Die Verrichtungen der Pflegeversicherung - Haus Gehrden
Die Verrichtungen der Pflegeversicherung - Haus Gehrden
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<strong>Die</strong> <strong>Verrichtungen</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Pflegeversicherung</strong><br />
Inhalt:<br />
1. Hilfebereiche<br />
2. Bereich Körperpflege<br />
3. Bereich Mobilität<br />
4. Bereich Ernährung<br />
5. Bereich hauswirtschaftliche Versorgung<br />
1. Hilfebereiche<br />
Das Gesetz benennt vier Bereiche, bei denen Hilfebedarf auf Dauer bestehen muß. Es handelt sich die Bereiche<br />
Körperpflege, Mobilität, Ernährung und hauswirtschaftliche Versorgung. Darüber hinaus benennt das Gesetz die<br />
<strong>Verrichtungen</strong>, für die ein Hilfebedarf bestehen muß, und ordnet sie einem Bereich zu. Der Katalog umfaßt<br />
insgesamt 21 gewöhnliche und regelmäßig wie<strong>der</strong>kehrenden Aktivitäten. Mit <strong>der</strong> Zuordnung zu einem Bereich<br />
werden die vom jeweiligen Handlungsfeld erfaßten <strong>Verrichtungen</strong> aufgeführt. Mit <strong>der</strong> einzelnen Verrichtung<br />
wie<strong>der</strong>um werden alle die Aktivitäten begrifflich umschrieben, die dann in bezug auf die <strong>Pflegeversicherung</strong><br />
durchzuführen (zu verrichten) und zu berücksichtigen sind. <strong>Die</strong> Bereiche Körperpflege, Mobilität und Ernährung<br />
enthalten die pflegerischen <strong>Verrichtungen</strong>, die auch mit dem Begriff "Grundpflege" umschrieben werden. <strong>Die</strong><br />
Aufzählung ist abschließend (enumerativ) und kann nur durch den Gesetzgeber ergänzt werden. Eine Erweiterung<br />
ist we<strong>der</strong> den Pflegekassen im Rahmen <strong>der</strong> praktischen Rechtsanwendung noch dem Bundessozialgericht über die<br />
Rechtsprechung möglich (siehe auch Rubrik Recht, Rechtsprechung). Nicht nur aus diesem Grunde kommt den<br />
Inhalten <strong>der</strong> einzelnen Hilfebedarfe eine ganz beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu. Für die Auslegung <strong>der</strong> Rechtsbegriffe ist zu<br />
beachten:<br />
• Bei <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme von Pflegebedürftigkeit wird<br />
darauf abgestellt, ob bei den aufgeführten <strong>Verrichtungen</strong> im Ablauf des täglichen Lebens überhaupt ein<br />
krankheits- o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ungsbedingter Hilfebedarf besteht. Nicht differenziert wird nach den Ursachen,<br />
<strong>der</strong> Art <strong>der</strong> benötigten Hilfeleistungen und <strong>der</strong>en finaler Ausrichtung. Das Gesetz unterscheidet allein nach<br />
dem äußeren Ablauf <strong>der</strong> <strong>Verrichtungen</strong> und knüpft nicht an das angestrebte Ziel o<strong>der</strong> die individuelle<br />
Bedeutung einzelner Hilfeleistungen an.<br />
• Darüber hinaus werden nur die Hilfen bei den gewöhnlichen und regelmäßig wie<strong>der</strong>kehrenden<br />
<strong>Verrichtungen</strong> des täglichen Lebens einbezogen, die sich am Lebensrhythmus eines Gesunden orientieren<br />
und für sich genommen nicht die Aktivitäten berücksichtigen, die nur wegen einer Krankheit o<strong>der</strong><br />
Behin<strong>der</strong>ung zusätzlich erfor<strong>der</strong>lich werden.<br />
• Bei spezifischen, krankheits- o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>ungsbedingten Maßnahmen ist deshalb immer die<br />
Frage zu stellen, ob die Aktivität in direktem und untrennbarem Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
Verrichtung steht und ob sie regelmäßigen Abständen im Ablauf des täglichen Lebens anfallen.<br />
