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Briefe Kummer - Dr. Johannes Birgfeld

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232 OSCAR FAMBACH<br />

hrsg. von Flodoard von Biedermann, Berlin 1927, S. 101), fälschlich<br />

von deren »Maistüelt« berichtet, während der Artikel im »Juni 1799«<br />

zu finden ist; nach Unger hat Friedrich Eberhard Rambach den Artikel<br />

verfaßt. Übrigens war es recht schwer, besagtes Juni-Stück zu finden.<br />

Die Fülle der Funde läßt Siell nicht annähernd vollständig darstellen;<br />

hier konnte nur eine kleine Auswahl des freilich Wichtigsten gegeben<br />

werden.<br />

JüRG MATHES<br />

AUS BRIEFEN KOTZEBUES<br />

AN SEINEN VERLEGER KUMMER<br />

Vorbemerkung<br />

»Zwei und dreißig Jahr sind es jetzt, seitdem ich mit Kotzebue in ein<br />

Verhältniß trat, welches nach und nach die genaueste Verbindung zwischen<br />

uns zur Folge hatte«, berichtet <strong>Kummer</strong> in dem >Vorwort des<br />

VerlegersN euen Schauspiele< vorausschickt. 1<br />

Eigenart und Ausmaß dieser Beziehung blieben bisher unbekannt,<br />

und nur gelegentlich wurde durch die Publikation einzelner <strong>Briefe</strong> auf<br />

ihre Existenz hingewiesen. 2 So mag es von Interesse sein, anhand eines<br />

umfangreichen unveröffentlichten Briefmaterials näher darauf einzugehen.<br />

Das Freie Deutsche Hochstift besitzt 115 <strong>Briefe</strong> Kotzebues an <strong>Kummer</strong><br />

,3 die hier - mit einer Ausnahme 4 - zum erstenmal in Auszügen<br />

mitgeteilt werden. Davon wurden 109 <strong>Briefe</strong> auf einer Auktion bei<br />

Stargardt in Berlin 1905 erworben; 5 die restlichen sechs kamen später<br />

hinzu. Über die Vorbesitzer ließ sich nichts in Erfahrung bringen.<br />

1 >Neue Schauspiele


254- ,TÜRG MATHES<br />

Zu den 114 bisher unveröffentlichten <strong>Briefe</strong>n des Freien Deutschen<br />

Hochstifts kommen vier weitere aus dem Besitz des Goethe-Museums<br />

Düsseldorf ß und fünf bereits gedruckte <strong>Briefe</strong> 7 hinzu, so daß in der<br />

vorliegenden Veröffentlichung 123 <strong>Briefe</strong> erfaßt sind. 8<br />

1 Reval, 28. Okt. 1786 9<br />

2 Reval, 17. Nov. 1787 10<br />

5 Reval, 14o. Juni 1788<br />

4 Reval, 20. Dez. 1788<br />

5 Reval, 9. Jan. 1790<br />

6 Reval, 6./17. März 1790 11<br />

7 \7Veimar, 19. Okt.1790<br />

8 'Weimar, 28. Okt. 1790<br />

9 Weimar, 25. Nov.1790<br />

10 Mainz, 1. April 1791<br />

11 Berlin, 29. Mai 179110<br />

12 Reval, 10. März 1792<br />

15 Reval, 18. Juni 1793<br />

140 (Jewe), 20. Sept. 1793<br />

15 J ewe, 26. J an. 1796<br />

16 Jewe, 23. März 1796<br />

17 Je,ve, 6. April 1796<br />

Übersicht<br />

18 Jewe, 5. Jnni 1796<br />

19 Reval, 8. Nov. 1796<br />

20 vVien, 23. Nov.1798 10<br />

21 Jena, 11. Mai 1799<br />

22 Weimar, 22. Mai 1799<br />

23 Jena, 7. Juni 1799<br />

2+ Jena, 14o. Juni 1799<br />

25 Jena, 8. Juli 1799<br />

26 Jena, 15. Aug.1799<br />

27 Jena, 19. Aug. 1799<br />

28 Jena, 2. Sept. 1799<br />

29 Weimar, +. Nov.1799<br />

30 Weimar, 9. Dez. 1799<br />

31 Petershurg, 21. Nov. 1800<br />

32 Petershurg, 11. Jan. 1801<br />

33 Petershurg, 15. März 1801<br />

34 Leipzig, 22. Juli 1801<br />

6 Die Nmnmern 2, 11, 20 und 121 der folgenden Übersicht. Dem Goethe­<br />

Museum Düsseldorf dauke ich für die freundlich gewährte Erlaubnis zur Veröffentlichung.<br />

