Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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25.10.2012 Aufrufe

162 Panikstörung als die häufigste auftretende psychische Störung (Saunders et al., 1992). Bei vielen Panikpatienten findet sich zudem eine lebenslange bestehende dependente Persönlichkeit (Nyström und Lyndegard, 1975). Dass frühe Deprivationserfahrungen einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung des Gehirns von Säugetieren haben können, ist in den letzten Jahren durch Tierexperimente eindrucksvoll belegt worden. Trennungen vom Muttertier in den ersten Lebenswochen (Ladd et al., 2000) bzw. die unvorhersagbare Erschwerung der Nahrungssuche der Mütter während desselben Zeitraums (Coplan et al., 1996) haben gleichermaßen deutliche Auswirkungen auf die Entwicklung bzw. Funktion der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse. Die entsprechenden Nachkommen zeigen als erwachsene Tiere eine signifikant stärkere Stressreaktion. Ähnliches scheint bei heranwachsenden und erwachsenen Menschen nach Traumatisierung zu passieren, wie die Befunde bei Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung bzw. Borderlinestörung zeigen (Bremner, 1999; Yehuda et al., 2000). Vor der Manifestation der eigentlichen Panikstörung finden sich häufig prodromale Symptome. So weisen etwa 55 Prozent der späteren Panikpatienten kindliche Angststörungen auf (Pollak et al., 1990). Phobische und hypochondrische Symptome sind bei fast allen späteren Panikpatienten (etwa 90 Prozent) im Vorfeld nachweisbar (Fava et al., 1988). Zur Erstmanifestation einer Panikstörung kommt es meist in Phasen gesteigerter psychischer Anspannung. So etwa ließen sich im Zeitraum von sechs Monaten vor der Erstmanifestation gehäuft ernsthafte „Life Events“ eruieren (Faravelli und Pallanti, 1989). Zur ersten Panikattacke kommt es zudem fast regelmäßig (92 Prozent) in einer phobischen Situation (Lelliott et al., 1989). Ist der oben beschriebene Teufelskreis erst einmal eingerastet, ist es für den Betroffenen nur noch schwer möglich, die Ängste und das Vermeidungsverhalten eigenständig in den Griff zu bekommen. Viele Patienten sind sich der oben beschriebenen Zusammenhänge durchaus

163 bewusst und kennen ihre typischen Auslösebedingungen, ohne aber das Problem insgesamt abstellen zu können (Boulenger und Bisserbe, 1992). 13 Störungsspezifische Psychotherapie Die pharmakologische Behandlung der Panikstörung hat trotz ihrer erwiesenen Wirksamkeit einen entscheidenden Nachteil: Ihre Wirkung ist nicht nachhaltig; nach Absetzen der Medikamente treten meist wieder Panikattacken auf – ganz davon abgesehen, dass sich die kognitiven Voraussetzungen der Störung bzw. das störungsperpetuierende Vermeidungsverhalten unter entsprechenden Medikationen ohnehin nicht ändert. Um einen nachhaltigeren Behandlungserfolg zu erzielen, bedarf es deshalb nach heutigem Verständnis eine störungsspezifische „Re-Programmierung“ der relevanten Anteile des Angstnetzwerks. Dass dies möglich ist, beweisen die eindrucksvollen Erfolge der kognitiv-behavioralen Therapie (KBT) im Bereich der Angststörungen. Die moderne kognitiv behaviorale Therapie versteht sich als „Selbstmanagementtherapie“ (Kanfer et al., 1991). Der Patient soll durch die Therapie in die Lage versetzt werden, die Wechselwirkungen seines problematischen Erlebens und Verhaltens zu erkennen und zielgerichtet zu ändern. Das therapeutische Vorgehen orientiert sich dabei an der individuellen Problemanalyse (Casper, 1996) und erarbeitet auf den Einzelfall zugeschnittene Strategien, die zunächst unter therapeutischer Anleitung, dann mehr und mehr in der Eigenregie des Patienten in die Tat umgesetzt werden. Dabei kommen Interventionen zum Einsatz, die auf den verschiedenen Symptomebenen (siehe Abbildung 2, oben) wirken. Ihr Ziel ist es im Falle der Panikstörung, die körperliche Angstsymptomatik (vegetative Erregung), die wahrgenommene Bedrohung (katastrophisierende Überzeugungen, Hypervigilanz) und die geringe Selbstwirksamkeitserwartung (Bandura, 1977) des Patienten effektiv zu ändern.

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bewusst <strong>und</strong> kennen <strong>ihre</strong> typischen Auslösebedingungen, ohne aber<br />

das Problem insgesamt abstellen zu können (Boulenger <strong>und</strong> Bisserbe,<br />

1992).<br />

13 Störungsspezifische Psychotherapie<br />

Die pharmakologische Behandlung der Panikstörung hat trotz <strong>ihre</strong>r<br />

erwiesenen Wirksamkeit einen entscheidenden Nachteil: Ihre Wirkung<br />

ist nicht nachhaltig; nach Absetzen der Medikamente treten<br />

meist wieder Panikattacken auf – ganz da<strong>von</strong> abgesehen, dass sich die<br />

kognitiven Voraussetzungen der Störung bzw. das störungsperpetuierende<br />

Vermeidungsverhalten unter entsprechenden Medikationen<br />

ohnehin nicht ändert. Um einen nachhaltigeren Behandlungserfolg zu<br />

erzielen, bedarf es deshalb nach heutigem Verständnis eine störungsspezifische<br />

„Re-Programmierung“ der relevanten Anteile des <strong>Angst</strong>netzwerks.<br />

Dass dies möglich ist, beweisen die eindrucksvollen<br />

Erfolge der kognitiv-behavioralen Therapie (KBT) im Bereich der<br />

<strong>Angst</strong>störungen.<br />

Die moderne kognitiv behaviorale Therapie versteht sich als „Selbstmanagementtherapie“<br />

(Kanfer et al., 1991). Der Patient soll durch die<br />

Therapie in die Lage versetzt werden, die Wechselwirkungen seines<br />

problematischen Erlebens <strong>und</strong> Verhaltens zu erkennen <strong>und</strong> zielgerichtet<br />

zu ändern. Das therapeutische Vorgehen orientiert sich dabei<br />

an der individuellen Problemanalyse (Casper, 1996) <strong>und</strong> erarbeitet auf<br />

den Einzelfall zugeschnittene Strategien, die zunächst unter therapeutischer<br />

Anleitung, dann mehr <strong>und</strong> mehr in der Eigenregie des Patienten<br />

in die Tat umgesetzt werden. Dabei kommen Interventionen zum<br />

Einsatz, die auf den verschiedenen Symptomebenen (siehe Abbildung<br />

2, oben) wirken. Ihr Ziel ist es im Falle der Panikstörung, die körperliche<br />

<strong>Angst</strong>symptomatik (vegetative Erregung), die wahrgenommene<br />

Bedrohung (katastrophisierende Überzeugungen, Hypervigilanz) <strong>und</strong><br />

die geringe Selbstwirksamkeitserwartung (Bandura, 1977) des Patienten<br />

effektiv zu ändern.

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