• Nach <strong>der</strong> Formulierung des Gesetzes dürfen die Aktivitäten berücksichtigt werden, die z. B. bei <strong>der</strong><br />
Körperpflege für das Waschen erfor<strong>der</strong>lich sind. Es geht also nicht nur um den Waschvorgang als solches,<br />
son<strong>der</strong>n um die Aktivitäten, die bei <strong>der</strong> Körperpflege für das Waschen durchgeführt werden müssen.<br />
• Aus diesem Grunde sind vorbereitende Handlungen, wie - um beim Beispiel Waschen zu bleiben -<br />
das Holen von Handtüchern und Seife, und die anschließend notwendigen Aktivitäten, wie z. B.<br />
das Aufhängen des Handtuchs o<strong>der</strong> das Entfernen <strong>der</strong> Wasserflecke von den Armaturen, zu<br />
berücksichtigen.<br />
• Selbstverständlich beschränken sich die berücksichtigungsfähigen Handlungen auf diejenigen, die im<br />
jeweiligen Zusammenhang notwendigerweise durchgeführt werden müssen.<br />
• Damit wird verhin<strong>der</strong>t, daß bestimmte Aktivitäten künstlich in den Zusammenhang mit einer<br />
Verrichtung gerückt werden können, um auf diesem Wege den Hilfebedarf optisch zu vergrößern.<br />
Wird eine <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Aktivitäten von den (15 pflegerischen und sechs hauswirtschaftlichen, insgesamt:) 21<br />
<strong>Verrichtungen</strong> nicht erfaßt, müssen sie in <strong>der</strong> <strong>Pflegeversicherung</strong> unberücksichtigt bleiben. Evtl. können Ansprüche<br />
nach den Vorschriften des BSHG bestehen (siehe Rubrik Recht, sonstiges Recht, und Rubrik Bedarf, sonstige<br />
<strong>Verrichtungen</strong>).<br />
2. Bereich Körperpflege<br />
Der zu berücksichtigende Hilfebedarf bei <strong>der</strong> Körperpflege umfaßt das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege,<br />
das Kämmen, Rasieren und die Darm- und Blasenentleerung.
2.1 Verrichtung Waschen<br />
Das Waschen umfaßt das Waschen des ganzen Körpers und von Teilbereichen des Körpers. Üblicherweise geschieht<br />
das am Waschbecken des Badezimmers. Wenn es nicht an<strong>der</strong>s möglich ist, wäre auch das Waschen im Bett (z. B.<br />
mit einer Waschschüssel) erfaßt. Bei einer Pflege nach dem Prinzip <strong>der</strong> Aktivierung sollte das jedoch möglichst<br />
vermieden werden. Zum Waschvorgang gehören unter an<strong>der</strong>em: die oben angesprochene Vor- und Nachbereitung<br />
sowie das Waschen des ganzen Körpers bzw. einzelner Körperteile und das Abtrocknen. <strong>Die</strong> Hautpflege ist<br />
integraler Bestandteil <strong>der</strong> Form von Körperpflege. <strong>Die</strong> Durchführung einer Intimhygiene, z. B. nach dem<br />
Toilettengang, ist allerdings im Rahmen <strong>der</strong> Blasen- und Darmentleerung zu berücksichtigen.<br />
2.2 Verrichtung Duschen<br />
Das Duschen des Körpers umfaßt eine Ganzkörperwäsche unter <strong>der</strong> Dusche, wobei die Vor- und Nachbereitung, die<br />
Kontrolle <strong>der</strong> Wassertemperatur, die Ganzkörperwäsche selbst und das Abtrocknen des ganzen Körpers zu<br />
berücksichtigen sind. Hilfestellung beim Betreten <strong>der</strong> Duschtasse, bzw. beim Umsetzen des Pflegebedürftigen z. B.<br />
auf einen Duschstuhl, ist im Bereich <strong>der</strong> Mobilität (Stehen) zu berücksichtigen.<br />
2.3 Verrichtung Baden<br />
Das Baden umfaßt eine Ganzkörperwäsche in einer Badewanne. Zur Verrichtung gehören sowohl die Vor- und<br />
Nachbereitung, die Kontrolle <strong>der</strong> Wassertemperatur einschließlich <strong>der</strong> Beigabe von Badezusätzen, das Baden des<br />
ganzen Körpers und das Abtrocknen. Eine Hilfestellung beim Einsteigen in die Badewanne ist im Bereich <strong>der</strong><br />
