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Briefe Kummer - Dr. Johannes Birgfeld

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262 JÜRG MATHES<br />

aufgemuntert, habe ich auch in diesem Frühjahr wieder ein neues Stück<br />

in 3 Acten vollendet, B ü l' ger s t 0 I z und Ade I sinn, 123 ferner ein<br />

Stück in 1 Act Der Mann von +0 Jahren.124 Von beyden werde<br />

ich Ihnen Abschriften zusenden, sobald sie fertig sind, um alsdann damit<br />

zu verfahren wie mit Benjowsky. Auf diese Weise hoffe ich mir bald bey<br />

Ihnen eine Ideine Casse zu machen, und Ihnen alsdann nicht beschwel:lich<br />

zu fallen. Ein grosses Stück in 5 Acten Roll asT 0 d 125 ist auch<br />

schon beynahe halb fertig (denn ich habe einige Monate auf dem Lande<br />

in der angenehmsten Ruhe und Einsamkeit gelebt) 126 meine Freunde<br />

schmeicheln mir, daß Alles recht gut gerathen sey, und so hoffe ich,<br />

trotz aller Feinde und Recensionen, meinem gesunckenen Ruf nach und<br />

nach wieder aufzuhelfen, denn das Theater bleibt doch immer mein<br />

eigentliches Fach. Alle diese Stücke könnten zukünftige Ostern gedruckt<br />

werden, und mir ist eingefallen, ob wir nicht wohlthun würden, eine<br />

vollständige Ausgabe meiner sämmtlichen dramatischen Wercke zu veranstalten?<br />

und zwar so, daß in jedem Bande immer nur Ein altes und<br />

zwey neue Stüel,e erscheinen. Zum Beyspiel, wir gäben auf Ostern die<br />

drey ersten Bände in folgender Ordnung: 1 s tel' Ban d. Graf Benjowsky.<br />

Menschenhaß und Reue (verbessert) 127 und die edle Lüge. 2t e l'<br />

Ban d. Sonnenjungfrau. Rollas Tod. Der Mann von 40 Jahren. 3 l'<br />

Band. Biirgerstolz u. Adelsinn. Das Kind der Liehe, (oder irgend ein<br />

anderes altes Stück) und Schaell Wampun. So könnte man denn von<br />

Jahr zu Jahr fortfahren, u. die alten Stücke würde ich alle aufs neue<br />

durchsehen und verbessern. Finden Sie das aber niellt vortheilhaft, nun<br />

in Berlin aufgeführt würde. In dem Antwortschreiben, datiert Berlin, den<br />

14. Julius 1794, heißt es, daß wegen voraussichtlichen Ungelegenheiten von seiten<br />

der Zensur oder Polizei von einer Auffühnmg ahgesehen wurde. Brachvogel,<br />

Bd. 2, S. 34·9. Hier zeigt sich, welche Schwierigkeiten die Zensur zu jener Zeit allgemein<br />

bereitete. In Wien konnte ,Benjowsky< wegen der hesonders strengen Zensur<br />

zum erstenmal am 16. Jlmi 1830 aufgeführt werden. Wlassack, S. 182.<br />

123 Es erscheint unter dem Titel ,Armuth lmd Edelsinn< in Leipzig 1795.<br />

124 Erscheint 1795 in Leipzig.<br />

125 ,Die Spanier in Peru oder Rolla's Tod. Romantisches Trauerspiel in fünf<br />

Akten.< Leipzig 1796.<br />

126 Sein Gut FriedenthaI bei Jewe.<br />

127 Hier ist nicht die zweite Fassung von ,lVlenschenhaß und Reue< gemeint,<br />

die lUn 1819 entsteht. vVie Kotzehue allgemein zur Frage einer üherarbeitung<br />

steht, veranschaulicht eine Briefstelle : »Daß Lessing 7 Jahre an Emilia Galotti<br />

gearbeitet hahe, kann unmöglich wahr seyn, sie hat vielleicht 7 Jalrr in seinem Pult<br />

gelegen, und er hat alle 6 Monat einmal ein paar Stunden daran gearbeitet. VVas<br />

im ersten Feuer nichts taugt, das taugt auch nach 7 J alu'en nichts. Feilen muß<br />

man, aher nicht ängstlich überfeilen.« Kotzebue an seine Mutter, vermutlich März<br />

