Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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234 tischen Maßnahmen mit schriftlich fixierten vertraglichen Vereinbarungen, die frühzeitige Einbindung von Angehörigen und/oder anderen nahen Bezugspersonen in die Behandlung und, nach Beendigung der Haft, die Verlagerung der therapeutischen Aktivitäten in die Lebensumwelt des Betreffenden durch seine gezielte Nachbetreuung. Für diese kommen in erster Linie Bewährungshelfer infrage, die ihm schon von der Haftanstalt her vertraut sind und die ihrerseits mit seinem Lebensmilieu vertraut sein müssen. Entscheidend dürfte die rehabilitative Orientierung dieser weitgehend psychoedukativen Behandlungsform sein. Der Betreffende muss aus einem kriminellen Milieu herausgenommen, es müssen neue Kontakte gestiftet und es muss eine berufliche Integration erreicht werden, die seinen spezifischen Neigungen und Begabungen gerecht wird. Das Auffinden einer den Kompetenzen des Patienten angemessenen beruflichen – oder zumindest außerberuflichen – Betätigungsmöglichkeit, die ihm eine neue Lebensperspektive erschließt, ist zweifellos ein besonders schwieriges, für einen einigermaßen befriedigenden Behandlungserfolg aber ausschlaggebendes Unterfangen. Die inadäquate Furchtlosigkeit, die im Kontext einer allgemeinen Gemütsarmut so sehr zu sozialem Fehlverhalten bis zur Gewaltkriminalität mit hoher Rückfallneigung disponiert, sollte in einer zugleich risikoreichen und sozial akzeptierten Tätigkeit ausgelebt werden können. So könnte aus der Not der geringen Angstbereitschaft letztlich eine Tugend werden. Aus meinen Ausführungen dürfte hervorgehen, dass der Problemkreis des Zusammenhangs von Angst und Persönlichkeit in allen Überlegungen zu berücksichtigen ist, die den Ursprüngen der Angst, ihrer Funktion im menschlichen Leben und den Möglichkeiten ihrer Bewältigung gelten; ebenso deutlich dürfte aber geworden sein, dass noch viele, sehr viele drängende Fragen offen sind, deren Beantwortung gemeinsame Anstrengungen von Neurobiologen, Vertretern der Psycho- und Sozialwissenschaften und letztlich allen, die sich mit der Natur des Menschen und seinem Zurechtkommen in der Welt befassen, erforderlich macht.

Literatur 235 Amelang, M. und Bartussek, D. (1997), Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung, 4. Auflage, Stuttgart: Kohlhammer American Psychiatric Association (1980), Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 3 rd edition (DSM-III), Washington DC: American Psychiatric Press; deutsche Bearbeitung: Koehler, K. und Saß, H. (1984), Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-III, Weinheim: Beltz. 3 rd edition revised: DSM-III-R (1987); deutsche Bearbeitung: Wittchen, H.U. Saß, H. Zaudig, M. und Koehler, K. (1989) DSM-III-R, Weinheim: Beltz. 4 th edition: DSM-IV (1994); deutsche Bearbeitung: Saß, H. Wittchen, H.U. und Zaudig, M. (1998), DSM-IV, Göttingen: Hogrefe Andresen, B. (2000), „Six basic dimensions of personality and a seventh factor of generalized dysfunctional personality: A diathesis covering all personality disorders“, in: Neuropsychobiology 41, S. 5-23 Angst, J. und Clayton, P. (1986), „Premorbid personality of depressive, bipolar, and schizophreneic patients with special reference to suicidal issues“, in: Comprehensive Psychiatry 27, S. 511-532 Beck, A.T. Freemann, A. et al. (1995), Kognitive Therapie der Persönlichkeitsstörungen, 3.Auflage, Weinheim: PsychologieVerlagsUnion; deutsche Übersetzung von: Beck, A.T. Freemann, A. et al. (1990), Cognitive Therapy of Personality Disorders, New York: Guilford Becker, P. (1997), Interaktions-Angst-Fragebogen (IAF), 3. Auflage, Göttingen: Hogrefe Cloninger, C.R. (1987), „A systematic method for clinical description and classification of personality variants. A proposal“, in: Archives of General Psychiatry 44, S. 573-588 Costa, P.T. Jr. und McCrae, R.R. (1992), Revised NEO Personality Inventory (NEOPI-R) and NEO Five Factor Inventory, Odessa, FL: Psychological Assessment Resources; deutsche Bearbeitung: Borkenau, P. und Ostendorf, F. (1993), NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (NEO-FFI), Göttingen: Hogrefe Dilling, H., Mombour, W. und Schmidt, M.H. (Hg.) (1991), Internationale Klassifikation psychischer Störungen: ICD-10, Kapitel V (F), Klinisch-diagnostische Leitlinien, Weltgesundheitsorganisation, Bern: Huber Eysenck, H.J. (1976), Crime and Personality, London: Paladin Eysenck, H.J. (1977), „Neurotizismusforschung“, in: Pongratz, L.J. und Wewetzer, K.-H. (Hg.), Handbuch der Psychologie, Band 8, 1. Halbband, Göttingen: Hogrefe, S. 565-598

