Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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196 mimisch-affektive Verhalten der Patientinnen und Therapeuten mittels eines halbautomatischen Kodiersystems namens EMFACS (Emotional-Facial-Action-Coding-System, Friesen und Ekman, 1984) erfasst. Die Erfassung des mimischen Verhaltens mit EMFACS orientiert sich an der sichtbaren Aktivierung der Gesichtsmuskulatur, wodurch gegenüber Verfahren, die sich am subjektiven, globalen Eindruck des Raters orientieren, eine höhere Objektivität gegeben ist und hohe Interraterreliabilitäten erreicht werden. Über ein sogenanntes „Lexikon“ werden Zuordnungen der Mimikkodierungen zu den Affektkategorien vorgenommen. In bezug auf die Validität ist festzustellen, dass die so erfassten Ausdrucksmuster von externen Beobachtern mit hoher Übereinstimmung den folgenden Affektkategorien zugeschrieben werden: Ärger, Ekel, Verachtung, Angst, Trauer, Überraschung und Freude. 10 Außerdem können Kombinationen dieser Affekte erfasst werden. Schließlich gibt es ein Regelwerk, dass die Unterscheidung von „falschem“ und „echtem“ Freudeausdruck erlaubt. Die Anwendung des EMFACS liefert somit Angaben über die Häufigkeiten und die zeitliche Anordnung von qualitativ unterschiedlichen affektiven mimischen Signalen von Patientin und Therapeut. THEME (Magnussen, 1993) ist ein Detektionsprogramm, welches einen Verhaltensstrom nach sich wiederholenden Ereignisabfolgen unter Berücksichtigung der zeitlichen Abstände durchsucht. Um als repetitives Muster erkannt zu werden, müssen die Ereignisse (hier mimische Affektausdrücke) in sich wiederholender Reihenfolge in ähnlichen zeitlichen Abständen auftauchen, wobei die Muster gegen eine Zufallsverteilung auf statistische Signifikanz geprüft werden. 11 10 Die Benennung der mimisch-affektiven Verhaltensmuster erfolgt im weiteren mit den englischen Bezeichnungen (Ärger = anger, Ekel = disgust, Verachtung = contempt, Angst = fear, Trauer = sadness, Überraschung = surprise und Freude = happiness), um deutlich zu machen, dass hiermit nicht notwendigerweise ein bewusst erlebtes Gefühl gemeint ist. 11 Die Nullhypothese geht davon aus, dass alle vorfindbaren Ereignisse und auch alle zeitlichen Abstände zwischen ihnen zufällig über die Beobachtungsperiode

197 Die Muster können aus zwei oder mehreren Elementen bestehen, wobei zwei-elementige Muster (zum Beispiel eine wiederholt auftauchende Sequenz aus happiness der Patientin, gefolgt von happiness des Therapeuten) wiederum in mehr-elementige Muster eingebunden sein können, zum Beispiel wenn ein Teil der dyadischen happinesshappiness-Sequenzen wiederholt wird und darauf in stabilem zeitlichen Abstand anger des Therapeuten folgt. 12 Was nun das beziehungsregulierende mimisch-affektive Verhalten von Angstpatienten angeht, haben wir aus der obigen Beschreibung folgende Hypothesen abgeleitet: (1) Aufgrund der oben beschriebenen Abhängigkeit der Panikpatientinnen von Sicherheit gebenden Bezugspersonen erwarten wir, dass das mimisch-affektive Interaktionsverhalten der Patientinnen ihren Therapeuten gegenüber vom Leitaffekt happiness dominiert wird. Ansonsten findet sich ein eher eingeschränktes affektives Repertoire. Das weitgehende Fehlen von anger, contempt und disgust spiegelt die Schwierigkeit mit Abgrenzung und Autonomiestrebungen der Patientinnen wider. (2) Aufgrund unserer bisherigen Untersuchungen gehen wir davon aus, dass sich das mimisch-affektive Verhalten der Therapeuten deutlich von dem ihrer Patientinnen unterscheidet. Die Therapeuten sollten insgesamt weniger mimische Affektexpressionen zeigen. Insbesondere erwarten wir ein Nicht-Eingehen auf das durch die happiness der Patientinnen eingebrachte Beziehungsangebot. (3) Die Implementierung des Abhängigkeits-Autonomie-Konflikts sollte sich in der Zusammenhangsstruktur des mimisch-affektiven Verhaltens von Patientinnen und Therapeuten finden lassen, dergestalt, dass die Patientinnen auf distanzierende Affektsignale der Therapeuten vermehrt mit happiness (als Versuch der Beziehungsreparierung) oder mit sadness (als Ausdruck des Verlusts, verteilt sind. Die empirische Ereignisabfolge wird gegen diese Nullhypothese auf Signifikanz geprüft. 12 THEME wurde von Schwab (2001) und Merten (2001) auf dyadisches mimischaffektives Verhalten angewandt.

