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Die Gestalt der Erde<br />

Früheste Vorstellung: Ebene („Erdscheibe“)<br />

Spätestens seit Pythagoras (6. Jhdt. v. Chr.) bzw. Aristoteles (4. Jhdt.<br />

v. Chr.) setzte sich die Ansicht durch, die Erde sei kugelförmig. Die<br />

erste bekannte Berechnung des Erdumfangs führte Eratosthenes<br />

Ende des 3. Jhdt. v. Chr. durch, er kam dabei auf knapp 40000 km.<br />

Ptolemäus (2. Jhdt. n. Chr.) gilt als erster Hersteller eines Globus und<br />

führt Längen- und Breitengrade zur Positionsangabe ein.<br />

Schon ab dem 17. Jahrhundert sind Überlegungen bekannt, die<br />

Erdgestalt müsse aufgrund der Rotation an den Polen abgeflacht sein<br />

(J. Richer 1672, I. Newton 1687, C. Huygens 1690). Dies führte zu<br />

einem besseren Modell für die Erdgestalt, dem Ellipsoid.<br />

[Der Äquatorradius ist um rund 21 km größer als der Polradius!]<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


(Rotations-)Ellipsoide als Näherungen an die Erdgestalt<br />

Als einer der Ersten berechnete F.W. Bessel 1841 das später nach ihm<br />

benannte Ellipsoid, das bis heute in vielen Ländern Grundlage der<br />

Landesvermessung und amtlicher topographischer Karten ist.<br />

Ebenfalls weltweite Bedeutung erlangten die Ellipsoide von J.F. Hayford<br />

(1924), F.N. Krassowski (1940) und einige andere.<br />

große<br />

Halbachse [m]<br />

kleine<br />

Halbachse [m]<br />

Bessel 1841 6.377.397,155 6.356.078,965<br />

Hayford 1924 6.378.388,000 ∆≈ 6.356.911,946<br />

Krassowski 1940 6.378.245,000 21km 6.356.863,019<br />

Welches ist nun das „beste“? Oder: Weshalb gibt es verschiedene<br />

Ellipsoide?<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Leider gibt es nicht „das“ optimale Ellipsoid, denn die Sache ist doch<br />

komplizierter. Genauer: Die Idealgestalt der Erde ist ziemlich komplex,<br />

so dass man dafür den Begriff Geoid eingeführt hat (liebevoll-spöttisch<br />

auch „Erdkartoffel“ genannt).<br />

Ursprung ist ein 1828 von C.F. Gauß entwickeltes physikalisches<br />

Modell der Erdfigur (Äquipotentialfläche). Außerhalb der Landmassen<br />

kann der mittlere Meeresspiegel als Teil der Geoid-Oberfläche<br />

gesehen werden.<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


An jedem Ort der Erde steht das Lot senkrecht auf der Geoid-<br />

Oberfläche (ist also eine Flächennormale):<br />

[Diese und die vorige Abbildung: http://de.wikipedia.org/wiki/Geoid]<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Die komplexe Form des Geoids kann nur begrenzt durch ein<br />

„optimales“ Ellipsoid angenähert werden!<br />

So ist das Ellipsoid von Bessel optimiert für Europa und weite Teile<br />

Asiens, dagegen das von Hayford optimiert für Nordamerika.<br />

Geoid<br />

lokal<br />

optimiertes<br />

Ellipsoid<br />

global<br />

optimiertes<br />

Ellipsoid<br />

Einführung Geoinformatik<br />

lokal<br />

optimiertes<br />

Ellipsoid<br />

Wilfried Linder


Spätestens an dieser Stelle kann die Frage aufkommen, wozu man<br />

eigentlich ein geometrisches Erdmodell à la Ellipsoid benötigt. Nun,<br />

einen wesentlichen Bedarf dafür gibt es in der Geodäsie und der<br />

Kartographie, und zwar in Verbindung mit der Notwendigkeit,<br />

einerseits ein geeignetes Koordinatensystem für die Landesvermessung<br />

und für Kataster zu schaffen und andererseits die<br />

Landoberfläche möglichst verzerrungsarm zweidimensional<br />

darzustellen (u.a. in topographischen Karten).<br />

Bevor wir näher auf diese Themen eingehen, sehen wir uns zunächst<br />

ein grundlegendes Mittel zur Positionsbestimmung an, nämlich das<br />

(gedachte) Gradnetz der Erde, welches Sie u.a. auf einem Globus<br />

betrachten können.<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Das Gradnetz der Erde<br />

