Angst, Furcht und ihre Bewältigung - oops - Carl von Ossietzky ...
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150 außer Kraft setzende Behandlung zur Chronifizierung der Störung kommt. Unbehandelt verlaufen Panikstörungen chronisch (Wittchen, 1991). Nach fünf Jahren ohne Behandlung waren nur zehn Prozent der Patienten einer Untersuchung beschwerdefrei (Faravelli et al., 1995). Selbst nach psychiatrischer, das heißt pharmakologischer Therapie sind nach vier bis sechs Jahren nur etwa 30 Prozent der Betroffenen wieder hergestellt; 40 bis 50 Prozent der Betroffenen bezeichnen ihren Zustand als gebessert, aber weiterhin symptomatisch; und 20 bis 30 Prozent der Betroffenen geben einen ungebesserten bzw. verschlechterten Zustand an (Katschnig et al., 1996; Roy-Byrne et al., 1995). 7 Anxiolytisch wirksame Medikamente Panikstörungen werden entgegen den Implikationen des kognitiven Modells überwiegend medikamentös behandelt (Bandelow et al., 1995). Es gibt mittlerweile eine Vielzahl nachweislich angstlösender bzw. -dämpfender – aber auch angst- und panikprovozierender – Pharmaka. Unser Wissen um die Pharmakodynamik dieser Stoffe in Beziehung zu ihren differenziellen klinischen Effekten lässt pharmakologische Interventionen zu experimentellen, Informationen über die zugrunde liegenden Mechanismen der Angststörungen liefernden Sonden werden. Alle zu nennenden Pharmaka wirken auf die chemische Neurotransmission auf Synapsenebene. Aus diesem Grund weiß man seit längerem, welche Neurotransmittersysteme beim Zustandekommen von Angstsymptomen eine Rolle spielen dürften. Es gehört zur genuin psychiatrischen Erforschung der Angststörungen, über die Aufklärung der Mechanismen der anxiolytischen Pharmakawirkung Aufschluss über den Mechanismus pathologischer Ängste zu gewinnen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der umgekehrte, Ängste mit Hilfe von Pharmaka provozierende Weg, der gleichermaßen Hinweise auf die beteiligten Mechanismen zu liefern vermag.
151 8 Das noradrenerge System Dass der Neurotransmitter Noradrenalin an der Realisierung von Angstreaktionen beteiligt ist, ist ein aus psychiatrischer Sicht naheliegender Gedanke. Angst geht generell mit einer Aktivierung des sympathischen vegetativen Nervensystems einher. Es kommt zu den jedem aus eigener Erfahrung vertrauten körperlichen Veränderungen Unruhe, Herzschlagbeschleunigung, Steigerung des Blutdrucks, Mundtrockenheit usw. Aus Tierversuchen ist zudem schon lange bekannt, dass die Stimulation des Locus coeruleus in der Pons zu einer Angstreaktion führt (Redmond, 1977). Mit Hilfe pharmakologischer Sonden kann man den noradrenergen Mechanismus von Angst und Panik in die gewünschte Richtung beeinflussen. Noradrenerg wirksame Antidepressiva, wie das bereits erwähnte Imipramin, sind in der Lage, den Mechanismus (vermutlich durch die „down“-Regulation postsynaptischer Rezeptoren) zu dämpfen; Angst und Panik treten dann unter ansonsten unveränderten Bedingungen weniger leicht auf. Pharmaka, die den entgegengesetzten Effekt auf das noradrenerge System ausüben, wie der α2-Agonist Yohimbin, können hingegen Angst und Panik provozieren. Grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge finden sich die meisten Zellkörper noradrenerger Nervenzellen im Locus coeruleus, einem Kerngebiet des Hirnstamms. Sie stellen wichtige Verbindungen zum frontalen Cortex, zu limbischen Strukturen, zum Kleinhirn und zu