<br />

für das nächste Jahr einen großen, international<br />

besetzten Wirtschaftskongreß<br />

in Prag organisieren und fragte, ob mein<br />

Mann helfen könne. ‚Sicher, sicher‘,<br />

sagte ich. Dr. Kotalík wurde mein großer<br />

Freund. Ich erinnere mich, dass ich mit<br />

ihm ein Treffen um zehn vormittag hatte,<br />

und wir uns noch beim Mittagessen<br />

und beim Kaffee unterhielten und das<br />

Gespräch beim Abendessen fortsetzten,<br />

zu dem sie, seine Frau, und er eingeladen<br />

hatten.<br />

Einkaufen mußte ich die Kunstwerke<br />

über die staatliche Agentur Artcentrum,<br />

aber auch dort fand ich eine große Stütze<br />

in einem Angestellten, Herrn Černohorský.<br />

Gleich beim ersten Besuch sagte<br />

Meda Mladková auf der Vernissage der Ausstellung<br />

Yoko Onos, Dezember 2003<br />

ich zu ihm: ‚Sie haben die Möglichkeit<br />

der tschechoslowakischen Kunst zu<br />

helfen, ich habe das Gefühl, Sie sind<br />

ein guter Mensch. Möchten Sie mit mir<br />

zusammenarbeiten? Es gibt hier etliche<br />

bildende Künstler, die nichts begangen<br />

haben, nur waren sie zum Zeitpunkt der<br />

sowjetischen Besetzung in einer Organisation,<br />

die in Ungnade stand – wie etwa<br />

Kolíbal.‘ ‚Ich will es in Erfahrung bringen<br />

und mal sehen, was sich machen<br />

läßt – können Sie morgen kommen? Ich<br />

habe eine Idee, wir schicken ihn in die<br />

DDR und dann nach Westdeutschland,<br />

und dann wird es gehen.‘ Dies ist geschehen,<br />

und ich konnte dann Kolíbal<br />

einige Ausstellungen in New York und in<br />

Washington veranstalten.<br />

Machten Sie einen Kompromiß mit<br />

dem Regime?<br />

Kompromiß hab ich keinen gemacht –<br />

nur kam ich um einige Werke, an denen<br />

mir besonders lag, zum Beispiel um<br />

das Bild Pokoj (Zimmer? Ruhe?) von<br />

Zdeněk Beran oder einige Werke von Jiří<br />

Sozanský (‚Sie müssen verstehen, Frau<br />

Mládková, wir konnten es nicht hergeben<br />

…‘), bei extravaganten Werken<br />

war es begreiflich genug.<br />

Ich wählte einfach nach der Qualität.<br />

Ich wußte nicht einmal, wer im Underground<br />

war.<br />

Was war der primäre Impuls für<br />

Schenkung Ihrer Sammlung an die<br />

tschechische Nation?<br />

6<br />

František Kupka, Kathedrale; Otto Gutfreund – Úzkost (Beklemmung)<br />

Magdalena Abakanowicz, Postavy (Gestalten)


