Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...

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156 gen vermitteln ein Gefühl der Resilienz, der Widerstandsfähigkeit, das bei Panikpatienten typischerweise erschüttert ist. (5) Aller Wahrscheinlichkeit nach kommt es auch zu einer direkten Beeinflussung des Nucleus centralis der Amygdala durch die serotonerge Modulation des sensorischen Inputs und durch die Inhibition exzitatorischer thalamischer und kortikaler Einflüsse auf den Nucleus lateralis (Stutzman und LeDoux, 1999). – Zusammengefasst ergibt sich damit folgendes Bild der serotonergen Pharmakotherapie der Panikstörung: Der aktivierende Einfluss, den die verschiedenen, die Panikreaktion implementierender Zentren durch die Amygdala erfahren, wird gehemmt. Dies führt zu einer Stabilisierung der vegetativen und neuroendokrinen Komponenten der Panikneigung. Zu den serotonerg wirksamen Antidepressiva zählen die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, die Serotonin-Noradrenalin- Wiederaufnahmehemmer, einige trizyklische Antidepressiva (insbesondere Clomipramin) und die Monoaminoxidasehemmer. Aufgrund des günstigeren Wirkungs-/Nebenwirkungsprofils gelten die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer heute als Medikamente der ersten Wahl bei der Behandlung der Panikstörung (American Psychiatric Association, 1998). Die Responder-Quote liegt gleichwohl nur bei etwas mehr als 60 Prozent und ist zudem durch serotonintypische Nebenwirkungen (gastrointestinaler Distress, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, sexuelle Funktionsstörungen usw.) belastet (Stahl, 2000; Nutt, 2001). 10 Das gabaerge System Nur eine Klasse von Medikamenten erzielt eine schnelle, eindrucksvolle anxiolytische Wirkung – die Benzodiazepine (BZD). Ihre Wirkung wird über die Aktivierung des γ-Aminobuttersäure-Benzodiazepinkomplexes vermittelt, der weitaus häufigsten, weit verbreiteten, hemmenden neuronalen Schaltstelle des Gehirns. Dies erklärt, warum Benzodiazepine nicht nur anxiolytisch, sondern auch sedierend, schlafanstoßend und antikonvulsiv wirken. BZD-Rezeptoren finden sich in hoher Dichte auch in Teilen des Angstnetzwerks insbesondere

157 dem Cortex, der Amygdala und dem Hippocampus. Ob Angststörungen auf Anomalien des BZD-Stoffwechsels zurückzuführen sind, ist unklar. Theoretisch gesehen könnte ein Mangel an natürlichen Liganden, ein Überschuss an inversen Agonisten oder eine kongenitale Anomalie des BZD-Rezeptors vorliegen. Die Gabe von Flumazanil, einem BZD-Antagonisten, löst bei entsprechend disponierten Individuen Panikattacken aus (Nutt, 2001). Die Pharmakotherapie mit BZD kann trotz guter initialer Wirkung nicht auf Dauer empfohlen werden. Dies ist einerseits auf die Nebenwirkungen (Wirkungsverlust, Abhängigkeitsentwicklung, Entzugsrisiko, Sedation, kognitive Einschränkungen, Amnesie usw.) und andererseits auf die sichere Reexazerbation der Ängste nach Absetzen zurückzuführen (Stahl, 2000). Die BZD-Behandlung verhindert geradezu, dass Angstpatienten aktive Bewältigungs- und Selbstwirksamkeitserfahrungen machen und verschlechtert von daher den Gesamttherapieeffekt (Marks et al., 1993). 11 Bewertung der anxiolytischen Pharmakotherapie Werden alle bekannten pharmakogenen Effekte auf die Panikbereitschaft des Menschen zusammengetragen – neben den bereits genannten Systemen wären das dopaminerge und das glutamaterge System zu nennen, weiterhin Opiate, Neuropeptide, Hormone und kardiorespiratorische Zentren, durch deren Beeinflussung sich Panik auslösen oder dämpfen lässt –, so ergeben die beteiligten Strukturen ein Bild vom Angstnetzwerk, das den grundlagenwissenschaftlichen Vorstellungen über die Neuroanatomie der Angst in etwa entspricht (Gorman et al., 2000). Zu den afferenten Systemen zählen der Thalamus, der bedrohliche externe Reize an die Amygdala weiterleitet, sowie Kerngebiete, die viszerosensorische Informationen des Körpererlebens ebenfalls an die Amygdala vermitteln (unter anderem Nucleus solitarius, Nucleus parabrachialis und Thalamus). Werden die Afferenzen direkt zum Nucleus lateralis der Amygdala weitergeleitet, ermöglicht dies eine krude und schnelle Angstreaktion; werden diese hingegen indirekt

