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Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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4 Fallbeispiel „Fremdeln“<br />

Das sogenannte „Fremdeln“ oder die „Acht-Monats-<strong>Angst</strong>“ ist ein<br />

Phänomen, das bei allen Kindern, wenngleich in unterschiedlicher<br />

Intensität, auftaucht. Die klassische Form ist eine heftige emotionale<br />

Reaktion beim Anblick einer unvertrauten Person: Das Kind versteift<br />

sich, wendet sich ab <strong>und</strong> beginnt zu weinen oder zu schreien (Rauh,<br />

1998). Diese <strong>Angst</strong>reaktion ist unabhängig <strong>von</strong> negativen Erfahrungen,<br />

tritt in sämtlichen Kulturen auf <strong>und</strong> zeigt einen charakteristischen<br />

Entwicklungsverlauf: Sie taucht im Alter <strong>von</strong> fünf bis sechs Monaten<br />

erstmals auf, ist vom letzten Viertel des ersten bis zum dritten<br />

Lebensjahr besonders stark ausgeprägt <strong>und</strong> verschwindet dann allmählich<br />

(Bowlby, 1998; Rauh, 1998). Die Stärke der Reaktion ist<br />

abhängig vom Verhalten der fremden Person (Annäherung <strong>und</strong> Berührungsversuche<br />

verstärken die <strong>Angst</strong>) <strong>und</strong> <strong>von</strong> <strong>ihre</strong>m Erscheinungsbild:<br />

Fremde Männer lösen mehr <strong>Angst</strong> aus als Frauen, bärtige mehr<br />

als rasierte <strong>und</strong> Erwachsene mehr als Kinder (Eibl-Eibesfeldt, 1995;<br />

Hrdy, 2000; Rauh, 1998).<br />

Während sich Biologen lange Zeit kaum um Erklärungen für dieses<br />

Phänomen bemüht haben (zum Beispiel Eibl-Eibesfeldt, 1995; Hassenstein,<br />

1987; Tembrock, 2000; siehe aber Hrdy, 2000), haben Psychologen<br />

eine Reihe <strong>von</strong> Erklärungsansätzen angeboten. Die „klassischen“<br />

Erklärungen, nach denen Fremdeln zu den „neurotischen“<br />

Ängsten der Kindheit gehört (S. Freud) oder Ausdruck <strong>von</strong> Trennungsangst<br />

ist (R. Spitz), werden heute kaum mehr vertreten. Neuere<br />

Hypothesen (Überblick bei Rauh, 1998) vermuten, dass Fremdeln<br />

(a) Ausdruck eines „kognitiven Diskrepanzerlebnisses“ sei: Das Kind<br />

ist aufgr<strong>und</strong> seiner kognitiven Entwicklung in der Lage, zwischen<br />

„fremd“ <strong>und</strong> „vertraut“ zu unterscheiden <strong>und</strong> assoziiert „fremd“<br />

mit „bedrohlich“; oder dass es<br />

(b) Ausdruck eines „vorsprachlichen Kommunikationsproblems“ sei:<br />

Der Fremde kann sich mit dem Kind nicht in der gewohnten <strong>und</strong><br />

erwarteten Weise „unterhalten“.

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