Glauben Sie, die tschechische Kunst<br />

hat eine Reichweite, die den Weltrang<br />

einschließt?<br />

Kupka und Gutfreund nehmen heutzutage<br />

Weltrang ein, zählen zu den talentiertesten,<br />

sind immer noch nicht dort, wo<br />

sie hingehören, aber ihre Zukunft steht<br />

fest. Hierzulande gibt es eine Menge exzellenter<br />

Künstler aus ihrer Generation,<br />

Mein Mann mochte sein Land sehr,<br />

wiewohl er nur ein halber Tscheche<br />

war: seine Mutter war Polin. Er war ein<br />

ungemein stolzer Tschechoslowake. Er<br />

bekam eine solide Ausbildung, in Paris<br />

studierte er Philosophie bei Bergson und<br />

in London Ökonomie bei Keynes. Auf<br />

ständiges Drängen des Freundes Ferdinand<br />

Peroutka hin (‚Jan, Ihre Pflicht<br />

ist es, ihr Wissen der Nation zu schenken,<br />

die Sie so sehr lieben!‘) verließ er den<br />

Internationalen Währungsfonds, in dem<br />

er als Direktor tätig war, und beschäftigte<br />

sich mit der Abfassung einer wirtschafts-politischen<br />

Reform, wie man aus<br />

dem Kommunismus heraus wieder zur<br />

Demokratie fände. Wir reisten wiederholt<br />

nach China, Rußland, Jugoslawien,<br />

trafen uns mit den berühmtesten Ökonomen<br />

vor Ort. Seine Reform schrieb<br />

er leider nicht fertig, er starb an Krebs,<br />

zwei Monate vor der Sanften Revolution.<br />

So kehrte ich nach Prag allein zurück,<br />

und mir war absolut klar, daß die Kunst,<br />

die wir kauften und in Zentraleuropa<br />

geschaffen wurde, zurückkehren sollte.<br />

Kannten die meisten sie doch nicht!<br />

Bereuen Sie die Heimkehr nach<br />

Böhmen nicht? Die Medien hierzulande<br />

schenkten Streitigkeiten und<br />

Emotionen, die die architektonisch<br />

gewagte Rekonstruktion der Sova-<br />

Mühlen bei Behörden, in Medien,<br />

in der Gesellschaft auslöste viel Aufmerksamkeit<br />

…<br />

Lange Zeit war das Credo meines<br />

Lebens ‚Ich will, ich kann‘. Dies blieb<br />

in meinem Unterbewußtsein dermaßen<br />

haften, daß ich mich nicht dran zu erinnern<br />

brauche. Mir wurde bewußt, daß<br />

mein Auftrag darin bestehe, was das<br />

Schicksal meinem Mann nicht gönnte:<br />

etwas für unsere Nation zu tun.<br />

An der Moldau stehen heute herrliche<br />

Prachtgebäude, die Frucht Ihrer lebenslangen<br />

Arbeit und Ihres uneigennützigen<br />

Patriotismus. Haben Sie das<br />

Gefühl, alles sei fertig?<br />

Keineswegs! Ich hege noch viele<br />

Pläne, nur hoffe ich, mir sei Kraft und<br />

Gesundheit beschieden.<br />

Karel Malich, Landschaft mit dem Ewigen<br />

die ich gekauft habe, aber es wird noch<br />

etwas dauern, bevor sie die Anerkennung<br />

finden, die ihnen gebührt. Die neue Generation<br />

junger Kuratoren hat eher eine<br />

Beziehung zu ihrer Generation und ‚entdeckt‘<br />

oft das als Kunst, was von heute<br />

vergessenen Künstlern vor langem getrieben<br />

wurde. Es wird eine noch längere Zeit<br />

erfordern, und ich tue, was in meinen<br />

Kräften steht, damit ich die Welt auf diese<br />

fabelhafte Generation aufmerksam mache.<br />

Waren Sie jemals im Leben wirklich<br />

stolz, Tschechin zu sein?<br />

Ich war es, ich bin es und werde es bis<br />

zu meinem Lebensende sein, dies steht fest.<br />

Was würden Sie aus der Sicht einer<br />

Kosmopolitin der tschechischen Nation<br />

raten?<br />

Daß sie mit der Korruption fertig wird.<br />

Daß sie die Kinder zur Liebe zu Kunst,<br />

Tieren und Natur heranführt. Mein<br />

Lebensende wird völlig dem Kampf um<br />

diese wichtigsten Voraussetzungen des<br />

zufriedenen und erfüllten Lebens gelten.<br />

Wir danken für das Gespräch.<br />

Redaktion<br />

Photos: Archiv Museum Kampa (www.museumkampa.cz),<br />

www.wartprojects.com<br />

7


Barocker Graveur<br />

in englischen Diensten:<br />

Václav Hollar<br />

Wenceslaus Hollar Bohemus bekannte<br />

sich lebenslang stolz zum Land seiner<br />

Herkunft auch in der Signatur seiner<br />

Werke. Dieses Jahr steht die 400. Wiederkehr<br />

seines Geburtstages ins Haus.<br />

Rembrandts Zeitgenosse erwarb<br />

sich europäischen Ruf mit der vollkommenen<br />

Treue der Wiedergabe und<br />

dem technischen Perfektionismus,<br />

mit denen er panoramatische Stadtveduten,<br />

Stimmungslandschaften und<br />

Kammerbilder hervorbrachte. Die<br />

andere Seite der Medaille war das<br />

unglückliche Schicksal des Kupferstechers.<br />

Einer der ersten Hollar-Biographen,<br />

John Aubrey, faßte Temperament<br />

und Los des namhaften Graphikers<br />

lapidar zusammen: Er war so<br />

gutmütig und leutselig, als es nur<br />

ging, aber ruhelos, und verstarb keineswegs<br />

reich.“<br />

Václav Hollar, ein Künstler von außerordentlicher<br />

Beobachtungsgabe, war<br />

in seinem Leben gezwungen, leidvoll<br />

durch den kriegsgeschüttelten Kontinent<br />

zu ziehen. Seine zweite Heimat<br />

fand er zum Schluß in England. Sein<br />

graphisches und zeichnerisches Werk<br />

springt durch einen staunenerregenden<br />

Umfang (Verzeichnisse erfassen<br />

über 2700 einzelne Graphikblätter),<br />

aber auch durch die Vielfalt der Sujets<br />

ins Auge. Er bildete Menschen,<br />

Tiere, Naturalien, Landschaften, Alltagsszenen<br />

ab, gelegentlich arbeitete<br />

er an Gedenkblättern. Seine unbeirrbare<br />

Hand führte mit Präzision anspruchsvolle<br />

karto- und topographische<br />

Aufträge aus.<br />

Das „Schicksal der Unruhigen“<br />

nimmt den Anfang<br />

Er wurde am 13. Juli 1607 in Prag-<br />

Neustadt in der Familie eines 1600<br />

von Kaiser Rudolf II. nobilitierten<br />

kaiserlichen Beamten geboren. Wie<br />

er sich selbst erinnerte, hegte er<br />

bereits von Jugend auf Vorliebe für<br />

Miniaturmalerei, obwohl sein Vater<br />

der künstlerischen Betätigung nicht<br />

wohlgesinnt war. Für die Prägung<br />

von Hollars Talent war die im<br />

Schwinden begriffene Atmosphäre<br />

des durch die bildende Kunst kultivierten<br />

rudolfinischen Prag ausschlag-<br />

8<br />

Václav Hollar, Selbstportrait, Radierung, 1635<br />

Londoner Tower, Radierung, 1647


Blick über Prag vom Petřín (Laurenziberg), Ausschnitt, 1636<br />

Jahrestag<br />

„Er war der unermüdlichste Mensch<br />

meiner Zeit, er hatte einen Sehfehler<br />

auf einem Auge, auf dem linken, und<br />

wenn er beim Schreiben war, hielt<br />

er sich eine Hand davor. Eine Brille<br />

trug er nie. Herr Hollar war ein<br />

ziemlich leidenschaftlicher Mensch,<br />

leicht zu rühren. Oft sagte er mir,<br />

er fühle sich nicht wohl in seiner<br />

Haut, wenn er nicht arbeitet. Er lebte<br />

sehr sparsam.“<br />

Francis Place<br />

(1647–1728), englischer Graveur,<br />

genannt Virtuose aus York<br />

gebend. Von daher findet der hochsensibilisierte<br />

Sinn für die natürliche<br />

Ordnung der Dinge und eine warme<br />

Beziehung zur Natur Eingang in sein<br />

Schaffen.<br />

1627 geht Hollar, seines evangelischen<br />

Religionsbekenntnisses wegen,<br />

mit der ersten Exulantenwelle<br />

nach der Schlacht am Weißen Berg<br />

nach Deutschland. Die Lage in der<br />

Gesellschaft zwingt ihn dazu: nur der<br />

Katholizismus wird als Konfession<br />

anerkannt. Hollar läßt sich zuerst in<br />

Frankfurt am Main nieder, wo er in<br />

der Werkstatt des angesehenen Graveurs<br />

und Verlegers Matthias Merian<br />

d. Ä. tätig wird. Danach gelangt er<br />

durch das Rheinland bis nach Köln.<br />

Die deutsche Wanderung verwertet<br />

er in seinen ersten Veduten-Städteplänen<br />

von Mainz, Bonn und Köln.<br />

1634 unternimmt er eine neue Reise<br />

in den Norden, diesmal bis nach Holland,<br />

wo er Amsterdam, Delft und<br />

andere größere Städte besucht. Die<br />

Reise schlägt sich in zahlreichen<br />

Zeichnungen nieder, die in Seehäfen<br />

vor Anker liegende Handelsschiffe<br />

und Meeresszenen darstellen. Hollars<br />

Werk verrät bereits zu dem Zeitpunkt<br />

ein intensives Studium der realen<br />

Natur. Seine ausgesprochen landschaftsmalerische<br />

Neigung drängt<br />

nach Verwirklichung.<br />

In gräflichen Diensten<br />

Zum lebenwendenden Moment<br />

wurde für Hollar die Begegnung<br />

mit dem Gesandten des englischen<br />

Königs, Thomas Howard, Earl Arundel<br />

im April 1636 in Köln am Rhein.<br />

Der kunstliebende Adelige bietet<br />

Hollar an, ihn in Eigenschaft eines<br />

bildkünstlerischen Chronisten bei<br />

seiner diplomatischen Mission zum<br />

Kaiserhof nach Wien zu begleiten.<br />

Von der Fahrt der englischen Abordnung<br />

durch Mitteleuropas Landschaft,<br />

die einschließlich der Donaufahrt<br />

ganze sieben Wochen in<br />

Anspruch nahm, holte sich Hollar<br />

Anregungen für Dutzende anmutiger<br />

Zeichenskizzen. Diese dienten ihm<br />

später als Vorlage für die endgültige<br />

Ausführung von Graphikblättern.<br />

Während der Fahrt kam Arundels<br />

Gefolge im Juli 1636 auch nach Prag.<br />

Für den Kupferstecher war es die letzte<br />

Begegnung mit seiner Geburtsstadt.<br />

Daraus gingen nicht nur Genrebilder<br />

von Prager Ortsteilen (Prager Burg, Klein-<br />

Blick auf die St. Paul-Kathedrale in London, Radierung, 1656<br />

9


seite), sondern auch Skizzen für Hollars<br />

letzte bedeutende Vedute hervor, die<br />

auf dem Kontinent Europa entstand.<br />

Es handelte sich um das Panorama von<br />

Prag vom Laurenziberg (Petřín) aus gesehen.<br />

Auf eine Platte brachte Hollar<br />

es erst dreizehn Jahre später (1649).<br />

Mit dem Mißerfolg der politischen<br />

Verhandlungen der englischen<br />

Abordnung ist allerdings Hollars<br />

Dienst bei Earl Arundel noch nicht<br />

zu Ende. Der Graveur reist mit dem<br />

Adeligen nach London und arbeitet<br />

noch weitere sechs Jahre für ihn.<br />

Er dokumentiert zeichnerisch Werke<br />

aus Kunstsammlungen in Arundels<br />

Palais an der Themse und arbeitet<br />

parallel an einigen Graphikblättern,<br />

die er Mitgliedern der königlichen<br />

Familie schenkt. Er heiratet die Kammerzofe<br />

der Gräfin von Norfolk.<br />

1643 wird sein Sohn James geboren.<br />

Mit dem königlichen Hof kommt er<br />

in Berührung, nachdem er 1639 Hofmeister<br />

des Prinzen von Wales, des<br />

künftigen Königs Karl II., geworden<br />

war. Zu dem Zeitpunkt artikuliert<br />

sich sein volkskundliches Interesse<br />

für Frauentrachten in einem Album<br />

unter dem Titel Ornatus muliebris<br />

mit 26 Graphikblättern. Zwei Jahre<br />

später brachte Hollar den Zyklus Vier<br />

Jahreszeiten (1641) mit vier Frauen-<br />

bildnissen in allegorischer Darstellung<br />

heraus. Im selben Jahr portraitiert<br />

er den prominenten böhmischen<br />

Emigranten Jan Amos Komenský<br />

(Comenius), der auf Einladung des<br />

englischen Parlaments nach England<br />

reiste. Mit dem böhmischen Polyhistor<br />

verbindet Hollar das Interesse<br />

für wissenschaftliche Erkenntnis.<br />

Gute Katze, die nicht nascht, Radierung, 1646<br />

In Antwerpen<br />

Der Bürgerkrieg, der 1642 in England<br />

ausgebrochen war, wie wohl<br />

auch andere Umstände führten den<br />

mit dem König sympathisierenden<br />

Hollar ins niederländische Antwerpen.<br />

Die acht Jahre, die der Graveur<br />

in der regen Handels- und Kulturstadt<br />

verbrachte, gehörten zum produktivsten<br />

Abschnitt seiner Karriere. Hier<br />

gravierte er eine Serie von Blättern<br />

mit niederländischen Handels- und<br />

Kriegsschiffen, die er in dem Album<br />

Navium figurae variae zusammenfaßte.<br />

In anderen Graphik-Alben werden<br />

Sujets aus der lebenden wie toten<br />

Natur aufgegriffen: Muscheln, Käfer<br />

und Schmetterlinge. In den Augen der<br />

zeitgenössischen Kenner wird sein<br />

Atlas verschiedener Typen und Formen<br />

von Muffen, die Hände vor<br />

Kälte schützten, hoch geschätzt. Die<br />

kuriosen graphischen Abbildungen<br />

modischer Accessoires, die einen Teil<br />

der Alltagsgarderobe der Antwerpener<br />

Bürger ausmachten, stehen den<br />

besten Gemälden niederländischen<br />

Stilleben in nichts nach. Sie zeugen<br />

nicht nur von der souveränen Meisterschaft<br />

der graphischen Verfahren<br />

des Urhebers, sondern auch von seiner<br />

persönlichen Freude an der Schönheit<br />

der Materie und den Möglichkeiten<br />

ihrer bildkünstlerischen Darstellung.<br />

Bei seinem Antwerpener Aufenthalt<br />

arbeitete Hollar erfolgreich mit einer<br />

Reihe dortiger Verleger zusammen.<br />

Für sie radierte er meisterhafte Re-<br />

10<br />

Akt – Liegende Frau, Federzeichnung, Aquarell, 163


Portrait des Grafen Thomas Howard Arundel, Radierung nach Anthonis van Dyck, 1639 Frühling, aus dem Zyklus Londoner Jahreszeiten, Radierung, 1649<br />

produktionen namhafter Gemälde.<br />

Ein Opusculum dieser Art ist die<br />

einprägsame Genreradierung Dobrá<br />

kočka, která nemlsá (Gute Katze,<br />

die nicht nascht), für die wohl Hollars<br />

Hauskatze als Modell „stand“. Das<br />

kleine Graphikblatt gab auch der romanhaft<br />

angelegten Hollarbiographie<br />

(1970) von Miloš Václav Kratochvíl<br />

den Namen.<br />

Hollars Übertritt zum Katholizismus,<br />

der sich während seines Antwerpen-Aufenthaltes<br />

vollzog, brachte ihn<br />

nach der Rückkehr nach England in<br />

Schwierigkeiten. 1652 wurde Hollar<br />

der Teilnahme am geheimen katholischen<br />

Gottesdienst wegen verhaftet<br />

und eingekerkert. Freigelassen wurde<br />

er erst auf Fürsprache seines neuen<br />

Patrons, des Schriftstellers William<br />

Dugdal. Hollar wandte sich der Kartenkunde<br />

und den Buchillustrationen<br />

zu antiken Autoren (Vergilius, Homers<br />

Ilias, Äsops Fabeln) zu, die er<br />

im Auftrag von Londoner Antiquariern<br />

ausführte. Bei der Großen<br />

Pest in London (1665) wird er vom<br />

Schicksalsschlag ereilt: sein Sohn<br />

James stirbt. Ein Jahr danach wird die<br />

Stadt an der Themse von einem Großbrand<br />

zerstört. Hollar hatte bereits<br />

eine große Vedute von London (ein<br />

wertvolles historisches Dokument<br />

über das vormalige Aussehen der<br />

Portrait des englischen Königs Karl I.,<br />

nach Anthonis van Dyck, 1649<br />

Stadt) ins Bild gesetzt, mit der Feuersbrunst<br />

wurde allerdings sein großzügiges,<br />

jahrelang erwogenes Projekt<br />

für einen ausführlichen London-<br />

Stadtplan zunichte.<br />

Die Flut unterbezahlter, zweitrangiger<br />

Arbeit kann die finanzielle Misere<br />

des Künstlers nicht aufbessern.<br />

Deshalb wendet er sich an seinen<br />

ehemaligen Schüler, den regierenden<br />

König, der ihm den Ehrentitel Scenographus<br />

regius verliehen hatte, mit der<br />

Bitte um eine finanzielle Beihilfe. In<br />

der Folgezeit nimmt er als königlicher<br />

Zeichner an einer Expedition in die<br />

neue englische Kolonie in Tanger (an<br />

Marokkos Küste) teil. Auf der Rückfahrt<br />

wird er Zeuge eines Gefechts<br />

seines Schiffes Marie Rose mit Piraten.<br />

Dem Wechselspiel von Armut,<br />

Krankheit, wachsenden Schulden und<br />

erschöpfender Arbeitsbelastung setzte<br />

erst der Tod ein Ende. Hollar wurde<br />

als „fremder Katholik“ in einem Gemeinschaftsgrab<br />

für Arme auf dem<br />

Friedhof an der Margaretenkapelle<br />

in der Westminster Abbey in London<br />

bestattet. Der Platz, wo er begraben<br />

liegt, ist heutzutage nicht mehr auszumachen.<br />

Mit bitteren Worten kommentiert<br />

James Granger Hollars Tod in<br />

seiner Biographical History of England<br />

(1769): „Er starb so arm, als hätte<br />

er in einem Lande der Barbaren gelebt.“<br />

Obwohl nur Hollars Juvenilien mit<br />

Böhmen zusammenhängen, besitzt die<br />

Nationalgalerie Prag eine der umfangreichsten<br />

Sammlungen von Hollars<br />

Graphikblättern und Zeichnungen in<br />

der Welt, das Hollareum, das 1863 aus<br />

deutschem Privatbesitz erworben wurde.<br />

Zu den bestehenden Beständen kommen<br />

gelegentliche Neuerwerbungen.<br />

Pavel Panoch<br />

Photos: Archiv Redaktion<br />

11


Hollarka-Penne<br />

Fachschule für Kunst Václav Hollar<br />

Aus ihr gingen hervorragende Künstler<br />

hervor, wie zum Beispiel der Graphiker<br />

und Bahnbrecher von Computerdesign<br />

Ladislav Sutnar (Autor des weltweit gebrauchten<br />

Logos EXIT) oder der Photograph<br />

Jaromír Funke. Die Fachschule für<br />

Kunstgewerbe zog auch eine Reihe zeitgenössischer<br />

Künstler heran, wie den<br />

Maler Michael Rittstein, den Bildhauer<br />

Jaroslav Róna oder die Regisseurin Helena<br />

Třeštíková. Der gegenwärtige Lehrkörper<br />

widmet sich ganz selbstverständlich<br />

dem aktiven Kunstschaffen.<br />

Die Anfänge der Schule gehen mit der<br />

Gründung der Tschechischen Republik<br />

einher, 1920 wurde sie als Staatliche<br />

Schule für Graphik eingerichtet. Mit<br />

ihrem Namen verweist die Schule auf<br />

den Nestor der tschechischen Graphik,<br />

nach dem sie benannt ist, ebenso wie der<br />

bedeutendste Verband der graphischen<br />

Künstler Tschechiens. An der Schule<br />

werden Fächer unterrichtet, die mit dem<br />

Druckgewerbe in Zusammenhang stehen.<br />

Ihre zunehmende Anerkennung stellte sie<br />

mit der Ausstellung im Tschechoslowakischen<br />

Pavillon auf der Pariser Weltausstellung<br />

1937 unter Beweis. 1954 wurde<br />

die Schule in zwei Fachschulen geteilt.<br />

Heute kann man hier in vier Jahren Fachoberschulabschluß<br />

mit Abitur machen<br />

und ein dreijähriges Präsenzstudium an<br />

der Fachhochschule absolvieren.<br />

Die Fachoberschule<br />

Die Fachschule bietet zwei Studiengänge<br />

Werbebildgestaltung und Künstlerische<br />

Gestaltung von Keramik und Porzellan.<br />

Das Anliegen der Schule besteht<br />

in der Ausrichtung auf die Praxis – die<br />

Absolventen sollen befähigt werden, eine<br />

Arbeit zu einem vorgegebenen Thema<br />

vom Entwurf bis zur Vollendung auszuführen.<br />

In diesem Sinne ist auch der<br />

Stundenplan zusammengestellt. Das Fach<br />

Bildnerische Grundlagen entwickelt in<br />

Zeichen-, Farb- und Kompositionsübungen<br />

die Fähigkeit das Wahrgenommene<br />

festzuhalten, und seine wesentlichen<br />

Züge und das Symbolhafte auszudrükken.<br />

Das Figurale Zeichnen lehrt die<br />

Anatomie des menschlichen Körpers zu<br />

Schülerarbeiten: Jiří Bouma, Frauenakt, Zeichnung<br />

meistern. Die Darstellenden Fächer entwickeln<br />

die Vorstellungskraft, die Invention,<br />

aber ebenso auch die Modellierfähigkeiten.<br />

Die Gestaltung von Werbematerialien<br />

soll neben praktischer Anwen-<br />

dung auch Verständnis für das Material<br />

und die geometrische Struktur vermitteln.<br />

Mit der Technik der Lithographie –<br />

Stein und Platte – werden die Fachschüler<br />

im Rahmen des Unterrichts in graphischen<br />

Verfahren vertraut. Sie versuchen<br />

sich in der Gestaltung von Matrizen für<br />

den Tiefdruck und lernen die Eigenschaften<br />

des Siebdruckes kennen. Unterrichtet<br />

werden die Studenten in den Grundlagen<br />

der Photographie, und zwar sowohl in<br />

den klassischen Technologien, als auch in<br />

der digitalen Verarbeitung von Fotomaterial.<br />

Die Ausbildung in Computergraphik<br />

erlernt man von der Pike auf, angefangen<br />

bei der Gestaltung und Anordnung des<br />

Schriftbildes. Die Kenntnisse auf diesem<br />

Gebiet werden dann beim Entwurf und<br />

der Gestaltung von Drucksachen im<br />

Hauptfach des ersten Studienganges –<br />

Graphisches Design – angewendet.<br />

Das Unterrichtsfach Künstlerische Verarbeitung<br />

von Keramik und Porzellan<br />

hat eine weit längere Tradition, die Studierenden<br />

erhalten hier Anleitung im<br />

Entwerfen und Ausführen von Kunstund<br />

Gebrauchskeramik.<br />

Die Schule brilliert durch die Verbindung<br />

von Kunst und Technik, legt Wert<br />

auf Entfaltung des künstlerischen Talents<br />

und stellt hohe Anforderungen an die<br />

Fähigkeit der Computerbedienung. Studenten,<br />

die gern kreativ sind, kommen<br />

hier auf ihre Kosten …<br />

Fachhochschule<br />

Im Jahre 2004 wurde in Zusammenarbeit<br />

mit der 1. Medizinischen Fakultät<br />

der Karls-Universität Prag die Fachhochschule,<br />

Fachgebiet Interaktive Graphik<br />

gegründet. Das Studium dauert drei<br />

12<br />

Šárka Cetlová, Relief, Keramik<br />

Klára Ujevičová, Obrazové vyjádření obsahu daného slova<br />

(Bildhafter Ausdruck eines vorgegebenen Wortinhalts)


