Grundlagen der Evolutionspsychologie
Grundlagen der Evolutionspsychologie
Grundlagen der Evolutionspsychologie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Seminar: Kindheit und Jugendalter SS 2008<br />
Dozentin: Prof. Dr. Nieding 26.05.08<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Evolutionspsychologie</strong><br />
Referentinnen:<br />
Christiane Hack, Agneta Floth,<br />
Navina Pfenning<br />
Teil 1<br />
<strong>Grundlagen</strong><br />
2
<strong>Evolutionspsychologie</strong><br />
Def.<br />
Verständnis <strong>der</strong> Mechanismen des menschlichen Gehirns & Geistes<br />
Inhalt<br />
1. Kausale Prozesse -> menschliches Bewusstsein<br />
2. Bestandteile & Mechanismen des menschlichen Geistes, sowie<br />
<strong>der</strong>en Organisation<br />
3. Funktion <strong>der</strong> Bestandteile & <strong>der</strong>en Organisationsstruktur<br />
4. Integration des Inputs aus <strong>der</strong> Umwelt mit <strong>der</strong> Beschaffenheit des<br />
menschlichen Geistes bei <strong>der</strong> Entstehung beobachtbaren<br />
Verhaltens<br />
• kombiniert Erkenntnisse aus allen Bereichen des Geistes<br />
3<br />
Evolutionstheorien<br />
Evolution<br />
Die sich im Laufe <strong>der</strong> Zeit<br />
vollziehenden Verän<strong>der</strong>ungen<br />
organischer (leben<strong>der</strong>)<br />
Strukturen.<br />
Theorien<br />
1. Evolutionisten<br />
2. Charles Darwin<br />
3. Mo<strong>der</strong>ne Synthese<br />
4. Verhaltensforschung<br />
5. Gesamt-Fitness-Theorie<br />
6. Soziobiologie<br />
4
Evolutionisten (vor 1859)<br />
Inhalt<br />
•Artenvielfalt mit strukturellen Parallelen<br />
•gleiche Vorfahren versch. Arten<br />
•Funktionalität best. Körperteile<br />
durch<br />
Vertreter<br />
•Vergleiche <strong>der</strong> Tierarten<br />
•Knochenfunde<br />
•Vgl. embryologischer Entwicklung bei versch. Tierarten<br />
•Lamarck:<br />
1. natürl. Neigung sich<br />
weiterzuentwickeln<br />
2. Vererbbarkeit erworbener<br />
•Cuvier:<br />
Katastrophismus<br />
5<br />
6
Charles Darwin<br />
Theorie d. natürlichen<br />
Auslese<br />
1. Variation<br />
2. Vererbung<br />
3. Selektion<br />
Adaption per Existenzkampf<br />
Theorie d. sexuellen<br />
Auslese<br />
1. intrasexueller Wettbewerb<br />
2. Intersexuelle Selektion<br />
Adaption per erfolgreicher<br />
Paarung<br />
Kritik: nicht die einzigen<br />
Gründe<br />
Evolution = nicht<br />
planbar<br />
allmähliche Entwicklung<br />
Vererbungstheorie fehlt<br />
7<br />
Mo<strong>der</strong>ne Synthese<br />
Kombination Theorien Darwins & Lehre Mendels<br />
8
Def.<br />
Inhalt<br />
Vertrete<br />
r<br />
Kritik<br />
Verhaltensforschung<br />
(Ethologie)<br />
Lehre von unmittelbaren Mechanismen & des adaptiven Werts<br />
tierischen Verhaltens<br />
1. Unmittelbare Einflüsse auf Verhalten<br />
2. Entwicklungsbezogene Einflüsse<br />
3. Funktion/adaptive Wirkung des Verhaltens<br />
4. evolutionäre/phylogenetische Ursprünge des Verhaltens<br />
Konrad Lorenz<br />
Prägung<br />
viele Begriffe nicht erklärt<br />
Bezug: nur auf beobachtbares Verhalten<br />
Keine genauen Kriterien für Adaption<br />
9<br />
Gesamt-Fitness-Theorie<br />
Grundla<br />
ge<br />
Inhalt<br />
Ergebnis<br />
