Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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25.10.2012 Aufrufe

232 innere Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit fehlt, sind die Erfolgsaussichten von vornherein auf ein Minimum beschränkt. Bei übermäßig ängstlichen Menschen ist zwar der Wunsch, ihre Ängstlichkeit loszuwerden, häufig vorhanden, sehr viel seltener jedoch die Bereitschaft, dazu einen aktiven Beitrag zu leisten – eventuell mit Ausnahme einer regelmäßigen Einnahme angstlösender Medikamente. Dies ist aber kein Weg zur Überwindung einer übertriebenen Ängstlichkeit und kann im allgemeinen nur als vorübergehende Notlösung betrachtet werden, unter anderem wegen der Gefahr einer Medikamentenabhängigkeit. Die Überwindung einer zur „zweiten Natur“ gewordenen bzw. schon von früher Kindheit an bestehenden Ängstlichkeit ist wohl nur in einer längerfristig angelegten komplexen Psychotherapie möglich (siehe Fiedler, 2000). Die auch in anderen Indikationsbereichen einer solchen Behandlung identifizierten Wirkmechanismen sind erstens eine vertrauensvolle, stabile emotionelle Beziehung zum Therapeuten bzw. zur Therapeutin, die aber den Charakter einer Arbeitsbeziehung haben oder zumindest gewinnen muss; das heißt, der Patient bzw. die Patientin muss im Schutz dieser Beziehung lernen, sich den eigenen Problemen zu stellen und aktiv an ihrer Bewältigung zu arbeiten. Nur so kann er/sie korrigierende Erfahrungen machen, die sich von der Behandlungs- auf die Lebenssituation des/der Betreffenden übertragen. Es kommt in diesem Zusammenhang entscheidend darauf an, die dysfunktionalen kognitiven Schemata zu identifizieren und sie dann so zu modifizieren, dass schließlich auch das Vermeidungsverhalten aufgegeben werden kann. Dazu gehört somit das, was als zweiter Wirkmechanismus erfolgreicher Psychotherapie nachgewiesen werden konnte, nämlich die Klärung der dem dysfunktionalen Verhalten zugrunde liegenden Probleme. Zunächst müssen aber die vordergründigen Probleme, die dem Patienten/der Patientin durchaus bewusst sind, offen angesprochen werden, was gerade für sehr ängstliche Naturen bereits ein erhebliches Problem darstellen kann. Aus der Erhellung der störungsrelevanten Probleme ergeben sich auch die

233 Behandlungsziele, die mit dem Patienten/der Patientin erarbeitet werden müssen und ihm/ihr nicht quasi diktiert werden dürfen. Diese Ziele sollten immer in eine allgemeine Lebensperspektive eingebunden werden. Sie ist in gemeinsamen Überlegungen von Therapeut/in und Patient aus dessen individueller Biographie und den aus ihr erschließbaren Ressourcen zu entwickeln. Der dritte Wirkmechanismus betrifft die Problembewältigung, wozu bei ängstlichen Patienten vor allem gehört, dass sie nicht mehr versuchen, ihre Ängste zu verheimlichen und ihnen dadurch auszuweichen, dass sie angstauslösende Situationen möglichst vermeiden. Das sind bei Menschen mit einer selbstunsicheren (vermeidenden) Persönlichkeitsstörung fast alle sozialen Situationen, insbesondere solche mit Fremden, mit denen man in näheren, auch persönlichen Kontakt kommt. Die Bewältigung dieser Probleme muss recht konkret geschehen, um zu einer dauerhaften Einstellungs- und Verhaltensänderung zu führen. Dafür bieten sich – zusätzlich zur Besprechung von typischen Alltagssituationen und „Hausaufgaben“ zur Einübung eines adäquaten Umgangs mit ihnen – praktische Übungen in Therapiegruppen an, zum Beispiel in Form des sogenannten Selbstsicherheitstrainings (Ullrich und de Muynk, 1998). „Auffrischungssitzungen“ in größeren Zeitabständen nach Beendigung einer intensiven Therapiephase können dazu beitragen, den Behandlungserfolg zu stabilisieren. Wenn ein übermäßig ängstlicher Mensch in einer solchen Behandlung gelernt hat, besser mit seinen Ängsten fertig zu werden und sich menschlichen Begegnungen nicht mehr grundsätzlich zu verschließen, kann dies angesichts der tief verwurzelten und chronischen Natur der Störung schon als ein Erfolg gewertet werden. Selbst derart bescheidene Behandlungserfolge sind auf Dauer bei den (zumeist männlichen) Psychopathen im Sinne von Hare nur ausnahmsweise zu erzielen – am ehesten wohl noch, wenn die Therapie im Rahmen des Maßregelvollzugs in einer Strafanstalt begonnen und konsequent über die Zeit der Inhaftierung hinaus fortgeführt wurde. Wichtig ist dabei die Transparenz und Strukturierung aller therapeu-