Helena Jiskrová, Bucheinband<br />

Barbora Fialová, Objekt, geformtes Material<br />

Jahre und verbindet freie Kunst mit<br />

Kommerz. Ziel ist es, zu erlernen, wie<br />

man programmiert, Programme für e-<br />

Learning und interaktive Firmenpräsentationen,<br />

Webseiten und Computerspiele<br />

entwickelt. Die Studenten beschäftigen<br />

sich nicht nur mit interaktiver Graphik,<br />

sie entfalten ihre Phantasie beim Skizzieren<br />

im Fach Freies Zeichnen oder<br />

machen im multimedialen Atelier ihre<br />

Erfahrungen mit den verschiedensten<br />

technischen Ausdrucksweisen.<br />

Alljährlich stellen die Studenten der<br />

ersten Studienjahre ihre Arbeiten im<br />

Prager Kino Aero der Öffentlichkeit vor.<br />

Den Erfordernissen der Mediziner der<br />

Medizinischen Fakultät der Karls-Universität<br />

Prag entsprechend fertigen die<br />

Studierenden der ersten vier Semester<br />

kurze Animationen an. Die Schule arbeitet<br />

mit verschiedenen Agenturen und<br />

Firmen zusammen. So erarbeiteten die<br />

Studenten beispielsweise die künstlerische<br />

Innenausstattung für das Kinderkrankenhaus<br />

im Prager Stadtviertel Královské<br />

Vinohrady (Königliche Weinberge)<br />

und führten ähnliche Aufträge für Kindergärten<br />

und Grund- und Hauptschulen<br />

durch. Auf den Schultischen entstanden<br />

Propagationsmaterialien für ein Projekt<br />

der Agentur Člověk v tísni (Mensch in Not)<br />

das dem Kampf gegen AIDS in Afrika<br />

gewidmet ist, Plakate und Werbematerialien<br />

für die Messe Schola Pragensis und<br />

anderes. Die Studenten übernehmen auch<br />

kommerzielle Aufträge, so gestalteten<br />

sie das Design für die Lotterielose der<br />

Gesellschaft Sazka. Seit dem Schuljahr<br />

2005-2006 läuft die Zusammenarbeit mit<br />

der norwegischen Oberschule Varstad<br />

videregaende skole in Lillehammer und<br />

der Staatlichen Fachoberschule und Berufsschule<br />

in Weiden (Oberpfalz) an.<br />

Geplant werden 10tägige Austauschprogramme<br />

mit einer Gemeinschaftsarbeit<br />

zu einem bildkünstlerischen Thema.<br />

Lucie Holá<br />

Photos: Fachschule für Kunst Václav Hollar<br />

Eva Kaněrová, Ptáci (Vögel), Graphik, Aquatinte<br />

Lenka Housková, Sebereflexe (Selbstbesinnung),<br />

Raumgestaltung<br />

Bohdan Dušek, Plakat<br />

13


Giovanni Giacomo Komarek Boemo<br />

Ein Königgrätzer Drucker in Rom<br />

Die Geschichte des halbvergessenen<br />

römischen Druckers und Notendruckers<br />

Jan Jakub Komarek (?1648<br />

– Hradec Králové /Königgrätz/, † vor<br />

9.4. 1706 Rom) gewährt einen Einblick<br />

in politische, religiöse und kulturelle<br />

Verhältnisse in Europa in der 2. Hälfte<br />

des 17. Jahrhunderts.<br />

Der Mann, der in der Familie des<br />

Seilers Mikuláš am Stadtrand von Prag<br />

im letzten Jahr des Dreißigjährigen<br />

Krieges das Licht der Welt erblickte,<br />

berührte als Drucker, Schriftgießer und<br />

Verleger die höchsten Etagen des italienischen<br />

Gesellschaftslebens. Er arbeitete<br />

im Auftrag römischer Gelehrter, der berühmten<br />

römischen Akademie Arcadia,<br />

angesehenster Kardinäle und des päpstlichen<br />

Hofes. Er druckte mit Stichen<br />

ausgestattete Bücher über römische<br />

Baukunst und Denkmäler. Berühmt<br />

wurde er als Notendrucker von Arcangelo<br />

Corellis Triosonaten und Libretti<br />

zu Alessandro Scarlattis Oratorien.<br />

Soll Jan Jakub Komáreks Beitrag zum<br />

Kultur- und Musikleben Roms, Italiens,<br />

Böhmens und ganz Europas angemessen<br />

gewürdigt werden, so sollte, die Tätigkeit<br />

des Druckers in den Jahren 1676<br />

bis 1706 gesondert von der Offizin, die<br />

mindestens bis 1770 seinen Namen trug,<br />

betrachtet werden. Ohne Belege bleibt sein<br />

Leben vor der Ankunft in Rom (1669-<br />

1672). Ausschlag für die Aufnahme unter<br />

die Korrektoren und Setzer der päpstlichen<br />

Druckerei der Congregatio de propaganda<br />

fide gab die Freundschaft mit<br />

Zaccaria Dominik Aksamitek, Boemo<br />

Pragensis, der dort seit 1661 den Betrieb<br />

der Missionsbücher in orientalischen<br />

Sprachen herausbringenden Druckerei<br />

leitete. Komarek lebte mit ihm seit 1678<br />

14<br />

Antonio Luigi Baldassini, Sonate à tre, op. 1, Titelblatt mit Dedikation<br />

an Kardinal Pamphili, Radierung, I. Blondau, 1691<br />

A. Corelli, Sonate à tre, op. 3, N. Dorigny, Radierung, 1694


La Giuditta, Oratorienlibretto von A. Scarlatti, Radierung von V. W. Arnoldo, 1693 A. Corelli, Sonate à tre, op. 3,1689<br />

sogar in gemeinsamer Haushaltung<br />

im Collegio Nazareno, nachdem er die<br />

Römerin Lavinia Natalini geheiratet<br />

hatte. Der erste selbständige Druck Komareks<br />

Epistola ad Eminentissimum<br />

principem Franciscum Barberinum<br />

S.R.E. cardinalem vicecancellarium<br />

stammt aus dem Jahr 1676.<br />

In den Jahren 1678-1695 wurden insgesamt<br />

neun Kinder in der Druckerfamilie<br />

Komarek geboren. Den sozialen<br />

und beruflichen Status des Druckers aus<br />

Königgrätz illustrieren einerseits die<br />

Taufpaten seiner Kinder (Zeichner und<br />

Graveur Pietro Aquila, der älteste der<br />

Kardinäle, Odoardo Cybo, der Historiker,<br />

Archäologe und Physiker Giovanni<br />

Giustino Ciampini, Maria Josefa von<br />

Martinitz, Frau des kaiserlichen Gesandten<br />

am Heiligen Stuhl u.a.) und<br />

andererseits die Aufträge, die er für die<br />

Kardinäle Pamphili und Ottoboni und<br />

ihre Musik-Protegés Corelli und Scarlatti<br />

ausführte. Die Jahre 1693 bis 1701<br />

waren nach der Menge und Relevanz<br />

der Druck- und Notendruckerzeugnisse<br />

wohl die Gipfelzeit, in der er bis zu 18<br />

Titeln jährlich herausbrachte.<br />

Heutzutage werden 148 seiner Bücher<br />

erfaßt. Aus den Jahren 1687 bis 1696<br />

stammen dreizehn gedruckte Libretti<br />

zu römischen Oratorien aus Komareks<br />

Offizin All Angelo Custode (Zum<br />

Schutzengel), die sich später direkt<br />

dem römischen Brunnen Alla Fontana<br />

di Trevi gegenüber befand. Der wohl<br />

auffälligste Posten seiner Produktion<br />

waren fünfzehn Drucke von Trio-Sonaten<br />

aus Corellis Umkreis aus den Jahren<br />

1689 bis 1706.<br />

Die Forschung bezeichnete Komareks<br />

Werk als einmalig in Anbetracht<br />

seiner universellen, d.h. Schriftgießer-,<br />

Drucker-, Verleger- und Buchhändlertätigkeit<br />

und beurteilte die Produktion<br />

der Druckerei einschließlich der Erben<br />

und Nachfolger bis in die Mitte des 18.<br />

Jahrhunderts hinein. Aufschlußreich<br />

für die Analyse des 30jährigen Betriebs<br />

von Komareks Druckerei, Notendruck,<br />

Schriftgießerei und Buchhandlung in<br />

Rom ist das umfangreiche Verzeichnis<br />

seines Nachlasses Adhibitio hereditatis,<br />

ein Dokument über die Ausstattung seiner<br />

Offizin mit verschiedenen Schriftarten<br />

oder über das Interesse des Druckers für<br />

Malerei, vom April 1706.<br />

Es ist bekannt, daß Komareks Nachfahren<br />

auch zur Verbreitung der Verehrung<br />

des böhmischen Heiligen Johann<br />

von Nepomuk im Ausland beitrugen.<br />

In der notariellen Beurkundung von<br />

1690 wird Komarek, Boemo, als commorante<br />

a Roma geführt, also als<br />

Böhme in Rom lebend.<br />

Der Einfluß des Druckers Komarek<br />

auf Europas politisches Geschehen wird<br />

in der Zeit nach 1696 sichtbar, als seine<br />

Drucke zum politischen Instrument<br />

werden, und er zwischen die Interessen<br />

des päpstlichen und des kaiserlichen<br />

Hofes gerät, bis er zum Schluß im Gefängnis<br />

(1703) landet.<br />

Die Bedeutung seiner Arbeit in Form<br />

alter Drucke und als Medium der Verbreitung<br />

von Wissenschaft, Musik und<br />

anderen Künsten ist in den 300 Jahren<br />

seit seinem Tod zusehends gewachsen.<br />

Stanislav Bohadlo<br />

Photos: Archiv Verfasser<br />

A. Corelli, Sonata da camera, (Ausschnitt), Notendruck von Komarek, 1701<br />

15


Exotische Sprache<br />

der Graphik<br />

Die Graphik, sei es die der traditionellen<br />

Formen, sei es die Digitalgraphik,<br />

wird neben der sog. großen Kunst<br />

ihre unerschütterliche Stellung immer<br />

behaupten – als Markenware, doch eine<br />

erschwingliche Ware. Oder, anders mit<br />

anderen Worten: als Nebenprodukt<br />

großer Meister. Nur wenige Künstler<br />

befassen sich nur mit Graphik, und<br />

blickt man in die Vergangenheit zurück,<br />

so wird man erfahren, dass es in der<br />

Geschichte genauso zuging.<br />

František Kupka, Holzschnitt, aus dem Zyklus<br />

Čtyři příběhy bílé a černé (Vier Geschichten<br />

in Weiß und Schwarz), 1926<br />

Die tschechische Graphik kann<br />

auf eine gute Tradition bauen: ein hochwertiges<br />

Handwerk, eine gute Kunst<br />

in praxi. Kunststiche von Briefmarken<br />

etwa punkteten bei Wettbewerben in<br />

aller Welt. Einen Teil seiner Begabung<br />

verwendete auch der Pionier der abstrakten<br />

Kunst, František Kupka, auf die<br />

Graphik, neben vielen Zeichnungen und<br />

Zeitschriftenillustrationen, die durch die<br />

Presse massenweise abgesetzt wurden.<br />

Er schuf einen exklusiven Zyklus von<br />

27 Holzschnitten čtyři příběhy bílé<br />

a černé (Vier Geschichten in Weiß und<br />

Schwarz). Dieses Graphikalbum aus<br />

dem Jahr 1926 befindet sich in Paris<br />

im Privatbesitz.<br />

Zu Böhmens Primaten gehört, nebenbei<br />

gesagt, die Erfindung der Lithographie<br />

durch Alois Senefelder bereits<br />

im Jahr 1799. Die reichen Traditionen<br />

der Graphikkunst bezeugt der bis heute<br />

aktive Verein Hollar oder Vereinigung<br />

der tschechischen Künstler und Graphiker<br />

Hollar (Sdružení českých umělců<br />

a grafiků Hollar), gegründet 1917, kurz<br />

vor der Entstehung der Tschechoslowakei.<br />

(Zu seinen Mitgliedern zählte auch<br />

16<br />

Die Graphiken von Alena Kučerová entstehen durch den Abdruck von Lochmatrizen aus Blech. Blatt Nr. 27 – Odpočinek (Ruhepause), 1973


Vladimír Boudník, Bez názvu (Ohne Namen), Monotyp, aktive Platte, 21,1 x 29,5 cm, 1965<br />