Klassische Fitness (Maßeinheit des Reproduktionserfolgs)<br />
per natürlicher Selektion erfolgt Vererbung von Eigenschaften,<br />
die garantieren, dass Gene weitergegeben werden, egal ob<br />
direkt Nachkommen produziert werden<br />
Gesamt-Fitness (nach Hamilton)<br />
• Fortpflanzungserfolg & Auswirkungen <strong>der</strong> Handlungen eines<br />
Individuums auf Fortpflanzung genetischer Verwandter<br />
-> Adaptionen<br />
• vom Grad <strong>der</strong> Verwandtschaft abhängig<br />
• „Gen-Blickwinkel“<br />
keine Gruppenselektion<br />
teilweise Klärung <strong>der</strong> Altruismus-Frage<br />
Adaptionen= Problemlösungen, die zur erfolgreichen Fortpflanzung<br />
beitragen<br />
10
Soziobiologie<br />
• Zusammenführung versch. wissenschaftlicher<br />
Bemühungen<br />
• bei Bezug auf Menschen: Missverständnisse<br />
– NUR Gene beeinflussen Verhalten<br />
– Verhalten = unverän<strong>der</strong>bar<br />
– Adaptionen = IMMER zu 100% optimal<br />
11<br />
Entstehung des Menschen<br />
12
Theorien <strong>der</strong> Entstehung<br />
Situation: 3 „Menschen-Typen“ Nean<strong>der</strong>taler, Homo Erectus, Homo Sapiens<br />
2 Entstehungstheorien<br />
Multiregionale Hypothese<br />
• parallele Entwicklung aller 3 Gruppen<br />
->Homo Sapiens<br />
• in versch. Teilen <strong>der</strong> Welt<br />
• durch Genaustausch<br />
Out-Of-Africa-Theorie<br />
• in EINER Region (Afrika) entwickelt<br />
-> Abwan<strong>der</strong>ung<br />
• Verdrängung an<strong>der</strong>e Populationen<br />
• zu verschieden, um sich zu paaren<br />
genetische/anatomische/ärchäologis<br />
che Beweise<br />
13<br />
Psychologische Theorien<br />
1. Freuds Theorie <strong>der</strong> Psychoanalyse<br />
2. Psychologie <strong>der</strong> Instinkte<br />
3. Behavorismus<br />
4. Kognitive Revolution<br />
14
Theorie <strong>der</strong> Psychoanalyse<br />
Grundlage Sexualität -> Denken & Handeln<br />
psychische Strukturen kanalisieren die Sexualität<br />
Instinktsystem<br />
Lebenserhaltenden Instinkte<br />
Sexuellen Instinkte<br />
• Ausrichtung auf Überleben • orale<br />
• anale Phase<br />
•Genitale<br />
•Lebensinstinkt vs Todesinstinkt<br />
15<br />
Instink<br />
t<br />
Psychologie <strong>der</strong> Instinkte<br />
(James)<br />
Fähigkeit durch Handeln best. Ziele zu erreichen, ohne sie vorher zu<br />
kennen & ohne im Handeln vorher ausgebildet worden zu sein<br />
These<br />
n<br />
Vielzahl von Instinkten<br />
Natürliche Selektion mittels Adaption<br />
Instinkt = spezifische Beson<strong>der</strong>heit des angeborenen, psycholog.<br />
Wesens<br />
nicht immer blind o<strong>der</strong> geäußert<br />
durch Erfahrung verän<strong>der</strong>t<br />
durch an<strong>der</strong>e Instinkte überlagert<br />
16
Behavorismus<br />
Grundla<br />
ge<br />
Klassische Konditionierung<br />
einzelner, vielseitig einsetzbarer Lernmechanismus<br />
Verknüpfung 2er nicht zusammengehöriger Reize<br />
Radikaler Behavorismus (Skinner)<br />
Operante Konditionierung<br />
Verhalten -> Verstärkung-> anschließendes Verhalten<br />
Wie<strong>der</strong>holung dieses Verhaltens<br />
jedes Verhalten durch Kontingenzen <strong>der</strong> Verstärkung erklärbar<br />
Generelle Lernfähigkeit (wenige Eigenschaften angeboren)<br />