Mobilität (Stehen) zu berücksichtigen. <strong>Die</strong>s gilt beim Verlassen <strong>der</strong> Badewanne ebenso.<br />
2.4 Verrichtung Zahnpflege<br />
<strong>Die</strong> Zahnpflege umfaßt sowohl die Vorbereitung, wie z. B. Zahnpasta auf die Zahnbürste geben und das<br />
Aufschrauben <strong>der</strong> Zahnpastatube bzw. <strong>der</strong> Mundwasserflasche, als auch den eigentlichen Putzvorgang und die<br />
Nachbereitung. Auch die Reinigung von Zahnersatz und die mechanische Reinigung <strong>der</strong> Mundhöhle sind erfaßt.<br />
Berücksichtigungsfähig ist auch das Spülen <strong>der</strong> Mundhöhle mit Mundwasser und z. B. die Zahnpflege mittels<br />
Zahnseide.<br />
2.5 Verrichtung Kämmen<br />
<strong>Die</strong>s umfaßt das Kämmen o<strong>der</strong> Bürsten <strong>der</strong> Haare entsprechend <strong>der</strong> individuellen Frisur. Trägt <strong>der</strong> Pflegebedürftige<br />
ein Toupet o<strong>der</strong> eine Perücke, ist das Kämmen o<strong>der</strong> Aufsetzen dieses Haarteils beim Hilfebedarf zu werten. Das<br />
Legen von Frisuren (z. B. Dauerwellen) und das Schneiden <strong>der</strong> Haare kann nicht berücksichtigt werden. <strong>Die</strong>s gilt<br />
grundsätzlich auch für das Waschen <strong>der</strong> Haare. Eine Ausnahme kann jedoch dann vorliegen, wenn durch<br />
Erkrankungen o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Folgen die Haare täglich gewaschen werden müssen.<br />
2.6 Verrichtung Rasieren<br />
Das Rasieren beinhaltet wahlweise die Trocken- o<strong>der</strong> Naßrasur und <strong>der</strong>en sichere Durchführung sowie die damit<br />
zusammenhängende Hautpflege. Darüber hinaus ist die Gesichtspflege zu berücksichtigen, was insbeson<strong>der</strong>e für<br />
Frauen von Bedeutung ist. Schminken ist nicht als Gesichtspflege in diesem Sinne anzusehen.<br />
2.7 Verrichtung Darm- und Blasenentleerung<br />
<strong>Die</strong> Kontrolle des Harn- und Stuhlganges, die Reinigung und Versorgung von künstlich geschaffenen Ausgängen<br />
(Urostoma, Anuspraeter) werden hier ebenso angesprochen, wie das Entleeren selbst. <strong>Die</strong> notwendigen Handgriffe<br />
bei diesen Hygienevorgängen, das Richten <strong>der</strong> Kleidung vor und nach dem Gang zur Toilette, die Intimhygiene wie<br />
das Säubern nach dem Wasserlassen und dem Stuhlgang sind zu berücksichtigen, ebenso das Entleeren und Säubern<br />
eines Toilettenstuhls bzw. eines Steckbeckens. <strong>Die</strong> Katheterisierung ist nur zu berücksichtigen, wenn diese Form <strong>der</strong><br />
Blasenentleerung einerseits medizinisch notwendig ist und wenn sie an<strong>der</strong>erseits dauerhaft nicht zu Lasten <strong>der</strong><br />
Krankenversicherung (beispielsweise im Rahmen häuslicher Krankenpflege) von Pflegekräften erbracht wird. Als<br />
pflegeerleichternde Maßnahme scheidet sie - bereits aus ethischen Gründen - aus. Kommt ein Dauerkatheter zum<br />
Einsatz, fällt ein Hilfebedarf regelmäßig im Abstand mehrerer Tage an, so daß kein täglicher Hilfebedarf besteht.<br />
Inkontinenzartikel (Windeln) dürfen nur eingesetzt werden, wenn sie tatsächlich erfor<strong>der</strong>lich sind. Als<br />
pflegeerleichternde Maßnahmen scheiden auch sie aus. Der Zeitaufwand für das Wechseln <strong>der</strong> Windel ist im<br />
Rahmen eines Kontinenztrainings oftmals geringer, als ein Windelwechsel, dem eine unkontrollierte Harn- bzw.<br />
Darmentleerung zu Grunde liegt. Bei Fehlhandlungen des Pflegebedürftigen, wie zum Beispiel Kotschmieren, ist<br />
