Briefe Kummer - Dr. Johannes Birgfeld

258 JÜRG MATHES
Das Mißtrauen der Zarin - so zeigt der Brief - ist noch nicht ganz ge­
schwunden. Kummer trägt allen Änderungen Rechnung/os und das
Buch verfehlt mit seinen Lobreden nicht die beabsichtigte Wirkung.104
Nach dem Wirbel um >Dr. Bahrdt< lebt Kotzebue zurückgezogen in
Reval und sorgt dafür, daß sein literarischer Ruhm nicht weiter verblaßt.
Hochgeschäzter Herr,
Reval, d. 18ten J uny 1793.
So eben komme ich vom Lande zurück, und finde mit Betrübniß, daß
weder die Kin der me i n e r Lau n e noch Der s c h a w ins Gedichte
105 hier angekommen sind. Da die Messe nun schon so lange vorbey
ist, so kann ich nicht begreifen, woher dieser Verzug kömmt? ich
warte mit Ungeduld besonders auf die Gedichte. Das Oelgemählde wonach
der Kupferstich gemacht worden,106 haben Sie hoffentlich wohl
eingepackt wiederum beygelegt. Ich wünschte sehr, daß Sie mir günstig
klingende Recension von diesen Gedichten in die Hamburger Zeitung
setzen liessen, welche, glaube ich, einen Ducaten 107 kostet. Sie können
leicht dencken daß ich das nicht um meinetwillen wünsche, denn mir
ist es sehr gleichgültig; aber ich wünschte es um Derschawin willen,
dem das eine grosse Freude machen würde. Sie könnte ungefähr so lauten:
»Ds Gedichte aus dem Russischen von A. v. K. Leipz. bey K. u.s.w.
Wir sind dem H. v. K. vielen Danck schuldig, daß er uns mit einem
Dichter bekannt gemacht hat, der den hohen Flug der morgenländischen
Berliner Nachdrucker, was auch Kotzebue erfahren hatte, vgl. Anm.69. Auch
Goethe hatte seinen Arger mit ihm, vgl. Dichtung und Wahrheit, 16. Buch.
103 Das Buch erscheint ohne Widmung.
104 Kotzebue gibt an, "daß ich nur einmal in meinem Leben andern Leuten
zu gefallen, ein Buch geschrieben: es war das Wer k vom Ade I«. ,Literarischer
Lebenslauf