„ Die Natur des Menschen liegt darin, dass er keine Natur hat.“<br />
Kulturanthropologie<br />
Kultur bestimmt Verhalten = „Kultur-Fähigkeit“<br />
Kritik: Universaleigenschaften vorhanden<br />
Experimente Harry Harlow 1971<br />
John Gracia 1966<br />
17<br />
Experimente<br />
18
Kognitive Revolution<br />
19<br />
Teil 2<br />
Die neue Wissenschaft <strong>der</strong><br />
evolutionären Psychologie<br />
20
Adaptionen<br />
(Primärprodukt <strong>der</strong> Evolution)<br />
• durch natürliche Selektion entstanden<br />
• Merkmale werden vererbt und dienen <strong>der</strong><br />
Lösung von Überlebens- und<br />
Reproduktionsproblemen<br />
• haben eine genetische Basis und<br />
sind meist das Produkt vieler Gene<br />
• meist artentypisch<br />
• Beispiel: Nabelschnur<br />
23<br />
Nebenprodukte<br />
(by-products, Begleiterscheinungen)<br />
• lösen keine adaptiven Probleme<br />
• weisen keinen funktionellen Entwurf auf<br />
• sind an Adaptionen angekoppelt, sog.<br />
„Anhängsel“<br />
• Beispiel: Bauchnabel<br />
24
Zufallsrauschen<br />
(noise, Zufallsprodukte)<br />
• durch Mutationen, plötzliche Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
Umwelt o<strong>der</strong> Unfälle entstanden<br />
• können schädlich, neutral o<strong>der</strong> nützlich sein<br />
• unabhängig von den adaptiven Aspekten <strong>der</strong><br />
Merkmale<br />
• nicht artentypisch<br />
• Bsp.: spezifische Form des Bauchnabels<br />
25<br />
Hierarchie von Analyse-Ebenen<br />
in <strong>der</strong> evolutionären Psychologie<br />
• Allgemeine Evolutionstheorie (oberste Ebene)<br />
• Evolutionstheorie <strong>der</strong> mittleren Ebene<br />
• Spezifische evolutionäre Hypothesen<br />
• Spezifische von Hypothesen abgeleitete<br />
Vorhersagen (unterste Ebene)<br />
• Dabei ist zu beachten, dass eine Hypothese falsch sein<br />
kann, selbst wenn die Theorie eine Ebene darüber, die<br />
zur Hypothese geführt hat, korrekt ist.<br />
26
Zwei Strategien, wie evolutionäre<br />
Hypothesen entwickelt und<br />
überprüft werden<br />
• Strategie 1: top-down-Strategie<br />
(theoriegeleitet; Hypothesen über Phänomene,<br />
die möglich sein könnten)<br />
• Strategie 2: botten-up-Strategie<br />
(erfahrungsgeleitet; Beobachtung eines<br />
Phänomens, Aufstellung von Hypothesen<br />
über dessen Funktion)<br />
27<br />
Top-down-Strategie<br />
• theoriegeleiteter Ansatz einer<br />
Hypothesengenerierung<br />
• vom Allgemeinen zum Spezifischen<br />
Vorgehensweise:<br />
Schritt 1: Ableitung einer Hypothese aus einer<br />
existierenden Theorie<br />
Schritt 2: Überprüfung <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Hypothese<br />
basierenden Vorhersage<br />
Schritt 3: Auswertung, ob die empirischen<br />
Ergebnisse die Vorhersagen bestätigen<br />
28
Bottom-up-Strategie<br />
• man beginnt mit einer Beobachtung, entdeckt<br />
ein Phänomen und stellt über dessen Funktion<br />
eine Hypothese auf<br />
Vorgehensweise:<br />
Schritt 1: Entwicklung einer Hypothese basierend<br />
auf einer bekannten Beobachtung<br />
Schritt 2: Überprüfung <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Hypothese<br />
basierenden Vorhersage<br />