<strong>der</strong> Säuberungsbedarf hier einzuordnen und nicht bei <strong>der</strong> hauswirtschaftlichen Versorgung. Aufgrund <strong>der</strong><br />
Vielfältigkeit <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Blasen- und Darmentleerung notwendigen verschiedenen Hilfeleistungen ist es häufig<br />
sinnvoll, den Hilfebedarf differenziert darzustellen. Nicht zu berücksichtigen ist hier die eventuell eingeschränkte<br />
Gehfähigkeit beim Aufsuchen und Verlassen <strong>der</strong> Toilette. Kann <strong>der</strong> Pflegebedürftige die Toilette aufgrund von<br />
Bewegungseinschränkungen nicht allein aufsuchen, ist dies unter Gehen im Bereich <strong>der</strong> Mobilität festzuhalten und<br />
zeitlich zu bewerten.<br />
3. Bereich Ernährung<br />
Bei <strong>der</strong> Ernährung wird (die hauswirtschaftliche Versorgung ergänzend) <strong>der</strong> Hilfebedarf für das mundgerechte<br />
Zubereiten und für die Nahrungsaufnahme berücksichtigt.<br />
3.1 Verrichtung mundgerechte Zubereitung <strong>der</strong> Nahrung<br />
Hierzu zählen alle Tätigkeiten, die zur unmittelbaren Vorbereitung des Essens (o<strong>der</strong> Trinkens) dienen. <strong>Die</strong>s sind die<br />
portionsgerechte Vorgabe und das Zerkleinern <strong>der</strong> zubereiteten Nahrungsmittel in mundgerechte Stücke. Erfaßt<br />
werden nicht die Aktivitäten, die zur Zubereitung <strong>der</strong> (Diät-) Mahlzeit gehören (siehe Kochen). Auch das Eindecken
des Tisches ist keine vorbereitende Handlung in diesem Sinne. <strong>Die</strong> Verrichtung erfaßt ausschließlich die<br />
Aktivitäten, die (krankheits- und behin<strong>der</strong>ungsbedingt) nach <strong>der</strong> Fertigstellung <strong>der</strong> Mahlzeit erfor<strong>der</strong>lich werden. So<br />
ist das Schmieren einer Scheibe Brot <strong>der</strong> Verrichtung "Kochen" zuzuordnen, das Zerkleinern in mundgerechte<br />
Stücke hingegen hier. Der Vorbereitung dient auch die notwendige Kontrolle <strong>der</strong> richtigen Temperatur des Essens.<br />
Auch Zwischenmahlzeiten (z. B. das Reichen von Getränken, Obst o<strong>der</strong> Joghurt) gilt es nicht zu übersehen, obwohl<br />
für sie regelmäßig ein kaum meßbarer Zeitaufwand anfällt.<br />
3.2 Verrichtung Aufnahme <strong>der</strong> Nahrung<br />
Zur Nahrungszufuhr gehören die Nahrungsaufnahme in je<strong>der</strong> Form (fest, flüssig), wie auch die Verabreichung von<br />
Sondennahrung mittels Nährsonde einschließlich <strong>der</strong> Pflege <strong>der</strong> Sonde. Ferner die Verwendung von Besteck o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>er geeigneter Geräte, wie behin<strong>der</strong>tengerechtes Geschirr o<strong>der</strong> Eßbesteck, um Nahrung zum Mund zu führen.<br />
Notwendige Auffor<strong>der</strong>ungen zur Nahrungsaufnahme (z. B. die Nahrung zum Mund zu führen, zu trinken, zu kauen<br />
o<strong>der</strong> zu schlucken), das Überwinden von Wi<strong>der</strong>ständen, wenn bestimmte Speisen bzw. bestimmte Mengen<br />
(krankheitsbedingt) eingenommen werden müssen, und die notwendige Hilfeleistung beim Essen bzw. Trinken sind<br />
zu berücksichtigen. <strong>Die</strong> Verabreichung von Sondennahrung ist nur zu berücksichtigen, wenn diese Form <strong>der</strong><br />
Ernährung einerseits medizinisch notwendig ist und wenn sie an<strong>der</strong>erseits nicht zu Lasten <strong>der</strong> Krankenversicherung<br />
(beispielsweise im Rahmen häuslicher Krankenpflege) von Pflegekräften erbracht wird. Als pflegeerleichternde<br />
Maßnahme scheidet jede Form künstlicher Ernährung - bereits aus ethischen Gründen - aus.<br />
4. Bereich Mobilität<br />
