Ausgabe 1-2010 - Westdeutsches Tumorzentrum Essen

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30.10.2013 Aufrufe

6 s c h w e r p u n k t w t z - j o u r n a l 1 · 2 0 1 0 · 2 . J g dar. Die Lokalisation des Tumors sowie seine Morphologie entscheiden darüber, ob eine Sonographie-, CT- oder MRT-gesteuerte - Punktionsbiopsie beziehungsweise eine Inzisionsbiopsie indiziert ist. Die Biopsie sollte derjenige Chirurg durchführen, der gegebenenfalls auch die endgültige Sarkom-Resektion vornimmt; denn unsachgemäß durchgeführte Biopsien kompromittieren die onkologische Radikalität, sie erhöhen die Operationsmorbidität, schränken die Funktionalität ein und können gar Amputationen notwendig machen. Das heißt, auch CT- oder MRT-gesteuerte Biopsien sind unbedingt zwischen Radiologie und Chirurgie abzustimmen. Auch bei intraabdominellen und retroperitonealen Tumoren, die keine typische epitheliale Klinik aufweisen, sollte immer eine präoperative Biopsie erfolgen. Der Vorteil der histologischen Diagnose überwiegt unserer Ansicht nach eindeutig den Nachteil einer möglichen Verschleppung von Tumorzellen durch eine chirurgisch geplante Biopsie (Abb. 2). Ist der Biopsiebefund positiv, muss die Resektabilität des Sarkoms geprüft werden. Durch eine systemische Vorbehandlung lässt sie sich häufig verbessern, unter anderem bei Ewingsarkomen, bei Gastrointestinalen Stromatumoren und bei kleinblau-rundzelligen Tumoren. Die Klärung der Frage, ob ein extra - skelettales Knochen-Sarkom oder ein Weichteilsarkom vorliegt, ist sowohl für die chirurgische Therapie als auch für die Möglichkeiten neoadjuvanter Therapieverfahren entscheidend (Abb. 3). Zur Sicherstellung der Diagnose dieser Tumoren ist häufig der Einsatz molekularpathologischer Methoden erforderlich (Tab. 1). Behandlung lokalisierter Sarkome Wichtigster Prognosefaktor ist der Differenzierungsgrad von Weichteil - sarkomen. Klinisch relevant ist die Trennung in Low-grade (G1) und High-grade Sarkome (G2 und G3); denn bei Letzteren treten sowohl Lokalrezidive als auch Metastasen deutlich häufiger auf. Darüber hinaus spielen Tumor größe (T1: ≤5cm vs T2: >5cm) und die anatomische Lage (oberflächliche [a] vs tiefe Lage [b]) eine prognostisch wichtige Rolle. Alle drei Faktoren gehen in die UICC-Klassifikation ein, während mit Ausnahme gastrointestinaler Stromatumoren (GIST), die Histologie für die Stadieneinteilung keine Rolle spielt (Abb. 4). Eine inkomplette Resektion oder sogar eine Ruptur des Tumors im Situs kann die Prognose dramatisch verschlechtern. Vor der Operation sollte man eine systemische Vorbehandlung prüfen, um die Resektabilität zu verbessern. Therapie resektabler Sarkome Low-grade (G1)-Sarkome werden primär chirurgisch behandelt. Bei komplett im Gesunden durchgeführten Resektionen (R0) erübrigt sich eine weitere Therapie. Bei R0-Resektionen von G1-Sarkomen sind Resektions - ränder knapp im Gesunden (wenige Millimeter) ausreichend. Wurde eine R0-Resektion nicht erreicht, sollte man in jedem Fall eine Nachresektion erwägen. Ist diese mit Amputation oder hoher Morbidität verbunden, kann eine postoperative Strahlentherapie erfolgen. High-grade (G2/G3)-Sarkome erfordern eine Resektion weit im Gesunden; denn in der Verbundzone zum Normalgewebe kommen vermehrt Satellitenherde vor. Die Datenlage weist darauf hin, dass Sicherheitsabstände von weniger als 20 Millimetern mit einem proportional steigenden Risiko von Lokalrezidiven verbunden sind [4]. Viele Sarkome sind prinzipiell R0-re sektabel, allerdings mit oft knappen Sicher - heitsabständen. Vor der Opera tion lohnt daher immer die Prüfung neoadjuvanter Therapieverfahren. Um die Resek tionsränder exakt bewerten zu können, sollte die topographische Orientierung des Resektates geprüft sowie eine Tuschemarkierung der schwierigsten Ränder vorgenommen werden. Tabelle 1: Molekularpathologische Marker und ihre Relevanz ( ) für Diagnostik und Therapie Abkürzungen: DFSP = Dermatofibrosarcoma protuberans; PNET = Primitive Neuro-Ektodermale Tumoren; GIST = Gastrointestinale Stromatumoren Sarkomsubtyp Alveoläres Rhabdomyosarkom Alveoläres Weichteilsarkom Klarzellsarkom DFSP Endometriale Stromatumoren Desm. Rundzelltumor Ewingsarkome / PNET Extraskelletales myxoides Chondrosarkom Myxoides / rundzelliges Liposarkom Synovialsarkom GIST Fusionsprodukt / Mutation PAX3-FOXO1A, PAX7-FOXO1A TFE3-ASPL EWS-ATF1 COL1A1-PDGFB JAZF1-JJAZ1 EWS-WT1 EWS-FLI1, -ERG, -ETV1, -E1AF, -FEB EWS-NR4A3, RBP56-NR4A3, T CF12-NR4A3 FUS-CHOP, EWS-CHOP SS18-SSX1, SS18-SSX2, SS18-SSX4 aktivierende Mutationen c-KIT, PDGFRA Diagnostik Therapie