Schritt3: Auswertung, ob die empirischen Ergebnisse<br />
die Vorhersagen bestätigen<br />
29<br />
Der Kern <strong>der</strong> menschlichen Natur:<br />
<strong>Grundlagen</strong> evolutionsbedingter<br />
psychologischer Mechanismen<br />
Alle Arten haben eine Natur<br />
• Entstanden durch den spezifischen<br />
Selektionsdruck und den dadurch einzigartigen<br />
adaptiven Problemen denen jede Art ausgesetzt<br />
war<br />
• Bsp.: Stachelschwein verteidigt sich mit Hilfe<br />
seiner Stacheln<br />
30
Evolutionsbedingte<br />
psychologische Mechanismen<br />
• Unterklasse <strong>der</strong> Adaptionen<br />
• aus ihnen besteht <strong>der</strong> menschliche Verstand<br />
• meist problemspezifisch<br />
Schlüsselbestandteile:<br />
• Input<br />
(informiert Organismus über adaptives Problem)<br />
• Entscheidungsregeln<br />
(Umwandlung des Input in den Output)<br />
• Output<br />
(z.B. körperliche Aktivität)<br />
31<br />
Methoden zur Überprüfung von<br />
evolutionären Hypothesen<br />
• Vergleich verschiedener Arten<br />
Bsp.: Auf Klippen lebende Ziegen haben besseres räumliches<br />
Orientierungsvermögen<br />
• Vergleich von Männern und Frauen<br />
Bsp.: unterschiedliche adaptive Probleme wie das <strong>der</strong><br />
„Ungewissheit <strong>der</strong> Vaterschaft“<br />
• Vergleich von Individuen innerhalb einer Art<br />
Bsp.: jüngere Frauen treiben Fötus eher ab als ältere<br />
• Vergleich <strong>der</strong>selben Individuen in unterschiedlichen<br />
Situationen<br />
Bsp.: Bei Naturvölkern erhöht sich <strong>der</strong> Sozialstatus eines Jägers,<br />
wenn sich seine Jagdfähigkeiten verbessern<br />
• Experimentelle Methoden<br />
Bsp.: Untersuchung im Labor durch „Manipulation“ einer Gruppe<br />
und anschließendem Vergleich mit einer Kontrollgruppe<br />
32
Datenquellen zur Überprüfung<br />
von evolutionären Hypothesen<br />
• Archäologische Aufzeichnungen<br />
Bsp.: Analyse von Knochenfragmenten<br />
• Daten von Jäger-Sammler-Gesellschaften<br />
Bsp.: traditionelle von westlichen Zivilisationen isoliert lebende<br />
Stämme<br />
• Beobachtungen<br />
Bsp.: Männer bewachen fruchtbarere Frauen stärker<br />
• Selbstbeobachtungen/ eigene Aufzeichnungen<br />
Bsp.: Hypothese über geschlechtliche Unterschiede bei sexuellen<br />
Fantasien<br />
• Lebensdaten und öffentliche Aufzeichnungen<br />
Bsp.: Daten über Eheschließungen<br />
• Menschliche Erzeugnisse<br />
Bsp.: das mo<strong>der</strong>ne Fast-Food-Restaurant<br />
33<br />
Teil 3:<br />
Menschliche<br />
Überlebensprobleme
Kampf gegen die feindlichen Kräfte<br />
<strong>der</strong> Natur<br />
• Darwin:<br />
Klimaextreme, Nahrungsknappheit, Wetter, Krankheiten,<br />
Giftstoffe, Parasiten, Raubtiere, feindliche Artgenossen<br />
adaptive Probleme des Menschen:<br />
Probleme, die über einen langen Zeitraum <strong>der</strong><br />
Evolutionsgeschichte in je<strong>der</strong> Generation immer wie<strong>der</strong><br />
aufgetreten sind<br />
35<br />
Volksbiologie<br />
• Volksbiologie:<br />
meint die Intuition, dass Lebewesen in<br />
abgeschlossenen Einheiten existieren, die<br />
verschiedenen Arten entsprechen. Jede Art verfügt<br />
über eine innere „Essenz“, die Wachstum, äußere<br />
