30.10.2013 Aufrufe

Didymos Lexikon der Traumsymbole für das ... - Traumdeuter.ch

Didymos Lexikon der Traumsymbole für das ... - Traumdeuter.ch

Didymos Lexikon der Traumsymbole für das ... - Traumdeuter.ch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

6<br />

"Im zweiten Jahr <strong>der</strong> Herrs<strong>ch</strong>aft Nebukadnezars hatte dieser einen Traum. Sein Geist wurde davon so beunruhigt, daß er ni<strong>ch</strong>t mehr s<strong>ch</strong>lafen<br />

konnte. Da ließ <strong>der</strong> König die Zei<strong>ch</strong>endeuter und Wahrsager, die Bes<strong>ch</strong>wörer und Chaldäer zusammenrufen; sie sollten ihm Aufs<strong>ch</strong>luß geben<br />

über seinen Traum. Sie kamen und traten vor den König. Der König sagte zu ihnen: I<strong>ch</strong> habe einen Traum gehabt; mein Geist ist voll<br />

Unruhe, und i<strong>ch</strong> mö<strong>ch</strong>te den Traum verstehen. Die Chaldäer sagten zu ihm: O König, mögest du ewig leben. Erzähl deinen Kne<strong>ch</strong>ten den<br />

Traum, dann geben wir dir die Deutung..." (Daniel 2,1ff.)<br />

Soweit, so gut, <strong>das</strong> klingt au<strong>ch</strong> alles sehr vertraut. Nun aber zeigt si<strong>ch</strong>, daß <strong>der</strong> König seinen Traum ni<strong>ch</strong>t erzählen konnte, ein Problem, <strong>das</strong><br />

Ihnen dur<strong>ch</strong>aus vertraut sein wird. Er konnte dies natürli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t zugeben, ohne sein Gesi<strong>ch</strong>t zu verlieren, son<strong>der</strong>n überspielte sein eigenes<br />

Unvermögen, indem er die Fa<strong>ch</strong>leute s<strong>ch</strong>einbar auf die Probe stellte und wilde Drohungen gegen sie ausstieß. Der Text geht nahtlos weiter<br />

wie folgt:<br />

"Der König antwortete den Chaldäern: Das ist mein unwi<strong>der</strong>rufli<strong>ch</strong>er Ents<strong>ch</strong>luß: Wenn ihr mir ni<strong>ch</strong>t den Traum und seine Deutung sagen<br />

könnt, dann werdet ihr in Stücke gerissen und eure S<strong>ch</strong>ultern werden in S<strong>ch</strong>utthaufen verwandelt. Sagt ihr mir aber den Traum und seine<br />

Deutung, dann empfangt ihr von mir Ges<strong>ch</strong>enke, Gaben und hohe Ehrungen. Gebt mir also den Traum und seine Deutung an!"<br />

In dieser Form ging <strong>das</strong> Gesprä<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> zweimal hin und her, bis die Chaldäer <strong>das</strong> Handtu<strong>ch</strong> warfen:<br />

"Es gibt keinen Mens<strong>ch</strong>en auf <strong>der</strong> Welt, <strong>der</strong> sagen könnte, was <strong>der</strong> König verlangt... Was <strong>der</strong> König verlangt, ist zu s<strong>ch</strong>wierig. Es gibt au<strong>ch</strong><br />

sonst niemand, <strong>der</strong> es dem König sagen könnte, außer den Göttern; do<strong>ch</strong> diese wohnen ni<strong>ch</strong>t bei den Sterbli<strong>ch</strong>en. Darüber wurde <strong>der</strong> König<br />

so wütend und zornig, daß er befahl, alle Weisen in Babel umzubringen."<br />

Nun trat Daniel auf den Plan, denn als einer <strong>der</strong> Weisen in Babel war er nun selbst in Gefahr. Er ging zum König und bat um eine Frist, um<br />

ihm die Deutung des Traumes zu geben.<br />

"Dann eilte Daniel na<strong>ch</strong> Hause, teilte seinen Gefährten Hananja, Mis<strong>ch</strong>ael und Asarja alles mit und sagte, sie sollen wegen dieses<br />

