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folter - Schweizerisches Rotes Kreuz

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Erwartungen nicht erfüllt werden, ist die Enttäuschung<br />

umso grösser. Ich riskiere dann,<br />

dass ich das Vertrauen meines Klienten verliere.<br />

Wir haben jetzt von Belastungen gesprochen,<br />

die Sie während und in der Arbeit mit Ihren<br />

Patientinnen oder Klienten erleben. Erfahren<br />

Sie auch Belastungen, die mit dem Team oder<br />

der Institution zusammenhängen?<br />

AJ: Ja, auch solche Belastungen gibt es. Die<br />

Stimmung, die die einzelnen Mitarbeitenden<br />

aus ihrer Arbeit mitnehmen, überträgt sich<br />

aufs Team. Die Reaktionen sind sehr individuell:<br />

Der eine zieht sich zurück, der andere reagiert<br />

heftig und sucht die Konfrontation.<br />

HS: Oder man verhält sich vorsichtig, schont<br />

ein involviertes Teammitglied. Die Dynamik<br />

im Team kann sehr schnell wechseln.<br />

AJ: Hin und wieder gibt es auch Meinungsunterschiede.<br />

Die Diskussion über einen Patienten,<br />

eine Patientin kann das Team spalten.<br />

Wie begegnen Sie der Gefahr eines Burnouts?<br />

HS: Es gibt institutionelle Massnahmen wie<br />

Fallbesprechungen und Supervision, die helfen,<br />

dieser Gefahr vorzubeugen. Zudem finden<br />

Gespräche in kleinen Gruppen der jeweils<br />

in einem Fall involvierten Fachpersonen statt.<br />

Diese Massnahmen geben uns das Gefühl,<br />

dass wir nicht allein gelassen werden. Es tut<br />

zudem gut zu wissen, dass wir eine starke<br />

Institution im Rücken haben, die öffentlichen<br />

Rückhalt geniesst. Misserfolge können so besser<br />

verkraftet werden.<br />

AJ: Es wird im Ambulatorium darauf geachtet,<br />

dass die einzelnen Mitarbeitenden nicht zu<br />

viele Fälle übernehmen müssen. Das finde ich<br />

ganz wichtig. Ich wünschte mir einzig etwas<br />

mehr Ferien. Ich schätze auch sehr, dass wir<br />

über grosszügige Räumlichkeiten verfügen.<br />

Es ist sehr schön, soviel Platz zu haben. Man<br />

kann so auch räumlich Abstand halten; das<br />

wirkt sich psychohygienisch günstig aus.<br />

Und welches sind Ihre persönlichen<br />

Strategien?<br />

AJ: Während meiner Arbeit versuche ich selber<br />

anzuwenden, was ich den Patienten lehre:<br />

darauf achten, dass ich meine Umgebung<br />

bewusst wahrnehme. Nach der Therapiesitzung<br />

bewege ich mich, öffne das Fenster,<br />

wechsle den Ort. Wenn es belastend war, spreche<br />

ich mit jemandem vom Team darüber.<br />

Mich gezielt zu informieren, hilft mir ebenfalls.<br />

Wichtig ist auch der Austausch mit Fachleuten<br />

ausserhalb des Teams und aus anderen<br />

Ländern.<br />

HS: Ich setze in meiner Freizeit bewusst einen<br />

Kontrast. Das Leben in der Familie bringt<br />

mich auf andere Gedanken. Ich bin politisch<br />

aktiv, interessiere mich für Kultur und treibe<br />

Sport. Ich gehe gerne in die Natur und treffe<br />

Freunde.<br />

AJ: Manchmal fühle ich mich ein bisschen<br />

einsam, weil ich kaum mit jemandem über das,<br />

was ich bei der Arbeit erlebe, sprechen kann.<br />

Aber dann sage ich mir, dass ich bei meiner<br />

Tätigkeit auch einen grossen Reichtum<br />

erfahre: Ich komme mit etwas Wesentlichem,<br />

Wichtigem in Berührung.<br />

HS: Wenn es bei der Arbeit nicht gut gelaufen<br />

ist, versuche ich mich bewusst an gute Erfahrungen<br />

und erfolgreiche Interventionen zu<br />

erinnern. Trotz Belastungen ist meine Arbeit<br />

sinnvoll.<br />

AJ: Bei der Arbeit mit Folteropfern ist alles<br />

intensiv: auch die positiven Gefühle. Daraus<br />

schöpfe ich Kraft.<br />

Interview: Heinz Heer<br />

© SRK<br />

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