Graphik<br />

„Das Schönste, was wir erleben können,<br />

ist das Geheimnisvolle. Es ist das<br />

Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer<br />

Kunst und Wissenschaft steht. Wer es<br />

nicht kennt und sich nicht mehr wundern,<br />

nicht mehr staunen kann, der ist sozusagen<br />

tot und sein Auge erloschen.“<br />

Albert Einstein<br />

(1879-1955)<br />

Kupka). Bemühungen, die eigene kulturelle<br />

Eigenart aufrechtzuerhalten,<br />

wurden in den schlimmen Zeiten der<br />

totalitären Regime gerade in den Aktivitäten<br />

solcher Kunstvereine manifest.<br />

Die Kunst wurde als Überstieg, zeitlos<br />

verstanden, und bis heute dominiert in<br />

der Szene hierzulande der Wille zum<br />

„Tiefen“, gestützt durch die Ästhetik des<br />

Kunstwerks. Es ist ein Versuch, in der<br />

Wahrheit zu leben, eine versuchte Identitätsfindung,<br />

die in der Vergangenheit<br />

lange Zeit auch als Mittel des Widerstands<br />

gegen absolute Isolation diente.<br />

In den Augen des Westens sah die<br />

tschechische Kunst wie der jüngere und<br />

starrköpfige Bruder aus, der seinen Weg<br />

um jeden Preis verfolgt, und deshalb<br />

etwas lustig und rührend zugleich erscheinen<br />

mag. Dank seiner Ausdauer wird<br />

ihm schließlich Beachtung geschenkt.<br />

Die Graphikkunst bedeutete für dieses<br />

kleine Land, ohne einen althergebrachten<br />

Kunstmarkt (dieser entwickelt sich erst<br />

seit den letzten fünfzehn Jahren), viel und<br />

vieles. Als ein leichtes Wiedergabeverfahren<br />

diente sie mittellosen, vor allem<br />

noch nicht eingeführten Kunstjüngern<br />

František Tichý, Hlava klauna (Kopf eines Clowns),<br />

Trockene Nadel (Geritzte Manier), 7,5 x 5,5 cm, 1956<br />

zur Selbstverwirklichung. Eine größere<br />

Menge von Blättern ermöglichte eine mühelose<br />

Verbreitung, meist in Form von<br />

Geschenken innerhalb der Kunstszene.<br />

Von den 1950er Jahren an entstanden<br />

spontane strukturgraphische Blätter des<br />

Außenseiters Vladimír Boudník, die bis<br />

heute Höchstpreise auf dem tschechischen<br />

Markt erzielen und im Ausland<br />

gefragt sind. Auch andere Künstler,<br />

wenn man vorrangige Graphik-Künstler<br />

der Moderne (1. H. 20. Jh.), beiseite<br />

läßt, werden in der Gegenwart hochgeschätzt:<br />

etwa Alena Kučerová, deren<br />

Erfindung – das Lochblechdruckverfahren<br />

– eigentlich notbedingt war. Sie<br />

vermochte ihr Verfahren im Verlauf von<br />

beinahe 50 Jahren permanent zu erneuern<br />

und zählt zur europäischen Spitze auf<br />

diesem Gebiet. Zu den Grand Dames<br />

der Graphikkunst hierzulande wird auch<br />

Adriena Šimotová gerechnet, deren Handschrift<br />

in entscheidendem Maß zur Definition<br />

der Erscheinung beitrug, die<br />

im Westen als unverwechselbarer tschechischer<br />

Weg gilt. Solche intensive<br />

authentische Manifestationen wirkten<br />

viele Jahre als gewisse moralische Instanz<br />

und blieben zeitlos (wie es sich in<br />

der kurzen Etappe des postkommunistischen<br />

Kunstbetriebs herausstellte).<br />

Es ließen sich natürlich viele andere<br />

Namen nennen, ohne welche der Begriff<br />

tschechische Graphik nicht vollständig<br />

wäre, aber wende man sich lieber<br />

der Gegenwart zu, die ohne diese<br />

17


Jiří Anderle, Appassionata, Radierung, 63 x 93 cm, 1976<br />

Adolf Born, Z dědečkova Alba (Aus Großvater<br />

Album), Lithographie, 44 x 54 cm, 2004<br />

Adolf Born, Dürerova cesta přes Alpy do Benátek<br />

(Dürers Weg über die Alpen nach Venedig),<br />

Lithographie, 44 x 54 cm, 2005<br />

Retrospektive kaum das geworden<br />

wäre, was sie tatsächlich ist.<br />

Die Zeit der Isolation brachte der<br />

Entwicklung der tschechischen Kunst<br />

eine Menge diskriminierender Nachteile,<br />

aber doch überraschenderweise auch<br />

gewisse Vorteile: es kristallisierte eine<br />

autonome, eigenständige Sprache heraus.<br />

Diese Sprache war nach dem Fall<br />

des Eisernen Vorhangs ein Plus. Exotik<br />

ohne Trendnachjagerei wirkt eine Zeitlang<br />

attraktiv. Sie ist subkutan, und so<br />

arbeitet die postkommunistische Künstlergeneration<br />

bewußt oder unbewußt<br />

mit ihrem Anderssein.<br />

Zurück zur Graphik: Obwohl es<br />

heute auf den ersten Blick scheinen<br />

mag, daß die Graphik im Galeriebetrieb<br />

marginalisiert wird – abgesehen von der<br />

Brünner Graphik-Biennale unter internationaler<br />

Beteiligung –, führt sie ein<br />

zähes Leben.<br />

Ihre klassischen Formen werden an<br />

allen künstlerischen Schulen unterrichtet,<br />

wo sie dank vollkommeneren technischen<br />

Mitteln eine professionelle<br />

Ausbildung möglich ist und von denen<br />

sie massiv in Kunstliebhaberzirkel eindringt.<br />

Professionelle Kunstwerkstätten<br />

werden unablässig von Künstlern, die<br />

die Graphik weiterhin als Nebenjob<br />

betreiben, besucht.<br />

Die Graphik floriert ihrer Erschwinglichkeit<br />

(Vervielfältigung, Preis) wegen<br />

auf dem internationalen wie dem heimischen<br />

Markt. Seit den 1990er Jahren<br />

schossen in Tschechien Dutzende Gesellschaften<br />

mit Verkauf im Haus oder<br />

Internet-Verkauf von „Kleinkunst“ aus<br />

dem Boden.<br />

Der Markt ist im Moment mit Graphik<br />

überflutet, in der Können, Konsequenz<br />

und Solidität überwiegen. Ungeachtet<br />

der oft primitiven Narrativität<br />

und postsurrealistischen Reminiszenzen<br />

gibt es hierzulande viele gesuchte<br />

Autoren komplizierter Radierungen<br />

und Mezzotinti. Auf der Spitze des Eisbergs<br />

stehen Jiří Anderle, Oldřich Kulhánek,<br />

Karel Demel und der ansprechend<br />

infantile Adolf Born. Ihre Popularität<br />

ist auf Allgemeinverständlichkeit<br />

und niedrige Preise zurückzuführen.<br />

Man vergleiche Preise von Lithographien<br />

von James Rosenquist: rd. 80tsd.<br />

USD in der vorjährigen Graphik-Auktion<br />

Christie's in New York und die der<br />

Radierungen von Jiří Anderle in den<br />

namhaften Auktionshäusern Vltavín-<br />

Kodl: von 2 bis 15tsd. Kronen. Was die<br />

Preishöhe anbelangt, halten hierzulande<br />

Siebdrucke und Radierungen der lebenden<br />

Meister Zdeněk Sýkora und Karel<br />

Malich den Preisrekord, wobei sich<br />

Sýkora vor allem in der Malerei und<br />

Malich bei Pastellzeichnungen und<br />

Installationen profilieren.<br />

18<br />

Jan Zrzavý, Zeichnung (Seine Skizzen dienten ihm oft als Vorlagen zu Ölgemälden,<br />

die heute schon zur tschechischen Klassik gehören.)