Form und spezielle Fähigkeiten bestimmt.<br />
• Kulturübergreifend:<br />
weltweite Einteilung <strong>der</strong> Arten in Pflanzen und Tiere<br />
Entwicklung von Adaptionsmechanismen<br />
36
Überblick<br />
1. Problem <strong>der</strong> Auswahl von Nahrung:<br />
• bei Allesfressern<br />
• Antimikrobielle Hypothese<br />
• Frugivoren-Nebenprodukts-Hypothese<br />
• Embryonenschutz-Hypothese<br />
2. Problem <strong>der</strong> Beschaffung von Nahrung<br />
• Jagd-Hypothese<br />
• Sammler-Hypothese<br />
• Aasfresser-Hypothese<br />
• Geschlechtsunterschiede in spezifischen räumlichen<br />
Fähigkeiten<br />
37<br />
Überblick<br />
3. Auswahl des Lebensraumes<br />
Savannen-Hypothese<br />
4. Ängste und „evolutionäres Gedächtnis“<br />
Ängste<br />
Raubtier-Vermeidungs-Adaptionen von Kin<strong>der</strong>n<br />
Krankheitsbekämpfung<br />
5. Sind Menschen programmiert zu sterben?<br />
Theorie <strong>der</strong> Seneszenz<br />
Rätsel des Suizids<br />
38
1. Problem <strong>der</strong> Auswahl von Nahrung<br />
• Koordination <strong>der</strong> Nahrungsauswahl mit dem<br />
inneren metabolischen Zustand<br />
(z.B. Energiebalance)<br />
• ausreichende Aufnahme an Kalorien<br />
• Ausgleich des Nährstoffgehaltes<br />
(z.B. Kalzium, Zink)<br />
39<br />
1.1 Nahrungsauswahl bei Ratten<br />
(Rozin, 1976)<br />
• Neugeborene: Aufnahme <strong>der</strong> Nahrung durch Muttermilch<br />
• Vorliebe für süße, kalorienreiche Nahrung<br />
• Meiden von Bitterstoffen (Toxine)<br />
• Anpassung des Verzehrverhaltens an physische Bedürfnisse:<br />
Ausgleich des Wasser-, Kalorien-, Salzhaushaltes<br />
• Neophobie:<br />
Vorsicht gegenüber neuen Nahrungsmitteln<br />
Aufnahme von Einzelnen und nur in geringen Mengen<br />
eventuelle Krankheit bewirkt Vermeidung<br />
40
Nahrungsauswahl beim Menschen<br />
(Rozin, 1996)<br />
• Teilen von Speisen: Statuserhöhung, Brautwerbung<br />
• in <strong>der</strong> Sprache: Geschichte „schwer zu schlucken“<br />
• Bekämpfung natürlicher Giftstoffe: spucken und übergeben<br />
(Kin<strong>der</strong>: Abneigung gegenüber Rosenkohl)<br />
• Kulturübergreifende Abscheu von Stoffen, die Überleben gefährden<br />
(Ekelreaktionen)<br />
41<br />
1.2 Antimikrobielle Hypothese<br />
(Sherman&Flaxman, 2001)<br />
Wirkung von Gewürzen:<br />
• töten o<strong>der</strong> hemmen das Wachstum von Krankheitserregern<br />
(Zwiebeln, Knoblauch, Piment, Oregano)<br />
• verhin<strong>der</strong>n die Bildung von Giftstoffen in <strong>der</strong> Nahrung<br />
Vermeidung von Erkrankungen o<strong>der</strong> Vergiftungen durch<br />
Nahrungsverzehr<br />
• Fleischverarbeitung in heißen Län<strong>der</strong>n mit<br />
vielen Gewürzen<br />
• Kulturelle Verbreitung durch Kommunikation<br />
42
1.3 Frugivoren-Nebenprodukts-<br />
Hypothese (Dudley 2002)<br />
• Vorliebe für Alkohol keine Adaption,<br />
son<strong>der</strong>n Nebenprodukt <strong>der</strong> Vorliebe für reife Früchte<br />
• Primaten:<br />
Frugivoren (Früchte als Hauptbestandteil <strong>der</strong> Nahrung)<br />
• reife Früchte: hohe Zucker- und Äthanolmenge<br />
Verzehr geringer Äthanolmengen seit Millionen<br />
von Jahren<br />
• Äthanolwert im Blut:<br />
Frucht 0,01% Trunkenheit 0,08%<br />
