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Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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Sinn: Ein Kind, das sich weder vor Schlangen fürchtet noch davor, im<br />

Dunkeln allein zu sein, hätte über lange Strecken der Menschheitsgeschichte<br />

kaum Überlebenschancen gehabt. Noch im Jahr 1878 wurden<br />

in Indien nach Berichten britischer Kolonialoffiziere 624 Menschen<br />

<strong>von</strong> Wölfen getötet – in der Mehrzahl Kinder, die wegen der<br />

drückenden Hitze die Nacht im Freien verbracht hatten (Hrdy, 2000).<br />

So ganz zu Unrecht hat der Wolf, wie es scheint, seinen schlechten<br />

Ruf also doch nicht. Es ist alles andere als ein Zufall, dass sich dieses<br />

Tier so viel besser als <strong>Angst</strong>figur instrumentalisieren lässt als das<br />

Schaf (vgl. auch Zimen, 1978).<br />

Auch die Tatsache, dass menschliche Phobien so außerordentlich bereichsspezifisch<br />

sind, findet vor diesem Hintergr<strong>und</strong> <strong>ihre</strong> Erklärung:<br />

Derartige <strong>Angst</strong>module lassen sich als durch die natürliche Selektion<br />

geformte Anpassungen an Situationen deuten, die im Laufe der Evolution<br />

immer wieder auftraten (Nesse, 1990; Tooby <strong>und</strong> Cosmides,<br />

1990; vgl. Tabelle 1). Für diese Interpretation spricht auch, dass<br />

unterschiedliche Phobien jeweils unterschiedliche – <strong>und</strong> an entsprechende<br />

reale Gefahren angepasste – physiologische <strong>und</strong> Verhaltensreaktionen<br />

auslösen (Marks <strong>und</strong> Nesse, 1994). Die evolutionsbiologischen<br />

Implikationen sind eindeutig: Menschen, die sich in der Umwelt,<br />

in der der Mensch entstand <strong>und</strong> die seine Verhaltensanpassungen<br />

prägte, nicht vor potentiell gefährlichen Situationen gefürchtet<br />

hatten, dürften kaum Chancen gehabt haben, zu unseren Vorfahren zu<br />

zählen.<br />

Warum evolvierte <strong>Angst</strong>module so leicht zu Übertreibungen neigen<br />

(<strong>und</strong> damit auch leicht pathologische Formen annehmen können), ist<br />

aus der Perspektive der Evolutionsbiologie ebenfalls zu verstehen:<br />

Wenn die Kosten einer Schutzreaktion gering sind im Vergleich zu<br />

jenen, die beim Ignorieren einer tatsächlichen Gefahr entstehen, wird<br />

die natürliche Selektion ein Signalsystem begünstigen, das viele Fehlalarme<br />

produziert (Nesse, 2001).

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