7 V gl. Anm. 2. Ferner sind Auszüge von vier <strong>Briefe</strong>n in Stargardts Auktionskatalogen<br />

mitgeteilt, die aber in die übersicht nicht aufgeno=en wurden, da sie<br />

nicht im Original vorlagen: Reval, 15'/24 .. Januar 1787 in Katalog 567, S.56;<br />

Jena, 10. Februar 1797 in Katalog 585, S. 49; Berlin, 15. Januar 1804 in Katalog<br />

565, S. 44.; Königsberg, 7. Dezember 1815 in Katalog 567, S. 56.<br />

8 Diese Zahl bezieht sich auf die mir zugänglichen <strong>Briefe</strong>. Zehn <strong>Briefe</strong> im<br />

Goethe- emd Schiller-Archiv 'Weimar konnten leider nicht benutzt werden.<br />

D Gedruckt im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, 27. Mai 1926,<br />

NI' .120, S. 675 f.<br />

10 Hs im Besitz des Goethe-lVIuseums Düsseldorf.<br />

11 Paksimile in Sammhmg historisch-berühmter Autographen, Heft 1, Stuttgart<br />

184.5, Nr. 52.<br />

AUS BRIEFEN KOTZEBUES AN SEINEN VERLEGER KUMMER 235<br />

55 Ber1in, 6. Aug. 1801 H J erlep, 6. Juni 1806<br />

36 (Berlin), 8. Aug. (1801) 75 Jerlep, 27./29. Dez. 1806<br />

57 Berlin, 29. Aug. 1801 76 Jerlep, 2. Jan.1807<br />

38 Berlin, 20. Sept. 1801 77 Jerlep, 21. Jan. 1807<br />

59 Weimar, 9. Nov.1801 78 Reval, 1. März 1807<br />

4-0 Weimar, +. Dez. 1801 79 Reval, 6. April 1807<br />

41 Weimar, 17. Dez. 1801 80 (ohne Ort, April 1807)<br />

4-2 Weimar, 18. Febr. 1802 81 Schwarzen, 19. April 1807<br />

45 Weimar, 19. März 1802 82 Schwarzen, 6. Mai 1807<br />

4+ 'Weimar, 9. April 1802 85 Schwarzen, 4-. Sept. 1807<br />

4-5 vVeimar, 19. April 1802 84- Schwarzen, 21. Sept. 1807<br />

46 (Weimar, Mai 1802) 85 Schwarzen, 3. Okt. 1807<br />

'1-7 vVeimar, 31. Mai 1802 86 Schwarzen, 14-. März 1808 12<br />

+8 Weimar, 7. Juni 1802 87 Schwarzen, 6. Jan. 1809<br />

+9 Jena, 2+. Juni 1802 88 Schwarzen, 7. Fehl'. 1809<br />

50 Jena, 1. Juli 1802 89 Schwarzen, 13. März 1809<br />

51 Jena, 12. Juli 1802 90 Schwarzen, 22. April 1809<br />

52 Jena, 22. Juli 1802 91 Schwarzen, 27. Juni 1809<br />

53 Jena, 5. Aug. 1802 92 Schwarzen, 27. Okt. 1809<br />

5+ Jena, 12. Aug. 1802 93 Schwarzen, 10. Nov. 1809<br />

55 Jena, 6. Sept. 1802 94- Schwarzen, 9. Fehl'. 1810<br />

56 Jena, 16. Sept. 1802 95 Schwarzen, 30. März 1810<br />

57 Berlin, 30. Okt. 1802 96 Schwarzen, 2. April 1810<br />

58 Berlin, 20. Nov. 1802 97 Schwarzen, 16./28. April 1810<br />

59 Berlin, 8. Dez. 1802 98 Schwarzen, 11. Mai 1810<br />

60 Jena, 27. Sept. 1805 99 Schwarzen, 26. Mai 1810<br />

61 Berlin, 6. Nov. 1803 100 Schwarzen, 9. Juli 1810<br />

62 Berlin, 11. Fehl'. IBM 101 Schwarzen, 25. Juli 1810<br />

65 Berlin, 22. März 1804- '102 Schwarzen, 26. Aug. 1810<br />

64- Reval, 6. Aug. 180+ 103 Schwarzen, 17. Jan.1811<br />

65 Berlin, 17. Sept. 180'1· 10+ Schwarzen, 1. März 1811<br />

66 Berlin, 18. März 1805 105 Schwarzen, 15./27. März 1811<br />

67 Berlin, 30. März 1805 106 Schwarzen, 18./50. April 1811<br />

68 Berlin, 9. April 1805 107 Schwarzen, 20. Mai 1811<br />

69 Reval, 26. Aug. 1805 108 Schwarzen, 28. Juni 1811<br />

70 Königsherg, 18. Okt. 1805 '109 Schwarzen, 1. Sept. 1811<br />