Alkoholismus: gestörtes adaptives Nebenprodukt<br />
des übermäßigen Genusses von Früchten<br />
43<br />
1.4 Embryonenschutz-Hypothese<br />
(Brandes, 1967; Tierson, 1986)<br />
• Morgenübelkeit: 75%- 89% in ersten drei Monaten (Fötus am<br />
anfälligsten für Giftstoffe)<br />
• Erbrechen: 55% <strong>der</strong> Schwangeren<br />
Verhin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Aufnahme von Giftstoffen (Teratogene):<br />
Aversion gegen Nahrungsmittel (Kaffee, Fleisch, Alkohol)<br />
• Frauen ohne Übelkeit erleiden dreimal häufiger eine Fehlgeburt<br />
44
2. Problem <strong>der</strong> Beschaffung von Nahrung<br />
2.1 Jagd-Hypothese<br />
(Tooby und DeVore, 1987)<br />
• Übergang vom Suchen nach Nahrung zur Jagd:<br />
-Herstellung und Verwendung von Werkzeug<br />
-Entwicklung eines Großhirns<br />
-Entwicklung komplexer Sprachfertigkeiten<br />
• Dünndarm weist auf lange Evolutionsgeschichte hin, in <strong>der</strong><br />
Menschen proteinreiche Nahrung zu sich nahmen<br />
• Lebensnotwendige Vitamine A und B12 nicht von Körper<br />
produzierbar Aufnahme durch Fleisch<br />
• Schnittwunden in Knochen, die schätzungsweise fast zwei<br />
Millionen Jahre alt sind (Metzger)<br />
45<br />
Versorgungshypthese:<br />
• starke Investition <strong>der</strong> Männer in ihre Kin<strong>der</strong><br />
• Auftreten starker männlicher Koalitionen<br />
• starke reziproke Altruismen (Partnerschaft)<br />
• sozialer Austausch (Teilen <strong>der</strong> Beute)<br />
• sexuelle Arbeitsteilung<br />
• Entwicklung von Steinwerkzeugen<br />
Showoff-Hypothese: (Hawkes, 1991)<br />
• Statuswettstreit: Teilen <strong>der</strong> Beute mit Nachbarn<br />
• bevorzugte Behandlungen <strong>der</strong> Frauen gegenüber Männern<br />
nach neuen Erkenntnissen: Vermischung bei<strong>der</strong> Hypothesen<br />
46
2.2 Sammler-Hypothese<br />
(Tanner und Zihlmann, 1976)<br />
• Entwicklung <strong>der</strong> Steinwerkzeuge zum<br />
Ausgraben verschiedener Pflanzen<br />
• Jagd erst viel später entwickelt<br />
• 50-80% <strong>der</strong> Nahrung aus gesammelten Pflanzen<br />
• Frauen mit kleinen Kin<strong>der</strong>n verbringen weniger Zeit mit dem<br />
Sammeln<br />
• Sammeln abhängig vom Jag<strong>der</strong>folg des Mannes<br />
ABER:<br />
• Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern nicht<br />
• Auftauchen <strong>der</strong> väterlichen Investition erklär-<br />
• Unterschiede zwischen Menschen und Affen bar<br />
47<br />
2.3 Aasfresser-Hypothese<br />
(Isaac, 1987; Shipman, 1985)<br />
• Teil des verzehrten Fleisches von Kadavern<br />
• Knochenfunde: Schnittmarkierungen über den<br />
Nagemarkierungen, aber auch Nagemarkierungen über Schnitten<br />
Vorfahren sowohl Aasfresser als auch Jäger<br />
ABER:<br />
- große Entfernungen für ausreichend Fleisch<br />
- Konkurrenz zu an<strong>der</strong>en Säugetieren<br />
- Fleisch verdirbt schnell<br />
48
2.4 Geschlechtsunterschiede in spezifischen<br />
räumlichen Fähigkeiten (Silverman, 2000)<br />
Frauen sammeln<br />
Männer jagen<br />
-besseres Gedächtnis für Standorte -bessere Navigationsfähigkeit<br />
von Objekten<br />
-mentale Rotation von Gegenständen<br />
Richtungsangaben:<br />