s c h w e r p u n k t w t z - j o u r n a l 1 · 2 0 1 0 · 2 . J g Abb. 2: Falscher Zugang bei der Biopsie eines High-grade-Weichteil - sarkoms. Durch die Schnittführung wurden nicht betroffene Muskel - kompartimente eröffnet und potenziell mit Tumorzellen kontaminiert. Dadurch vergrößert sich das zu resezierende Areal, so dass eine onkologisch fachgerechte Resektion mit einer erhöhten Morbidität beziehungsweise einer zusätzlichen Funktionseinschränkung verbunden ist. Chemo- und Strahlentherapie nicht resektabler Sarkome Bei primär nicht resektablen Tumoren stehen verschiedene neoadjuvante Therapieverfahren zur Auswahl, die prinzipiell auch in Kombination einsetzbar sind. Behandlungsoptionen sind die Chemotherapie (Doxorubicin und Ifosfamid), die Strahlentherapie oder eine kombinierte Chemo-Strahlentherapie. Die höchsten Remissionsraten lassen sich mit kombinierten Therapien erreichen. Insbesondere bei Sarkomen des Stammes oder im Kopf-Halsbereich sollte man früh die Indikation zu intensitätsmodulierter Strahlentherapie, zur Tomotherapie (Abb. 5) oder Protonentherapie prüfen. Die Protonentherapie erlaubt es, hohe Strahlendosen außerordentlich genau zu applizieren und das umliegende Gewebe zu schonen. Insbesondere bei Sarkomen im Kopf-Hals-Bereich sowie bei paraspinalen Sarkomen gelingt es, mit geringer Morbidität zu bestrahlen. Der Einsatz der Protonentherapie in anderen Indikationen wird in den nächsten Jahren im Rahmen von Therapiestudien geprüft werden. Sarkom Knochensarkom Low-grade Knochensarkome Osteosarkom Dediff. Chondrosarkom Osteogene MFH, etc. Ewing-Sarkom PNET Weichteilsarkom RMS, DSRCT (klein-blau-rund) „Normale“ Weichteilsarkome Bei Tumoren im Bereich der Extremitäten scheint die hypertherme isolierte Extremitäten-Perfusion (Isolated Limb Perfusion, ILP) unter Verwendung von TNF-alpha und Melphalan (TM-ILP) mit Remissionsraten um 80 Prozent im Hinblick auf lokale Tumorkontrolle, Morbidität und Kombinationsmöglichkeit mit systemischen Therapien die beste Behandlungsoption zu bieten [5,6]. Die Kombination von Chemo - therapie und TM-ILP ist gerade in solchen fortgeschrittenen Situationen von Vorteil, in denen durch alleinige aber aufwändige chirurgische Maßnahmen eine Systemtherapie nicht oder nur eingeschränkt möglich wäre. Wegen der notwendigen Isolation der Gliedmaßen ist die TM-ILP bislang auf Tumorlokalisationen unterhalb des Sitzbeins/Leistenbandes beziehungsweise der Axillarfalte beschränkt [6]. Eine alleinige Strahlentherapie lässt sich bei lokalisierten, resektablen Tumoren dann einsetzen, wenn Kon - tra indikationen gegen chirurgische Maßnahmen vorliegen. Eine adjuvante Strahlentherapie erfolgt, wenn bei einem High-grade Sarkom weder eine weite noch eine Kompartimentresek - tion erzielt werden konnte oder wenn Primär chirurgische Therapie Neo- + adjuvante Chemotherapie, Euramos-Protokoll, Euro-BOSS Intensive Neo- + adjuvante Chemotherapie Euro-Ewing 99/Ewing 2008 Neo- + adjuvante Chemotherapie, CWS-Protokoll Stadien-abhängig Neo-/adjuvant Abb. 3: Bedeutung verschiedener Sarkom-Subtypen für die primäre The - ra pie entscheidung. MFH = Malignes fibröses Histiozytom; PNET = Primitive Neuro-Ektodermale Tumoren; EURAMOS = European-American Osteosarcoma Study Group; Euro-BOSS = European Treatment Protocol for Bone Sarcomas in Patients older than 40 Years; CWS = Cooperative Weichteilsarkom-Studie ein hohes Risiko für eine lokale Tumoraussaat vorliegt, beispielsweise bei Tumorruptur oder R2-Resektionen mit Hämatombildung vor der Nachresek - tion. Auf klassische Zytostatika reagieren Weichteilsarkome im Allgemeinen mäßig empfindlich. Aufgrund der geringen Inzidenz liegen nur wenige, häufig heterogene Studien zur adjuvanten Chemotherapie vor. Viele Studi- IA G1 T1a/b IB G1 T2a IIA G1 T2b IIB G2/3 T1a/b IIC G2/3 T2a III G2/3 T2b IV jedes N, jedes M RF 0-1 92% RF (1-)2 83% RF 3 48% 2-5% Abb. 4: UICC-Stadieneinteilung der Weich teil - sarkome sowie Fünf-Jahres-Überlebens raten (%) G1: Low-Grade Sarkom G2/3: High-Grade Sarkom T1: Tumorgröße ≤ 5 cm T2: Tumorgröße > 5 cm a: anatomisch oberflächliche Lage b: anatomisch tiefe Lage RF: Risikofaktor 7