71 Königsberg, 11. Nov. 1805 110 Reval, 5. März 1812<br />

72 Königsberg, 27. Dez. 1805 111 Königsberg, 3./15. April 18140<br />

73 Königsherg, 28. J an. 1806 112 Königsherg, 11. April 18140<br />

12 Gedrucllt in Karl von Holtei, <strong>Dr</strong>eihundert <strong>Briefe</strong> aus zwei J alu'hunderten,<br />

Bel. 1, Teil 2, Hannover 1872, S. 122 f.<br />

i!<br />

jI


Q36 JÜRG MATHES<br />

113 Königsberg, 17. Juni 1814-<br />

114- Königsberg, 28. Juni 1814-<br />

1.15 Königsberg, 8. Juli 1814-<br />

116 Königsberg, 12. Juli 1814-<br />

117 Königsberg, 15. Juli 18H<br />

1.18 Königsberg, 2. Aug. 18H<br />

119 Königsberg, 1. Nov. 18H<br />

120 Königsberg, 22. Nov. 181 +<br />

121 Königsberg, 18. April 1815 10<br />

122 Königsberg, 7 . März 1816 13<br />

123 Mannheim, 22.lVIärz 1819 14<br />

Die Wiedergabe der Handschriften erfolgt diplomatisch mit folgenden<br />

Einschränkungen. Verschliffene Endungen sind ausgeschrieben, die<br />

Zeichen m und TI aufgelöst. Für die Buchstabenfolge ft ist, wie sich<br />

nach eingehender Beschäftigung ergeben hat, nicht fft zu lesen. Stereotype<br />

Schnörkel (etwa bei H für Herr, pe für pro centum oder bei Währungen)<br />

werden übergangen. Fehlendes Umlautzeichen ist ergänzt. Da<br />

in der Handschrift Groß- und Kleinschreibung (häufig bei Blb und<br />

D/d) nicht immer zu unterscheiden ist, wird in Zweifelsfällen zugunsten<br />

des heutigen Gebrauchs entschieden. Unberücksichtigt bleibt, daß<br />

Kotzebue statt der deutschen Schrift die lateinische bei lateinischen und<br />

französischen Wörtern und manchmal bei Städte-, Personen- und<br />

JVlonatsnanlen verwendet. Unterstrichene Worte sind im <strong>Dr</strong>uck gesperrt<br />

wiedergegeben. Varianten werden nicht verzeichnet, da nur<br />

einige, inhaltlich unbedeutende Verschreibungen vorkommen. Ergänzungen<br />

stehen in spitzen Klammern, Kürzungen bei der 'Wiedergabe<br />

der <strong>Briefe</strong> sind mit ... gekennzeichnet.<br />

Inhaltliche Gründe rechtfertigen eine Wiedergabe der <strong>Briefe</strong> in<br />

Auszügen. Rückfragen, Wiederholungen, Diskussionen um geringfügige<br />

verlagstechnische Einzelheiten können ebenso wie <strong>Dr</strong>uckfehlerlisten<br />

ausgelassen werden. Auch auf die Abschnitte über Geldangelegenheiten<br />

wird verzichtet, sofern sie allein Zahlungsweise und Geldverkehr<br />

regeln und nicht das Honorar, die eigentlichen Verlagsgeschäfte<br />

oder persönliche Wünsche betreffen. Übergangen werden ferner<br />

alle Buchbestellungen für Freunde. Auch Kotzebues eigene Buchbestellungen<br />

scheinen weithin entbehrlich, da sie fast ausschließlich<br />

unterhaltende J\;fodeliteratur umfassen. 15<br />

13 Gedruckt in Emil Kreisler, Kotzebue-<strong>Briefe</strong>, Euphorion 16, 1909, Ergänzungsheft<br />

8, S. 117 f.<br />

14 Gedruckt in Hinterlassene Papiere, S. 570 f. Wiederabgedruckt in Döring,<br />

S. 558 f. Faksimile des <strong>Briefe</strong>s im Katalog zur Ausstelhmg August von Kotzehue<br />

im lleiss-Museum Mamilieim, 11. November 1961 bis 15. Januar 1962, nach S. 56.<br />

