Entscheid vom 8. Juni 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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und dadurch sowie durch die bei diesem Absinken durchgeführten Manöver die<br />
Gefahr stark gestiegen war, dass das Flugzeug beim Aufsetzen beschädigt<br />
würde und/oder nicht völlig abgebremst werden könnte.<br />
2.4.7 Zusammenfassend lassen sich demnach zwei pflichtwidrige Verkehrsverstösse<br />
der Angeklagten während des Landeanflugs festhalten: (1) die regelwidrige Aufgabenverteilung<br />
(Angeklagter B. als „pilot flying“) bei Unterschreiten der <strong>Entscheid</strong>höhe<br />
und (2) die Flugmanöver anstatt des sofortigen Durchstarts nach<br />
dem unerwarteten Auftauchen der Boeing.<br />
2.5 Weiter ist zu prüfen, ob durch dieses pflichtwidrige Handeln Menschen an Leib<br />
oder Leben konkret gefährdet worden sind. Im konkreten Fall hat keine Person<br />
Schaden genommen, weshalb sich die Angeklagten nur strafbar gemacht haben,<br />
wenn eine ernst zu nehmende Wahrscheinlichkeit der Verletzung oder Tötung<br />
der Flugzeuginsassen bestand (E. 2.1.3). Dabei ist es eine Tatfrage, in welcher<br />
Situation sich die Maschine und damit ihre Passagiere sowie Besatzung befanden,<br />
während die massgebliche Intensität des Risikos eine <strong>vom</strong> Richter zu beurteilende<br />
Rechtsfrage darstellt.<br />
2.5.1 Für die erste Phase, das heisst die nach Unterschreitung der Mindestanflughöhe<br />
regelwidrig beibehaltene Aufgabenteilung (E. 2.4.4), erklärte der Experte Eder in<br />
der Hauptverhandlung, es sei ungewiss, ob durch diese Regelverletzung eine<br />
konkrete Gefahr für die Flugzeuginsassen entstanden sei. Es habe sich aber<br />
zumindest ein gewisses Risiko und eine deutliche Erschwernis für die Weiterführung<br />
des Fluges ergeben, weil der Copilot auf die weitere Steuerung mental nicht<br />
vorbereitet gewesen sei (KE-Protokoll S. 8; cl. 9, pag. 9.910.027), was durch die<br />
Aussage des Angeklagten B. in der Einvernahme vor der Bundesanwaltschaft<br />
bestätigt wird (cl. 3, pag. 13.1.006 f.). Die Maschine befand sich laut Aufzeichnungen<br />
des FDR beim Erreichen der <strong>Entscheid</strong>höhe von 700 ft noch auf einem<br />
kontrollierten Landeweg und in ausreichender Distanz zum Boden (cl. 5,<br />
pag. 7.3.079–7.3.082). Zwar waren die Sichtverhältnisse durch eine Dunstschicht<br />
und Wolken eingeschränkt (KE-Protokoll S. 19; cl. 9, pag. 9.910.038), jedoch<br />
war die räumliche Orientierung aufgrund der Anflug- und Pistenbefeuerung<br />
in dieser Höhe gegeben. Anormale Steuerbewegungen sind ebenfalls nicht zu<br />
verzeichnen (cl. 5, pag. 7.3.079 ff.). Nach dem Gesagten hat die Tatsache, dass<br />
der Angeklagte B. und nicht der Angeklagte A. den Landeanflug unter die Mindesthöhe<br />
nach Sichtflugregeln fortführte, für sich alleine keine (konkrete) Gefährdung<br />
der Insassen nach sich gezogen.<br />
2.5.2 Bezüglich des gewählten Anflugpfads zur Piste fehlt es jedenfalls bis auf eine<br />
relative Höhe von ca. 120 ft nicht nur an einem Regelverstoss (E.2.4.5), sondern<br />
auch an einer konkreten Gefahr für die Insassen, denn in dieser Flughöhe hätten