Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...
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Eibesfeldt, 1973, S. 133ff.). Die Motive für <strong>Angst</strong> <strong>und</strong> Antagonismus<br />
schöpften aus dem Ethnozentrismus. Fremde waren anders, verfügten<br />
nur über eine rudimentäre Kultur <strong>und</strong> Moral, kleideten sich schlecht<br />
<strong>und</strong> kochten miserabel (so zum Beispiel die Auffassung der Lele am<br />
mittleren Kasai <strong>von</strong> den ihnen benachbarten Nkutu: Douglas, 1963,<br />
S. 13f.). Im Falle auffallenderer Abweichungen rückte man sie den<br />
Tieren nah. Jedenfalls galten sie immer mehr oder weniger als<br />
„Wilde“ (Müller, 1987, S. 90f.; 1996, S. 148-184). Was aber unvollkommen,<br />
minderwertig <strong>und</strong> schlecht, also gleichsam krank ist, kann<br />
der eigenen ges<strong>und</strong>en Vollkommenheit nur gefährlich sein. Traditioneller<br />
Vorstellung nach zieht man sich eine Krankheit durch Berührung<br />
mit Fremdem zu – seien es feinstoffliche Partikel, die durch<br />
einen Atemzug in den Körper gelangen, Substanzen, die man berührt<br />
oder isst, ein Blick oder ein böser Gedanke, die einen treffen. Die<br />
Iraqw in Tansania bezeichneten fremde Menschen pauschal als<br />
„homa“ – mit demselben Begriff, den sie auch für eine „mystische“<br />
Substanz verwandten, <strong>von</strong> der sie glaubten, dass sie <strong>von</strong> außen in den<br />
Körper eindringe <strong>und</strong> krankmache (Thornton, 1980, S. 129). In vielen<br />
Sprachen, nicht nur im Lateinischen, sind die Ausdrücke für „fremd“<br />
<strong>und</strong> „feindlich“ identisch (Müller, 1987, S. 86f. <strong>und</strong> die dort angegebenen<br />
Belege; Müller, 1996, S. 23; vgl. Seligmann, 1922, S. 145f.;<br />
Plischke, 1939, S. 401; Jensen, 1960, S. 262; Middleton, 1960,<br />
S. 242; Beattie, 1965, S. 3; Kronenberg <strong>und</strong> Kronenberg, 1970,<br />
S. 271; Okladnikov, 1970, S. 298, 299; Thornton, 1980, S. 27).<br />
Um so mehr ängstigte man sich daher in traditionellen Kulturen, seinerseits<br />
Fremdland zu betreten (Lévy-Bruhl, 1959, S. 193f.; Müller,<br />
1983, S. 47; 1996, S. 143f.; Man, 1883, S. 95; Karsten, 1935, S. 278;<br />
Petrullo, 1939, S. 179; Leith-Ross, 1965, S. 181f.; Sinha, 1966, S. 24;<br />
Lukesch, 1968, S. 149f.; Barnes, 1974, S. 2; Marshall, 1976, S. 292f.;<br />
Eibl-Eibesfeldt, 1978, S. 485; Thornton 1980, S. 27). Pygmäen fühlten<br />
sich, wie Paul Schebesta beobachtete, außerhalb <strong>ihre</strong>s Territoriums<br />
„doppelt scheu <strong>und</strong> furchtsam“ (Schebesta, 1941, S. 274). Die<br />
schon genannten Yurok im nordwestlichen Kalifornien hielten jeden,<br />
der aus freien Stücken außerhalb seiner Heimat reiste, schlichtweg für<br />
„verrückt“ oder führten seine Abartigkeit auf „unedle Geburt“ zurück.