15 Unter dem <strong>Dr</strong>uck des Tauschhandels waren die Verleger gezw"Lmgen, Barauslagen<br />

nach Möglichkeit zu vermeiden "Lmd die Honoraranspriiche ihrer Auto-<br />

AUS BRIEFEN KOTZEBUES AN SEINEN VERLEGER KUMMER Q37<br />

Von <strong>Kummer</strong>s Gegenbriefen sind bisher keine veröffentlicht worden.<br />

Die Einsicht in drei <strong>Briefe</strong> 16 ließ jedoch erkennen, daß über Kotze­<br />

bue hier keine neuen Auskünfte zu erwarten sind.<br />

vVährend weniger oft benutzte Literatur nur in den Anmerkungen<br />

angeführt ist, werden häufiger herangezogene vVerke abgekürzt zitiert;<br />

dabei bedeuten:<br />

Brachvogel = A. E. Brachvogel, Geschichte des Königlichen Theaters zu<br />

Berlin. 2 Bde Berlin 1877 f.<br />

Devrient = Eduard Devrient, Geschichte der deutschen Schauspielkunst.<br />

Neu-Ausgahe in2 Bden1905.<br />

Döring = Heinrich Döring, August von Kotzebue's Leben. Weimar 1830.<br />

<strong>Dr</strong>amen = August von Kotzebue, Theater. Rechtmäßige Original-Auflage.<br />

40 Bde Leipzig und Wien 184Of.<br />

Goldfriedrich = Friedrich Kapp und J ohann Goldfriedrich, Geschichte des<br />

Deutschen Buchhandels. 4- Bde Leipzig 1886-1913. (Bd. 1 von Friedrich<br />

Kapp, Bd. 2-+ von J ohann Goldfriedrich.)<br />

Hinterlassene Papiere = Aus August von Kotzebue's hinterlassenen Papieren.<br />

(Hrsg. von L. J. von Knorring.) Leipzig 1821.<br />

Katalog Meyer & Ernst = Hellmut Meyer & Ernst, Berlin, Katalog 35 zur<br />

Versteigerung am 9. Oktober 1933, Theodor Fontane, August von<br />

Kotzebue, Zwei deutsche Dichternachlässe sowie ausgewählte Autographen.<br />

Handschriftlicher Nachlaß Kotzebues S. 42-65.<br />

Köhler = Christoph Köhler, Effekt-<strong>Dr</strong>amaturgie in den Theaterstücken<br />

August von Kotzebues. Eine theaterwissenschaftliche Untersuchung.<br />

Diss. FU Berlin 1955.<br />

Müller = Werner Müller (Hrsg.), August von Kotzebue, Meine verschiedenen<br />

Bestimmungen im bürgerlichen Leben. In: J ahrh. der Sammlung<br />

llippenberg,Bd.2, 1922,S. 171-213.<br />

Prosa = August's von Kotzehue ausgewählte prosaische Schriften. 45 Bde<br />

Wien 184-2f.<br />

ren mit Freiexemplaren und eingetauschten Büchern zu erfüllen; auch Kotzehue<br />

bezieht anfangs das Honorar teilweise in Büchern. Vgl. August Schürmal1ll, Die<br />

llechtsverhältnisse der Autoren und Verleger sachlich-historisch, Halle 1889,<br />

S. 98 f.<br />

16 <strong>Briefe</strong> aus Leipzig vom 15. Juli 1815, 4. April 1818 und 18. Januar 1819.<br />

Der Inhalt dieser <strong>Briefe</strong> ist stichwortartig wiedergegeben in Katalog Meyer<br />

& Ernst, S.54, Nr. 531. Die Handschriften hefinden sich heute im Privathesitz<br />

von Herhert Adam, Berlin. Für die Uherlassung von Kopien schulde ich Herrn<br />

Adam hesonderen Dank. - Auf <strong>Kummer</strong>s Verlags entwurf vom 23. September 1804-<br />

(Katalog a.a.O.; heute gleichfalls Privathesitz Adam) wird unten auf S. 291 ein­<br />

gegangen.