Graphiker wie Markéta Vaňková, Šárka<br />

Trčková und vieler anderer.<br />

Von der regen Graphik-Liebhaberei<br />

kann man sich bei verschiedenen Wettbewerben<br />

überzeugen, die von vielen<br />

beschickt werden, die im Ausstellungsbetrieb<br />

fast oder völlig unbekannt sind.<br />

Alljährlich werden die Wettbewerbe<br />

Grafika roku (Graphikblatt des Jahres)<br />

und Cena Vladimíra Boudníka (Vladimír-Boudník-Preis)<br />

ausgeschrieben.<br />

Für das vergangene Jahr bekam der<br />

exzellente Experimentator Lubomír<br />

Přibyl, Schöpfer minimalistischer geometrisierender<br />

Kompositionen, diesen<br />

Preis verliehen.<br />

Abschließend sei noch ein pikantes<br />

graphisches Verfahren gestreift: das<br />

Tattoo. Warum soll man konventionelle<br />

Massenmuster auf der Haut tragen?<br />

Warum sollte man sich das originelle<br />

Bild, mit dem man sein Lebtag lang<br />

leben wird, nicht von einem prominenten<br />

Künstler entwerfen lassen? In Prag<br />

kursiert bereits eine Anekdote, daß ein<br />

Fräulein sich nach der Besichtigung<br />

einer Ausstellung von Zdeněk Sýkora<br />

seinen Rücken mit dessen Linien komplett<br />

zieren lassen wollte. Ein solches<br />

Projekt wurde bereits 1999 im Tschechisch-Slowakischen<br />

Pavillon auf der<br />

Graphikblätter tun sich hierzulande<br />

als die demokratischste, für jeden erschwingliche<br />

Kunst hervor. Sogar Blätter<br />

respektabler seliger Meister wie<br />

Toyen, František Tichý, Jan Zrzavý,<br />

František Gross und Jan Kotík sind<br />

immer noch spottbillig.<br />

Auch die jüngste Künstlergeneration<br />

interessiert sich für Graphikverfahren.<br />

Sie erlernt klassische handgemachte,<br />

aber auch digitale Techniken.<br />

Die Einteilung in formale Gattungen<br />

hört in der Gegenwart auf,<br />

wichtig zu sein. Die Drucke werden<br />

als Nebenprodukt der freiberuflichen<br />

Aktivitäten, als Auftragsarbeiten angefertigt.<br />

In Tschechien ist es nicht üblich,<br />

daß große Galerien und Museen eigene<br />

Graphikreihen herausbringen, es mangelt<br />

an privaten Galeristen, die solche<br />

Konzepte für ihre Protegés fördern<br />

würden. Ob spontan oder aus Überschwang<br />

oder als Therapie (auch zu<br />

solchen Zwecken kann die Handarbeit<br />

dienen), viele namhafte Künstler verzichten<br />

nicht auf die Graphik. Aufmerksamkeit<br />

verdienen – neben den bereits<br />

erwähnten Künstlern – Petr Nikls Blätter,<br />

Mezzotinti mit privater Mythologie,<br />

Jan Mertas feinfühlige, farbflächige<br />

Siebdrucke, Vladimír Kokolias magische,<br />

arbeitsaufwendige Linolschnitte,<br />

Jan Híseks Märchenwelten, Michal<br />

Cihlářs beliebte Pop-Linolschnitte oder<br />

aber unauffällige Opuscula jüngerer<br />

Biennale in Venedig ausgeführt. Nach<br />

Entwürfen junger slowakischer Kunstschaffender<br />

konnten sich der Besucher<br />

das ausgewählte Kunstwerk direkt im<br />

Pavillon fachlich tätowieren lassen.<br />

Lenka Lindaurová<br />

unabhängige Kunstkritikerin<br />

Photos: Archiv Verfasser<br />

Oldřich Kulhánek, Job II, Lithographie, 64 x 92 cm, 2002<br />

19


3<br />

1<br />

2 4<br />

20


Galerie<br />

5<br />

6<br />

František Skála, Energetické<br />

objekty (Energieressourcen)<br />

Mitte: Dobíječka (Ladegerät), kombinierte<br />

Technik, 65 x 20 x 14 cm, 1992<br />

1. Žhavé doteky (Glühende Berührungen),<br />

Holz, Licht, 40 x 40 x 25 cm, 2001<br />

2. Der slawische Waldgeist (Waldschrat<br />

bzw. Holzmann) Lesojan, Holz, Leder,<br />

Licht, 2001<br />

3. Božské substance (Göttliche Substanzen),<br />

Aluminium, Holz, Plast, 55 x 36 cm, 2001<br />

4. Kola Pop Musik, Papier, Polyester,<br />

Plastik, 87 x 300 x 500 cm,<br />

Installation, 2004<br />

5. Memento, Bakelit, Plastilin,<br />

31 x 16 x 20 cm, 1989<br />

6. Na vycházce (Ausgang), kombinierte<br />

Technik, 16 x 50 x 14 cm, 2000<br />

7. Kytara kladivo (Gitarre-Hammer),<br />

Holz, Plast, Gummi, Metall,<br />

100 x 17 x 10 cm, 2003<br />

Kytara Ostrorep (Gitarre-<br />

Pfeilschwanzkrebs), Holz, Plastik,<br />

Gummi, Metall, 100 x 40 x 10 cm, 2003<br />

Kytara Žihadlo (Gitarre-Stachel),<br />

Leder, Holz, Metall, Plexiglas,<br />

115 x 28 x 13 cm, 1998<br />

Photos: Archiv Verfasser<br />

7<br />

21


Nicht am Alter leiden<br />

Sich am Portrait eines bildenden Künstlers<br />

zu versuchen, ist eine undankbare Aufgabe.<br />

Einerseits gibt es vollkommene Autoportraits,<br />

andererseits liegt das Werk vor, in dem sich<br />

jeder Schaffende nolens volens widerspiegelt.<br />

Und nicht zuletzt ist die Rede von einem Bildkünstler,<br />

der nicht besonders auf Portraits<br />

hält. Im Gegenteil: Petr Nikl mag Masken<br />

und Travestien. Er sagt damit: Ich bin jemand<br />

anders, nicht der, für den man mich hält.<br />

Die ersten Schritte<br />

Petr Nikl wurde am 8. November<br />

1960 in der Stadt Zlín geboren,<br />

die damals Gottwaldov hieß.<br />

Weder die Tatsache, daß man geboren<br />

wird, ist persönliche Wahl,<br />

noch die Familie oder die Zeit.<br />

Petr Nikl drückt dies in einem<br />

Interview besser aus: „Im Jahr 1960<br />

wurde ich in ein Milieu von Preßteilen<br />

für Plastikspielsachen geworfen,<br />

die meine Mutter entwarf, der<br />

enkaustischen Bilder meines Vaters und<br />

Großvaters Holzmodellierspielereien.“<br />

Es läßt sich nur bemerken, daß der künftige<br />

Maler sich kaum ein besseres Umfeld<br />

Petr Nikl<br />

hätte wünschen können. Oder trifft wohl<br />

das Gegenteil davon zu? Das Klima einer<br />

Künstlerfamilie verpflichtet allzusehr und<br />

kann schöpferische Fähigkeiten sogar unterbinden.<br />

Petr Nikl wählte jedenfalls die Kunst<br />

und ging auf die Kunstgewerbeschule in<br />

Uherské Hradiště (Ungarisch-Hradisch),<br />

um seine künstlerische Ausbildung später<br />

an der Akademie für Bildende Künste in<br />

Prag zu vervollkommnen und abzuschließen.<br />

Einen besonderen Abschnitt in dieser<br />

Entwicklung stellte der Puppenspielverein<br />

Mehedaha dar, der 1985 ins Leben gerufen<br />

wurde. Nikl gründete ihn mit seinen Kameraden<br />

von der Oberschule, František Petrák<br />

und Tomáš Volkmer. „Es machte<br />

uns Spaß, sich durch Objekte im<br />

kleinen Fenster des Puppentheaters<br />

zu artikulieren. Es kam uns gelegen<br />

bei Versuchen in der Poetik<br />

des Absurden. Ich ließ mich<br />

obsessionieren von der Puppenund<br />

Spielfigurenschnitzerei, mit<br />

denen ich bis heute spiele.<br />

Von der Spielsache bis zur<br />

Spielpuppe<br />

Auch so ließe sich die erste Etappe<br />

des „Künstlers“ und seiner „Kunst“ etikettieren.<br />

Petr Nikl wehrt bei solchen Bezeichnungen<br />

ab, bekommt Angst, den Automa-<br />

22<br />

Bild Nr. 36, aus dem Buch Atlas Salta<br />

Bild Nr. 46, aus dem Buch Atlas Salta


P. Nikls interaktive Ausstellung Hnízda her (Nest der Spiele) stieß auf ungewöhnliches Interesse der Bevölkerung<br />

Performance, interaktive<br />

Ausstellungen<br />

„Das kreativ Spielerische ist die Grundlage<br />

der Kommunikation, für mich ist das<br />

eine todernste Sache (…) Infantilität begreife<br />

ich als das sich Freimachen von<br />

dünkelhaften Reaktionen, die der Kommunikation<br />

im Wege stehen. Beim Spiel löst<br />

sich mein Ego auf und das offene Feld der<br />

Möglichkeiten läßt sich wenigstens für einen<br />

Moment vom Nullpunkt aus betrachten.“<br />

Petr Nikl<br />

(*1960), bildender Künstler<br />

tismus fürchtend, unter welchem die Kunst<br />

unter der Hand des Schaffenden entstehe,<br />

weil anderes „nicht entstehen kann“. Vielleicht<br />

akzentuiert er deshalb die Bedeutung<br />

von Emotionen „in reinem Zustand“. Diesen<br />

entspricht die Zeichnung, nicht das<br />

Bild, das einen durchdachten Akt darstellt.<br />

Zeichnungen sind für Nikl keine Vorbereitungsarbeit<br />

oder Skizzen von Einfällen,<br />

sondern der echteste bildkünstlerische Ausdruck.<br />

„Nie male ich ein Bild danach, ein<br />

Bild würde mir keinen Spaß machen. Ein<br />

Bild ist wie alles andere. Ein Tier, das ich<br />

fange oder eben nicht. Kein Entwurf für<br />

eine Falle.“ Ein im voraus durchdachtes<br />

und komponiertes Bild sei für Nikl also<br />

eine Falle. Im Bewußtsein eines ungeahnten<br />

Ausgangs impulsiv und emotiv zu<br />

malen, wurde zur Methode, zur Regel des<br />

Schaffens des Künstlers. So entstanden die<br />

Bilder, die Petr Nikl bei der ersten öffentlichen<br />

Ausstellung der Gruppierung Tvrdohlaví<br />

(Dickköpfige) präsentierte.<br />

Heutzutage mag dies alles banal erscheinen,<br />

aber in der tschechoslowakischen<br />

Kunstlandschaft von 1987 avancierte<br />

die Ausstellung zu einem Event. Es<br />

war mehr als nur eine Geste der Freiheit<br />

in einer immer noch von der kommunistischen<br />

Ideologie indoktrinierten und von<br />

Parteibonzen kommandierten Gesellschaft,<br />

in der die Parteimänner und -frauen alle<br />

von der Äußerungsfreiheit „bedrohten“<br />

Domänen hauptberuflich überwachten.<br />

Es ist nicht sicher, ob der Gruppengeist<br />

dem introvertierten Petr Nikl konvenierte,<br />

aber er wußte sich gemeinschaftlichen Bedürfnissen<br />

zu fügen und dabei die Autonomie<br />

seiner eigenen Kunstwelt zu wahren.<br />

Die Zeit der Dickköpfigen war für die<br />

heimische Szene von Belang und dauerte<br />

von 1987 bis 1992 an, wo die Gruppe auseinanderging.<br />

In rein ästhetischer Hinsicht<br />

verfolgten die Dickköpfigen kein eigenes<br />

Programm und theoretisches für alle verbindliches<br />

Konzept.<br />

Kritiker, Theoretiker und auch Normalzuschauer<br />

sahen in Nikls Bildern heterogene<br />

und widersprüchliche Werte: Fragilität,<br />

Naivität, wortloses Geheimnis und Schrekken.<br />

Das Ganze allerdings war aber suggestiv<br />

und entsprach adäquat dem Postulat<br />

der Vieldeutigkeit, wie es der Künstler aufstellte.<br />

Nikl in seiner Eigenschaft als Maler<br />

hatte keine Wahl und mußte seine Sujets<br />

aus einer polysemen und vielgestaltigen<br />

23


P. Nikls Exposition Zahrada fantazie a hudby (Ein Garten der Phantasie und Musik), mit welcher Tschechien bei der Expo Aichi<br />

2005 vertreten war, konnten rd. 1,7 Mio. Besucher begrüßen, unter ihnen auch den japanischen Thronfolger, Prinz Naruhito.<br />

Welt herholen: „Eindeutigkeit ist für mich<br />

ein schlechtes Anzeichen“, sagt Nikl als Maler.<br />

Der Jindřich-Chalupecký-Preis, der 1995 an<br />

ihn ging, dekorierte nicht nur sein Malwerk,<br />

sondern auch seine anderen Leistungen.<br />

Spielsinn heißt das Klischee<br />

Es ist nicht nur journalistisches Palaver,<br />

sondern auch die Redeweise der Künstlerkollegen<br />

und respektablen Persönlichkeiten,<br />

wenn sie, um Nikl zu beschreiben<br />

und zu benennen, sein ganzes Wesen mit<br />

der Wertung „Spielsinn“ bedenken. Anders<br />

geht es wohl nicht, denn im gleichen Zug<br />

sprechen sie vom „ewigen Kind“.<br />

Als ein Journalist Petr Nikl fragte, ob<br />

er ein Kind sein möchte, bekam er Ausweichendes<br />

zur Antwort: „Ich weiß nicht.<br />

Ich bin bemüht, nicht am Alter zu leiden.“<br />

Banales und Klischees wären daher zu<br />

meiden. Man kann sich an Fakten und enzyklopädischen<br />

Stichworten orientieren.<br />

Petr Nikl figuriert dort als Maler, Dichter,<br />

Texter, Musiker und Komponist, als Regisseur,<br />

Theatermacher und Schauspieler-Performer.<br />

Mein privater Eindruck ist, er gebe<br />

sich hauptsächlich als Schauspieler, der<br />

sein Werk gern vorführe und zwar aus dem<br />

Grund, weil er sich in diesem Prozeß Je-<br />

Neues einfallen lassen kann. Was im Entstehen<br />

begriffen ist, ist das Dynamische,<br />

bleibt als Werdendes unwiederholbar. Als<br />

Schriftsteller zeichnet er für vier Kinderbücher,<br />

das erste aus dem Jahr 1998, trägt den<br />

Titel Vyhnání z ráje (Vertreibung aus dem<br />

Paradies), das letzte hat einen klangvollen<br />

Namen: Záhádky (etwa: Rätselmärchen).<br />

Als Musiker erhielt Petr Nikl vor einigen<br />

Jahren eine Engelstatuette (Anděl) verliehen,<br />

allerdings in der Kategorie alternative<br />

Musik, was dem Preisträger unbegreiflich<br />

vorgekommen war, meint er doch von<br />

seiner Musik und seinen Texten, sie seien<br />

„gewöhnlich“. Eine Frage ohne Antwort<br />

drängt sich auf: Wozu sollten Nikls Werke<br />

eine Alternative darstellen?<br />

Mit dem Musikpreis Anděl wurde<br />

Nikls Album Nebojím se smrtihlava (Ich<br />

fürchte den Totenkopfschwärmer nicht)<br />

preisgekrönt, das er 2000 in Zusammenarbeit<br />

mit der Band Lakomá Barka aufnahm.<br />

Nikls jüngsterschienenes Lied mit<br />

dem Titel Klaun (Clown) zeichnet sich<br />

durch autobiographische Züge aus. Er ist<br />

der Clown, der die Leute amüsiert und darauf<br />

auch im Liedtext anspielt: „Ich fahre<br />

ins Spital, den Clown zu trösten, genau an<br />

24<br />

Anna a žába (Anna und der Frosch), Öl auf Leinwand, 160 x 140 cm, 2003


P. Nikl, Performation, Divadlo 29, Pardubice (Pardubitz)<br />

Und umgekehrt: der Zuschauerraum die<br />

Bühne. Als Schauspieler ist Petr Nikl froh,<br />

wenn die Rollen durcheinander geraten:<br />

Wenn die Zuschauer sich auf das Spiel als<br />

Schauspieler einlassen und der Schauspieler<br />

für eine Zeitlang zum faszinierten<br />

Zuschauer wird. Es gibt keinen Raum diesund<br />

jenseits des Vorhangs. Das wahre<br />

Mysterium und die Magie des Theaters<br />

liegt anderswo: „Immer wünschte ich<br />

gleichzeitig für die vor den Puppen sitzenden<br />

Zuschauer zu spielen, und für diejenigen,<br />

die hinter uns sitzen und das Chaos<br />

vor dem Prospekt beobachten“, sagt Nikl-<br />

Puppenspieler. Fängt er zu spielen an,<br />

unterscheidet er nicht zwischen Probe und<br />

Vorstellung. Er glaubt nämlich nicht an<br />

Wiederholbarkeit von Improvisationen und<br />

Emotionen, mit denen er sein Spiel belädt.<br />

Und als Spieler ist er perfekt.<br />

Auf die aufgeworfene Frage entgegnet<br />

er: „Ich bin schauspielernder Bildkünstler.<br />

Ich bin kein malender Schauspieler. (…)<br />

Ich denke, daß ich ebendeshalb spiele, weil<br />

ich nicht mich selbst darstelle.“<br />

Im Theater, ähnlich wie in der Malerei,<br />

improvisiert Nikl ohne Unterlaß und künstlert<br />

aus dem Augenblick, aus der glücklichen<br />

Idee heraus.<br />

Nikl interaktiv<br />

Der schauspielernde Bildkünstler und<br />

schauspielernde Zuschauer verschmelzen<br />

zu einem Ganzen in einem Prozeß, der die<br />

nicht ganz geglückte Bezeichnung Interaktivität<br />

trägt. So wurden Nikls Expositionen<br />

für den Tschechien-Pavillon in Aichi<br />

(Japan, 2005) und für das 2006 von Tschechischen<br />

Kultur- und Informationszentren<br />

in Auftrag gegebene Projekt Orbis pictus<br />

betitelt. Beide Veranstaltungen erfreuten<br />

sich bei den Zuschauern ungemeiner Popularität,<br />

der „Garten der Phantasie und<br />

Musik“ auf der Weltausstellung brach<br />

unter den Pavillons der Nationen alle Rekorde,<br />

was die Besucherzahl anbetraf.<br />

Nikl-Dramaturg selber war erfreut, nicht so<br />

sehr über die quantitativen Indexe, sondern<br />

vielmehr als Beweis für verlaufende Kommunikation<br />

und Dialog, der der modernen<br />

Kunst immer irgendwie fehlte. Nikl beweist,<br />

daß künstlerische Bemühungen<br />

nicht im Kunstwerk und Artefakt, geeignet<br />

für Vitrinen von Museen, liegen, sondern<br />

im Finden und Wiederherstellen solcher<br />

verborgenen schöpferischen Fähigkeiten<br />

gipfeln, die eine Quelle der Freude und<br />

allen Menschen gemeinsam sind.<br />

Jiří Olič<br />

Photos: Redaktion, Archiv Petr Nikl<br />

den selben Ort, an dem er mich tröstete, ich<br />

bringe ein paar Masken, eine Trommel und<br />

eine Pfeife, damit er nicht merkt, wie ich<br />

mich dabei fühle.“ Petr Nikl erkennt in<br />

seinen Liedern einen „grotesk wehmütigen“<br />

Ton und einen „tragisch lachenden“. So<br />

ließe sich auch sein Gesamtwerk betrachten<br />

und benennen, vor allem die Malereien<br />

und die Literatur. Masken und Verkleidungen<br />

sind für einen Teil des Zusammenhangs<br />

von „Leben und Werk“. „Ich trage<br />

nur ein Kostüm, das mich daran hindert,<br />

mir allzu würdevoll vorzukommen. Meine<br />

Identität unterdrücke ich gern“, kommentiert<br />

er seine Lieblingsrequisite.<br />

Die Bühne ist der Zuschauerraum<br />

Anna v negativu (Anna im Negativ), Öl auf Leinwand, 160 x 140 cm, 2003<br />

25


Herzlandschaft, Herzlandschaft<br />

Kamil Lhoták<br />

Als Pablo Picasso 1967 eine Ausstellung der<br />

tschechischen Kunst in Paris besuchte, fühlte<br />

er sich am intensivsten vom Bild „Tochter<br />

der Großstadt“ des tschechischen Künstler–<br />

Autodidakten, des Naivisten Kamil Lhoták<br />

angesprochen. Hierzulande assoziiert man<br />

den Namen dieses Malers und Kinderbuchillustrators<br />

ohne weiteres mit Sujets wie urigen<br />

Fahrrädern, Automobilen, Papierdrachen<br />

und Heißluftballons. Zu seinen Lieblingsthemen<br />

zählt auch die Vorstadtlandschaft.<br />

In dieses Milieu wurde Kamil Lhoták<br />

1912 hineingeboren und sein heimatliches<br />

Prager Viertel Holešovice blieb für ihn<br />

lebenslang die Quelle der Inspiration. In<br />

seinen Bildern hielt er es fest, wie es in den<br />

1940-50er Jahren aussah, aber er versetzte<br />

sich imaginativ auch in das Holešovice vom<br />

Ende des 19. Jahrhunderts zurück.<br />

Kamil Lhoták vor seinem größten Bild Zelené Irsko<br />

(Grünes Irland), Januar 1968<br />

Kamil Lhoták betätigte sich als Zeichner,<br />

Maler und Graphiker, allerdings ohne die<br />

dazugehörige nötige künstlerische Ausbildung.<br />

Er begann mit Karikaturen seiner<br />

Mitschüler, dem Skizzieren von der Szenerien<br />

vor dem Schulfenster, Zeichnungen<br />

von Automobilen oder etwa dem „Stilleben<br />

mit einem Autoreifen“. Im Zeichnen bekam<br />

er für gewöhnlich Vieren: „Ich zeichnete<br />

nämlich nur das, was mir Spaß macht“,<br />

erinnerte er sich später. Technisch blieb er<br />

aber nicht im Rückstand, er meisterte diverse<br />

bildkünstlerische Techniken: Aquarell,<br />

Federzeichnung, Kaltnadel sowie Radierung.<br />

Der Verfasser einer umfangreichen<br />

Lhoták-Monographie, Luboš Hlaváček,<br />

spricht von einem unauffälligen Wendepunkt<br />

im Schaffen des Malers, als dieser<br />

von den Initialen K.L. als Signatur zur Aus-<br />

Odol, Öl auf Holz, 14,5 x 31 cm, 1950<br />

26<br />

Vstříc osudu (Dem Schicksal entgegen), Öl auf Leinwand, 95 x 110 cm, 1948<br />

Nostalgie letního odpoledne (Nostagie eines Sommernachmittags),<br />

Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm, 1940


Pohled na Stromovku z mého ateliéru (Blick auf den Baumgarten aus meinem Atelierfenster),<br />

