Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...
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158 über den sensorischen Cortex weitergeleitet, kommt es zu einer kontrollierteren, aber verzögerten Angstreaktion (LeDoux, 1996). Die Stimulusverarbeitung wird durch ein Netzwerk realisiert, das verschiedene ausgedehnte kortikale Rindenfelder, das periäquaduktale Grau, den Hippocampus und insbesondere die Amygdala umfasst. Die efferente Angstreaktion wird schließlich maßgeblich durch den Nucleus centralis der Amygdala organisiert: Verbindungen zum Striatum vermitteln die motorische Aktivierung, Verbindungen zu Kernen der Nervi facialis und trigeminalis lassen den geängstigten Gesichtsausdruck zustande kommen, Projektionen zum Nucleus parabrachialis können die angstbedingte Hyperventilation auslösen, solche zu dorsalen motorischen Vaguskern sind für überschießende parasympathische Aktivität (verstärkter Harn- und Stuhldrang, Ulcus-Neigung usw.) verantwortlich, die über den Locus coeruleus geschalteten Projektionen zu lateralen Hypothalamus führen zur Sympathikusaktivierung (Puls- und Blutdrucksteigerung, Schwitzen, Pupillenerweiterung usw.) und die ebenfalls über den Locus coeruleus erfolgende Aktivierung des Nucleus paraventricularis des Hypothalamus aktiviert die Neuropeptidkaskade der Stressreaktion (Davis, 1997). Auffällig ist, dass die bei der Behandlung der Panikstörung wirksamen Antidepressiva im wesentlichen auf den von der Amygdala ausgehenden efferenten Schenkel des Systems wirken. Der der Amygdala gewissermaßen „übergeordnete“ Teil des Netzwerks, der wesentlich der Informationsverarbeitung dient, wird deutlich weniger wirksam beeinflusst. Dies ist allem Anschein nach der Grund dafür, dass rein pharmakologische Panikbehandlungen keine befriedigenden bzw. nachhaltigen Ergebnisse erzielen. Die beschriebenen Medikamente dämpfen die efferente Angstreaktion, ohne die im Zuge der Störung automatisierten Stimulusverarbeitungsprozesse zu beeinflussen. Um die Panikstörung effektiver zu behandeln, müsste eine wirksame Hemmung auf die der Amygdala „übergeordneten“ Prozesse ausgeübt werden. Neuroanatomisch gesehen, kämen dem präfrontalen und dem cingulären Cortex die Aufgabe zu, das Verhalten der die Angstreaktion steuernden Amygdala zu moderieren (Gorman et al., 2000).
159 Wirksamer Psychotherapie, so LeDoux (1996), müsste es gelingen, über die kortikalen Projektionen eine bewusste Kontrolle auf die automatischen physiologischen und behavioralen Reaktionen der Angstpatienten aufzubauen. Anxiolytische Medikamente sind in der Angstbehandlung wirksam (vergleiche zum Beispiel die Meta-Analyse von Clum et al., 1993), aber nicht befriedigend wirksam. Gut ein Drittel der rein medikamentös behandelten Patienten zeigt keine Verbesserung, und die, die sich gebessert fühlen, sind in der Regel nicht frei von Ängsten. Als weit wichtigerer Nachteil der medikamentösen Angstbehandlung erweist sich die Tatsache, dass diese keinen nachhaltigen, ein Rezidiv verhindernden Effekt zeitigt: In 54 bis über 70 Prozent der Fälle kommt es nach Absetzen der Antidepressiva oder Benzodiazepine zu einem Wiederauftreten der Panikstörung (zum Beispiel Mavissakalian und Perel, 1999; Noyes et al., 1989; Noyes et al., 1991). Erwähnenswert ist auch, dass Panikpatienten körperliche Nebenwirkungen der Antidepressiva wenig tolerieren. Dies hat in klinischen Studien eine auffallend hohe Abbrecherquote zur Folge (Cassano et al., 1992). 12 Angststörungen aus der Entwicklungsperspektive Die Ansätze der biologischen Psychiatrie bleiben oft den Limitationen des medizinischen Modells verhaftet. Dabei erweist sich die Hoffnung auf einfache und griffige Pathomechanismen, die sich nach dem „Schalter-an-Schalter-aus“-Prinzip effektiv therapeutisch beeinflussen ließen, nahezu regelhaft als trügerisch. Als Alternative zu diesem synchrone, lineare und wenig komplexe Verhältnisse unterstellenden Ansatz bietet sich der Entwicklungsansatz an. Dieser ist zwar bislang kaum über die grobe Rekonstruktion pathogener Entwicklungsschritte hinaus gekommen; er bietet jedoch in Zukunft die Aussicht, die (funktionelle) Plastizität des Nervensystems sowohl in der Krankheitsentstehung als auch unter einer effektiven Behandlung zu verstehen. In allgemeiner Form lässt sich ein solches Entwicklungsmodell folgendermaßen darstellen (siehe Abbildung 4): Psychischen Störungen
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Die efferente <strong>Angst</strong>reaktion wird schließlich maßgeblich durch den<br />
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zu dorsalen motorischen Vaguskern sind für überschießende parasympathische<br />
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zu lateralen Hypothalamus führen zur Sympathikusaktivierung<br />
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usw.) <strong>und</strong> die ebenfalls über den Locus coeruleus erfolgende Aktivierung<br />
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im wesentlichen auf den <strong>von</strong> der Amygdala ausgehenden efferenten<br />
Schenkel des Systems wirken. Der der Amygdala gewissermaßen<br />
„übergeordnete“ Teil des Netzwerks, der wesentlich der Informationsverarbeitung<br />
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Panikbehandlungen keine befriedigenden bzw. nachhaltigen Ergebnisse<br />
erzielen. Die beschriebenen Medikamente dämpfen die efferente<br />
<strong>Angst</strong>reaktion, ohne die im Zuge der Störung automatisierten Stimulusverarbeitungsprozesse<br />
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Um die Panikstörung effektiver zu behandeln, müsste eine wirksame<br />
Hemmung auf die der Amygdala „übergeordneten“ Prozesse ausgeübt<br />
werden. Neuroanatomisch gesehen, kämen dem präfrontalen <strong>und</strong> dem<br />
cingulären Cortex die Aufgabe zu, das Verhalten der die <strong>Angst</strong>reaktion<br />
steuernden Amygdala zu moderieren (Gorman et al., 2000).