1790, zitiert nach Köhler, S. 52.<br />

AUS BRIEFEN KOTZEBUES AN SEINEN VERLEGER KUMMER 265<br />

so druelcen wir sie einzeln. - Ich hoffe nunmehro, daß Sie mir hald wieder<br />

unsere Abreellnllllg senden werden, da die Messe schon lange vorbey<br />

ist. Ich wünsche sehnliell Ihnen bald nichts mehr schuldig zu seyn, weil<br />

es mir ungemein drückend ist, Ihnen beschwerlich zu fallen. - ... (Folgt<br />

Buchbestellung für einen Bekannten.)<br />

Ich für meinen Theil wünsellte die allgemeine Welthistorie von<br />

Guthry und Grey in Pappband gehunden mit rothem Titel, vollständig<br />

zu besitzen,128 doch nur unter der Bedingung, daß es Ihnen keine haare<br />

Auslagen, und überhaupt keine Beschwerden verursacht. Gleiellfalls<br />

bitte ich um 1/2 Dutzend rohe ungeschnittene Pfeifenköpfe, von guter<br />

reiner Masse mit dicken Boden und kleinen Löchern. - Die Nachtlichtel'<br />

sind hoffentlich unterwegens. Ich bin und verbleibe wie immer<br />

Ihr ergebenster Diener Kotzehue.<br />

Als Folge der Affäre um ><strong>Dr</strong>. Bahrdt< hat Kotzebues Popularität nach­<br />

gelassen, und der Umsatz im Verlagsgeschäft stagniert; <strong>Kummer</strong>, auf<br />

den Kotzebue allein schon wegen der abgeschiedenen Lage Revals ver­<br />

mehrt angewiesen ist, leistet Zalllungen nur mit Unwillen. Auch<br />

kommt ihm der Plan einer Gesamtausgabe ungelegen, mit der sich<br />

Kotzebue in neuem Gewande präsentieren könnte. 129 Die Schuld an der<br />

mißlichen Lage gibt Kotzebue den Rezensenten. Empfindlich gewor­<br />

den gegen alles, was seine Ehre antasten könnte, sind ihm die scharfen<br />

Urteile der >Allgemeinen Literatur-Zeitung< ein Dorn im Auge. Den<br />

Rezensenten zum Trotz erhofft er sich von neuen <strong>Dr</strong>amen neuen<br />

Ruhm. Da er bereits zuviel VorschuB erhalten hat, kann er dabei nicht<br />

auf neue Einnahmen rechnen.<br />

Vom Lande, d. 20sten Septbr. 1793.<br />

Hochgeehrter Herr,<br />

Ich hahe Ihren Brief, sammt unserer Abrechnung empfangen, und<br />

hin freylich nicht wenig erstaunt, daß iell noch immer ehen so tief in<br />

Ihrer Schuld hleihe als voriges Jahr. Sie machen mir zwar Hoffnung,<br />

daß wir künftiges Jahr ins Reine seyn würden, wenn ich Sie mit allem<br />

baaren Vorschuß versellOnte; aber diese nemlielle Hoffnung machten<br />

Sie mir auch voriges Jahr, da doch die Reellllung auf keinen Fall getilgt<br />

128 ,Allgemeine Weltgeschichte von der Schöpfung an bis auf gegenwärtige<br />

Zeit; ausgefertigt von Wilh. Guthrie, Joh. Gray und anderen.< 17 Bde, Leipzig<br />

1765-1808. Die Vorrede zu der deutschen übersetzung st=t von dem Philologen<br />

und Theologen J ohann August Ernesti (1707-1781).<br />

129 Zum erstenmal erscheint eine fÜllfbändige Ausgahe der gesammelten<br />

,Schauspiele< in Leipzig 1797.

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