Öl auf Leinwand, 70 x 130 cm, 1951<br />

Künstler – Autodidakt<br />

Als ließe sich auf der Welt<br />

Nichts Anderes, nichts Besseres<br />

malen<br />

Als ein einfarbiger Himmel<br />

Und ein einfarbiger Streifen Erde,<br />

Nicht als die zwei Reiche,<br />

Die auch ohne Menschen bestehen,<br />

nichts mehr,<br />

Vielleicht nur noch ein verlorener<br />

Kinderball,<br />

Ein sehr niedriges Zelt oder ein<br />

entferntes Dach,<br />

Die Anzeichen dafür, daß man lebt […]<br />

Kamil Bednář<br />

(1912–1972), Dichter<br />

schreibung des vollen Namens wechselte.<br />

Als dächte der Künstler, der einige seiner<br />

Werke ohne Erbarmen vernichtete, nun<br />

habe er seine Reife endlich erreicht.<br />

1939 führte Lhoták seine Leistungen im<br />

Verein Umělecká beseda vor und wurde<br />

unter Kunstschaffende wie Josef Čapek und<br />

Jan Zrzavý aufgenommen. Er bekannte sich<br />

zur Tradition des berühmten Landschaftsmalers<br />

Antonín Chittussi, aber auch zu den<br />

ornamentalen Märchenillustrationen von<br />

Artuš Scheiner. Von der modernen Kunst tangierten<br />

ihn er von Henri Rousseau, Giorgio<br />

Chirico, Max Ernst, Salvadore Dalí, von den<br />

einheimischen Künstlern von Josef Šíma.<br />

Er war auch Mitglied der Künstlervereinigung<br />

Skupina 42 (: Gruppe 42), deren<br />

ästhetische Prinzipien vom Kritiker Jiří<br />

Kotalík ausformuliert wurden: „Der von der<br />

städtischen Zivilisation okkupierte Mensch<br />

hört doch nicht auf, ein in der Totalität des<br />

Kosmos lebendes Wesen zu sein, darf die<br />

anderen Beziehungen nicht außerachtlassen.“<br />

Trotz der Vollmitgliedschaft blieb<br />

er mit seinem unverwechselbaren Werk<br />

anders, ein Einzelgänger.<br />

Die Faszination durch die Heimatstadt<br />

Prag und seine eigene Auffassung von Zivilismus<br />

und Poetismus schilderte er folgendermaßen:<br />

„Die Prager Vorstädte, namentlich<br />

Holešovice, die Landschaft, in der<br />

verwitterte und beteerte Umzäunungen von<br />

Fabrikgebäuden Alleen ersetzen. Dürre<br />

Akazienbäume häufen sich um Telefonzellen.<br />

Blumen wachsen dort nur auf den<br />

Dächern moderner Mietshäuser, in Kleingärten<br />

30 m hoch über der Erde. Es ist<br />

ein prächtiges Schauspiel, das hie und da<br />

an die Zivilisation alter amerikanischer<br />

Grotesken erinnert. Asphaltstraßen, Stahlbeton,<br />

Ziegel, Kandelaber, Bretterzäune,<br />

Wind, Regen, Rauch, Nebel, Holešovice,<br />

Nusle, Michle, Žižkov. Eine riesengroße<br />

Parkanlage, unmittelbar an Fabrikanlagen<br />

in der Umgebung angrenzend: der Baumgarten<br />

(Stromovka).“<br />

Lhotáks Bilder der Peripherie tun sich<br />

besonders durch ihr Kolorit, die ihnen eingehauchte<br />

Seele hervor. Wie der Kunsthistoriker<br />

Luboš Hlaváček schrieb: „Er war<br />

nicht an Veduten interessiert, nur an der<br />

Topographie des Herzens.“ Motive von Umzäunungen,<br />

Werbeflächen, vergessenen Fußbällen<br />

und den besagten Fahrrädern deuten<br />

eine wiederholte Rückkehr in die Kindheit<br />

an. Später entsann er sich, wie er einmal im<br />

Botič-Fluß ein Autowrack entdeckt hatte;<br />

„einen herrlichen Turcat-Méry, auf Felgen,<br />

halb im Boden, vom Gras verdeckt … Im<br />

Wrack war noch das Lenkrad zu finden.<br />

Man konnte sich reinsetzen und sich vorstellen,<br />

wie man den Wagen fährt.“<br />

Eine romantische, nostalgische Botschaft<br />

vermitteln auch Lhotáks Bahnhofsszenen,<br />

Landschaften mit Umzäunungen sowie<br />

Industrielandschaften. Das erste, was ins<br />

Auge springt, ist das Arrangement der<br />

Objekte im Raum, der zumeist ungewöhnlich<br />

offenbleibt. Zeitgenössische Kritiken<br />

sprechen davon, daß Lhoták Spuren eines<br />

Menschen zeige, der gerade gegangen, doch<br />

immer noch präsent sei.<br />

Eine luftige Komposition, in der die zersplitterte<br />

Stadtperipherie nahtlos in den<br />

Horizont übergeht, bezeugt die Bahnhofsszene<br />

Vstříc osudu (Dem Schicksal entgegen,<br />

1948). Der Freund und Biograph<br />

des Malers, Adolf Branald, kommentiert<br />

das Bild im Buch Můj přítel Kamil (Mein<br />

Freund Kamil): „Der blaue Himmel ist verschattet<br />

durch leichte Wolken, die Gleise<br />

führen weiter, aber nicht einmal der Bahn-<br />

Žižkov, Öl auf Leinwand, 70 x 50 cm, 1982<br />

27


Krajina 20. Století (Landschaft des 20. Jahrhunderts), Öl auf Leinwand, 60 x 100 cm, 1942<br />

hofsvorstand weiß bis wohin. Nichts ist verloren,<br />

Überraschungen sind nicht ausgeschlossen.<br />

Unsicherheit ist nicht absolut,<br />

zum mindesten kann man hoffen.“<br />

Diese Leere, das „Nichts“ strahlt am<br />

deutlichsten aus der Ölmalerei Nostalgie<br />

letního odpoledne (Nostalgie eines Sommernachmittags)<br />

heraus: auf dem Bild ist beinahe<br />

nichts übriggeblieben. Eine menschenleere<br />

Straße, ein Zaun, dahinter eine Hütte,<br />

drei Bäume, drei Leitungssstangen. So<br />

werden im Bilde die Worte von Josef Šíma<br />

wahr: „Je banaler, je geläufiger die Wirklichkeit<br />

ist, um so stärker wird sie von<br />

Kamil Lhoták poetisiert.“<br />

Schon allein der Mechanismus der<br />

Malinspiration und der Prozeß der Entstehung<br />

von Bildern waren bei Lhoták von<br />

besonderer Art. „Ich male nie im Freien“,<br />

betonte er, „ich schaue so lange, bis der Eindruck<br />

in mir bleibt. Dann werf’ ich es zu<br />

Hause aufs Papier oder auf die Leinwand.“<br />

Auf diese Art und Weise hielt er malerisch<br />

nicht nur Prag, sondern nach seinen Reisen<br />

auch Paris und Venedig fest. Er malte auch<br />

Orte, die er nie besucht hatte, zur Serie von<br />

vierhundert Zeichnungen zum Thema „Amerika“<br />

bewog ihn Vojtěch Ženatýs Buch<br />

V zemi pruhů a hvězd (Im Lande der Streifen<br />

und Sterne, 1927).<br />

Von der Poesie der Stadt wandte sich<br />

der Maler immer mehr der Poesie der Landschaft<br />

zu. 1961-1962 malt er große Leinwände<br />

mit Sujets des Grünen Irlands im<br />

Geiste des Kolorismus. Der Schriftsteller<br />

Ludvík Souček bezeichnete diese Serie der<br />

sonst leeren, grünen horizontalen Landschaften<br />

als „eine Metapher der Ruhe<br />

unterm Himmel, durchlöchert im Weltall über<br />

der unendlichen Ebene.“ Adolf Branald fügt<br />

hinzu, daß Lhoták die Fähigkeit besessen<br />

habe, „in Metaphern jede Regung des Gefühls<br />

und des Verstandes auszudrücken“, und als<br />

er selber später Irland besucht habe, „habe<br />

er in Lhotáks irischen Weiden gestanden“.<br />

Das Wesen Irlands lag in dem faszinierenden<br />

Grün, eine präzise Farbenarbeit<br />

zeigte der Künstler bereits in früheren<br />

28<br />

Červený orel (Roter Adler), Öl auf Leinwand, 60 x 100 cm, 1966<br />

Stará mlatička (Alte Dreschmaschine), Öl auf Leinwand,<br />

70 x 80 cm, 1975


Kolo (Fahrrad), Öl auf Leinwand, 65 x 86 cm, 1974<br />

Schaffensphasen. Sein Blau wurde berühmt.<br />

Man sagt, er habe es an der kleinen Temperamalerei<br />

Modrá hora /Der blaue Berg/<br />

definiert, in Versen wurde es vom Dichter<br />

František Hrubín besungen.<br />

In seiner Suche nach der „Mythologie des<br />

modernen Menschen“ entwickelte sich Lhoták<br />

weiter. 1942 artikulierte er die „Landschaft<br />

des 20. Jahrhunderts“ in dem gleichnamigen<br />

Bild. Vierzig Jahre später etwa läßt<br />

sich ein anderer Impuls auf dem Bild Ponorka<br />

a sopka (U-Boot und Vulkan) aufspüren.<br />

Während die Landschaft des 20. Jahrhunderts<br />

bis an die Grenze des Idyllischen beruhigt,<br />

wirkt das an dem aktiven Vulkan<br />

vorbeifahrende U-Boot auf dem Bild von<br />

1982 unbehaglich, ja alarmierend. Aber schon<br />

der Schlafende. Unterwirft er sich etwas,<br />

so unterwirft er sich aus der Reinheit des<br />

Herzens heraus, er gestaltet, so souverän er<br />

es kann und so selbstverständlich, wie man<br />

atmet. […] Er sagt: Farben erwachen in<br />

Bildern, wer kann dafür? Wenn es nottut,<br />

ein großes Herz zu besitzen, um sich über<br />

die Freude der anderen zu freuen, dann<br />

besitzt er das Herz eines Sterns.“<br />

Kamil Lhoták ist 1990 in Prag gestorben.<br />

Die Familie erlosch aber nicht. Der Enkelsohn<br />

des Malers und Graphikers, Kamil<br />

Lhoták d.J. (vom Opa 1980 auf dem Bild<br />

Můj vnuk Kamílek Lhoták porträtiert), malte<br />

selber einige Zeit und gibt sich gegenwärtig<br />

mit der Photographie ab. Er liebt Prag, ist<br />

fasziniert von Kraftwerken und Masten in<br />

allen Gestalten und Größen. Er arbeitet als<br />

Arbeiter im Wärmekraftwerk Malešice,<br />

hatte zwölf Jahre lang verschiedene Heizerstellen<br />

inne. Zu den in der Zeitschrift<br />

Divoké víno veröffentlichten Photos der Industrielandschaft<br />

an der Peripherie kam ein<br />

Gedicht hinzu. Er schrieb es ins Dienstbuch<br />

bei der Dienstübergabe. Seinen Mitarbeitern<br />

gefiel es so gut, daß sie es abgeschrieben,<br />

eingerahmt und in der Arbeit ausgehängt<br />

haben. Er schrieb darin unter anderem:<br />

gelangt man von der Baukunst zu Traumkompositionen,<br />

in die Welt der roten Drachen,<br />

„Maschinen der Wüste“ in Form von<br />

Stundengläsern, Steinen und Mauern der<br />

Erinnerung. Daß Lhoták eine durchgeistigte<br />

und reiche Portraitmalerei aufzuweisen hat,<br />

soll hier nur am Rande erwähnt werden.<br />

Die Seelenlandschaft des Malers wurde<br />

von Lhotáks Gefährten, dem Dichter und<br />

bildenden Künstler Jiří Kolář folgendermaßen<br />

charakterisiert: „Der Gerechte als<br />

Die Schicht zu Ende<br />

Der Schein erlischt<br />

Die Nacht dahin<br />

Die Seele schmilzt<br />

Die Worte in ihrer Atmosphäre nicht<br />

unähnlich der Welt der Vorstadtszenerien<br />

seines Großvaters.<br />

Petr Konečný<br />

Nach Lhoták-Monographien von František<br />

Dvořák und Luboš Hlaváček<br />

Photos: Archiv Redaktion<br />

Ponorka a sopka (U-Boot und Vulkan), Öl auf Leinwand, 65 x 86 cm, 1982<br />

29


Künstler und Außenseiter<br />

Jakub Schikaneder (1855 – 1924)<br />

Petr Parléř předkládá Karlovi IV. model Karlova mostu<br />

(Peter Parler legt Karl IV. das Modell der Karlsbrücke<br />

vor), Ausschnitt aus dem Fries für das Prager<br />

Nationaltheater, Tempera auf Leinwand, 1879-1882<br />

Kaum ein anderer Künstler war mit Leib<br />

und Seele so Maler wie er. Er führte das<br />

private wie das Künstlerleben gleichsam<br />

am Rande, sei es angesichts der<br />

Zuordnung seines Schaffens zu<br />

einem Kunststil, sei es in Anbetracht<br />

der symbolischen Sprache<br />

seiner Leinwände, die von der<br />

Kritik manchmal unverstanden<br />

blieb. Zu den Zuschauern sprechen<br />

seine Bilder bis heute eine<br />

verständliche Sprache. Ihr Ideengehalt<br />

und äußerstes handwerkliches<br />

Können wurden erst<br />

nach Ableben des Malers gebührend<br />

hochgeschätzt.<br />

Definiert man den Schwerpunkt<br />

als den Ort der allergrößten<br />

Schwere, stellen ihn elegische<br />

und düstere Motive der<br />

Letzten Dinge des Menschen in Schikaneders<br />

Oeuvre dar. Der Maler griff sie in<br />

ihrer symbolischen Beschreibung lebenslang<br />

immer wieder auf. Auf Pastellzeichnungen<br />

aus den 1890er Jahren ist der<br />

Mönch, am Meeresufer stehend, ein Zeuge<br />

der Ertrunkenen Mädchen (Utonulé dívky),<br />

in Schikaneders Spätwerk steht der Zuschauer<br />

am Lager eines Mädchens (Dívčino<br />

lože) und sieht wortlos ihrem Ableben<br />

(Mrtvá dívka) zu. Mit den schweren und<br />

schwermütigen Sujets hielt der Maler die<br />

Würde des tragischen Augenblicks fest. Die<br />

Bilder, wiewohl in ihrem Inhalt beunruhigend,<br />

strömen die Atmosphäre der Versöhnung<br />

aus. Schikaneder tritt in ihnen als<br />

Führer durch eine Doppelwelt, Meister des<br />

Schatten- und Lichtspiels, als<br />

Mensch von Abend und Dämmerung<br />

auf. Stilgeschichtlich<br />

bleibt er eine Persönlichkeit<br />

ohne eindeutige Zuordnung, er<br />

entwickelt sich von der klassischen<br />

Figuralmalerei über psychologisch<br />

gestimmte Malweise<br />

und Symbolismus bis hin zu<br />

Werken im Stil des Realismus<br />

und Naturalismus. Er repräsentiert<br />

zwar das 19. Jahrhundert,<br />

läßt es aber in manchen seiner<br />

Bilder weit zurück.<br />

Jakub Schikaneder ging aus<br />

einem anregungsvollen familiären<br />

Umfeld hervor: ein Vorfahr,<br />

der berühmte Wiener Komiker und<br />

Dramatiker vom Ende des 18. Jahrhunderts,<br />

Emanuel Schikaneder, wurde durch sein<br />

Libretto für Mozarts Zauberflöte berühmt.<br />

Jakub besaß theatralische wie musikalische<br />

Begabung, von allen Anlagen aber kam das<br />

bildkünstlerische Talent am stärksten zum<br />

Vorschein. Bereits während der Studien an<br />

der Prager Akademie machte er sich einen<br />

Namen. Er war ein naher Verwandter des<br />

Malers Mikoláš Aleš, den er 1871 bei<br />

gemeinschaftlichen Studienarbeiten präzise<br />

portraitierte. Sein erstausgestelltes Bild fand<br />

bei dem maßgebenden Schriftsteller, Jour-<br />

30<br />

Výměnkářka (Altenteilerin), Öl auf Leinwand, 129 x 105 cm, 1885<br />

Večer na pobřeží (Abend an der Küste) Öl auf Leinwand, 117 x 156 cm, 1920-1922


Vražda v domě (Mord im Haus), Öl auf Leinwand, 129 x 105 cm, 1885 Öl auf Leinwand, 203 x 321 cm, 1889-1890<br />