238 JÜRG MATHES<br />

Rosen = ElisabeLh Rosen, Rückblicke auf die Pflege der Schauspielkunst in<br />

Reval. Festschrift zur Eröffnung des neuen Theaters in Reval im September<br />

1910, hrsg. vom Revaler Deutschen Theaterverein.<br />

Stenger = Gerhard Stenger, Goethe und August von Kotzelme. Breslau<br />

1910. (Breslauer Beiträge zur Literaturgeschichte, hrsg. von Max Koch<br />

und Gregor Sarrazin, Heft 22 = Heft 12 N. F.)<br />

Teichmann = Johann Valentin Teichmanns Literarischer Nachlaß, hrsg.<br />

von Franz Dingelstedt. Stuttgart 1863. .<br />

Urtheile = August von Kotzebue. Urtheile der Zeitgenossen und der Gegenwart.<br />

Zusammengestellt von Wilhelm von Kotzebue. <strong>Dr</strong>esden 1881.<br />

Weisker = Hans-Jürgen Weisker, Das wirtschaftliche Verhältnis zwischen<br />

Autor und Theater. 1790-1857. Diss. München 1931.<br />

Wlassack = Eduard Wlassack, Chronik des k. k. Hof-Burgtheaters. Zu dessen<br />

Säcular-Feier im Februar 1876. Wien 1876.<br />

Einleitung<br />

Paul Gotthelf <strong>Kummer</strong> (1750-1835) zählt nicht zu den großen Verlegern<br />

der Goethezeit; seine Bedeutung liegt auf einem anderen Gebiet:<br />

er hat sich um die Entfaltung des deutschen Buchhandels verdient<br />

gemacht. Mit einem Blick für das Pralüisch-Organisatorische verwirklicht<br />

er 1792 die Anregung des Verlegers Göschen, den - von Leipzig<br />

aus gesehen - auswärtigen Buchhändlern ein allen gemeinsames Abrechnungslokal<br />

während der Ostermesse zur Verfügung zu stellenY<br />

Später setzt er sich für die Schaffung einer umfassenden Vertretung<br />

aller Buchhändler ein, die deren Interessen vor allem gegenüber der<br />

Sächsischen Bücherkommission wahrnehmen SOll.18 1811 zu einem der<br />

drei »Deputirten des Buchhandels zu Leipzig« 19 gewählt, führt er hier<br />

den Vorsitz bis zum Jahr 1853. Die noch kleine Standesvertretung gibt<br />

später einen ersten Anstoß zur Gründung des »Börsenvereins des deut-<br />

17 Georg Joachirn Göschen (1752--1828). Vgl. F. Herrn. Meyer, Der deutsche<br />

Buchhandel gegen Ende des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts. In: Archiv<br />

für Geschichte des Deutschen Buchhandels, Bd. VII, Leipzig 1882, S. 199-249,<br />

bes. S. 215-218, ferner Goldfriedrich, Bd. 5, S. 225-225.<br />

16 Vgl. F. HermmID Meyer, Mittheilungen zur inneren Geschichte des Deutschen<br />

Buchhandels von 1811-1848. In: Archiv für Geschichte des Deutschen<br />

Buchhanclels, Bd. VIII, Leipzig 1885, S. 164-285, bes. S. 165-167 u. 170 f.<br />

19 Meyer, Mittheilungen zur inneren Geschichte, S. 170.<br />

AUS BRIEFEN KOTZEBUES AN SEINEN VERLEGER KUMMER 239<br />

schen Buchhandels«, dessen die Konstituierung vorbereitende Konfe­<br />

renz 1824 bei <strong>Kummer</strong> abgehalten wird. 20<br />

Kotzebues <strong>Briefe</strong> an <strong>Kummer</strong> gelten vorwiegend dem Verlagsgeschäft<br />

und den Honorarvereinbarungen. Darüber hinaus kommt in<br />

ihnen eine persönliche Verbundenheit zum Ausdruck, der <strong>Kummer</strong> in<br />

