Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...
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332 Nun gibt es sicherlich auch beim Menschen Formen der nahezu allen Tierarten zuschreibbaren Verhaltensweisen, die einer unmittelbaren Gefahrabwendung dienen. Auf bestimmte Stimuli reagieren wir (nahezu) reflexartig mit Furcht: Schlangen, Raubtiere oder der Blick in schwindelerregende Abgründe – hier scheint die Furcht manchmal unmittelbar gegenwärtig zu sein. Doch beim Menschen treten weitere Merkmale, insbesondere im Hinblick auf erweiterte Möglichkeiten der Gefahren-Repräsentation, hinzu (Abbildung 2). (möglicherweise) Bedrohliches (externes/internes Geschehen/Objekt) repräsentiert (möglicherweise) Bedrohtes propositional Träger der Furcht repräsentiert propositional Abb. 2: Das Triangulierungsschema beim Menschen. Im Regelfall ist der sich Fürchtende in der Lage anzugeben, sowohl was er als Bedrohung als auch was er als bedroht ansieht, also auch worum (um was) er fürchtet. Das heißt, es bestehen propositionale Einstellungen bezüglich der Bedrohungssituation und des darin Bedrohten („Ich fürchte, dass x“). Im Unterschied zum Tier öffnet sich damit ein breites Spektrum möglicher Bedrohungen und möglicherweise Bedrohtem. Der Mensch nimmt eben nicht nur in kognitiver, sondern auch in emotionaler Hinsicht eine Ausnahmestellung ein
333 (nicht zuletzt aufgrund seiner kognitiven Kompetenzen), auch wenn mehr oder weniger fließende Übergänge zum Tierreich anzunehmen sind. Aber dass es für uns mehr Bedrohungen gibt, liegt an der nahezu unbegrenzten Möglichkeit der Repräsentation von Gegenwärtigem und Künftigem. Ein Hase kann vor dem erspähten Fuchs fliehen. Aber kann er auch davor Angst haben, dass der Fuchs in zwei Wochen wieder in dieser Gegend auftaucht? Was gehört also zum normalen Furchtverhalten beim Menschen? An erster Stelle steht die Wahrnehmung einer externen oder internen Situation: einer externen Entität, eines externen oder internen Geschehens. Dies allein führt jedoch nicht zur Furcht; erst die Wahrnehmung dieser Situation oder Entität als einer Bedrohung für etwas, und zwar von etwas, das wir schätzen, das wir als wertvoll bewerten, ist geeignet, Furcht auszulösen. Würden wir keinen Wert mit dem Bedrohten verbinden, so wäre Furcht keine adäquate Reaktion, eher vielleicht Schadenfreude. Was kann als bedroht angesehen werden, was als Bedrohung? Beides kann mehr oder weniger abstrakt sein. Kommen uns in einer dunklen Bahnhofspassage finstere Gestalten entgegen, so können wir sie als eine Bedrohung unseres Lebens, unserer körperlichen Unversehrtheit oder auch nur unseres Eigentums empfinden und uns entsprechend fürchten. Das Bedrohte muss aber keineswegs an den eigenen „Ichgrenzen“ haltmachen; ebenso kann ich Angst um Angehörige meiner Familie, um Freunde haben; ich kann jedoch auch fürchten, dass der Weltfriede bedroht ist, oder besser gesagt: dass auch der Friede in der Region bedroht ist, in der wir zu leben gewohnt sind. Festzuhalten bleibt ferner, dass sich die Furcht fast immer auf ein Künftiges bezieht. Ist das Befürchtete eingetreten, so wäre fortgesetzte Furcht der falsche Zustand. An ihre Stelle hätten Trauer, Verzweiflung, Empörung, Wut oder Zorn zu treten. Eine Ausnahme mögen körpereigene Vorgänge bilden. Ist eine befürchtete schwere Erkrankung eingetreten und als solche diagnostiziert worden, so können Sorgen und Ängste vor der weiteren Entwicklung persistieren. Genauer betrachtet ist dann jedoch ein neues Furcht-Objekt an die
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(nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong> seiner kognitiven Kompetenzen), auch wenn<br />
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sind. Aber dass es für uns mehr Bedrohungen gibt, liegt an der nahezu<br />
unbegrenzten Möglichkeit der Repräsentation <strong>von</strong> Gegenwärtigem<br />
<strong>und</strong> Künftigem. Ein Hase kann vor dem erspähten Fuchs fliehen.<br />
Aber kann er auch davor <strong>Angst</strong> haben, dass der Fuchs in zwei<br />
Wochen wieder in dieser Gegend auftaucht?<br />
Was gehört also zum normalen <strong>Furcht</strong>verhalten beim Menschen? An<br />
erster Stelle steht die Wahrnehmung einer externen oder internen<br />
Situation: einer externen Entität, eines externen oder internen Geschehens.<br />
Dies allein führt jedoch nicht zur <strong>Furcht</strong>; erst die Wahrnehmung<br />
dieser Situation oder Entität als einer Bedrohung für etwas, <strong>und</strong> zwar<br />
<strong>von</strong> etwas, das wir schätzen, das wir als wertvoll bewerten, ist geeignet,<br />
<strong>Furcht</strong> auszulösen. Würden wir keinen Wert mit dem Bedrohten<br />
verbinden, so wäre <strong>Furcht</strong> keine adäquate Reaktion, eher vielleicht<br />
Schadenfreude.<br />
Was kann als bedroht angesehen werden, was als Bedrohung? Beides<br />
kann mehr oder weniger abstrakt sein. Kommen uns in einer dunklen<br />
Bahnhofspassage finstere Gestalten entgegen, so können wir sie als<br />
eine Bedrohung unseres Lebens, unserer körperlichen Unversehrtheit<br />
oder auch nur unseres Eigentums empfinden <strong>und</strong> uns entsprechend<br />
fürchten. Das Bedrohte muss aber keineswegs an den eigenen „Ichgrenzen“<br />
haltmachen; ebenso kann ich <strong>Angst</strong> um Angehörige meiner<br />
Familie, um Fre<strong>und</strong>e haben; ich kann jedoch auch fürchten, dass der<br />
Weltfriede bedroht ist, oder besser gesagt: dass auch der Friede in der<br />
Region bedroht ist, in der wir zu leben gewohnt sind.<br />
Festzuhalten bleibt ferner, dass sich die <strong>Furcht</strong> fast immer auf ein<br />
Künftiges bezieht. Ist das Befürchtete eingetreten, so wäre fortgesetzte<br />
<strong>Furcht</strong> der falsche Zustand. An <strong>ihre</strong> Stelle hätten Trauer, Verzweiflung,<br />
Empörung, Wut oder Zorn zu treten. Eine Ausnahme<br />
mögen körpereigene Vorgänge bilden. Ist eine befürchtete schwere<br />
Erkrankung eingetreten <strong>und</strong> als solche diagnostiziert worden, so können<br />
Sorgen <strong>und</strong> Ängste vor der weiteren Entwicklung persistieren.<br />
Genauer betrachtet ist dann jedoch ein neues <strong>Furcht</strong>-Objekt an die