Malerei<br />

„Er war schlank und von angenehmer<br />

Gestalt, nett, freundlich und<br />

hinterließ überall Spuren seiner verträumten,<br />

vornehmen Seele. Er wollte<br />

nicht genial aufstrahlen, jeder lauten<br />

Reklame stand er meilenweit fern …“<br />

Viktor Šuman<br />

Maler und Übersetzer<br />

(1882–1933)<br />

nalisten und Kritiker Jan Neruda Anerkennung,<br />

der ihm auch eine erfolgversprechende<br />

Zukunft voraussagte. Schikaneder versuchte<br />

nach Studienabschluß, sich von den<br />

Konventionen seiner Zeit zu befreien und<br />

sich manche Anregungen der zeitgenössischen<br />

Genremalerei, ja der studentischen<br />

Ulkerei (Bild Příšerná společnost – Schreckliche<br />

Gesellschaft) zunutze zu machen. Er<br />

brach zu einer Studienreise durch Europa<br />

auf. Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris<br />

führte ihn sein Interesse für provozierende<br />

psychologische Motive ins Atelier von<br />

Gabriel Max an der Münchner Akademie.<br />

Nach seiner Rückkehr nach Prag nahm<br />

Schikaneder an der Ausschreibung für Interieurgestaltung<br />

im Nationaltheater Prag,<br />

dem prestigereichsten heimischen Künstlerwettbewerb<br />

des 19. Jahrhunderts, teil. Sein<br />

Entwurf für die Ausschmückung der königlichen<br />

Loge (zusammen mit Emanuel Krescenc<br />

Liška) wurde angenommen und bald<br />

darauf auch umgesetzt. Der Fries, die Epochen<br />

der Přemysliden, Luxemburger und<br />

Habsburger darstellend, wurde aber nach<br />

dem verheerenden Brand auf Wunsch des<br />

neuen Direktors durch eine andere Ausschmückung<br />

ersetzt.<br />

Symbolický výjev (Symbolische Szene), Öl auf Karton, 50 x 37 cm, 1895-1897<br />

Poslední útěcha (Letzter Zuspruch), Öl auf Leinwand, 116 x 187 cm, 1897<br />

31


Na ztracené vartě (Auf verlorenem Posten), Öl auf Leinwand, 98 x 150 cm, 1906<br />

In Schikaneders Schaffen aus dieser Zeit<br />

spiegelten sich Impulse der europäischen<br />

Malerei wider, die er von seiner Paris- und<br />

Münchenreise mitgebracht hatte. Ähnlich<br />

wie viele seiner Zeitgenossen war auch er<br />

von der „wiedererweckten“ niederländischen<br />

Barockmalerei und ihren Lichtschattierungen<br />

angetan. Die Identifizierung mit niederländischen<br />

Quellen inspirierte ihn zur<br />

lebenslangen Verwendung von niederländischen<br />

Sujets und Motiven der Nordsee.<br />

Neben den bereits erwähnten Ertrunkenen<br />

Mädchen liefert das Pohřeb dítěte (Begräbnis<br />

eines Kindes) am Meeresstrand ein klassisches<br />

Beispiel dafür. Dank dem Paris-Erlebnis<br />

tendierte Schikaneder immer wieder<br />

zur künstlerischen Darstellung von Frauenfiguren<br />

und –schicksalen. Er schuf zahlreiche<br />

Werke mit Frauenthematik, z.B. das Portrait<br />

eines Kräuterweibes (Bylinkářka), einige<br />

Interieurkompositionen, die Studie Sedící<br />

dáma (Sitzende Dame), auf Monets Impressionen<br />

verweisend, realistische bis naturalistische<br />

Portraits Výměnkářka (Die auf Ausgedinge<br />

Lebende) Žena loupající brambory<br />

(Frau Kartoffeln schälend).<br />

Als hervorragende Leistung springt das<br />

großformatige Bild Vražda v domě (Mord im<br />

Haus) in die Augen. Damit dekanonisierte<br />

Schikaneder inhaltliche wie formale Konzepte<br />

seiner Zeit, indem er ein Thema auf<br />

eine über 3 m breite Leinwand brachte, das<br />

damals höchstens als Genremotiv oder Zeitschriftenillustration<br />

zur Geltung fand. Während<br />

die Kritik verlegen war, war der Urheber<br />

seiner Darstellungsweise so sicher, daß<br />

er damit 1890 die internationale Ausstellung<br />

der Gegenwartskunst in Berlin beschickte. Die<br />

Ausstellungskommission verstand das Sujet<br />

als Krimi, bei dem der wichtigste „Trick“<br />

darin bestand, den anwesenden Mörder zu<br />

enthüllen. Die Intention des Urhebers deutete<br />

aber eher das Mysterium von menschlicher<br />

Tragödie und Verbrechen an, und das Bild<br />

sollte ein realistisches Zeugnis von dem<br />

Ereignis ablegen. Zugleich warf das Werk<br />

in der tschechischen Kunstlandschaft die<br />

Frage auf, wie das Kunstverständnis der Wirklichkeit<br />

aussehen sollte und wie der Realismus<br />

im authentischen Zusammenhang<br />

hierzulande zu verkörpern wäre, und gab<br />

gewissermaßen eine Vorprobe davon ab.<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts gruppierte<br />

sich eine neue progressive Künstlergeneration<br />

mit dem Schriftsteller und Literaturkritiker<br />

F.X. Šalda an der Spitze. Schikaneder<br />

verblieb angesichts seines Alters und seiner<br />

Stellung in der Rolle eines Außenseiters. In<br />

dieser Zeit ist ein Wandel seines Duktus<br />

unverkennbar. Der Künstler setzte einen<br />

Schlußpunkt hinter die Etappe, in der er sich<br />

oft der Wirkungen des expressiv gestrichenen<br />

32<br />

Nokturno ve staré Praze (Nokturno in Altprag), Öl auf Leinwand, 120 x 105 cm, 1911


Seurat bis hin zu Whistlers und Grimshaws<br />

Nachtstücken.<br />

Der Gipfelpunkt und Abschluß von Schikaneders<br />

Schaffen stand im Zeichen einer<br />

Rückkehr zu Interieurs. Zu den typischen<br />

Interieurs, die im 19. Jahrhundert zu Malstudien<br />

anregten, gehörten verdunkelte<br />

Zimmer von Wohnungen, Puffs, Studierstuben,<br />

Irrenanstalten und Gefängnisse … Die<br />

winzigkleinen Welten der Stille, des Rauschens<br />

von Vorhängen und unbeantworteter<br />

Fragen … Schikaneders Studien konzentrierten<br />

sich auf die Analyse der Lichttönungen.<br />

Der lichtvolle Reichtum in Nachtstükken<br />

von Alt-Prag wurde eingetauscht gegen<br />

die Motive Tod, Überraschung, Begegnung<br />

und Abschied in geschlossenen Räumen.<br />

Der Ausdruck beruhigte sich, Elemente des<br />

Tragischen und Empfindsamen lösten sich<br />

auf, die Bilder nahmen feste Formen und<br />

einen soliden Aufbau in der Bedeutung an.<br />

Auf Schikaneders späten Leinwänden dominiert<br />

die Schnittstelle zwischen Innen- und<br />

Außenraum, zwischen der Welt von hüben und<br />

der von drüben. So etwa im Bild U kolébky<br />

(An der Wiege) konturiert die Lichtgrenze fein<br />

die Gestalt einer über der Wiege gebeugten<br />

Frau und schafft auch eine Scheide zweier Lebenslagen:<br />

der emotionalen und der geistigen,<br />

der wehmutsvollen und der harmonisch ausgeglichenen.<br />

Gerade durch das Motiv des<br />

Grenzübertritts nähert sich das Oeuvre des<br />

Malers geistigen Tendenzen des anbrechenden<br />

20. Jahrhunderts. Auch in dieser Beziehung<br />

steht sein Gesamtwerk sticht von dem<br />

der meisten Wegbereiter der Avantgarde ab.<br />

Jakub Schikaneder kommt der modernen<br />

Zeit paradoxerweise erst dann näher, als er<br />

beinahe vergessen ist, abseits der universitären<br />

Lehre steht und sich nicht mehr und am<br />

sozialen und künstlerischen Leben beteiligt.<br />

Auf den Bildern aus den letzten Lebensjahren<br />

tauchen Ereignisse, Dinge und Vorstellungen<br />

leichter und klarer, aber doch<br />

mit poesivoller Wehmut über das auf, was<br />

nicht mehr wiederkommt.<br />

Er blieb eine ambitionierte Persönlichkeit,<br />

die in der Rolle des Außenseiters Bleibendes<br />

und intendiert Klassisches kreiert hat.<br />

Matyáš Pozler<br />

(Nach Tomáš Vlček: Jakub Schikaneder)<br />

Photos: Archiv Redaktion<br />

oder aufgetragenen Farbstoffes bediente, zugunsten<br />

einer subtileren und festeren Maltechnik.<br />

So entstanden Malereien mit Landschaftsmotiven,<br />

etwa das Bild V podvečer<br />

(Am Vorabend), das sich den Gegensatz<br />

zwischen dem direkten Licht der untergehenden<br />

Sonne und dem diffusen, vom Himmel<br />

reflektierten Licht zum Thema setzt.<br />

Bei seiner Suche nach einem harmonischen<br />

Gleichgewicht der Gegensätze<br />

auf der Leinwand berührte Schikaneder<br />

ein Sujet, das sein reifes Werk auszeichnen<br />

sollte. Auf dem Bild Milenci (Liebespaar)<br />

malte er Gestalten im abgelegenen Winkel<br />

der Prager Altstadt. Mit Prag-Motiven<br />

gelangte er wortwörtlich zum Ziel, fand<br />

ein angemessenes Milieu für seine lyrischen<br />

Dramen, die Dialogführung seiner Gestalten<br />

mit dem historischen Hintergrund<br />

der Stadt verbindend. Prag wurde Schikaneders<br />

stärkstes künstlerisches Argument.<br />

Zu dem Zeitpunkt, als er sich der Metropole<br />

zuwandte, war seine Spannweite ziemlich<br />

breit. Sie reichte von sonnendurchfluteten<br />

impressionistischen Bildern eines<br />

Pissarro, eines Monets über Lichtanalysen<br />

des Postimpressionismus eines Signac und<br />

Pražská ulička v noci (Prager Gasse bei Nacht), Öl auf Leinwand, 70 x 50 cm, 1899-1902<br />