... ist ein gedachtes System aus Längen- und Breitenkreisen.<br />

Der Äquator bestimmt die Bezugsebene für die Breitengrade:<br />

Äquator = 0°, Nordpol = 90°, Südpol = -90°<br />

Der Nullwert für die Längengrade (Meridiane)<br />

ist willkürlich. Es gab früher verschiedene<br />

Nullmeridiane, heute hat man sich<br />

international auf Greenwich – eine<br />

alte Sternwarte in London – geeinigt.<br />

Längen- und Breitenangaben<br />

werden auch „geographische<br />

Koordinaten“ genannt.<br />

Düsseldorf: ca. 6°48‘ Ost, 51°14‘ Nord<br />

[Abb. aus: Klett Geographie Infothek]<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Von der Geländeoberfläche zur topographischen Karte geht es<br />

in zwei Schritten:<br />

(a)<br />

Lotrechte Projektion<br />

des Geländes<br />

auf das Ellipsoid <br />

Ellipsoid<br />

Erdoberfläche<br />

(b)<br />

Abbildung des Ellipsoids<br />

auf die Kartenebene<br />

(„Abwicklung“)<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Die Abbildung eines Ellipsoids auf eine Ebene ist alles andere als<br />

trivial und kann insbesondere nicht ohne Verzerrungen vonstatten<br />

gehen. Es sind daher in den vergangenen Jahrhunderten viele<br />

Abbildungsvorschriften entworfen worden mit dem Ziel, die<br />

Verzerrungen zumindest für den abzubildenden Bereich so klein wie<br />

möglich zu halten.<br />

Ein wenig zur Terminologie: Mitunter spricht man bei diesen<br />

Abbildungen von Kartenprojektionen. Da aber viele der entwickelten<br />

Ansätze keiner physikalischen Projektion entsprechen, verwendet man<br />

häufig den neutralen Begriff Kartennetzentwürfe.<br />

Im folgenden sehen wir uns einige Kartennetzentwürfe an, diskutieren<br />

die Verzerrungen und kommen dann zu zwei sehr wichtigen<br />

Koordinatensystemen, Gauß-Krüger und UTM.<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Zunächst ist festzulegen, welche Art der<br />

Projektionsebene verwendet werden soll:<br />

‣ Ebene<br />

‣ Kegel<br />

‣ Zylinder<br />

Weitere Parameter:<br />

‣ Position der gewählten Ebene<br />

‣ Berühr- oder Schnittebene<br />

‣ Projektionszentrum bzw.<br />

‣ Parallelprojektion (orthographisch)<br />

[Abb. aus: Haack Weltatlas Online]<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Die vorige <strong>Folie</strong> verdeutlicht das Prinzip eines Kartennetzentwurfs:<br />

‣ Auswahl eines geeigneten Ellipsoids<br />

‣ Auswahl der Projektionsebene<br />

‣ Auswahl der Projektionsart (zentral oder parallel)<br />

Damit haben wir ein mathematisches Modell einer Abbildung R 3 R 2 .<br />

N<br />

Projektionsebene<br />

Äquator<br />

Beispiel: „polständige<br />

gnomonische Azimutalprojektion“<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Als nette Übungs- und Verständnisaufgabe stellen wir uns die Frage<br />

„Wie sieht das Bild der Längen- und Breitengrade aus?“<br />

Nebenbei: Damit können wir auch die Verzerrungen verdeutlichen.<br />

N<br />

Ä<br />

r*tan(90°-φ)<br />

r = Radius<br />

φ = geogr. Breite<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


... und ein „echtes“ Beispiel dafür:<br />

In der Praxis wird die<br />

Azimutalprojektion<br />

fast ausschließlich für<br />

die Polregionen<br />

verwendet.<br />

[Abb. aus:<br />

Diercke – die Welt online<br />

entdecken]<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Zylinderprojektion nach<br />