dem bereits erwähnten >Vorwort< gedenkt: »In allen diesen Mittheilungen,<br />

in welchen sich gerade nicht immer U ebereinstimmung der<br />

Ansichten, Urtheile und Meinungen aussprach, bewährte sich doch<br />

immer die Freundschaft zwischen zwei Männern, die sich gegenseitig<br />

schätzten. Stets blieb Kotzebue mein Freund; ich der seinige.« 21<br />

Diese Verbundenheit geht über herzliche Anreden und persönliche<br />

Nachrichten hinaus und äußert sich in zweifacher Form. Einmal richtet<br />

Kotzebue sehr oft Bitten um Bestellungen und Besorgungen verschiedenster<br />

Art an <strong>Kummer</strong>, die dieser bereitwillig erledigt. Es ist<br />

dabei gleichgültig, ob es sich um Zalllungsanweisungen, Einkassieren<br />

von Wechseln, Nachtlichter, Möbel-, Stoff- oder Buchbestellungen<br />

handelt oder um ein paar Flaschen Malaga, die rechtzeitig zum Geburtstag<br />

von Kotzebues Mutter nach vVeimar zu senden sind. Zum<br />

anderen hält Kotzebue bis zu seinem Tod an der einmal aufgenommenen<br />

Verbindung fest, und so wird <strong>Kummer</strong> sein weitaus wichtig­<br />

ster Verleger.<br />

Die <strong>Briefe</strong> begleiten seit 1786 Kotzebues Leben, so daß im folgenden<br />

ständig biographische Einzelheiten zu berücksichtigen sind. Immer<br />

unterrichtet er zuerst <strong>Kummer</strong> von seinen neuen Plänen und bietet<br />

ihm den Verlag an. Erst dann, wenn <strong>Kummer</strong> abgelehnt hat oder allzu<br />

schlecht zahlt, sucht er einen anderen Verleger. Daß es in der Frage<br />

des Honorars häufiger Meinungsverschiedenheiten gibt, ist unausweichlich.<br />

Um sie einzuschränken, kommt Kotzebue oft genug <strong>Kummer</strong><br />

aus Freundschaft entgegen und erklärt sich mit einem geringeren<br />

Honorar einverstanden. Auf der anderen Seite trägt <strong>Kummer</strong> dazu bei,<br />

daß Streitigkeiten entstehen, wenn er - manchmal ungerechtfertigt -<br />

klagt oder ein neues Unternehmen abschlägt, weil er das Risiko scheut.<br />

Immer wieder muß Kotzebue auf seine Erfolge hinweisen, um <strong>Kummer</strong><br />

zu überzeugen und für sich zu gewinnen. Es ist bezeichnend, daß<br />

<strong>Kummer</strong>, um nur ein Beispiel zu nennen, das Schauspiel >Menschen-<br />

20 Vgl. Meyer, Mittheilungen zur inneren Geschichte, S. 185 u. 198-205.<br />

21 ,Neue Schauspiele


240 JÜRG MATHES<br />

haß und Reue< nicht verlegen will, weil Kotzebue bisher nur als Erzähler<br />

hervorgetreten ist.<br />

<strong>Kummer</strong> ist stets ein vorsichtiger und sparsamer Verleger , und<br />

Kotzebue bezieht trotz der verwirrenden Vielfalt und des beträcht­<br />

lichen Umfangs seines Werkes keine übermäßigen Einnahmen aus der<br />

schriftstellerischen Tätigkeit. Von dem Honorar, das ihm die Bühnen<br />

für die Aufführungen und <strong>Kummer</strong> für den Verlag zahlen, können er<br />

und seine zahlreiche Familie allein nicht leben, wenn es auch eine spür­<br />

bare Erleichterung ist. Sein Auskommen findet er im russischen Staatsdienst,<br />

und Ende des Jahres 1818, wenige Monate vor seinem Tod, kann<br />

er auf eine 37jährige Dienstzeit zurückblicken.<br />

Aus den <strong>Briefe</strong>n<br />

In dem ersten erhaltenen Brief 22 an <strong>Kummer</strong> schreibt der fünfundzwanzigj<br />

