Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...
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330 Aber was ist bedroht? Offenbar entsteht Abwehrverhalten nicht nur bei Bedrohungen des eigenen Lebens, sondern auch bei dem der Nachkommenschaft oder dem der Gruppe, wobei es nicht zwingend ist anzunehmen, dass die reagierenden Organismen eine Repräsentation dessen haben, was jeweils bedroht ist. Es genügt, dass sie adäquate Verhaltensweisen – Angriff oder Flucht – gleichsam mechanisch einleiten. Die Klassifizierung dessen, was bedroht wird, stammt in diesen Fällen von uns; es entspricht der dritten Ecke des Triangulierungsschemas. Bedrohliches/Gefahr veranlasst bedroht Reaktion beim Bedrohtes/Gefährdetes Selbst/Nachkommen/Gruppe/Revier) (repräsentiert) Träger des Abwehrverhaltens (der Furcht?) Abb. 1: Das Triangulierungsschema. Allerdings scheint es auch bei vielen Tierarten bereits verhaltensrelevante Repräsentationen des Bedrohten zu geben. Beispielsweise wird vom Regenpfeifer berichtet, dass er auf Gefährdungen seiner Nachkommenschaft durch Katzen und Füchse häufig mit dem sogenannten „broken wing display“ reagiert. Dabei fliegt er zunächst in das Gesichtsfeld des Eindringlings, um dann einen lahmen Flügel und damit sich selbst als leichte Beute vorzutäuschen. Hüpfend entfernt er sich
331 stets weiter von seinen gefährdeten Jungen. Kommt ihm der Angreifer jedoch zu nahe, so fliegt er davon, um dann wieder in sicherer Entfernung in dessen Blickfeld zurückzukehren. Offensichtlich ist er in der Lage zu unterscheiden, ob die unmittelbare Gefahr gerade ihm selbst oder eher seinen Nachkommen droht. Ich halte es in diesem Fall durchaus für angemessen, diesen Tieren intentionale Einstellungen zuzuschreiben, und zwar in doppelter Hinsicht: zum einen bezüglich dessen, was bedroht ist, und zum anderen bezüglich dessen, was bedroht. Sie müssen davon eine Repräsentation haben, wenn auch nicht in Form propositionaler Einstellungen. Neben dem konkreten Gefahrenabwehrverhalten sind bei Tieren, insbesondere bei stark durch Fressfeinde gefährdeten Tieren, Verhaltensweisen zu beobachten, die man als „ständige ängstliche Bereitschaft“ charakterisieren könnte. Der sogenannte „Angst-Hase“ wurde geradezu zur Metapher. Selbst im Schlaf ist er in der Lage, sofort aufzuspringen und dem Fuchs hakenschlagend zu entkommen. Im Unterschied zur zuvor diskutierten Situation, in der ein reales Objekt mehr oder weniger begründet Flucht-, Ablenkungs- oder Aggressionsverhalten auslöst, ist die ständige ängstliche Bereitschaft (Dauerwachsamkeit, Scheuen, Sichern usw.) dazu angetan, mögliche Bedrohungen rechtzeitig zu erkennen. Eine Sekunde zu spät könnte buchstäblich die letzte sein. Wenn wir Tieren Furcht und Angst als spezifische emotionale Zustände zuschreiben wollen, so stellt sich damit die Frage, welche Befindlichkeit genau als Furcht beziehungsweise Angst auszumachen ist: fortwährendes sicherndes Verhalten (zum Beispiel von pickenden und dabei regelmäßig aufschauenden Vögeln oder ständig Witterung aufnehmenden Rehen – geht deren Dauerwachsamkeit mit empfundenen „Ängsten“ einher?) oder das auf eine spezifische Gefährdung bezogene Verhalten, wie es zum Beispiel unter Hunden oder bei Katzen zu beobachten ist, wenn sie einem Hund begegnen? Es dürfte schwer sein, aus unserer Beobachter-Perspektive zu einer zuverlässigen Antwort auf diese Fragen zu kommen.
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Bedrohliches/Gefahr<br />
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Selbst/Nachkommen/Gruppe/Revier)<br />
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Träger des Abwehrverhaltens<br />
(der <strong>Furcht</strong>?)<br />
Abb. 1: Das Triangulierungsschema.<br />
Allerdings scheint es auch bei vielen Tierarten bereits verhaltensrelevante<br />
Repräsentationen des Bedrohten zu geben. Beispielsweise wird<br />
vom Regenpfeifer berichtet, dass er auf Gefährdungen seiner Nachkommenschaft<br />
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„broken wing display“ reagiert. Dabei fliegt er zunächst in das Gesichtsfeld<br />
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sich selbst als leichte Beute vorzutäuschen. Hüpfend entfernt er sich