Entscheid vom 8. Juni 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
Entscheid vom 8. Juni 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
Entscheid vom 8. Juni 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
- 29 -<br />
21. Oktober 2004 bewahrheitet, denn nach dem Durchstart konnte die Landung<br />
wenig später problemlos von Norden her durchgeführt werden. Hinzu kam, dass<br />
die von den Angeklagten verursachte Gefahr für die übrigen Besatzungsmitglieder<br />
und 165 Passagiere nicht abrupt entstanden ist, sondern sich im Laufe des<br />
Landeanflugs immer deutlicher herauskristallisierte und steigerte. Die Angeklagten<br />
hatten während des Landeanflugs lange Zeit die Möglichkeit und die individuelle<br />
Verpflichtung, einen Durchstart einzuleiten. Dass sie dies nicht taten,<br />
zeigt, dass sie die Maschine um jeden Preis auf Anhieb landen wollten. Hierbei<br />
wiegt das Verschulden des Angeklagten A. schwerer als das des Angeklagten<br />
B., denn er hat den Befehl gegeben, den Landeanflug fortzusetzen. Auch lag die<br />
Verantwortung, einen Durchstart einzuleiten oder zu befehlen, sobald die Voraussetzungen<br />
für eine sichere Landung nach Sichtreferenzen nicht mehr gegeben<br />
waren, in erster Linie beim Angeklagten A. als Kommandanten. In dieser<br />
Funktion hatte er eine gesteigerte Sorgfaltspflicht gegenüber den Passagieren<br />
und den übrigen Besatzungsmitgliedern. Er übte die Befehlsgewalt aus und hatte<br />
die letzte <strong>Entscheid</strong>ungskompetenz (Art. 6–8 der Verordnung über die Rechte<br />
und Pflichten des Kommandanten eines Luftfahrzeuges [SR 74<strong>8.</strong>225.1]). Auch<br />
seiner Vorbildfunktion als Flottenchef MD 83 der D. ist er nicht gerecht worden.<br />
Dies lässt aber nicht die Möglichkeit und Pflicht des Angeklagten B. entfallen, eigenverantwortlich<br />
einen Durchstart einzuleiten: Sie ergibt sich aus seiner<br />
Funktion als fliegender Pilot (Ziff. <strong>8.</strong>3.2.38 und <strong>8.</strong>3.2.41 OM-A). Für die Sicherheitsbelange<br />
hatte er eine erhöhte Sensibilität wahrzunehmen, denn er musste<br />
als Flugsicherheitsverantwortlicher der D. für die Beachtung der Sicherheitsvorschriften<br />
besondere Sorge tragen (cl. 3, pag. 13.1.004). Letztlich trifft ihn ein<br />
Verschulden von etwas geringerem Ausmass als den Angeklagten A.<br />
3.3.2 Der 33-jährige Angeklagte A. ist schweizerischer Staatsangehöriger und in Chur<br />
aufgewachsen. Er hat einen drei Jahre älteren Bruder. Seit frühester Kindheit ist<br />
der Angeklagte sehr sportbegeistert und hat lange Zeit semi-professionell Skirennsport<br />
betrieben. Im Alter von 12 Jahren verlor er plötzlich und unerwartet<br />
seinen Vater, zu dem er ein inniges Verhältnis hatte. Er schloss seine Schulausbildung<br />
mit der Matura (Typus E) ab. Nach dem Militärdienst entschied sich der<br />
Angeklagte A. für eine Karriere in der Zivilluftfahrt und erwarb mehrere seiner<br />
Fluglizenzen in den USA. Er arbeitete anschliessend für die Fluggesellschaften<br />
I., die J. und bis zum 30. April 2005 für die D., bei der er aufgrund des Flugzwischenfalls<br />
<strong>vom</strong> 21. Oktober 2004 ausscheiden musste; <strong>vom</strong> 1. Januar 2004 bis<br />
zu seinem Weggang war er dort zusätzlich als Flottenchef MD 83 tätig. Nach<br />
seinem Ausscheiden bei der D. arbeitete der Angeklagte A. zunächst rund ein<br />
Jahr im Fuhrunternehmen seines Bruders, bevor er im Februar 2006 eine Stelle<br />
als Kapitän MD/80 und MD/90 bei der K. antrat. Ab November 2006 arbeitete er<br />
für rund zwei Jahre als Kommandant MD/90 für das Unternehmen L. in Basel,<br />
wo er ein Netto-Einkommen von rund Fr. 8 000.– im Monat verdiente (cl. 1,