Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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198 verbunden mit dem Appell zur Wiederherstellung der Bindung) oder mit fear (als Ausdruck der gescheiterten oder zu Scheitern drohenden Beziehungsaufnahme) reagieren. Im folgenden sollen die Ergebnisse der Analyse des mimisch-affektiven Verhaltens der 20 Panikpatientinnen und ihrer Therapeuten in der jeweils ersten Therapiesitzung dargestellt werden. Da die Dauer der einzelnen Stunden variierte, wurden alle Daten an der Zeit relativiert, das heißt auf 50 Minuten umgerechnet. Die Mittelwerte der einzelnen mimischen Affektexpressionen der Patientinnen und ihrer Therapeuten sind in Tabelle 1 dargestellt. Tabelle 1: Mimische Primäraffekt-Expressionen der Therapeuten in der jeweiligen ersten Stunde (auf 50 Minuten umgerechnet, Werte gerundet). Primäraffekte Patientinnen Therapeuten Mittelwert Standardabweichung Mittelwert Standardabweichung Happiness 44,99 37,28 24,67 15,64 Surprise 1,33 2,73 0,79 2,14 Fear 0,81 2,31 0,22 0,58 Sadness 6,81 9,15 10,86 14,26 Anger 8,12 10,41 20,22 51,57 Contempt 33,08 51,08 9,38 16,39 Disgust 45,63 81,47 16,06 27,34 Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, ist im Mittel disgust der häufigste Affektausdruck bei den Patientinnen. Dies geht allerdings auf nur wenige Patientinnen mit extrem vielen disgust-Expressionen zurück. Entsprechend hoch ist die Streuung. Ein ähnliches Bild findet sich bei contempt: Auch hier geht der hohe Mittelwert auf nur wenige Patientinnen mit sehr häufigen contempt-Ausdrücken zurück. Allerdings ist hier die Verteilung etwas gleichmäßiger, und es gibt keine Patientin, die gar kein contempt zeigt. Anger und sadness finden sich nicht sehr

199 häufig, fear ist der seltenste Affektausdruck. Happiness-Expressionen liegen im Mittel zwar nur auf dem zweiten Rang, die Häufigkeitsverteilung ist hier allerdings am gleichmäßigsten: Happiness ist der einzige Affektausdruck, bei dem die Streuung den Mittelwert nicht übersteigt. Bei den Therapeuten ist happiness der im Mittel häufigste mimische Affektausdruck. Wie bei den Patientinnen ist auch hier happiness der einzige Affektausdruck, bei dem die Streuung unter dem Mittelwert liegt. Die negativen Affekte anger, contempt und disgust erreichen ebenfalls recht hohe Werte, weisen aber eine zum Teil extrem hohe Streuung auf. Der hohe Mittelwert der anger-Expressionen geht vornehmlich auf einen einzigen Therapeuten zurück, der in den ersten Stunden mit seinen beiden Patientinnen 144 bzw. 193 anger-Ausdrücke in 50 Minuten zeigte. Sadness liegt im mittleren Häufigkeitsbereich; surprise und fear sind sehr selten. Die teilweise sehr hohen disgust- und contempt-Werte hatten wir bei Angstpatientinnen nicht erwartet. Sie zeigen Ähnlichkeiten mit den in einer noch laufenden Studie gefundenen Affektverteilungen von Borderline-Patientinnen (Benecke und Dammann, in Vorbereitung). Bei einigen, aber nicht allen der Angstpatientinnen mit den hohen disgust- Werten wurde von ihren Therapeuten denn auch zusätzlich eine Borderline-Störung diagnostiziert. Die vier Patientinnen, welche die Behandlung vorzeitig abbrachen, hatten in der ersten Sitzung sehr viele disgust-Expressionen gezeigt. Es wird deutlich, dass sich hinter der ICD-10-Diagnose „Panikstörung“ eine breite Palette von psychischen Erkrankungen verbergen kann, und es liegt nahe, dass eine Behandlungsmanualisierung sich nur teilweise an der Achse-I-Diagnose orientieren kann. Auch die Therapeutenmimik weist eine starke Heterogenität auf. Sie zeigen entsprechend der Hypothese tendenziell weniger Affektmimik und signifikant weniger happiness als ihre Patientinnen. Auch con-

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häufig, fear ist der seltenste Affektausdruck. Happiness-Expressionen<br />

liegen im Mittel zwar nur auf dem zweiten Rang, die Häufigkeitsverteilung<br />

ist hier allerdings am gleichmäßigsten: Happiness ist der einzige<br />

Affektausdruck, bei dem die Streuung den Mittelwert nicht übersteigt.<br />

Bei den Therapeuten ist happiness der im Mittel häufigste mimische<br />

Affektausdruck. Wie bei den Patientinnen ist auch hier happiness der<br />

einzige Affektausdruck, bei dem die Streuung unter dem Mittelwert<br />

liegt. Die negativen Affekte anger, contempt <strong>und</strong> disgust erreichen<br />

ebenfalls recht hohe Werte, weisen aber eine zum Teil extrem hohe<br />

Streuung auf. Der hohe Mittelwert der anger-Expressionen geht vornehmlich<br />

auf einen einzigen Therapeuten zurück, der in den ersten<br />

St<strong>und</strong>en mit seinen beiden Patientinnen 144 bzw. 193 anger-Ausdrücke<br />

in 50 Minuten zeigte. Sadness liegt im mittleren Häufigkeitsbereich;<br />

surprise <strong>und</strong> fear sind sehr selten.<br />

Die teilweise sehr hohen disgust- <strong>und</strong> contempt-Werte hatten wir bei<br />

<strong>Angst</strong>patientinnen nicht erwartet. Sie zeigen Ähnlichkeiten mit den in<br />

einer noch laufenden Studie gef<strong>und</strong>enen Affektverteilungen <strong>von</strong> Borderline-Patientinnen<br />

(Benecke <strong>und</strong> Dammann, in Vorbereitung). Bei<br />

einigen, aber nicht allen der <strong>Angst</strong>patientinnen mit den hohen disgust-<br />

Werten wurde <strong>von</strong> <strong>ihre</strong>n Therapeuten denn auch zusätzlich eine Borderline-Störung<br />

diagnostiziert. Die vier Patientinnen, welche die Behandlung<br />

vorzeitig abbrachen, hatten in der ersten Sitzung sehr viele<br />

disgust-Expressionen gezeigt. Es wird deutlich, dass sich hinter der<br />

ICD-10-Diagnose „Panikstörung“ eine breite Palette <strong>von</strong> psychischen<br />

Erkrankungen verbergen kann, <strong>und</strong> es liegt nahe, dass eine Behandlungsmanualisierung<br />

sich nur teilweise an der Achse-I-Diagnose orientieren<br />

kann.<br />

Auch die Therapeutenmimik weist eine starke Heterogenität auf. Sie<br />

zeigen entsprechend der Hypothese tendenziell weniger Affektmimik<br />

<strong>und</strong> signifikant weniger happiness als <strong>ihre</strong> Patientinnen. Auch con-

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