Bei <strong>der</strong> Mobilität wird <strong>der</strong> Hilfebedarf für das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden,<br />
Gehen, Stehen, Treppensteigen und das Verlassen bzw. Wie<strong>der</strong>aufsuchen <strong>der</strong> Wohnung erfaßt.<br />
4.1 Verrichtung selbständiges Aufstehen und Zu-Bett-Gehen<br />
Erfaßt werden die bewegungsabhängigen Abläufe einschließlich <strong>der</strong> Vorbereitung für das Aufstehen bzw.<br />
Zubettgehen. Hervorzuheben ist das Wort "selbständig", durch das auch die eigenständige Entscheidung, zeitgerecht<br />
das Bett aufzusuchen bzw. zu verlassen, von <strong>der</strong> Verrichtung erfaßt wird. Zu den vorbereitenden Handlungen zum<br />
Verlassen des Bettes können neben <strong>der</strong> Hilfestellung beim Aufrichten des Oberkörpers z. B. auch<br />
krankheitsspezifische Handlungen gehören. So kann es z. B. bei einem an Mukoviszidose erkrankten Kind<br />
notwendig sein, Hilfestellung beim Abklopfen des Schleims zu leisten, <strong>der</strong> sich über Nacht in <strong>der</strong> Lunge<br />
angesammelt hat, bevor es aufsteht. Ist dies zu diesem Zeitpunkt z. B. unerläßlich, weil die Sauerstoffversorgung<br />
ansonsten ungenügend wäre, so kann das Abklopfen berücksichtigt werden. Wird in einer an<strong>der</strong>en Situation<br />
hingegen vor dem Verlassen des Bettes z. B. inhaliert, weil dies <strong>der</strong> gewohnten Praxis entspricht und obwohl es<br />
auch zu einem späteren Zeitpunkt gemacht werden könnte, so muß die Hilfestellung unberücksichtigt bleiben. Der<br />
Transfer vom Bett auf einen Rollstuhl o<strong>der</strong> von dort aus auf einen Toilettenstuhl ist nicht beim Aufstehen und<br />
Zubettgehen, son<strong>der</strong>n bei <strong>der</strong> Verrichtung Stehen zu berücksichtigen.<br />
<strong>Die</strong> Verrichtung bezieht sich nach ihrer Formulierung nur auf das Aufstehen bzw. Zubettgehen. Sie wird jedoch so<br />
interpretiert, daß sie nicht nur das Aufsuchen bzw. Verlassen des Bettes, son<strong>der</strong>n auch das Verbleiben umfaßt. Der<br />
durch das Umlagern tagsüber bzw. nachts anfallende Pflegeaufwand wird als integraler Bestandteil betrachtet und<br />
berücksichtigt. Beachtet werden muß, daß eine erneute Lagerung regelmäßig bereits nach 2 Std. unerläßlich ist, weil<br />
ansonsten Druckstellen und Decubiti entstehen. Entsteht ein Decubitus aufgrund verspäteten umlagerns, ist<br />
grundsätzlich von einem Pflegefehler auszugehen, <strong>der</strong> Haftungsansprüche auslösen kann. Das notwendige Umlagern<br />
im Bett wird immer dieser Verrichtung zugeordnet. Fällt das Umlagern in Verbindung mit an<strong>der</strong>en <strong>Verrichtungen</strong><br />
an, so erfolgt die Zuordnung dort. <strong>Die</strong>s kann z. B. bei einem Rollstuhlfahrer erfor<strong>der</strong>lich sein und wäre dann bei <strong>der</strong><br />
Verrichtung Gehen zu berücksichtigen.<br />
4.2 Verrichtung An- und Auskleiden<br />
Das An- und Auskleiden beinhaltet neben den notwendigen Handgriffen, wie zum Beispiel das Öffnen und<br />
Schließen von Verschlüssen, dem Auf- und Zuknöpfen o<strong>der</strong> das Aus- und Anziehen von Schuhen und die Auswahl<br />
<strong>der</strong> Kleidungsstücke unter Berücksichtigung von Witterung und Jahreszeit. Zu den vorbereitenden Handlungen<br />
gehört z. B. die Entnahme von Kleidungsstücken aus ihrem normalen Aufbewahrungsort, wie Kommoden und<br />
Schränken. Auch <strong>der</strong> Hilfebedarf beim An- und Ablegen von Prothesen, Korsetts und z. B. Stützstrümpfen ist zu<br />
berücksichtigen. Das komplette An- und Auskleiden betrifft sowohl den Ober- als auch den Unterkörper.<br />
