luminous - Petra Ottkowski
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Struktur der Würfelarchitekturen einzudringen. Dabei<br />
zeigt sich der duale Charakter der Oberfläche, die Simultanität<br />
von Sichtbarem und Unsichtbarem, Offenem und<br />
Verborgenem hier besonders deutlich. Die Oberfläche<br />
spiegelt den bestehenden Raum, schafft gleichzeitig neue<br />
Räume. Es gelingt <strong>Petra</strong> <strong>Ottkowski</strong> in ihrer Malerei das<br />
Emotional-Sinnliche und Rationale gleichermaßen anzusprechen.<br />
Wie schon erwähnt, arbeitet sie mit dem<br />
Begriff der Bühne und schafft in ihren Arbeiten betretbare<br />
Räume. Doch bei längerer Betrachtung erscheinen<br />
Brüche in dem zunächst einheitlich erscheinenden Illusionsraum.<br />
Sie arbeitet nicht nur mit der Konstruktion und Dekonstruktion<br />
von Räumen, sondern auch mit dem Auseinandernehmen<br />
von Licht- und Schattenbezügen.<br />
Lichtquellen, die keine Schatten werfen, stehen gleichberechtigt<br />
neben herkömmlichen Lichtschattensituationen.<br />
Dabei hat sie die geometrischen Gesetzmäßigkeiten des<br />
Schattens genau studiert. Wir fragen: Was ist eigentlich<br />
ein Schatten? Kurze Erläuterung. Der Schatten wird definiert<br />
als eine unbeleuchtete Fläche, bzw. das mittels<br />
einer Lichtquelle auf ihr erzeugte Projektionsbild des im<br />
“Weg des Lichtes stehenden” Gegenstandes. Und es gibt<br />
einen Schattenraum, gemeint ist der Raum zwischen<br />
einer unbeleuchteten Fläche und dem schattenwerfenden<br />
Gegenstand. Auch gibt es farbige Schatten, sowie<br />
Schattenüberlagerungen durch verschiedene Lichtquellen,<br />
etwa bei Parallelbeleuchtung oder Schatten bei<br />
ausgedehnten oder mehreren Lichtquellen. Diese Differenzierungen<br />
müssen bei dem Vorhaben der Schattenkonstruktion<br />
mit einbezogen werden. <strong>Petra</strong> <strong>Ottkowski</strong><br />
könnte Ihnen dazu genauere Angaben machen, aber ich<br />
will es dabei bewenden lassen und nur andeuten auf<br />
welchen Forschungsfeld wir uns an dieser Stelle gerade<br />
bewegen.<br />
Eine wichtige Rolle in ihren Bildern spielt das Licht, oft<br />
scheint es nicht nur von außen auf die Objekte, sondern<br />
leuchtet geheimnisvoll von innen aus ihnen heraus, was<br />
Assoziationen an<br />
dämmrige, nicht<br />
einsehbare Innenräume<br />
weckt. Aber<br />
nicht nur die Lichtdramaturgie<br />
kann<br />
den Betrachter vor<br />
o.T. | 2005 | 73 x 93 cm | Acryl auf LW<br />
Privatsammlung<br />
Rätsel stellen,<br />
sondern auch der<br />
Umgang mit Perspektive. Während die Malerin in<br />
manchen Bildern klassische, zentralperspektivische<br />
Darstellungsweisen anwendet, sind andere Arbeiten ins<br />
Monumentale vergrößerte Parallelperspektiven, die optische<br />
Täuschung hervorrufen können; Flächen scheinen<br />
nach hinten größer zu werden, statt sich perspektivisch<br />
zu verkleinern. Die eigenen Sehgewohnheiten werden<br />
auf einmal Thema und ihre Reflexion wiederum Teil der<br />
Kunsterfahrung.<br />
Über die scheinbar endlose Staffelung transparenter<br />
Flächen etabliert die Malerin zudem neben einer klassisch-perspektivischen<br />
Räumlichkeit eine neue Form der<br />
Tiefenräumlichkeit. Beide Systeme verschmelzen zu<br />
einen vielschichtigen, mehrdeutigen Raum. Obwohl ihre<br />
Räume auf den ersten Blick perspektivisch zunächst<br />
einheitlich zu sein scheinen, handelt es sich um eine Ineinanderverschachtelung<br />
von Räumen, um Verschränkungen<br />
von Perspektiv- und Ornamentzonen, einem<br />
Oszillieren zwischen Fläche und Raum und die vordergründig<br />
hermetische wirkende Würfelwelt erweist sich<br />
als erstaunlich offen gegenüber neuen Raumerfahrungen.<br />
Zusammenfassend kann man sagen, der Raum als<br />
verlässliche Konstante scheint sich immer mehr aufzulösen.<br />
Neueste naturwissenschaftliche Erkenntnisse und<br />
die neuen Möglichkeiten der digitalen Medien sprengen<br />
alte Bezugsysteme und verändern unsere Wahrnehmung<br />
von Raum und Zeit. Die Konstruktion von Räumen<br />
scheint - zumindest im virtuellen Umfeld - beliebig<br />
möglich. Der Raum, definiert als Ort der Selbstvergewisserung<br />
und Realitätsverankerung, passt sich den jeweils<br />
imaginierten Lebenswelten an. In einer Zeit, in der sich<br />
alle Lebensbereiche und vor allem unsere Wahrnehmung<br />
derselben rasant verändern und Orte häufig nur<br />
noch Konstrukte zu sein scheinen, stellt sich die Frage<br />
nach dem Raum in der Kunst höchst aktuell.<br />
Marion Bertram, Kunsthistorikerin, Kunsthalle Bremen 2011