Gerhard Mercator (1569),<br />

Professor an der Uni Duisburg<br />

N<br />

Bis heute für bestimmte<br />

Einsatzgebiete (z.B. Seefahrt,<br />

Luftfahrt) von großer Bedeutung.<br />

Warum?<br />

Ä<br />

„Wie sieht das Bild der Längenund<br />

Breitengrade aus?“<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


So:<br />

Längen- und Breitenkreise<br />

werden als parallele<br />

Geraden abgebildet,<br />

stehen senkrecht<br />

aufeinander.<br />

Zu den Polen hin starke<br />

Längenverzerrung in Nord-<br />

Süd-Richtung, damit starke<br />

Flächenverzerrung.<br />

Aber: Winkeltreue!<br />

Daher bestens geeignet für<br />

die Navigation.<br />

Start<br />

Ziel<br />

Ä<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


... und auch hierfür ein<br />

„echtes“ Beispiel:<br />

Charakteristisch ist<br />

die enorme<br />

Flächenverzerrung in<br />

Richtung der Pole –<br />

Merksatz<br />

„Grönland ist größer<br />

als Australien“.<br />

Ä<br />

[Abb.:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

Mercator-Projektion]<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Da die Zylinderprojektion eigentlich ein tolle Sache ist, „nur“ die<br />

Verzerrungen polwärts zu groß werden, suchte man Abhilfe durch<br />

geschickte Modifikation des Ansatzes. Der Mann, der schon das Geoid<br />

ersonnen hatte, trat wieder auf den Plan:<br />

Carl Friedrich Gauß, Professor an der Uni Göttingen<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Gauß drehte zunächst den Zylinder um 90 Grad. Damit wäre nicht viel<br />

gewonnen, denn die Verzerrungen würden sich ja nur verlagern! Der<br />

Clou des Ansatzes ist nun, die Erde in Zonen von je 3 Längengraden<br />

aufzuteilen und den Zylinder um jeweils 3 Grad weiterzudrehen.<br />

N<br />

Ä<br />

[Abb. rechts: Geoinformatik Uni Rostock]<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Damit kann die gesamte Erde auf 360°/3° = 120 Zonen mit relativ<br />

geringer Verzerrung abgebildet werden.<br />

Äquator<br />

Mittelmeridiane 3° 6° 9°<br />

(= Berührkreise)<br />

12° …<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Fassen wir die wichtigsten Aspekte des Ansatzes von Gauß<br />

zusammen:<br />

‣ Zylinderprojektion, dabei verläuft der Zylinder nicht parallel zur<br />

Erdachse (wie bei Mercator), sondern ist um 90° gedreht<br />

‣ Berührzylinder, jede Berührlinie entspricht einem Längenkreis<br />

‣ Es werden jeweils Streifen von drei Längengraden abgebildet,<br />

damit kann die Erde auf 120 Streifen (Zonen) erfasst werden.<br />

Vorteil: Geringe Verzerrungen (maximal an den Zonenrändern)<br />

Nachteil: Sehr viele Zonen nötig<br />

J.H.L. Krüger entwickelte aus den Arbeiten von Gauß das System<br />

der Gauß-Krüger-Koordinaten (erste Veröffentlichung 1912, amtlich<br />

eingeführt 1923), worauf wir noch zu sprechen kommen.<br />

So genial dieser Entwurf auch ist – das Bessere ist der Feind des<br />

Guten, und so gibt es eine interessante Weiterentwicklung:<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder


Um die Nachteile (sehr viele Zonen) zu verringern, gleichzeitig aber die<br />

Vorteile (geringe Verzerrungen) zu behalten, kann man folgendes tun:<br />

Man verkleinere den Durchmesser des Zylinders ein wenig – die Folge<br />

ist, dass wir jetzt einen Schnittzylinder haben. Des weiteren haben wir je<br />

Zone nicht mehr einen Berührkreis, sondern zwei Schnittkreise.<br />

Die Verzerrungen waren entlang des Berührkreises (Gauß) Null, jetzt<br />

sind sie es entlang der Schnittkreise. Dazwischen sowie links vom<br />

linken und rechts vom rechten Berührkreis steigen sie langsam an.<br />

Dies erlaubt, die Zonen breiter zu machen. Bei 6 Grad Zonenbreite hat<br />

man nur noch 60 Zonen weltweit bei etwa gleich geringen Verzerrungen<br />

wie im Entwurf von Gauß! Dies war die Grundlage für ein weiteres<br />

Koordinatensystem, die UTM-Koordinaten, doch dazu…<br />

… mehr in der nächsten Folge!<br />

Einführung Geoinformatik<br />

Wilfried Linder

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