Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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68 5 Stress, Angst und affektive Störungen: Ursachen für Amnesien? Das Erleben von massivem oder chronischem Stress wird als ein Auslöser amnestischer Symptome gesehen. Die Tatsache, dass in manchen Fällen nicht-organisch verursachter Amnesie kein vorauslaufender Stress gefunden wurde, mag nicht zuletzt daran liegen, dass das subjektive Erleben von Stress interindividuell und intersituativ stark variiert. Dies mag im Einzelfall dazu geführt haben, dass ein Stresserlebnis nicht als solches objektivierbar war und eine psychogene Verursachung (eventuell fälschlicherweise) mangels eindeutiger Belege abgelehnt wurde. Kopelman (2001) schrieb in diesem Zusammenhang (S. 614): “Given the difficulties in the attribution of causality, the social and psychological context needs to be presented for the reader to judge for himself or herself: [...] this can be just as crucial as presentation of the memory test scores. Psychogenic amnesia does exist, is important, deserves to be studied, and cannot be simply dismissed.” Stress ist grundsätzlich eine Reaktion des Organismus auf erhöhte Anforderungen der Umwelt und äußert sich in einer gesteigerten Ausschüttung von Stresshormonen auf Hirnebene über die sogenannte Hypothalamo-Hypophysen-Nebennierenachse. Auf körperlicher Ebene findet man eine Erhöhung von Pulsfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruck und eine Verengung der Pupillen. Der biologische Hintergrund von Stress liegt in der Abwehr körperlicher Gefahren und in der Ermöglichung kurzzeitiger Leistungshochs („Eustress“), wodurch das individuelle Überleben gefördert wird (Garcia et al., 2000; Hüther, 1996; Hüther et al., 1999). Die mit Stress einhergehenden biologischen Phänomene müssen daher nicht zwangsläufig schädigend auf das kognitive Leistungsspektrum wirken. Die Wahrscheinlichkeit einer toxischen Wirkung von Stress erhöht sich allerdings mit der Intensität der stressauslösenden Ereignisse (Garcia et al., 2000) und mit ihrer Häufigkeit (de Kloet et al., 1999). Hüther und Mitarbeiter (Hüther, 1996; Hüther et al., 1999) sehen die Konsequenzen von Stress als neuroadaptiven Mechanismus und unterscheiden hierbei

zwischen kontrollierbarem und unkontrollierbarem Stress (vgl. auch Tembrock, 2000). Sie nehmen an, dass kontrollierbarer Stress eine Stabilisierung und Förderung solcher neuronaler Netzwerke bewirkt, die in die Einschätzung und Auswahl geeigneter Coping-Strategien involviert sind. Unkontrollierbarer Stress hingegen führt einerseits zur Löschung und Umformung ungeeigneter neuronaler Netzwerke von Coping-Strategien und Handlungsweisen und damit zu einer Adaptation des Organismus. Andererseits ist davon auszugehen, dass jedoch ein Übermaß sowie auch ein Fehlen von Stressreaktionen zu Fehlanpassungen an die sich fortlaufend ändernden Umweltanforderungen führen kann. In solchen Fällen kann es zu einem toxischen Ungleichgewicht zwischen Mineralcorticoiden und Glucocorticoiden kommen (de Kloet et al., 1999). Der nach Kim und Yoon (1998) angenommene Zusammenhang zwischen der Stärke und Dauer stressreicher Erfahrungen auf neurochemischer und neuroanatomischer Ebene ist in Abbildung 5, S. 68, schematisch dargestellt. Handelt es sich bei dem erlebten Stress um eine (unkontrollierbare) chronische Belastungssituation erheblichen Ausmaßes, können Störungen der interneuronalen Kommunikation sowie morphologische Schädigungen auftreten und die Zerstörung von Neuronen zur Folge haben. Darüber hinaus werden bei anhaltenden Stresszuständen komplexe Änderungen im gesamten Neurotransmitter- und Hormonhaushalt beschrieben (McEwen, 1999). In diesem Zusammenhang wird eine Beteiligung körpereigener Opiate sowie der Neurotransmitter Noradrenalin, Serotonin und des Neuropeptids Y diskutiert (Ehlert et al., 1999; Morgan et al., 2001). Zudem sind mit einer erhöhten Ausschüttung von Corticosteroiden beim chronischem Stresserleben vorzeitige Alterungsprozesse und damit einhergehende morphologische Änderungen auf Hirnebene beschrieben worden (Kim und Yoon, 1998). Eine Darstellung möglicher Wirkzusammenhänge zwischen Alterungsprozessen und erhöhten Glucocorticoidspiegeln finden sich bei Porter und Landfield (1998). 69

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5 Stress, <strong>Angst</strong> <strong>und</strong> affektive Störungen: Ursachen für<br />

Amnesien?<br />

Das Erleben <strong>von</strong> massivem oder chronischem Stress wird als ein Auslöser<br />

amnestischer Symptome gesehen. Die Tatsache, dass in manchen<br />

Fällen nicht-organisch verursachter Amnesie kein vorauslaufender<br />

Stress gef<strong>und</strong>en wurde, mag nicht zuletzt daran liegen, dass das<br />

subjektive Erleben <strong>von</strong> Stress interindividuell <strong>und</strong> intersituativ stark<br />

variiert. Dies mag im Einzelfall dazu geführt haben, dass ein Stresserlebnis<br />

nicht als solches objektivierbar war <strong>und</strong> eine psychogene<br />

Verursachung (eventuell fälschlicherweise) mangels eindeutiger<br />

Belege abgelehnt wurde. Kopelman (2001) schrieb in diesem Zusammenhang<br />

(S. 614): “Given the difficulties in the attribution of causality,<br />

the social and psychological context needs to be presented for the<br />

reader to judge for himself or herself: [...] this can be just as crucial as<br />

presentation of the memory test scores. Psychogenic amnesia does<br />

exist, is important, deserves to be studied, and cannot be simply dismissed.”<br />

Stress ist gr<strong>und</strong>sätzlich eine Reaktion des Organismus auf erhöhte<br />

Anforderungen der Umwelt <strong>und</strong> äußert sich in einer gesteigerten Ausschüttung<br />

<strong>von</strong> Stresshormonen auf Hirnebene über die sogenannte<br />

Hypothalamo-Hypophysen-Nebennierenachse. Auf körperlicher<br />

Ebene findet man eine Erhöhung <strong>von</strong> Pulsfrequenz, Atemfrequenz,<br />

Blutdruck <strong>und</strong> eine Verengung der Pupillen. Der biologische Hintergr<strong>und</strong><br />

<strong>von</strong> Stress liegt in der Abwehr körperlicher Gefahren <strong>und</strong> in<br />

der Ermöglichung kurzzeitiger Leistungshochs („Eustress“), wodurch<br />

das individuelle Überleben gefördert wird (Garcia et al., 2000;<br />

Hüther, 1996; Hüther et al., 1999). Die mit Stress einhergehenden<br />

biologischen Phänomene müssen daher nicht zwangsläufig schädigend<br />

auf das kognitive Leistungsspektrum wirken. Die Wahrscheinlichkeit<br />

einer toxischen Wirkung <strong>von</strong> Stress erhöht sich allerdings mit<br />

der Intensität der stressauslösenden Ereignisse (Garcia et al., 2000)<br />

<strong>und</strong> mit <strong>ihre</strong>r Häufigkeit (de Kloet et al., 1999). Hüther <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

(Hüther, 1996; Hüther et al., 1999) sehen die Konsequenzen <strong>von</strong><br />

Stress als neuroadaptiven Mechanismus <strong>und</strong> unterscheiden hierbei

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