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dar. Die Lokalisation des Tumors sowie<br />

seine Morphologie entscheiden darüber,<br />

ob eine Sonographie-, CT- oder<br />

MRT-gesteuerte - Punktionsbiopsie<br />

beziehungsweise eine Inzisionsbiopsie<br />

indiziert ist.<br />

Die Biopsie sollte derjenige Chirurg<br />

durchführen, der gegebenenfalls auch<br />

die endgültige Sarkom-Resektion vornimmt;<br />

denn unsachgemäß durchgeführte<br />

Biopsien kompromittieren die<br />

onkologische Radikalität, sie erhöhen<br />

die Operationsmorbidität, schränken<br />

die Funktionalität ein und können<br />

gar Amputationen notwendig machen.<br />

Das heißt, auch CT- oder MRT-gesteuerte<br />

Biopsien sind unbedingt zwischen<br />

Radiologie und Chirurgie abzustimmen.<br />

Auch bei intraabdominellen und retroperitonealen<br />

Tumoren, die keine typische<br />

epitheliale Klinik aufweisen, sollte<br />

immer eine präoperative Biopsie erfolgen.<br />

Der Vorteil der histologischen<br />

Diagnose überwiegt unserer Ansicht<br />

nach eindeutig den Nachteil einer<br />

möglichen Verschleppung von Tumorzellen<br />

durch eine chirurgisch geplante<br />

Biopsie (Abb. 2). Ist der Biopsiebefund<br />

positiv, muss die Resektabilität des<br />

Sarkoms geprüft werden. Durch eine<br />

systemische Vorbehandlung lässt sie<br />

sich häufig verbessern, unter anderem<br />

bei Ewingsarkomen, bei Gastrointestinalen<br />

Stromatumoren und bei kleinblau-rundzelligen<br />

Tumoren.<br />

Die Klärung der Frage, ob ein extra -<br />

skelettales Knochen-Sarkom oder ein<br />

Weichteilsarkom vorliegt, ist sowohl<br />

für die chirurgische Therapie als auch<br />

für die Möglichkeiten neoadjuvanter<br />

Therapieverfahren entscheidend (Abb.<br />

3). Zur Sicherstellung der Diagnose<br />

dieser Tumoren ist häufig der Einsatz<br />

molekularpathologischer Methoden<br />

erforderlich (Tab. 1).<br />

Behandlung lokalisierter Sarkome<br />

Wichtigster Prognosefaktor ist der<br />

Differenzierungsgrad von Weichteil -<br />

sarkomen. Klinisch relevant ist die<br />

Trennung in Low-grade (G1) und<br />

High-grade Sarkome (G2 und G3); denn<br />

bei Letzteren treten sowohl<br />

Lokalrezidive als auch Metastasen<br />

deutlich häufiger auf.<br />

Darüber hinaus spielen Tumor größe<br />

(T1: ≤5cm vs T2: >5cm) und die anatomische<br />

Lage (oberflächliche [a] vs tiefe<br />

Lage [b]) eine prognostisch wichtige<br />

Rolle. Alle drei Faktoren gehen in die<br />

UICC-Klassifikation ein, während mit<br />

Ausnahme gastrointestinaler Stromatumoren<br />

(GIST), die Histologie für die<br />

Stadieneinteilung keine Rolle spielt<br />

