Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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340 meine Vorgehensweise weit davon entfernt ist, eine Expositionstherapie zu sein). Was heißt es, eine reduktive Erklärung anzugeben? Einer der ersten, der diesen Begriff sorgfältig analysiert hat, war Joseph Levine. Seiner Ansicht nach erfolgt eine Reduktion, die wirklich explanatorisch ist, in zwei Schritten: Stage 1 involves the (relatively? quasi?) a priori process of working the concept of the property to be reduced „into shape“ for reduction by identifying the causal role for which we are seeking the underlying mechanisms. Stage 2 involves the empirical work of discovering just what those underlying mechanisms are. (Levine, 1993, S. 132) Jaegwon Kim (1998, S. 98) nannte kürzlich die erste Stufe die sogenannte „Präparations-Prozedur“ für die zu reduzierende Eigenschaft: Zunächst muss man sich völlig darüber klar werden, wie die Eigenschaften und Verhaltensweisen, die man besser verstehen möchte, auf ihrer eigenen Betrachtungsebene (und das ist wichtig!) kausal eingebettet sind. Nur wenn das geklärt ist, kann die empirische Kärrner- Arbeit, über die in diesem Band in den Beiträgen von Michael Koch, Rainer Landgraf, und Esther Fujiwara und Hans Markowitsch berichtet wird, explanatorisch greifen. Nur wenn sich zeigen lässt, dass die beschriebenen endokrinologischen Vorgänge und neuronalen Prozesse genau die kausalen Rollen ausfüllen, die wir für typisch für das makroskopisch beschriebene Verhalten halten, haben wir eine Chance, wirklich zu verstehen, wie „Angst“ implementiert ist. Für mich sind in dieser Hinsicht besonders die Ausführungen von Rainer Landgraf tief beindruckend. Aber selbst wenn wir die Mechanismen von Furchtreaktionen auf der Implementationsebene vollständig verstehen würden, sind dadurch die anderen Betrachtungsebenen, insbesondere diejenigen, die sich auf die sozialen Entstehungsbedingungen und zwischenmenschlichen Verhältnisse beziehen, nicht einen Deut weniger wichtig geworden. In der Wissenschaftsphilosophie sprechen wir bei reduktiven Erklärungen deshalb nicht von einem ersetzenden, sondern von einem erhaltenden reduktiven Ansatz. Dieser scheint die

341 einzige Alternative zu sein, wenn es darum geht, Naturvorgänge wirklich verstehen zu wollen. Das Verständnis der Sache nimmt zu, die Sache selbst verschwindet deshalb jedoch nicht. Sie wird nicht weniger real! Fast möchte man sagen: Leider! Wenn es um so etwas wie Angst geht. 3 Literatur Benecke, Cord (2002), „Panik und unbewusste Beziehungsregulierung“, in diesem Band Bollnow, Otto-Friedrich (1956), Das Wesen der Stimmungen, Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann Descartes, René (1649), Die Leidenschaften der Seele, Hamburg 1984: Meiner Fujiwara, Esther und Hans J. Markowitsch (2002), „Das mnestische Blockadesyndrom: durch Stress oder Traumata bedingte Gedächtnisstörungen und deren neurale Korrelate“, in diesem Band Kierkegaard, Søren (1844), Der Begriff der Angst, Stuttgart 1992: Reclam Kim, Jaegwon (1998), Mind in a Physical World. An Essay on the Mind-Body Problem and Mental Causation, Cambridge MA: MIT Press Koch, Michael (2002), „Neuronale Grundlagen von Furcht und Angst: vergleichende Untersuchungen bei Menschen und Tieren“, in diesem Band Landgraf, Rainer (2002), „Neurobiologie und Genetik der Angst im Tiermodell“, in diesem Band Ledoux, Joseph (1998), Das Netz der Gefühle. Wie Emotionen entstehen, München: Hanser Levine, Joseph (1993), „On leaving out what it’s like“, in: Davies, M. und Humphreys, G.W. (Hg.), Consciousnes, Oxford: Basil Blackwell, S. 121-136 Linden, Michael und Zubrägel, Doris (2002), „Generalisierte Angsterkrankung“, in diesem Band 3 Uwe Meyer und Saskia Nagel danke ich für ihre kritischen Ratschläge zu einer früheren Version dieser Arbeit. Mein ganz besonderer Dank gilt Jan Slaby für seine sehr hilfreichen Recherchen zum Thema und die zahlreichen guten Diskussionen, die wir miteinander hatten.

340<br />

meine Vorgehensweise weit da<strong>von</strong> entfernt ist, eine Expositionstherapie<br />

zu sein).<br />

Was heißt es, eine reduktive Erklärung anzugeben? Einer der ersten,<br />

der diesen Begriff sorgfältig analysiert hat, war Joseph Levine. Seiner<br />

Ansicht nach erfolgt eine Reduktion, die wirklich explanatorisch ist,<br />

in zwei Schritten:<br />

Stage 1 involves the (relatively? quasi?) a priori process of<br />

working the concept of the property to be reduced „into shape“<br />

for reduction by identifying the causal role for which we are<br />

seeking the <strong>und</strong>erlying mechanisms. Stage 2 involves the<br />

empirical work of discovering just what those <strong>und</strong>erlying<br />

mechanisms are. (Levine, 1993, S. 132)<br />

Jaegwon Kim (1998, S. 98) nannte kürzlich die erste Stufe die sogenannte<br />

„Präparations-Prozedur“ für die zu reduzierende Eigenschaft:<br />

Zunächst muss man sich völlig darüber klar werden, wie die Eigenschaften<br />

<strong>und</strong> Verhaltensweisen, die man besser verstehen möchte, auf<br />

<strong>ihre</strong>r eigenen Betrachtungsebene (<strong>und</strong> das ist wichtig!) kausal eingebettet<br />

sind. Nur wenn das geklärt ist, kann die empirische Kärrner-<br />

Arbeit, über die in diesem Band in den Beiträgen <strong>von</strong> Michael Koch,<br />

Rainer Landgraf, <strong>und</strong> Esther Fujiwara <strong>und</strong> Hans Markowitsch berichtet<br />

wird, explanatorisch greifen. Nur wenn sich zeigen lässt, dass die<br />

beschriebenen endokrinologischen Vorgänge <strong>und</strong> neuronalen Prozesse<br />

genau die kausalen Rollen ausfüllen, die wir für typisch für das<br />

makroskopisch beschriebene Verhalten halten, haben wir eine<br />

Chance, wirklich zu verstehen, wie „<strong>Angst</strong>“ implementiert ist. Für<br />

mich sind in dieser Hinsicht besonders die Ausführungen <strong>von</strong> Rainer<br />

Landgraf tief beindruckend. Aber selbst wenn wir die Mechanismen<br />

<strong>von</strong> <strong>Furcht</strong>reaktionen auf der Implementationsebene vollständig verstehen<br />

würden, sind dadurch die anderen Betrachtungsebenen, insbesondere<br />

diejenigen, die sich auf die sozialen Entstehungsbedingungen<br />

<strong>und</strong> zwischenmenschlichen Verhältnisse beziehen, nicht einen Deut<br />

weniger wichtig geworden. In der Wissenschaftsphilosophie sprechen<br />

wir bei reduktiven Erklärungen deshalb nicht <strong>von</strong> einem ersetzenden,<br />

sondern <strong>von</strong> einem erhaltenden reduktiven Ansatz. Dieser scheint die

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