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MZ-76-12 – Februar/März - Mänziger Zytig

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THEMA<br />

<strong>Februar</strong> / <strong>März</strong> 20<strong>12</strong> mänziger zytig Nr. <strong>76</strong><br />

35<br />

Der Wald (Textausschnitt)<br />

Welche Geschichte aus welchem Wald auf dieser Welt erwartet<br />

das Jahr des Waldes von mir? Ich bin schon in den Wäldern Kanadas<br />

und Alaskas gewesen, aber auch in Borneo, Sibirien, Java,<br />

Indien und in Panama.<br />

Soll ich vom Urwald auf Java erzählen, wo man mit einem ausgeweideten<br />

Lastwagen, der mit rumhängenden Kabeln gestartet<br />

wird, fünf Stunden über Stock und Stein durch den Urwald rumpelt?<br />

Nur mit etwa fünf Kilometern pro Stunde, denn alles, was<br />

schneller ist, wäre gefährlich, denn Pneus und Bremsen sind sicherlich<br />

nicht sonderlich gewartet. Als wir endlich beim Hotel ankommen,<br />

in das man mich einquartieren wollte, ist es von Polizeibeamten<br />

besetzt. Man verfrachtet mich deshalb noch in der Nacht<br />

in ein Dorf, wo es für mich allein ein All-inclusive-Hotel gibt. Der<br />

Besitzer verbietet mir am nächsten Tag, allein in den Nationalparkwald<br />

hinter dem Hotel zu gehen. Höchstens mit einem bewaffneten<br />

Guide, denn da soll es noch wild lebende Tiger geben. Also<br />

beschliesse ich, nachdem ich fast alle Dorfbewohner fotografieren<br />

durfte, ans Meer zu gehen. Dort sollen nachts die Schildkröten<br />

ihre Eier legen. Als ich durch das ans Meer grenzende Stück Wald<br />

gehen will, stoppt mich ein Affe in den Bäumen. Ich will ihn ignorieren<br />

und meinen Weg gehen. Das findet er nicht so toll und<br />

springt auf den am nächsten bei mir stehenden Baum, ergreift den<br />

Stamm, schüttelt ihn unter Gebrüll und zeigt mir seine spitzen<br />

Zähne. Mit denen möchte ich nun wirklich keine nähere Bekanntschaft<br />

machen. So bin ich zurückgegangen und habe Menschen<br />

gefragt, wie ich vorgehen soll. Man hat mir geraten, einfach pfeifend<br />

durch den Wald zu gehen. Die Affen haben mich dann von<br />

einem Baum zum anderen springend begleitet, so auch die Tukans.<br />

Ich mag es jedem Volk gönnen, das noch in solchen Wäldern leben<br />

kann und sich von ihnen ernähren darf; ich mag es diesen<br />

Völkern gönnen, wenn sie dies auch weiterhin tun dürfen. Deshalb<br />

sind wir doch mitverantwortlich für ihre wie für unsere Nachkommen,<br />

dass diese Wälder rund um die Erde erhalten bleiben,<br />

denn die Wälder sind die Lungen unserer Welt.<br />

Die Geschichte des Walddrachen<br />

Es war einmal vor langer Zeit in einem Wäldchen. Da lebte ein<br />

gigantischer Drache. Er war riesig und hatte eine türkis schimmernde<br />

Schuppenhaut. Keine Menschenseele traute sich in den<br />

Wald, denn alle hatten Angst vor dem Drachen. Eines Tages ging<br />

ein Mädchen in den Wald. Es war ungefähr dreizehn Jahre alt. Sie<br />

hatte braune Augen und schwarze Haare. Sie hiess Aleanda, und<br />

sie mochte die Tiere, die im Wald lebten. Als sie in den Wald ging,<br />

sah sie ein ungewöhnliches Tier, und Aleanda folgte ihm, da sie<br />

nicht wusste, was das für ein Tier war. Sie fühlte sich irgendwie<br />

beobachtet. Sie drehte sich um, blickte um sich und fand sich tief<br />

im Wald wieder. Da sah sie, dass sich etwas bewegte, und auf<br />

einmal stand der Drache vor ihr. Seine himmelblauen Augen sahen<br />

sie verwundert und erleichtert an. Aleanda hatte jedoch keinerlei<br />

Angst und ging einen Schritt auf den Drachen zu. Auf einmal<br />

hörte sie eine unbekannte Stimme in ihrem Kopf. Die Stimme<br />

sagte in einem tiefen, aber zugleich schönen Ton zu ihr: «Hab<br />

keine Angst, kleiner Mensch.»<br />

Der Drache legte sich vor sie hin, und sie verstand auf Anhieb,<br />

dass sie näher kommen sollte. Aleanda ging auf den Drachen zu.<br />

Die Stimme sagte nun: «Ich bin Faedrak, und wer bist du?» «Ich<br />

bin Aleanda.» Vom ersten Moment an verstand sie sich gut mit<br />

Faedrak. Sie blieb den ganzen Tag bei ihm. Am Abend ging sie<br />

nach Hause und versprach Faedrak, dass sie am nächsten Morgen<br />

wieder kommen würde.<br />

Eine Woche schon kannte sie Faedrak nun und ging jeden Tag<br />

in das Wäldchen. Die Dorfbewohner wurden immer misstrauischer,<br />

und sie schickten einen starken Kämpfer hinter ihr her,<br />

Marika Bühler<br />

um herauszufinden, wohin Aleanda immer verschwand. Als er<br />

wusste, dass sie sich mit dem Drachen traf, konnte er nicht<br />

anders, er rannte aus seinem Versteck ins Dorf und erzählte<br />

alles. Die Dorfbewohner hatten Angst und wollten den Wald<br />

niederbrennen lassen.<br />

Ein kleiner Junge hatte alles mit angehört und suchte das Mädchen<br />

auf. Er fand sie bei ihrem Drachen und erzählte ihr, was er<br />

vernommen hatte. Sie sagte zu Faedrak, dass sie augenblicklich<br />

verschwinden sollten, aber da war es schon zu spät. Dicker<br />

Rauch hüllte die drei ein. Da schwang sich Aleanda auf den<br />

Rücken ihres Drachen und zog den Jungen zu sich herauf. Der<br />

Drache spannte die Flügel und stiess sich mit einem Ruck vom<br />

Erdboden ab. Sie flogen zum Dorf und riefen den Bewohnern<br />

zu, sie sollten Aleandas Eltern sagen, dass ihre Tochter jetzt am<br />

sichersten Ort auf der Welt sei: bei ihrem Walddrachen.<br />

Aleanda und Faedrak fanden einen verzauberten Wald mit Elfen,<br />

Feen, Einhörnern und allem, was dazugehört. Die beiden<br />

blieben für alle Zeit im Wald und gingen nie mehr fort.<br />

Foto: Tony Mehr<br />

Endrita Seidju, <strong>12</strong> Jahre

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