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tischen Maßnahmen mit schriftlich fixierten vertraglichen Vereinbarungen,<br />

die frühzeitige Einbindung <strong>von</strong> Angehörigen <strong>und</strong>/oder anderen<br />

nahen Bezugspersonen in die Behandlung <strong>und</strong>, nach Beendigung<br />

der Haft, die Verlagerung der therapeutischen Aktivitäten in die<br />

Lebensumwelt des Betreffenden durch seine gezielte Nachbetreuung.<br />

Für diese kommen in erster Linie Bewährungshelfer infrage, die ihm<br />

schon <strong>von</strong> der Haftanstalt her vertraut sind <strong>und</strong> die <strong>ihre</strong>rseits mit<br />

seinem Lebensmilieu vertraut sein müssen. Entscheidend dürfte die<br />

rehabilitative Orientierung dieser weitgehend psychoedukativen Behandlungsform<br />

sein. Der Betreffende muss aus einem kriminellen<br />

Milieu herausgenommen, es müssen neue Kontakte gestiftet <strong>und</strong> es<br />

muss eine berufliche Integration erreicht werden, die seinen spezifischen<br />

Neigungen <strong>und</strong> Begabungen gerecht wird. Das Auffinden einer<br />

den Kompetenzen des Patienten angemessenen beruflichen – oder<br />

zumindest außerberuflichen – Betätigungsmöglichkeit, die ihm eine<br />

neue Lebensperspektive erschließt, ist zweifellos ein besonders<br />

schwieriges, für einen einigermaßen befriedigenden Behandlungserfolg<br />

aber ausschlaggebendes Unterfangen. Die inadäquate <strong>Furcht</strong>losigkeit,<br />

die im Kontext einer allgemeinen Gemütsarmut so sehr zu<br />

sozialem Fehlverhalten bis zur Gewaltkriminalität mit hoher Rückfallneigung<br />

disponiert, sollte in einer zugleich risikoreichen <strong>und</strong> sozial<br />

akzeptierten Tätigkeit ausgelebt werden können. So könnte aus<br />

der Not der geringen <strong>Angst</strong>bereitschaft letztlich eine Tugend werden.<br />

Aus meinen Ausführungen dürfte hervorgehen, dass der Problemkreis<br />

des Zusammenhangs <strong>von</strong> <strong>Angst</strong> <strong>und</strong> Persönlichkeit in allen Überlegungen<br />

zu berücksichtigen ist, die den Ursprüngen der <strong>Angst</strong>, <strong>ihre</strong>r<br />

Funktion im menschlichen Leben <strong>und</strong> den Möglichkeiten <strong>ihre</strong>r <strong>Bewältigung</strong><br />

gelten; ebenso deutlich dürfte aber geworden sein, dass<br />

noch viele, sehr viele drängende Fragen offen sind, deren Beantwortung<br />

gemeinsame Anstrengungen <strong>von</strong> Neurobiologen, Vertretern der<br />

Psycho- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften <strong>und</strong> letztlich allen, die sich mit der<br />

Natur des Menschen <strong>und</strong> seinem Zurechtkommen in der Welt befassen,<br />

erforderlich macht.

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