ährige Kotzebue:<br />

Hochzuverehrender Herr!<br />

I<br />

Reval, den 28. Oktober 1786.<br />

Ihre erste und zweite Sendung habe ich richtig erhalten und bin<br />

damit vollkommen zufrieden. Der dritten sehe ich anjetzo täglich entgegen.<br />

Sie erhalten heute einen Wechsel von 381 Thaler Hamburger<br />

Courant. Unsere Rechnung wird damit nicht allein getilgt, sondern ich<br />

hoffe, daß auch noch Überschuß bleiben wird. Ich habe, weil jetzt der<br />

C01Irs gut ist, mehr gesandt als näthig war. Beykom.mend erhalten Sie<br />

einen Theil des Buches, welches die hiesige Buchhandlung zu kii.nftig·er<br />

Ostermesse verlegen wird. 23 Das fehlende sende ich in einigen ",Vochen<br />

nach. Seyn Sie so gütig, es in der Ordnung abdrucken zu lassen, wie ich<br />

es hier gelegt habe, und zwar Format und <strong>Dr</strong>uck so wie von IVfeißners<br />

Skizzen, neueste Ausgabe. 24 Die Auflage soll seyn von 1000 Exemplaren<br />

22 Gedruckt im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, 27. Mai 1926,<br />

Nr. 120, S. 675 f.<br />

23 Erster Band der ,Kleinen gesammelten Schriften


252 JÜRG MATHES<br />

teidigung Johann Georg Zimmermanns 71 jenes berühmt-berüchtigte<br />

Pasquill >Doctor Bahrdt mit der eisernen Stirn<strong>Dr</strong>. Bahrdt<<br />

besteht ein gutes Einvernehmen mit <strong>Kummer</strong>:<br />

Weimar, d. 28ten 8br.1790.<br />

Hochgeehrter Herr!<br />

Für die überschickten Bücher, und das Messer, dancke ich ergebenst.<br />

Das Bewuste erwarte ich nunmehr mit Verlangen. Beyliegende Noten<br />

bitte ich an H. Rost nebst meiner ergebensten Empfehlung und Danck<br />

zurückzugeben. Die Meisten davon habe ich behalten, welches ungefähr<br />

eine Su=e von 8 rho ausmachen wird, die Sie gütigst für mich bezahlen<br />

werden. Ferner nehme ich mir die Freyheit Sie zu bitten, mir bey<br />

H. Christian Teich 4· Pfund Nachtlichter zu bestellen, wovon nur 16 auf<br />

ein Pfund gehen, ferner 4· Pfund zu 24 auf 1 '8;. Meine Frau, die sich<br />

Ihnen ergebenst empfiehlt, bittet um wollen Garn nach beyliegender<br />

Probe für 1/2 Thaler, und ich ersuche Sie mir von dem besten schwarz<br />

atlaßnen Hosenzeug zu einem Paar Beinkleider zu überschicken.<br />

Fast schäme ich nrich Sie mit allen diesen Kumpereyen zu incommodiren<br />

aber Sie sind selbst SChuld daran, da Sie so gütig gewesen, mir die<br />

Erlaubniß zu ertheilen. Von Büchern bitte ich noch um die neuen Confessions<br />

de Rousseau, wovon in der neusten Litteratur Zeitung eine Ausgabe<br />

in 5 Bänden angekündigt worden.73 Schulz <strong>Briefe</strong> über Paris. 74<br />

Noch 1 Lauenburger Kalender.75 Die Fortsetzung von Schinks <strong>Dr</strong>ama-<br />

71 Kotzebue nennt als Feinde, mit denen Zi=ermann in erbitterter literarischer<br />

Fehde lag: das Haupt der Berliner Aufklärung Friedrich Nicolai (1755<br />

bis 1811), die Herausgeber der >Berlinischen Monatsschrift< Johann Erich Biester<br />

(174·9-1816) und Friedrich Gedike (1754'-1805), den Romanschriftsteller Theodor<br />

Gottlieb von Hippel (174.1-1796), Adolf von Knigge (1752-1796), den Theologen<br />

Friedrich Bahrdt (1741-1792) und den Offizier und Schriftsteller J almb Mauvillon<br />

(1745-1794·).<br />

72 ,Doctor Balrrdt mit der eisernen StiJ:n, oder Die deutsche Union gegen Zimmermann.<br />

Ein Schauspiel in vier Aufzügen, von Freyherrn von Knigge.< O. O.<br />

(Henning in Grätz) 1790. Die Titelvignette stach der Weimarer Kupferstecher<br />

J ohann Heimich Lips.<br />

73 Intelligenzhlatt der Allgemeinen LitteraI:LIT-Zeihmg, Nr. 115, 1790, Sp. 952.<br />

74 Friedrich Schulz (1762-1798), zunächst Schauspieler, dann RomansclrriftsteIler.<br />

Die ,<strong>Briefe</strong> aus Paris< sind in Bertuchs ,Journal des Luxus lmd der<br />