33


František Skála<br />

Einer der maßgeblichen bildenden<br />

Künstler Tschechiens, František Skála<br />

(*1956), erntet in der heimatlichen Szene<br />

unerwartete Erfolge. Seine Prager Ausstellung<br />

„Skála im Rudolfinum“ (Ende<br />

2004) zählte 40tsd. Besucher und ist<br />

damit die in den letzten Jahren hierzulande<br />

erfolgreichste.<br />

Neben seiner Tätigkeit als Kinderbuchillustrator<br />

setzte sich Skála Anfang der<br />

1980er Jahre als Bildhauer und Schöpfer<br />

eindrucksvoller Objekte und Installationen<br />

durch. Sein Werk ließ er nicht nur<br />

auf seinen eigenen Ausstellungen sehen,<br />

er stellte auch gemeinsam mit seinen<br />

Altersgenossen aus der avantgardistischen<br />

Gruppe Tvrdohlaví (Dickköpfe,<br />

1987-1991) aus, die seinerzeit die Kulturszene<br />

einschneidend mitgestaltete und<br />

deren Gründungsmitglied Skála war.<br />

Bekannt ist er vor allem durch seinen<br />

ehrlichen und positiven Zugang zum Kunstschaffen.<br />

Als er 1993 dazu ausersehen<br />

wurde, Tschechien auf der 45. Venediger<br />

Biennale zu repräsentieren, machte er sich<br />

zu Fuß nach Italien auf, wo er neben<br />

Zeichnungen auch zarte Kunstwerke, aus<br />

auf dem 850 km langen Weg gefundenen<br />

Gegenständen ausstellte. Auf höchst originelle<br />

Weise entwarf er 1992 das Interieur<br />

des Prager Theaters Archa. Er gastierte<br />

an Universitäten in Australien und in den<br />

USA. Augenblicklich wirkt er sich Schauspieler<br />

am Prager Theater Sklep (Keller)<br />

und ist Mitglied des Vokaltrios Tros Sketos.<br />

Ausgezeichnet wurde nicht nur er<br />

mit dem Jindřich-Chalupecký-Preis, er<br />

wurde auch in einer Umfrage, an der<br />

sich Historiker, Kunsttheoretiker und<br />

Publizisten beteiligten, zur „Persönlichkeit<br />

des Jahres“ gekürt.<br />

Descartes-Preis<br />

Das Observatorium im Süden Afrikas, in<br />

Namibia, ermöglicht den Wissenschaftlern<br />

die Erforschung der Gamma-Strahlen und<br />

die Bestimmung der Mitte unserer Galaxis.<br />

Auf die Erforschung dieser Strahlen konzentriert<br />

sich das internationale Projekt<br />

High Energy Stereoscopic System (H.E.S.S.),<br />

in das auch zwei Tschechen, Professor Ladislav<br />

Rob vom Institut für Teilchen- und Kernphysik<br />

an der Mathematisch-Physikalischen<br />

Fakultät der Karls-Universität Prag und der<br />

Doktorand Dalibor Nedbal, involviert sind.<br />

Für seine Ergebnisse konnte das Team<br />

den René-Descartes-Preis entgegennehmen,<br />

der von der EU an Forschende vergeben wird,<br />

die im Rahmen europäischer Verbundforschungsprojekte<br />

hervorragende Leistungen<br />

vollbringen. Es ist schon zum zweiten Mal,<br />

daß Tschechen in einem Team mitarbeiten,<br />

das diese Auszeichnung erhielt. Im Jahre<br />

2001 ging der Descartes-Preis an ein Team,<br />

in dem der tschechische Biochemiker Antonín<br />

Holý an einem Medikament mitarbeitete,<br />

daß den HIV-Virus stoppen sollte.<br />

Berühmte Autoren<br />

in Prag<br />

Schriftstellerfestival Prag 2006, gewidmet Arthur Miller<br />

Photo: Tschechische Presseagentur (ČTK)<br />

Vom 3. bis zum 6. Juni 2007 war Prag<br />

Schauplatz des 17. Festival spisovatelů<br />

Praha (Schriftstellerfestival Prag), welches<br />

ganz im Zeichen der revolutionierenden<br />

Bewegung dada stand.<br />

Die 17jährige Tradition und die Namen<br />

von 260 Autoren aus aller Welt, die sich<br />

bislang in Prag vorstellten, die regelmäßige<br />

Teilnahme internationaler Verlage<br />

und der Kritik, haben das Festival zu<br />

einem weltweit angesehen Ereignis werden<br />

lassen, das bemerkenswerte Literatur<br />

in Tschechiens Hauptstadt offeriert.<br />

Erwartet wurde auch einer der angesehensten<br />

Schriftsteller, Autor des Romans<br />

Ragtime, der Amerikaner Edgar Lawrence<br />

Doctorow. Mit ihm betraten auch andere<br />

Legenden der amerikanischen Literatur<br />

das Podium betreten: Gary Snyder,<br />

Träger des Pulitzer-Preises für Poesie,<br />

Walter Abish, aus den Niederlanden<br />

kommt Arnon Grunberg, erwartet werden<br />

außerdem der Schweizer Adrian Notz,<br />

der Schwede Tom Sadqvist …<br />

Auf die Frage, wie gerade E. L. Doctorow<br />

in das Festivalprogramm passe, antwortet<br />

Michael March, der Präsident desselben:<br />

„Einer der Grundgedanken des<br />

Dadaismus ist die absolute Infragestellung<br />

der Gewalt. Und Doctorow stellt in<br />

seinen Werken Aggression, Destruktion<br />

und Herrschsucht bloß.“<br />

Archäologische<br />

Funde<br />

Der Brandbestattungsplatz mit Urnenfeldern<br />

in Příšovice (Přischowitz) bei<br />

Turnov (Turnau) wurde vom Kulturministerium<br />

der Tschechischen Republik<br />

unter die Kulturdenkmale eingereiht.<br />

Die Bestattungsstätte aus dem 9./10.<br />

Jahrhundert v. Chr. gilt als einer der wertvollsten<br />

archäologischen Fundorte im<br />

Landkreis Liberec (Reichenberg). Die<br />

Einzigartigkeit dieser Stätte beruht in<br />

der großen Anzahl kompletter, kaum<br />

beschädigter Gräber mit menschlichen<br />

Überresten aus der Bronzezeit.<br />

34


Mosaik<br />

Gedenkmedaille für<br />

Sportler und Sportlerinnen<br />

Štěpánka Hilgertová, Kateřina Neumannová, Martin<br />

Doktor, Photo: Tschechische Presseagentur (ČTK)<br />

Die erfolgreichsten tschechischen Sportler<br />

und Sportlerinnen der letzten Jahre haben<br />

ihre Gedenkmünzen. Sie haben eine charakteristische<br />

goldene Farbe – die Emission des<br />

Tschechischen Münzamtes trägt den Namen<br />

Olympische Sieger und Weltmeister.<br />

Anfang April wurden sie in Prag vorgestellt<br />

– die Kanutin Štěpánka Hilgertová,<br />

die Skiläuferin Kateřina Neumannová<br />

und der Kanute Martin Doktor. Auf Medaillen<br />

porträtiert findet man auch den Eishockeyspieler<br />

Jaromír Jágr und den Speerwerfer<br />

Jan Železný.<br />

Ein Auge über<br />

Prag<br />

Eine Rückschau auf die internationale<br />

Architekturausschreibung für das neue<br />

Gebäude der Tschechischen Nationalbibliothek<br />

brachte die Ausstellung Oko<br />

nad Prahou (Auge über Prag). Die<br />

Exposition in der Prager Galerie Klementinum<br />

präsentierte alle 355 Entwürfe.<br />

Der größte Raum blieb dem Siegerprojekt,<br />

erarbeitet von dem britischen<br />

Team des Büros Future Systems unter<br />

Leitung des aus Tschechien stammenden<br />

Architekten Jan Kaplický, vorbehalten.<br />

Das Projekt stellt eine revolutionäre<br />

architektonische Lösung vor, die das<br />

Panorama der Hauptstadt nachhaltig<br />

beeinflussen wird und weckt schon jetzt<br />

unterschiedliche Emotionen in Fachund<br />

Laienwelt.<br />

Die internationale Ausschreibung erfolgte<br />

im Mai 2006 und der einstimmig<br />

gewählte Sieger wurde am 2.März dieses<br />

Jahres bekanntgegeben. Der Jury saß die<br />

Architektin Eva Jiřičná vor, zu den Mitgliedern<br />

gehörte auch Zaha Hadid, die<br />

weltweit erste Dame auf diesem Gebiet.<br />

„Der Entwurf zu einer solchen Ausschreibung<br />

kann nicht das Werk einer<br />

einzelnen Primadonna sein“, betonte<br />

Kaplický und zählte seine engsten<br />

Mitarbeiter: Volkan Alkanoglu, María<br />

José Castrillo, Misha Kitlerova, Filippo<br />

Previtali a Georg Roetzel.<br />

FEBIOFEST 2007<br />

Das 14. Internationale Film-, Fernsehund<br />

Videofestival FEBIOFEST 2007<br />

lief in diesem Jahr in Prag und zehn weiteren<br />

Städten in Böhmen, Mähren und<br />

Schlesien ab. Die Film- und Fernsehgesellschaft<br />

FEBIO nahm 1992 ihre Tätigkeit<br />

auf. Gründer, Inhaber und Direktor<br />

diese privaten Studios ist der Film- und<br />

Fernsehregisseur Fero Fenič. FEBIO-<br />

FEST als internationales Festival wurde<br />

1993 begründet, hielt nach und nach in<br />

allen größeren Städten Tschechiens und<br />

der Slowakei Einzug und sucht heute in<br />

Europa seinesgleichen.<br />

Im vergangenen Jahr kamen 272<br />

Filme zur Aufführung, darunter Werke<br />

von Sofia Coppola, Sydney Pollack oder<br />

Robert de Niro.<br />

Am Abschlußabend von FEBIOFEST<br />

2007 wurden die Preise Kristian und<br />

Kristiana für die interessanten Schöpfungen<br />

im Bereich Dokumentations-,<br />

Trick- und Spielfilm übergeben. Der<br />

Preis Kristian für einen besonderen<br />

Beitrag zum tschechischen Filmschaffen<br />

ging an den polnischen Schauspieler<br />

Daniel Olbrychski. Der Preis Kristiana<br />

für eine Bereicherung der Weltfilmkunst<br />

wurde dem georgisch-französischen<br />

Regisseur Otar Ioseliani überreicht.<br />

Haring in Český<br />

Krumlov<br />

Zum erstenmal ist das Werk des populären<br />

amerikanischen Malers, Zeichners<br />

und Graphikers Keith Haring vom Ende<br />

des vergangenen Jahres in Tschechin zu<br />

sehen. Der weltverehrte Künstler, dessen<br />

Graffitis, oft mit politischem Hintergrund,<br />

im New York der 80er Jahre Millionen<br />

Menschen auf den Straßen und in<br />

den Metros ansprachen. 1990 starb<br />

Haring an AIDS, seine letzten Lebensjahre<br />

widmete er dem Kampf gegen<br />

diese Krankheit.<br />

Die Ausstellung im Egon Schiele Art<br />

Centrum in Český Krumlov (Krumau)<br />

kann bis zum 28. Oktober dieses Jahres<br />

besucht werden.<br />

Veranstaltet wird die Ausstellung<br />

unter dem Namen Keith Haring (1958-<br />

1990) und junge Künstler New Yorks,<br />

denn neben dem Werk Harings stellt die<br />

Galerie auch fünf junge Epigonen vor,<br />

die ihre Schöpfungen direkt im Krumauer<br />

Atelier installieren.<br />

35


Biennale Brünn<br />

Popiska k fotografii, pokračování<br />

1964 eröffnete der Brünner Maler<br />

und Graphiker Jan Rajlich d.Ä. die<br />

erste Ausstellung von Plakatkunst<br />

und Gebrauchsgraphik unter ausschließlicher<br />

Beteiligung tschechischer<br />

und slowakischer Graphiker.<br />

Dieses Unterfangen, das an<br />

der Wiege des originellsten<br />

Festival des Graphikdesigns<br />

hierzulande steht, wurde<br />

in Zusammenarbeit mit<br />

dem damaligen Direktor<br />

der Mährischen Galerie<br />

Brünn, Jiří Hlušička, in<br />

Angriff genommen. Zwei<br />

Jahre später, nachdem sie<br />

ihre Erfahrungen mit der<br />

heimischen Schau gemacht<br />

hatten, fand die Ausstellung<br />

unter ihrer Betreuung<br />

eine Fortsetzung in<br />

der internationalen Brünner<br />

Biennale. Diese avancierte<br />

im Laufe zweier Dezennien<br />

zu einer der angesehensten internationalen<br />

Veranstaltungen dieser Art.<br />

Anläßlich der zehnten Biennale<br />

Brünn 1982 wurde ein Dokumentarstreifen<br />

im Studio für Kurzfilme (studio<br />

Krátkého filmu) gedreht, und die<br />

japanische Zeitschrift Idea widmete<br />

der Exposition und Geschichte der<br />

tschechischen Plakatkunst eine Sondernummer.<br />

Eine Art Hommage auf<br />

das Lebenswerk von Jan Rajlich d.Ä.,<br />

das dem Niveauanstieg des<br />

Graphikdesigns galt, statuierte<br />

die japanische Industrialand<br />

Design Promoting<br />

Organization, indem sie<br />

den Künstler zur Präsentation<br />

der Biennale Brünn nach<br />

Tokio und auch zu einem<br />

zweitägigen Symposion im<br />

März 1997 einlud.<br />

Nach 2000 begann<br />

sich auf der Biennale ein<br />

Wandel abzuzeichnen. Die<br />

Ausstellung, die in ihrem<br />

Wesen an einen Kunstsalon<br />

36


Design<br />

Die Biennale Brno – eine der wohl<br />

ältesten periodischen Präsentationen<br />

graphischen Designs.<br />

mit weiter Spannweite hinsichtlich<br />

der beteiligten Länder und Künstlerschaft<br />

erinnerte, wurde durch Änderungen<br />

im Organisationskomitee<br />

geprägt. Den Vorsitz führt nunmehr<br />

der progressive Prager Designer Aleš<br />

Najbrt (nach Jan Rajlich d. J.), aus der<br />

Biennale ist nach und nach ein Festival<br />

des Graphikdesigns mit einem<br />

durchdachten Programm von Begleitveranstaltungen<br />

geworden. Die Wettschau<br />

zeigt das Neueste aus den letzten<br />

vier Jahren – auf der Biennale<br />

wechseln zweierlei Kategorien: einerseits<br />

Buchdesign, Schrift und e-Medien,<br />

andererseits Kunstplakat und<br />

Werbegraphik. In der gedrängten Auswahl<br />

an besonderen Leistungen spiegelt<br />

die Biennale herrschende und<br />

zukunftweisende Trends wider. Dabei<br />

entsteht in der Mährischen Galerie<br />

Brünn eine weltweit einmalige Graphikdesignsammlung,<br />

denn sämtliche<br />

Ausstellungsstücke, von wo auch immer<br />

sie sein mögen, gehen nach Abschluß<br />

in Besitz der Galerie über. Die<br />

Schau steht aber nicht nur renommierten<br />

Künstlern, sondern auch den angehenden<br />

und Kunsthochschulstudierenden<br />

offen.<br />

„Alle geraden Jahre wieder begegnet<br />

man in der Internationalen<br />

Biennale des Graphik-Designs Brünn<br />

einer einmaligen Schau, auf der Innovatives<br />

im Bereich Visuelle Kommunikation<br />

gegenübergestellt wird“,<br />

sagt Marek Pokorný, Direktor der<br />

Mährischen Galerie und der Biennale<br />

Brünn: „Seine Bedeutung ist den<br />

Karlsbader Internationalen Filmfestspielen<br />

vergleichbar.“<br />

Neue Perspektiven des Designs<br />

werden auch von dem internationalen<br />

Symposion auf der Brünner Biennale<br />

untersucht. „Die Möglichkeit, seine<br />

Position mit anderen zu vergleichen<br />

und die anstehenden Fragen mit Vortragenden<br />

aus vielen Ländern mit<br />

unterschiedlichem historischen und<br />

sozialen Hintergrund und unterschiedlichen<br />

Erfahrungen zu diskutieren, ist<br />

anregend für alle Teilnehmer des<br />

Symposions“, stellt der Veranstalter<br />

und Moderator des Symposions, Alan<br />

Záruba, fest. Das Symposion und die<br />

Begleitveranstaltungen bringen wichtige<br />

Impulse für junges Publikum und<br />

Studenten, dank der Biennale können<br />

sie persönliche Kontakte mit maßgebenden<br />

Persönlichkeiten des Graphikdesigns<br />

anknüpfen.<br />

37


Neben der Wettschau wird von der<br />

Mährischen Galerie auch eine Anzahl<br />

verschiedenster Ausstellungen unter<br />

der Obhut von Kuratoren vorbereitet,<br />

in denen das Beste an Design der Vergangenheit<br />

wie der Gegenwart reflektiert<br />

wird. Das Programm umfaßt<br />

nicht nur einen Zyklus von Ausstellungen<br />

profilierter tschechischer<br />

Graphikdesigner (unter dem Namen<br />

Work From …), sondern auch eine<br />

tiefschürfende Sonden in die Entwicklung<br />

von Design in einem Land, einer<br />

Region oder auf einem bestimmten<br />

Territorium. (Auf der letzten Biennale<br />

waren es außer der Ausstellung Work<br />

From China auch Autorenprojekte<br />

unter dem Namen Work From Mars).<br />

Neu an der Organisation ist die Einladung<br />

eines ausländischen Kurators,<br />

dem im Pražák-Palais in Brünn ein<br />

Ausstellungsraum zur Präsentation<br />

einer eigenen Vision zur Verfügung<br />

steht. Die Ausstellung wird zu einem<br />

ansprechenden Gegenpol des Hauptwettbewerbs.<br />

Marta Sylvestrová<br />

Kuratorin der Biennale Brünn<br />

Leiterin der Graphikdesign-Sammlung<br />

Mährische Galerie Brünn<br />

Photos: Archiv Bienále<br />

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