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dem Cortex, der Amygdala <strong>und</strong> dem Hippocampus. Ob <strong>Angst</strong>störungen<br />

auf Anomalien des BZD-Stoffwechsels zurückzuführen sind, ist<br />

unklar. Theoretisch gesehen könnte ein Mangel an natürlichen Liganden,<br />

ein Überschuss an inversen Agonisten oder eine kongenitale<br />

Anomalie des BZD-Rezeptors vorliegen. Die Gabe <strong>von</strong> Flumazanil,<br />

einem BZD-Antagonisten, löst bei entsprechend disponierten Individuen<br />

Panikattacken aus (Nutt, 2001).<br />

Die Pharmakotherapie mit BZD kann trotz guter initialer Wirkung<br />

nicht auf Dauer empfohlen werden. Dies ist einerseits auf die Nebenwirkungen<br />

(Wirkungsverlust, Abhängigkeitsentwicklung, Entzugsrisiko,<br />

Sedation, kognitive Einschränkungen, Amnesie usw.) <strong>und</strong><br />

andererseits auf die sichere Reexazerbation der Ängste nach Absetzen<br />

zurückzuführen (Stahl, 2000). Die BZD-Behandlung verhindert geradezu,<br />

dass <strong>Angst</strong>patienten aktive <strong>Bewältigung</strong>s- <strong>und</strong> Selbstwirksamkeitserfahrungen<br />

machen <strong>und</strong> verschlechtert <strong>von</strong> daher den Gesamttherapieeffekt<br />

(Marks et al., 1993).<br />

11 Bewertung der anxiolytischen Pharmakotherapie<br />

Werden alle bekannten pharmakogenen Effekte auf die Panikbereitschaft<br />

des Menschen zusammengetragen – neben den bereits genannten<br />

Systemen wären das dopaminerge <strong>und</strong> das glutamaterge System<br />

zu nennen, weiterhin Opiate, Neuropeptide, Hormone <strong>und</strong> kardiorespiratorische<br />

Zentren, durch deren Beeinflussung sich Panik auslösen<br />

oder dämpfen lässt –, so ergeben die beteiligten Strukturen ein<br />

Bild vom <strong>Angst</strong>netzwerk, das den gr<strong>und</strong>lagenwissenschaftlichen Vorstellungen<br />

über die Neuroanatomie der <strong>Angst</strong> in etwa entspricht<br />

(Gorman et al., 2000).<br />

Zu den afferenten Systemen zählen der Thalamus, der bedrohliche<br />

externe Reize an die Amygdala weiterleitet, sowie Kerngebiete, die<br />

viszerosensorische Informationen des Körpererlebens ebenfalls an die<br />

Amygdala vermitteln (unter anderem Nucleus solitarius, Nucleus<br />

parabrachialis <strong>und</strong> Thalamus). Werden die Afferenzen direkt zum<br />

Nucleus lateralis der Amygdala weitergeleitet, ermöglicht dies eine<br />

krude <strong>und</strong> schnelle <strong>Angst</strong>reaktion; werden diese hingegen indirekt

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