(Abb. 4).<br />

Eine inkomplette Resektion oder sogar<br />

eine Ruptur des Tumors im Situs kann<br />

die Prognose dramatisch verschlechtern.<br />

Vor der Operation sollte man eine<br />

systemische Vorbehandlung prüfen,<br />

um die Resektabilität zu verbessern.<br />

Therapie resektabler Sarkome<br />

Low-grade (G1)-Sarkome werden primär<br />

chirurgisch behandelt. Bei komplett<br />

im Gesunden durchgeführten<br />

Resektionen (R0) erübrigt sich eine<br />

weitere Therapie. Bei R0-Resektionen<br />

von G1-Sarkomen sind Resektions -<br />

ränder knapp im Gesunden (wenige<br />

Millimeter) ausreichend. Wurde eine<br />

R0-Resektion nicht erreicht, sollte man<br />

in jedem Fall eine Nachresektion erwägen.<br />

Ist diese mit Amputation oder<br />

hoher Morbidität verbunden, kann<br />

eine postoperative Strahlentherapie<br />

erfolgen.<br />

High-grade (G2/G3)-Sarkome erfordern<br />

eine Resektion weit im Gesunden;<br />

denn in der Verbundzone zum Normalgewebe<br />

kommen vermehrt Satellitenherde<br />

vor. Die Datenlage weist darauf<br />

hin, dass Sicherheitsabstände von weniger<br />

als 20 Millimetern mit einem<br />

proportional steigenden Risiko von<br />

Lokalrezidiven verbunden sind [4]. Viele<br />

Sarkome sind prinzipiell R0-re sektabel,<br />

allerdings mit oft knappen Sicher -<br />

heitsabständen. Vor der Opera tion<br />

lohnt daher immer die Prüfung neoadjuvanter<br />

Therapieverfahren. Um die Resek<br />

tionsränder exakt bewerten zu können,<br />

sollte die topographische Orientierung<br />

des Resektates geprüft sowie<br />

eine Tuschemarkierung der schwierigsten<br />

Ränder vorgenommen werden.<br />

Tabelle 1: Molekularpathologische Marker und ihre Relevanz ( ) für Diagnostik und Therapie<br />

Abkürzungen: DFSP = Dermatofibrosarcoma protuberans; PNET = Primitive Neuro-Ektodermale<br />

Tumoren; GIST = Gastrointestinale Stromatumoren<br />

Sarkomsubtyp<br />

Alveoläres Rhabdomyosarkom<br />

Alveoläres Weichteilsarkom<br />

Klarzellsarkom<br />

DFSP<br />

Endometriale Stromatumoren<br />

Desm. Rundzelltumor<br />

Ewingsarkome / PNET<br />

Extraskelletales myxoides<br />

Chondrosarkom<br />

Myxoides / rundzelliges<br />

Liposarkom<br />

Synovialsarkom<br />

GIST<br />

Fusionsprodukt / Mutation<br />

PAX3-FOXO1A, PAX7-FOXO1A<br />

TFE3-ASPL<br />

EWS-ATF1<br />

COL1A1-PDGFB<br />

JAZF1-JJAZ1<br />

EWS-WT1<br />

EWS-FLI1, -ERG, -ETV1, -E1AF, -FEB<br />

EWS-NR4A3, RBP56-NR4A3,<br />

T CF12-NR4A3<br />

FUS-CHOP, EWS-CHOP<br />

SS18-SSX1, SS18-SSX2, SS18-SSX4<br />

aktivierende Mutationen c-KIT,<br />

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