Geheimnisses den Gott des Himmels um Erbarmen bitten, damit ni<strong>ch</strong>t Daniel und seine Gefährten samt den an<strong>der</strong>en Weisen in Babel<br />

umkämen. Darauf wurde ihm <strong>das</strong> Geheimnis in einer nä<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Vision enthüllt, und Daniel pries den Gott des Himmels da<strong>für</strong>. Er betete:<br />

Der Name Gottes sei gepriesen von Ewigkeit zu Ewigkeit..."<br />

Was sagt diese Erzählung über <strong>das</strong> Verhältnis <strong>der</strong> handelnden Personen zu ihren Träumen aus? Eine ganze Menge, wie Sie si<strong>ch</strong>er bereits<br />

bemerkt haben. Der König kann si<strong>ch</strong> ganz wie ein heute Leben<strong>der</strong> ni<strong>ch</strong>t an seinen Traum erinnern, weiß aber, daß er einen beunruhigenden<br />

Traum gehabt hat. Daniel ist zwar mit Gottes Hilfe in <strong>der</strong> Lage, diesen Traum zu erfahren und zu deuten, do<strong>ch</strong> dazu bedarf es <strong>der</strong> Hilfe seiner<br />

drei Gefährten, die gemeinsam beten müssen, damit ihm Gottes Mitteilung an Nebukadnezar in einer nä<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Vision enthüllt werden<br />

kann. Von den Mens<strong>ch</strong>en aus und mit heutigen Worten formuliert, heißt <strong>das</strong>: Vier Personen müssen ein starkes Energiefeld aufbauen, <strong>das</strong><br />

einem von ihnen zu seiner Vision verhilft. Von <strong>der</strong> "prophetis<strong>ch</strong>en Verzückung" eines Samuel ist hier keine Rede mehr, <strong>das</strong> Su<strong>ch</strong>en na<strong>ch</strong><br />

dieser Vision ist ein konzentrierter und streng rationaler Akt von vier Weisen, was bedeutet: vier Wissende, vier Personen, die wissen, wie es<br />

geht. Das Verhältnis zu Gott als <strong>der</strong> Quelle dieser Vision ist au<strong>ch</strong> entspre<strong>ch</strong>end distanziert, im Dankgebet fehlt die direkte Anrede, Gott<br />

s<strong>ch</strong>eint sehr weit weg zu sein. Au<strong>ch</strong> Daniels drei Freunde, die später im Feuerofen landen, bleibt Gott selbst weit entfernt, er sendet einen<br />

Engel zu ihrem S<strong>ch</strong>utz in die heißen Flammen. Fast s<strong>ch</strong>on uninteressant ist in diesem Zusammenhang <strong>der</strong> eigentli<strong>ch</strong>e Traum: Es handelte<br />

si<strong>ch</strong> um einen allegoris<strong>ch</strong>en Traum von <strong>der</strong> Art, wie er bereits zu Josephs Zeiten überliefert war. Interessanterweise handelte es si<strong>ch</strong> bei<br />

Nebukadnezar wie beim Pharao um Vertreter einer alten Ho<strong>ch</strong>kultur, bei den Träumern aus dem Volke Israel aber vorwiegend um Hirten<br />

und einfa<strong>ch</strong>e Mens<strong>ch</strong>en.<br />

Das Herz eines Tieres o<strong>der</strong>: Die Stimme vom Himmel<br />

In einem Text desselben Bu<strong>ch</strong>es Daniels s<strong>ch</strong>il<strong>der</strong>t Nebukadnezar in <strong>der</strong> ersten Person in einem s<strong>ch</strong>reiben "an alle Völker, Nationen und<br />

