Bewertung der Qualität objektorientierter Entwürfe - Worte-Projekt
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60 6 Softwarequalität<br />
Beide Definitionen liefern eine klare und eindeutige, abstrakte Definition <strong>der</strong> <strong>Qualität</strong>.<br />
Inhaltlich sind sie ähnlich, aber unterschiedlich: Die DIN-Definition beschränkt sich<br />
auf die explizit festgelegten Eigenschaften, während die DGQ-Definition auch vorausgesetzte,<br />
d. h. implizite Erfor<strong>der</strong>nisse zulässt. 1 Wie bei den Standards gibt es auch<br />
in <strong>der</strong> Praxis keine wirkliche Übereinkunft über die Bedeutung des Begriffs <strong>Qualität</strong>.<br />
Man kann <strong>Qualität</strong> aus verschiedenen Perspektiven sehen und beurteilen. Garvin<br />
(1984, 1988) unterscheidet fünf Sichten, unter denen man den Begriff <strong>Qualität</strong> in<br />
Bezug auf ein Produkt definieren kann:<br />
• transzendent (transcendent)<br />
• produktbezogen (product-based)<br />
• benutzerbezogen (user-based)<br />
• herstellungsbezogen (manufacturing-based)<br />
• kostenbezogen (value-based)<br />
Transzendente Sicht<br />
Die transzendente Sicht besagt, dass <strong>Qualität</strong> etwas Absolutes und universell Erkennbares<br />
ist – eine Art innewohnende Vortrefflichkeit. Je<strong>der</strong> kann lernen, sie zu erkennen,<br />
aber nur durch Erfahrung, nicht durch Analyse. <strong>Qualität</strong> entzieht sich je<strong>der</strong> Analyse,<br />
sie kann nicht präzise definiert werden. Anhand von Beispielen, die <strong>Qualität</strong> besitzen,<br />
kann man aber lernen, <strong>Qualität</strong> zu erkennen. Hier gibt es deutliche Parallelen zum<br />
Begriff <strong>der</strong> Schönheit, <strong>der</strong> nach Platon ebenfalls nicht definiert, son<strong>der</strong>n nur erfahren<br />
werden kann. Pirsig (1981, S. 185) formuliert das wie folgt: „But even though Quality<br />
cannot be defined, you know what Quality is.“<br />
Das dürfte auch <strong>der</strong> Grund sein, warum <strong>der</strong> Architekt Christopher Alexan<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Qualität</strong>, die er bei seiner Architektur anstrebt, den Namen quality without a name<br />
gegeben hat (Alexan<strong>der</strong>, 1977, 1979). Diese <strong>Qualität</strong> ist etwas Reales und Objektives,<br />
das jedoch nicht in <strong>Worte</strong> gefasst werden kann: „There is a central quality which is the<br />
root criterion of life and spirit in a man, a town, a building, or a wil<strong>der</strong>ness. This quality<br />
is objective and precise, but it cannot be named.“ (Alexan<strong>der</strong>, 1979, S. ix)<br />
Produktbezogene Sicht<br />
Die produktbezogene Sicht hingegen sieht <strong>Qualität</strong> als präzise und messbar an.<br />
Unterschiede in <strong>der</strong> <strong>Qualität</strong> reflektieren Unterschiede in den Bestandteilen o<strong>der</strong> den<br />
Attributen eines Produkts. Die <strong>Qualität</strong> wird also auf messbare Eigenschaften eines<br />
Produkts zurückgeführt, was es erlaubt, eine Rangfolge von Produkten zu erstellen.<br />
Auf diese Weise ist <strong>Qualität</strong> eine inhärente Eigenschaft eines Produkts, die objektiv<br />
bestimmt werden kann. Diese <strong>Qualität</strong>ssicht wird typischerweise bei Produktvergleichen,<br />
z. B. denen <strong>der</strong> Stiftung Warentest, eingenommen.<br />
1. In <strong>der</strong> Nachfolgenorm <strong>der</strong> DIN 55350, DIN EN ISO 8402, sind die impliziten Anfor<strong>der</strong>ungen aufgenommen<br />
worden: „<strong>Qualität</strong> ist die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung,<br />
festgelegte o<strong>der</strong> vorausgesetze Erfor<strong>der</strong>nisse zu erfüllen.“