vegetativen Zentren her. Zu den nachgewiesenen Projektionen gehören auch solche Strukturen, die aufgrund tierexperimenteller Befunde dem „neuronalen Angstnetzwerk“ zugerechnet werden: Amygdala, Interstitialkern der Stria terminalis, Area entorhinalis, periaquäduktales Grau, Nucleus paraventricularis des Hypothalamus, Thalamus und Nucleus solitarius (Coplan und Lydiard, 1998). Aufgabe des aktivierenden noradrenergen Systems ist es, die Aufmerksamkeit des Organismus auf die externe Umwelt und/oder das interne Milieu zu lenken. Dabei werden perzeptuelle und kognitive Prioritäten des Organismus verschoben, welche die Stabilität der Aufmerksamkeit für überlebenswichtige Reize garantieren sollen. Man geht
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Dass der Neurotransmitter Noradrenalin an der Realisierung <strong>von</strong><br />
<strong>Angst</strong>reaktionen beteiligt ist, ist ein aus psychiatrischer Sicht naheliegender<br />
Gedanke. <strong>Angst</strong> geht generell mit einer Aktivierung des sympathischen<br />
vegetativen Nervensystems einher. Es kommt zu den<br />
jedem aus eigener Erfahrung vertrauten körperlichen Veränderungen<br />
Unruhe, Herzschlagbeschleunigung, Steigerung des Blutdrucks,<br />
M<strong>und</strong>trockenheit usw. Aus Tierversuchen ist zudem schon lange bekannt,<br />
dass die Stimulation des Locus coeruleus in der Pons zu einer<br />
<strong>Angst</strong>reaktion führt (Redmond, 1977).<br />
Mit Hilfe pharmakologischer Sonden kann man den noradrenergen<br />
Mechanismus <strong>von</strong> <strong>Angst</strong> <strong>und</strong> Panik in die gewünschte Richtung beeinflussen.<br />
Noradrenerg wirksame Antidepressiva, wie das bereits erwähnte<br />
Imipramin, sind in der Lage, den Mechanismus (vermutlich<br />
durch die „down“-Regulation postsynaptischer Rezeptoren) zu dämpfen;<br />
<strong>Angst</strong> <strong>und</strong> Panik treten dann unter ansonsten unveränderten Bedingungen<br />
weniger leicht auf. Pharmaka, die den entgegengesetzten<br />
Effekt auf das noradrenerge System ausüben, wie der α2-Agonist<br />
Yohimbin, können hingegen <strong>Angst</strong> <strong>und</strong> Panik provozieren.<br />
Gr<strong>und</strong>lagenwissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge finden sich die<br />
meisten Zellkörper noradrenerger Nervenzellen im Locus coeruleus,<br />
einem Kerngebiet des Hirnstamms. Sie stellen wichtige Verbindungen<br />
zum frontalen Cortex, zu limbischen Strukturen, zum Kleinhirn <strong>und</strong><br />
zu vegetativen Zentren her. Zu den nachgewiesenen Projektionen<br />
gehören auch solche Strukturen, die aufgr<strong>und</strong> tierexperimenteller<br />
Bef<strong>und</strong>e dem „neuronalen <strong>Angst</strong>netzwerk“ zugerechnet werden:<br />
Amygdala, Interstitialkern der Stria terminalis, Area entorhinalis,<br />
periaquäduktales Grau, Nucleus paraventricularis des Hypothalamus,<br />
Thalamus <strong>und</strong> Nucleus solitarius (Coplan <strong>und</strong> Lydiard, 1998). Aufgabe<br />
des aktivierenden noradrenergen Systems ist es, die Aufmerksamkeit<br />
des Organismus auf die externe Umwelt <strong>und</strong>/oder das interne<br />
Milieu zu lenken. Dabei werden perzeptuelle <strong>und</strong> kognitive Prioritäten<br />
des Organismus verschoben, welche die Stabilität der Aufmerksamkeit<br />
für überlebenswichtige Reize garantieren sollen. Man geht