Spra<strong>ch</strong>en auf <strong>der</strong> ganzen Erde" einen weiteren Traum und dessen Deutung dur<strong>ch</strong> Daniel. Hier allerdings fehlt <strong>der</strong> Hinweis darauf, daß die<br />

Deutung des Traumes dur<strong>ch</strong> Gott gesandt war, was wohl mit <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten Erzählperspektive zu erklären ist. Nebukadnezar träumte von<br />

einem Baum, <strong>der</strong> so groß war, daß er allen Lebewesen Nahrung und S<strong>ch</strong>atten spendete.<br />

"Während i<strong>ch</strong> auf meinem Lager no<strong>ch</strong> <strong>das</strong> Traumbild sah, stieg ein Wä<strong>ch</strong>ter, ein Heiliger, vom Himmel herab. Er befahl mit mä<strong>ch</strong>tiger<br />

Stimme: Fällt diesen Baum, und s<strong>ch</strong>lagt seine Äste ab! ... Sein Herz sei ni<strong>ch</strong>t mehr ein Mens<strong>ch</strong>enherz; ein Tierherz soll ihm gegeben werden,<br />

und sieben Zeiten sollen über ihn hingehen..." (Daniel 4, 1ff. 10,11,13)<br />

Daniel deutete den Traum. Der Baum, sagte er, symbolisiert Nebukadnezar, <strong>der</strong> seines Amtes enthoben und <strong>für</strong> sieben Jahre verstoßen<br />

werden müsse. Er werde bei den wilden Tieren des Feldes leben. Im folgenden Text s<strong>ch</strong>il<strong>der</strong>t Nebukadnezar "eine Stimme vom Himmel",<br />

die ihm <strong>das</strong> Eintreten dieser Prophezeiung ankündigte. Und dann folgt ganz offen <strong>der</strong> Hinweis auf seine Verrücktheit:<br />

"Als die Zeit verstri<strong>ch</strong>en war, erhob i<strong>ch</strong>, Nebukadnezar, meine Augen zum Himmel, und mein Verstand kehrte zurück... Zu <strong>der</strong>selben Zeit<br />

kehrte mein Verstand zurück, und i<strong>ch</strong> erhielt zum Ruhm meines Königtums au<strong>ch</strong> meine Herrli<strong>ch</strong>keit und meinen königli<strong>ch</strong>en Glanz<br />

zurück..." (Daniel 4, 31ff)<br />

Wenn man berücksi<strong>ch</strong>tigt, daß damals als Sitz des Verstandes <strong>das</strong> Herz galt, so ist deutli<strong>ch</strong>, was die Formulierungen "ein Tierherz soll ihm<br />

gegeben werden" und "er werde bei den wilden Tieren des Feldes leben" bedeutet. Ni<strong>ch</strong>ts als vernunftbegabtes Wesen, son<strong>der</strong>n wie ein<br />

wildes Tier verbra<strong>ch</strong>te er diese sieben Jahre. Bei Verdi und in <strong>der</strong> Bibel wird diese Erzählung auf Nebukadnezar bezogen. Vom historis<strong>ch</strong>en<br />

König Nebukadnezar II. ist ni<strong>ch</strong>ts Derartiges bekannt, aber es könnte si<strong>ch</strong> um seinen Na<strong>ch</strong>folger Nabonid handeln, einen Emporkömmling,<br />

<strong>der</strong> 555-539 regierte und als "Ar<strong>ch</strong>äologe auf dem Thron" bezei<strong>ch</strong>net wird. Er mußte Babylon verlassen und begab si<strong>ch</strong> in die Oasenstadt<br />