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Die Muster können aus zwei oder mehreren Elementen bestehen,<br />

wobei zwei-elementige Muster (zum Beispiel eine wiederholt auftauchende<br />

Sequenz aus happiness der Patientin, gefolgt <strong>von</strong> happiness<br />

des Therapeuten) wiederum in mehr-elementige Muster eingeb<strong>und</strong>en<br />

sein können, zum Beispiel wenn ein Teil der dyadischen happinesshappiness-Sequenzen<br />

wiederholt wird <strong>und</strong> darauf in stabilem zeitlichen<br />

Abstand anger des Therapeuten folgt. 12<br />

Was nun das beziehungsregulierende mimisch-affektive Verhalten<br />

<strong>von</strong> <strong>Angst</strong>patienten angeht, haben wir aus der obigen Beschreibung<br />

folgende Hypothesen abgeleitet:<br />

(1) Aufgr<strong>und</strong> der oben beschriebenen Abhängigkeit der Panikpatientinnen<br />

<strong>von</strong> Sicherheit gebenden Bezugspersonen erwarten wir,<br />

dass das mimisch-affektive Interaktionsverhalten der Patientinnen<br />

<strong>ihre</strong>n Therapeuten gegenüber vom Leitaffekt happiness dominiert<br />

wird. Ansonsten findet sich ein eher eingeschränktes affektives<br />

Repertoire. Das weitgehende Fehlen <strong>von</strong> anger, contempt <strong>und</strong><br />

disgust spiegelt die Schwierigkeit mit Abgrenzung <strong>und</strong> Autonomiestrebungen<br />

der Patientinnen wider.<br />

(2) Aufgr<strong>und</strong> unserer bisherigen Untersuchungen gehen wir da<strong>von</strong><br />

aus, dass sich das mimisch-affektive Verhalten der Therapeuten<br />

deutlich <strong>von</strong> dem <strong>ihre</strong>r Patientinnen unterscheidet. Die Therapeuten<br />

sollten insgesamt weniger mimische Affektexpressionen zeigen.<br />

Insbesondere erwarten wir ein Nicht-Eingehen auf das durch<br />

die happiness der Patientinnen eingebrachte Beziehungsangebot.<br />

(3) Die Implementierung des Abhängigkeits-Autonomie-Konflikts<br />

sollte sich in der Zusammenhangsstruktur des mimisch-affektiven<br />

Verhaltens <strong>von</strong> Patientinnen <strong>und</strong> Therapeuten finden lassen, dergestalt,<br />

dass die Patientinnen auf distanzierende Affektsignale der<br />

Therapeuten vermehrt mit happiness (als Versuch der Beziehungsreparierung)<br />

oder mit sadness (als Ausdruck des Verlusts,<br />

verteilt sind. Die empirische Ereignisabfolge wird gegen diese Nullhypothese<br />

auf Signifikanz geprüft.<br />

12 THEME wurde <strong>von</strong> Schwab (2001) <strong>und</strong> Merten (2001) auf dyadisches mimischaffektives<br />

Verhalten angewandt.

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