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Behandlungsziele, die mit dem Patienten/der Patientin erarbeitet werden<br />

müssen <strong>und</strong> ihm/ihr nicht quasi diktiert werden dürfen. Diese<br />

Ziele sollten immer in eine allgemeine Lebensperspektive eingeb<strong>und</strong>en<br />

werden. Sie ist in gemeinsamen Überlegungen <strong>von</strong> Therapeut/in<br />

<strong>und</strong> Patient aus dessen individueller Biographie <strong>und</strong> den aus ihr<br />

erschließbaren Ressourcen zu entwickeln.<br />

Der dritte Wirkmechanismus betrifft die Problembewältigung, wozu<br />

bei ängstlichen Patienten vor allem gehört, dass sie nicht mehr versuchen,<br />

<strong>ihre</strong> Ängste zu verheimlichen <strong>und</strong> ihnen dadurch auszuweichen,<br />

dass sie angstauslösende Situationen möglichst vermeiden. Das<br />

sind bei Menschen mit einer selbstunsicheren (vermeidenden) Persönlichkeitsstörung<br />

fast alle sozialen Situationen, insbesondere solche<br />

mit Fremden, mit denen man in näheren, auch persönlichen Kontakt<br />

kommt. Die <strong>Bewältigung</strong> dieser Probleme muss recht konkret geschehen,<br />

um zu einer dauerhaften Einstellungs- <strong>und</strong> Verhaltensänderung<br />

zu führen. Dafür bieten sich – zusätzlich zur Besprechung <strong>von</strong> typischen<br />

Alltagssituationen <strong>und</strong> „Hausaufgaben“ zur Einübung eines<br />

adäquaten Umgangs mit ihnen – praktische Übungen in Therapiegruppen<br />

an, zum Beispiel in Form des sogenannten Selbstsicherheitstrainings<br />

(Ullrich <strong>und</strong> de Muynk, 1998).<br />

„Auffrischungssitzungen“ in größeren Zeitabständen nach Beendigung<br />

einer intensiven Therapiephase können dazu beitragen, den<br />

Behandlungserfolg zu stabilisieren. Wenn ein übermäßig ängstlicher<br />

Mensch in einer solchen Behandlung gelernt hat, besser mit seinen<br />

Ängsten fertig zu werden <strong>und</strong> sich menschlichen Begegnungen nicht<br />

mehr gr<strong>und</strong>sätzlich zu verschließen, kann dies angesichts der tief<br />

verwurzelten <strong>und</strong> chronischen Natur der Störung schon als ein Erfolg<br />

gewertet werden.<br />

Selbst derart bescheidene Behandlungserfolge sind auf Dauer bei den<br />

(zumeist männlichen) Psychopathen im Sinne <strong>von</strong> Hare nur ausnahmsweise<br />

zu erzielen – am ehesten wohl noch, wenn die Therapie<br />

im Rahmen des Maßregelvollzugs in einer Strafanstalt begonnen <strong>und</strong><br />

konsequent über die Zeit der Inhaftierung hinaus fortgeführt wurde.<br />

Wichtig ist dabei die Transparenz <strong>und</strong> Strukturierung aller therapeu-

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