Bewertung der Qualität objektorientierter Entwürfe - Worte-Projekt
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40 4 Objektorientierter Entwurf<br />
Budgen (1994) bezeichnet den Entwurf sogar als ein bösartiges Problem (wicked<br />
problem). Bösartige Probleme sind nach Rittel und Webber (1984) unter an<strong>der</strong>em<br />
durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:<br />
• Es gibt keine endgültige Formulierung des Problems. Ein Grund dafür ist, dass sich<br />
Spezifikation und Entwurf nicht klar trennen lassen (Swartout, Balzer, 1982).<br />
• Es gibt keine Regel, die angibt, wann die optimale Lösung gefunden wurde. Das<br />
liegt daran, dass die <strong>Bewertung</strong> einer Lösung schwierig ist, weil es (meistens) keine<br />
klare Festlegung aller gewünschten Eigenschaften gibt (es fehlt also ein <strong>Qualität</strong>smodell).<br />
• Lösungen für bösartige Probleme sind nicht richtig o<strong>der</strong> falsch, son<strong>der</strong>n gut o<strong>der</strong><br />
schlecht. Es gibt keine wirklich falsche Lösung, nur weniger o<strong>der</strong> besser brauchbare.<br />
Daher ist es schwierig, den Suchraum wirksam einzugrenzen.<br />
• Teilaspekte des Problems können nicht unabhängig voneinan<strong>der</strong> gelöst werden.<br />
Die Lösung für einen Teilaspekt des Problems kann neue Probleme in an<strong>der</strong>en Teilaspekten<br />
verursachen o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Lösung unmöglich machen.<br />
Beim Entwurf handelt es sich um ein Problem, bei dem sowohl dialektische Barrieren<br />
als auch Interpolations- und Synthesebarrieren vorliegen. Der Entwurf gehört also in<br />
die „schlimmste“ Problemklasse. Das Operatoreninventar ist hochgradig offen, es<br />
sind also fast immer Synthesebarrieren vorhanden. Selbst wenn irgendwann klar ist,<br />
welche Operatoren zu verwenden sind, ist ihre konkrete Verwendung immer noch ein<br />
Interpolationsproblem. Welche Ansätze ein Entwerfer verfolgt, hängt so von seiner<br />
Intuition, seinem Wissen und seiner Erfahrung ab. Dabei kommen auch Gewohnheiten<br />
und Denkbarrieren zum Tragen. Ein Ansatz, um das Syntheseproblem in ein<br />
Interpolationsproblem zu überführen, ist es, ein möglichst großes Operatoreninventar<br />
von Mustern (Architekturmuster, Entwurfsmuster etc.) anzulegen.<br />
Die dialektische Barriere entsteht dadurch, dass die Spezifikation zwar die Kriterien<br />
für den Zielzustand vorgibt, es aber immer noch beliebig viele geeignete Zielzustände<br />
gibt. Es gibt also eine große Anzahl von Wahlmöglichkeiten, die <strong>der</strong> Entwerfer beim<br />
Entwickeln einer Lösung zu einer gegebenen Menge von Anfor<strong>der</strong>ungen hat (Boehm,<br />
1976). Der Entwerfer ist daher gezwungen, verschiedene Alternativen auszuarbeiten.<br />
Unter den so entstehenden alternativen Lösungsansätzen ist es schwer zu wählen. An<br />
die Frage: Welches ist die beste Alternative? schließt sich gleich die Frage an: Wie können<br />
die Alternativen bewertet werden, um statt einer gefühlsmäßigen eine möglichst<br />
objektive Antwort zu erhalten? Ein Ansatz dazu ist die Verwendung eines <strong>Qualität</strong>smodells,<br />
das die Zielkriterien, die <strong>der</strong> Entwurf zu erfüllen hat, klar definiert. Dadurch<br />
wird das dialektische Problem näher an ein Interpolationsproblem herangebracht.<br />
Entwurfsausbildung<br />
Eine einfache Lösung für den Umgang mit <strong>der</strong> fundamentalen Komplexität des Entwurfs<br />
gibt es nicht. Man kann allerdings bei <strong>der</strong> Ausbildung <strong>der</strong> Entwerfer ansetzen,<br />
um diese so gut wie möglich auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Brooks (1987, S. 18)<br />
stellt fest: “Great designs come from great designers.” Nach Brooks wäre es am besten,<br />
großartige Entwerfer auszubilden und nur diese einzusetzen. Einen solchen Entwerfer<br />
zeichnen aus (Curtis et al., 1988; Visser, Hoc, 1990):