Regelmäßig ist es erfor<strong>der</strong>lich, teilweise neu zu bekleiden bzw. zu entkleiden. Unabhängig davon, ob es nur den<br />
Ober- o<strong>der</strong> nur den Unterkörper betrifft, ist <strong>der</strong> Hilfebedarf zu berücksichtigen. Bekleidung mit Reißverschluß o<strong>der</strong><br />
z. B. Schuhe mit Klettverschluß sind oftmals hilfreich und können die Selbständigkeit des Pflegebedürftigen<br />
erhöhen o<strong>der</strong> zumindest seine Pflege erleichtern. <strong>Die</strong> Anschaffung kann von <strong>der</strong> Pflegekasse jedoch nicht<br />
erzwungen werden. <strong>Die</strong>s wäre gegen den Willen des Pflegebedürftigen selbst dann unzulässig, wenn eine deutliche<br />
Erleichterung <strong>der</strong> Situation erreicht werden könnte.<br />
4.3 Verrichtung Gehen<br />
Unter Gehen ist das Bewegen innerhalb <strong>der</strong> Wohnung zu verstehen. Das Gehen ist nach Auffassung <strong>der</strong><br />
Pflegekassen nur im Zusammenhang mit den gesetzlich definierten <strong>Verrichtungen</strong> zu berücksichtigen, wobei die in<br />
<strong>der</strong> Wohnung zurückzulegenden Wegstrecken unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Bewegungsfähigkeit des<br />
Pflegebedürftigen die Grundlage bilden (in <strong>der</strong> stationären Pflege wird eine Wegstrecke von 8 Metern unterstellt).<br />
Das bedeutet z. B., daß
• <strong>der</strong> Hilfebedarf auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme o<strong>der</strong> zum WC dieser Verrichtung zuzuordnen ist,<br />
• die Wegstrecken im Wohnzimmer, z. B. vom Sessel zum Fernseher, unberücksichtigt bleiben und<br />
• Wege im Zusammenhang mit <strong>der</strong> hauswirtschaftlichen Versorgung, z. B. beim Einkaufen o<strong>der</strong> Kochen,<br />
dort zuzuordnen sind.<br />
Der Hilfebedarf eines Rollstuhlfahrers zur Fortbewegung mit dem Rollstuhl ist hier zu berücksichtigen.<br />
4.4 Verrichtung Stehen<br />
Notwendige Hilfestellungen beim Stehen sind im Hinblick auf die Durchführung <strong>der</strong> gesetzlich vorgegebenen<br />
<strong>Verrichtungen</strong> im Rahmen aller anfallenden notwendigen Handlungen zeitlich zu berücksichtigen (siehe zur<br />
Verrichtung Gehen). Zum Stehen gehört auch <strong>der</strong> Hilfebedarf, <strong>der</strong> beim Erheben (Aufstehen) von einem Stuhl o<strong>der</strong><br />
z. B. aus einem Sessel erfor<strong>der</strong>lich wird, um in die Position des Stehens zu gelangen. Hier sind ferner notwendige<br />
Transfers vom Bett in den Rollstuhl, von dort in einen Toilettenstuhl, in eine Badewanne o<strong>der</strong> Duschtasse und so<br />
weiter zu berücksichtigen.<br />
4.5 Verrichtung Treppensteigen<br />
Hier wird das Treppensteigen im Zusammenhang mit den pflegerischen <strong>Verrichtungen</strong> berücksichtigt. <strong>Die</strong>s wäre z.<br />
B. nach <strong>der</strong> Benutzung des Badezimmers im ersten Stock auf dem Weg zum Frühstück in <strong>der</strong> Küche (Erdgeschoß)<br />
<strong>der</strong> Fall. Im Zusammenhang mit den hauswirtschaftlichen <strong>Verrichtungen</strong> ist ein Hilfebedarf bei <strong>der</strong><br />
hauswirtschaftlichen Versorgung anzusetzen. So ist z. B. <strong>der</strong> Weg in den Keller, um Vorräte zur Zubereitung <strong>der</strong><br />
nächsten Mahlzeit heraufzuholen, dem Kochen zuzurechnen. Ist im Alltag regelmäßig die Treppe zu benutzen, so<br />
kann eine Demonstration des zeitlichen Aufwandes hilfreich sein.<br />
Das Treppensteigen beinhaltet das Überwinden von Stufen innerhalb <strong>der</strong> Wohnung. Befindet sich die Treppe<br />