-markante Punkte (Bäume)<br />
-abstrakte Richtungsangaben<br />
(„Norden“)<br />
49<br />
3. Auswahl des Lebensraumes<br />
Savannen-Hypothese (Orians, 1980)<br />
• reich an Ressourcen<br />
• mehr Wild und große Tiere<br />
• mehr Vegetation<br />
• weite Ausblicke<br />
• Bäume als Schutz vor Sonne und bei Gefahr<br />
50
4. Ängste<br />
• Marks (1987):<br />
„Ohne Ängste würden unter natürlichen Bedingungen nur<br />
wenige lange überleben.“<br />
• Angst als Vermeidung von Gefahren<br />
• Reaktionen:<br />
-erstarren o<strong>der</strong> unbeweglich werden<br />
-Flucht o<strong>der</strong> Vermeidung<br />
-aggressive Verteidigung<br />
-Unterwerfung o<strong>der</strong> Beschwichtigung<br />
evolutionsbedingte physiologische Reaktionen:<br />
Freisetzung von Adrenalin (Blutgerinnung, Energie für Muskeln,<br />
Verdauungsstop, erhöhte Sauerstoffversorgung <strong>der</strong> Muskeln)<br />
51<br />
Menschliche Ängste:<br />
• Angst vor Höhen (6. Monat)<br />
• Trennungsangst: Fremdeln im 9. – 13. Monat<br />
• Ängste vor Tieren: Erforschung <strong>der</strong> Umgebung (2. Lebensjahr)<br />
• Emotionale Reaktionen auch von Aufmerksamkeit an <strong>der</strong> Umwelt<br />
abhängig<br />
Raubtier-Vermeidungs-Adaption:<br />
• Todesursachen <strong>der</strong> Ache in Paraguay:<br />
6% von Jaguar gefressen, 12% Tod durch Schlangenbisse<br />
• Vermeidung eines Angriffs:<br />
-Kategorie von „Raubtier“<br />
-hungriges Raubtier Beute<br />
-Verständnis von Tod<br />
• Adaptive Konservatismus-Hypothese:<br />
Annahme etwas Harmloses wäre gefährlich<br />
52
4.3 Krankheitsbekämpfung<br />
• Fieber:<br />
-natürliche und nützliche Abwehr von Krankheiten<br />
-fiebersenkende Mittel haben Verlängerung <strong>der</strong> Krankheit zur<br />
Folge<br />
• Eisenmangel im Blut<br />
-Eisen: Nahrung <strong>der</strong> Bakterien<br />
-Infektion Reduktion des Eisenwertes durch Verringerung <strong>der</strong><br />
Aufnahme von eisenhaltigen Nahrungsmitteln<br />
Bakterien hungern aus<br />
53<br />
5. Sind Menschen programmiert zu<br />
sterben?<br />
5.1 Theorie <strong>der</strong> Seneszenz (Williams, 1957)<br />
• Seneszenz: Verfall aller körperlicher Mechanismen, während <strong>der</strong><br />
Organismus älter wird<br />
• Kraft <strong>der</strong> natürlichen Selektion nimmt mit zunehmendem Alter ab<br />
Pleiotropie:<br />
ein Gen kann unterschiedliche Ausprägungen haben<br />
Bsp.: Gen, das Testosteron im Mann verstärkt<br />
höherer Status in jungen Jahren, aber Erhöhung des Risikos<br />
von Prostatakrebs<br />
dennoch Bevorzugung in Selektion, obwohl Männer dadurch<br />
früher sterben<br />
54
5.2 Rätsel des Suizids<br />
• Denys de Catanzaro (1991, 1995):<br />
-psychologische Mechanismen können zu Selbstmord führen<br />
-Voraussetzungen:<br />
Scheitern in <strong>der</strong> heterosexullen Gesellschaft<br />
Belastung für enge Angehörige<br />
schlechter Gesundheitszustand<br />
Menschen mit dramatisch verringerter Fähigkeit zu inklusiver<br />
Fitness beizutragen<br />
55<br />
Vielen<br />
Dank<br />
für die<br />
Aufmerksamkeit ☺<br />
56
Literatur:<br />
• Buss, David M.: Evolutionäre Psychologie.<br />
2., aktualisierte Auflage. München 2004.<br />
S. 21 – 148.<br />
57