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Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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Evolution ist ein Prozess, der auf der individuell unterschiedlich erfolgreichen<br />

Weitergabe eigener Gene beruht. Darwin nannte diesen<br />

Mechanismus, soweit er sich auf Merkmale bezog, welche die Überlebenschancen<br />

des Individuums – <strong>und</strong> damit auch seine Fortpflanzungschancen<br />

– beeinflussen, „natürliche Selektion“. Seinen zweiten<br />

(<strong>von</strong> Biologen lange Zeit skeptisch beurteilten) Evolutionsmechanismus,<br />

die sexuelle Selektion, definierte Darwin als den „Vorteil, welchen<br />

gewisse Individuen über andere Individuen desselben Geschlechts<br />

<strong>und</strong> derselben Art allein in Hinsicht auf die Fortpflanzung<br />

erlangen“ (Darwin, 1992, S. 235). Aus der Sicht des Individuums ist<br />

dieser Mechanismus in der Tat „weniger streng“, denn hier geht es<br />

schließlich nicht um Leben oder Tod, sondern „nur“ darum, ob man<br />

mehr oder weniger Nachkommen hinterlässt. Aus der längerfristigen<br />

Perspektive der Evolution laufen beide Prozesse aber auf dasselbe<br />

hinaus: die unterschiedlich erfolgreiche Weitergabe eigener Gene.<br />

Dass diese Sicht der Evolution für die evolutionäre Interpretation <strong>von</strong><br />

Emotionen <strong>von</strong> Bedeutung ist, hat als erster Edward O. Wilson klar<br />

formuliert: „Emotionen sind nicht dazu angelegt, Glück <strong>und</strong> Überleben<br />

des einzelnen zu fördern, sondern einzig dazu, die maximale<br />

Weitergabe der sie kontrollierenden Gene zu sichern“ (Wilson, 1975,<br />

S. 4; für eine gründlichere Überprüfung dieser Hypothese siehe Nesse<br />

<strong>und</strong> Williams, 1997). Anders formuliert: <strong>Angst</strong> auslösen sollten nicht<br />

nur Situationen, die eine Gefahr für Leib <strong>und</strong> Leben darstellen (oder<br />

in Bowlbys Umwelt der evolutionären Angepasstheit darstellten),<br />

sondern auch solche, die geeignet sind (oder waren), den Reproduktionserfolg<br />

des Individuums zu beeinträchtigen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

ergeben nun auch zahlreiche Ängste Sinn, die auf den ersten<br />

Blick (mit Ausnahme <strong>von</strong> Ängsten um die eigenen Kinder) wenig<br />

„angepasst“ erscheinen: sexuelle Versagensängste, „Torschlusspanik“<br />

<strong>und</strong> <strong>Angst</strong> vor Partnerverlust.<br />

Auch die Funktion <strong>von</strong> „Lampenfieber“, Prüfungsängsten <strong>und</strong> <strong>Angst</strong><br />

vor Status- oder „Gesichtsverlust“ wird vor dem Hintergr<strong>und</strong> der<br />

sexuellen Selektion verständlich: All diese Ängste lassen sich auf<br />

einen gemeinsamen Nenner bringen: die <strong>Angst</strong> davor, in sozialen

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