außerhalb <strong>der</strong> Wohnung, kann ein Hilfebedarf ggf. bei <strong>der</strong> Verrichtung Verlassen bzw. Wie<strong>der</strong>aufsuchen <strong>der</strong><br />
Wohnung berücksichtigt werden. <strong>Die</strong> Benutzung <strong>der</strong> Treppe setzt Pflegebedürftige beson<strong>der</strong>en Gefahren aus. Es<br />
sollte deshalb immer geprüft werden, ob die Treppenbenutzung sowie die damit verbundenen Belastungen und<br />
Risiken nicht z. B. durch Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (siehe Rubrik Leistungen,<br />
Pflegehilfsmittel) vermieden werden können.<br />
4.6 Verrichtung Verlassen bzw. Wie<strong>der</strong>aufsuchen <strong>der</strong> Wohnung<br />
Es werden nur solche Aktivitäten außerhalb <strong>der</strong> Wohnung einbezogen, die zur Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Lebensführung<br />
zu <strong>Haus</strong>e unumgänglich sind, das persönliche Erscheinen erfor<strong>der</strong>n und die dem Ziel dienen, die gesundheitlichen<br />
Voraussetzungen für den Verbleib in <strong>der</strong> häuslichen Umgebung zu schaffen. <strong>Die</strong>s ist z. B. beim Aufsuchen des<br />
<strong>Haus</strong>arztes, <strong>der</strong> Apotheke und zur Inanspruchnahme ärztlich veranlaßter Therapien <strong>der</strong> Fall. Dann ist <strong>der</strong> Aufwand<br />
an Hilfebedarf für das Gehen, Stehen und Treppensteigen außerhalb <strong>der</strong> Wohnung maßgeblich. Entgegen dem<br />
Wortlaut, <strong>der</strong> sich ausschließlich auf das Verlassen bzw. Wie<strong>der</strong>aufsuchen <strong>der</strong> Wohnung bezieht, wird die gesamt e<br />
Wegstrecke bis zum Erreichen des Zielortes angerechnet. <strong>Die</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Benutzung öffentlicher<br />
Verkehrsmittel und von Taxen ist einzubeziehen. Ist eine Begleitung erfor<strong>der</strong>lich, ist die Fahrtzeit zu<br />
berücksichtigen. <strong>Die</strong>s gilt dann auch für Wartezeiten während <strong>der</strong> Behandlung. Bei Kin<strong>der</strong>n und dementen Personen<br />
wird regelmäßig von einem Hilfebedarf während <strong>der</strong> Fahrt auszugehen sein. Weiter Hilfebedarfe dürfen nicht<br />
berücksichtigt werden. So bleibt z. B. das Aufsuchen von Behin<strong>der</strong>tenwerkstätten, Schulen und Kin<strong>der</strong>gärten außen<br />
vor und bleibt auch ein Hilfebedarf beim Spaziergang o<strong>der</strong> zum Besuch kulturelle Veranstaltungen unberücksichtigt.<br />
Der Hilfebedarf im Zusammenhang mit den hauswirtschaftlichen <strong>Verrichtungen</strong> ist auch hier bei <strong>der</strong><br />
hauswirtschaftlichen Versorgung anzusetzen.<br />
5. Bereich hauswirtschaftliche Versorgung:<br />
Bei <strong>der</strong> hauswirtschaftlichen Versorgung wird <strong>der</strong> Hilfebedarf für das Einkaufen, Kochen, Spülen, Wechseln und<br />
Waschen <strong>der</strong> Wäsche und Kleidung, das Reinigen und Beheizen <strong>der</strong> Wohnung einbezogen, soweit sich die<br />
Aktivitäten auf die Versorgung des Pflegebedürftigen beziehen. <strong>Die</strong> Versorgung weiterer <strong>Haus</strong>haltsangehöriger<br />
bleibt unberücksichtigt. Ferner ist <strong>der</strong> krankheits- und behin<strong>der</strong>ungsbedingte Hilfebedarf des Pflegebedürftigen im<br />
Bereich <strong>der</strong> hauswirtschaftlichen Versorgung unabhängig davon maßgeblich, ob er sich selbst versorgt o<strong>der</strong> durch<br />
Dritte (z. B. Putzfrau, Essen auf Rä<strong>der</strong>n, Angehörige) versorgen läßt.<br />
5.1 Verrichtung Einkaufen<br />
Das Einkaufen erstreckt sich auf die Versorgung des Pflegebedürftigen mit Lebens-, Reinigungs- und<br />