Teima, neueren Fors<strong>ch</strong>ungen zufolge weniger wegen Streitigkeiten mit <strong>der</strong> Priesters<strong>ch</strong>aft, son<strong>der</strong>n weil er an einem Ges<strong>ch</strong>wür litt. Na<strong>ch</strong><br />

vergebli<strong>ch</strong>en Gebeten zu vers<strong>ch</strong>iedenen Göttern heilte ihn ein jüdis<strong>ch</strong>er Exorzist, <strong>der</strong> ihn sein Gebet zum Ruhm des wahren Gottes s<strong>ch</strong>reiben<br />

ließ. No<strong>ch</strong> zwei weitere Arten außersinnli<strong>ch</strong>er Wahrnehmungen werden in diesem an großen allegoris<strong>ch</strong>en Träumen und Visionen so rei<strong>ch</strong>en<br />

Bu<strong>ch</strong> erzählt. Die eine hatte <strong>der</strong> "Na<strong>ch</strong>folger" Nebukadnezars, König Belsazar. Bei einem großen Gastmahl, bei dem die Gäste aus eroberten<br />

heiligen Gefäßen aus dem Tempel von Jerusalem tranken und die "Götter aus Gold und Silber, aus Bronze, Eisen, Holz und Stein" lobten,<br />

ers<strong>ch</strong>ienen die Finger einer Mens<strong>ch</strong>enhand und s<strong>ch</strong>rieben gegenüber dem Leu<strong>ch</strong>ter etwas auf die weiß getün<strong>ch</strong>te Wand des königli<strong>ch</strong>en<br />

Palastes. Daniel wurde gerufen und konnte die hebräis<strong>ch</strong>en Bu<strong>ch</strong>staben mühelos als "mene, mene tekel upharsin" entziffern (ja, davon<br />

kommt die Sa<strong>ch</strong>e mit dem Menetekel!). Es deutet auf eine Verurteilung des Königs dur<strong>ch</strong> Gott und eine bevorstehende Teilung des Rei<strong>ch</strong>es<br />

hin. Der Herrs<strong>ch</strong>er wurde no<strong>ch</strong> in <strong>der</strong>selben Na<strong>ch</strong>t getötet, als sein Na<strong>ch</strong>folger bestieg <strong>der</strong> Me<strong>der</strong> Darius den Thron. (Daniel 5+6)<br />

Der Erzengel Gabriel o<strong>der</strong>: Der Streß <strong>der</strong> Vision<br />

In den späten Kapiteln des Bu<strong>ch</strong>es entwickelt si<strong>ch</strong> Daniel vom <strong>Traumdeuter</strong> zu jemandem, <strong>der</strong> selbst Träume hat. Es handelt si<strong>ch</strong> um<br />

apokalyptis<strong>ch</strong>e Visionen, in denen es um Endzeitges<strong>ch</strong>ehen o<strong>der</strong> einen Messias geht, um einen "Mens<strong>ch</strong>ensohn". Der grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Ausdruck<br />

"apokalypsis" bedeutet "Enthüllung" einer geheimen Bots<strong>ch</strong>aft, kurz bevor sie eintritt. So wurde Daniel aufgefor<strong>der</strong>t, seine Worte<br />

nie<strong>der</strong>zus<strong>ch</strong>reiben, und "diese Worte bleiben vers<strong>ch</strong>lossen und versiegelt bis zur Zeit des Endes". "Apokalyptis<strong>ch</strong>e" Werke enthalten oft<br />

Rückblicke auf die Weltges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te in Form von Voraussagen. Da diese vergangenen Ereignisse stattgefunden haben, belegen sie die<br />

Vertrauenswürdigkeit des Sehers bei e<strong>ch</strong>ten Voraussagen. Bemerkenswert ist an diesen Visionen zweierlei: zum einen die vers<strong>ch</strong>lüsselte<br />

Form <strong>der</strong> Aussage; diese Visionen sind genauso allegoris<strong>ch</strong> wie die Träume Nebukadnezars o<strong>der</strong> des ägyptis<strong>ch</strong>en Pharao; zum an<strong>der</strong>en <strong>der</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!