Körperpflegemitteln. <strong>Die</strong> Verrichtung erstreckt sich auch auf die Planung, wo welche Dinge in welcher Menge<br />
eingekauft werden müssen. Neben dem Preisbewußtsein ist auch die Jahreszeit von Bedeutung. Kenntnisse über den<br />
Wertes des Geldes sowie die Genieß- und Haltbarkeit von Lebensmitteln und <strong>der</strong>en richtige Lagerung sind zu<br />
berücksichtigen. Ein Mehraufwand, <strong>der</strong> durch die Beschaffung von beson<strong>der</strong>en Bestandteilen <strong>der</strong> Nahrung anfällt,<br />
kann ebenfalls in Ansatz gebracht werden. <strong>Die</strong>s gilt sowohl für Diäten (Diabetes) als auch bei Unverträglichkeiten<br />
(z. B. Zöliakie). Zu den nachbereitenden Aufgaben gehört z. B. noch das Einräumen in die Schränke und<br />
Vorratsregale.<br />
5.2 Verrichtung Kochen<br />
Das Kochen umfaßt die gesamte Zubereitung <strong>der</strong> Nahrung, vom Aufstellen eines Speiseplans für die richtige<br />
Ernährung unter Berücksichtigung von Alter und Lebensumständen bis hin zum Servieren <strong>der</strong> Mahlzeiten. Auch die<br />
Bedienung <strong>der</strong> technischen Geräte sowie die Einschätzung <strong>der</strong> Mengenverhältnisse und Garzeiten unter Beachtung<br />
von Hygieneregeln sind erfaßt. <strong>Die</strong> Verrichtung umfaßt sämtliche Formen <strong>der</strong> Zubereitung vom Mahlzeiten. Damit
ist nicht nur die Zubereitung warmer o<strong>der</strong> kalter Hauptmahlzeiten gemeint, son<strong>der</strong>n auch die von<br />
Zwischenmahlzeiten und die Vorbereitung einer Brotzeit zum späteren Verzehr. Auch hier sind die vor- bzw.<br />
nachbereitenden Aufgaben zu berücksichtigen. Zu den vorbereitenden Aufgaben gehört auch das Bereitstellung <strong>der</strong><br />
einzelnen Bestandteile, die ggf. aus Vorratsräumen zu holen sind. Bei <strong>der</strong> Nachbereitung ist auf die Abgrenzung<br />
zum Spülen (siehe dort) zu achten.<br />
5.3 Verrichtung Reinigen <strong>der</strong> Wohnung<br />
Hierzu gehört das Reinigen von Fußböden, Möbeln, Fenstern und <strong>Haus</strong>haltsgeräten im allgemein üblichen<br />
Lebensbereich des Pflegebedürftigen. Auch die Kenntnis über einzusetzende Reinigungsmittel und -geräte ist hier<br />
zu berücksichtigen. Das Bettenmachen ist ebenfalls hier zu erfassen. <strong>Die</strong> Verrichtung erstreckt sich nicht auf eine<br />
Grundreinigung des gesamten <strong>Haus</strong>haltes.<br />
5.4 Verrichtung Spülen<br />
Je nach den Gegebenheiten des <strong>Haus</strong>halts ist Hand- bzw. maschinelles Spülen des vom Pflegebedürftigen benutzten<br />
Geschirrs zu werten. Das Zusammentragen des benutzten und das Wegräumen des abgewaschenen Geschirrs im<br />
Anschluß an das Abtrocknen ist zu berücksichtigen.<br />
5.5 Verrichtung Wechseln und Waschen <strong>der</strong> Wäsche und Kleidung<br />
Hierzu gehören das Einteilen und Sortieren <strong>der</strong> Textilien, das Waschen, Aufhängen, Bügeln, Ausbessern und<br />
Einsortieren <strong>der</strong> Kleidung in die dafür vorgesehenen Schränke sowie das Beziehen von Betten. <strong>Die</strong> Verrichtung<br />
erstreckt ausschließlich den Wechsel bzw. das Waschen <strong>der</strong> Wäsche und Kleidung des Pflegebedürftigen.<br />
5.6 Verrichtung Beheizen<br />
Das Beheizen umfaßt auch die Beschaffung und Entsorgung des Heizmaterials. Unter Beschaffung ist<br />
beispielsweise das Holen <strong>der</strong> Briketts aus dem Keller gemeint. Unberücksichtigt bleiben müssen die (regelmäßig in<br />
großen Zeitabständen anfallenden) Aktivitäten rund um die Bestellung und Einlagerung des Heizmaterials.