Moden


256 JÜRG MATHES<br />

Musäus Leben ist nicht bey dem Manuscript, sondern muß aus dem_<br />

Merkur abgedruckt werden. 91 Auch in den kleinen Schriften wünschte<br />

, ich, daß es noch einmal erschiene. 92 Es sind ja nur 11/2 Bogen. -<br />

In der zweiten Hälfte des Jahres 1791 weiten sich die Ereignisse um<br />

den Verfasser des ><strong>Dr</strong>. Bahrdt< zu einem Skandal aus, der für Kotzebue<br />

gefährliche Ausmaße annimmt. Den ersten gerichtlichen Nachfor­<br />

schungen hatte er sich dadurch entzogen, daß er den Verdacht auf<br />

andere lenkt. 93 Als aber im russischen lVIitau ein Gerichtsverfahren<br />

gegen ihn anhängig wird,94 unternimmt er, im russischen Staatsdienst<br />

stehend, eilig eine Bittreise an den Zarenhof zu Petersburg. 95 Am<br />

17. Januar 1792 verfügt Katharina H. die Einstellung der gericht­<br />

lichen Untersuchung 96 und gewährt ihm persönlichen Schutz. Von wei­<br />

teren Unannehmlichkeiten blieb Kotzebue zwar dadurch verschont;<br />

sein Ruf als treuer Staatsdiener aber hatte offensichtlich so sehr gelit­<br />

ten, daß er die Loyalität zu der Zarin unter neuen unmißverständlichen<br />

Beweis stellen muß.97 Er benutzt dazu sein Buch >Vom Adel


258 JÜRG MATHES<br />

Das Mißtrauen der Zarin - so zeigt der Brief - ist noch nicht ganz ge­<br />

schwunden. <strong>Kummer</strong> trägt allen Änderungen Rechnung/os und das<br />

Buch verfehlt mit seinen Lobreden nicht die beabsichtigte Wirkung.104<br />

Nach dem Wirbel um ><strong>Dr</strong>. Bahrdt< lebt Kotzebue zurückgezogen in<br />

Reval und sorgt dafür, daß sein literarischer Ruhm nicht weiter verblaßt.<br />

Hochgeschäzter Herr,<br />

Reval, d. 18ten J uny 1793.<br />

So eben komme ich vom Lande zurück, und finde mit Betrübniß, daß<br />

weder die Kin der me i n e r Lau n e noch Der s c h a w ins Gedichte<br />

105 hier angekommen sind. Da die Messe nun schon so lange vorbey<br />

ist, so kann ich nicht begreifen, woher dieser Verzug kömmt? ich<br />

warte mit Ungeduld besonders auf die Gedichte. Das Oelgemählde wonach<br />

der Kupferstich gemacht worden,106 haben Sie hoffentlich wohl<br />

eingepackt wiederum beygelegt. Ich wünschte sehr, daß Sie mir günstig<br />

klingende Recension von diesen Gedichten in die Hamburger Zeitung<br />

setzen liessen, welche, glaube ich, einen Ducaten 107 kostet. Sie können<br />

leicht dencken daß ich das nicht um meinetwillen wünsche, denn mir<br />

ist es sehr gleichgültig; aber ich wünschte es um Derschawin willen,<br />

dem das eine grosse Freude machen würde. Sie könnte ungefähr so lauten:<br />

»Ds Gedichte aus dem Russischen von A. v. K. Leipz. bey K. u.s.w.<br />

Wir sind dem H. v. K. vielen Danck schuldig, daß er uns mit einem<br />

Dichter bekannt gemacht hat, der den hohen Flug der morgenländischen<br />

Berliner Nachdrucker, was auch Kotzebue erfahren hatte, vgl. Anm.69. Auch<br />

Goethe hatte seinen Arger mit ihm, vgl. Dichtung und Wahrheit, 16. Buch.<br />

103 Das Buch erscheint ohne Widmung.<br />

104 Kotzebue gibt an, "daß ich nur einmal in meinem Leben andern Leuten<br />

zu gefallen, ein Buch geschrieben: es war das Wer k vom Ade I«. ,Literarischer<br />

Lebenslauf


262 JÜRG MATHES<br />

aufgemuntert, habe ich auch in diesem Frühjahr wieder ein neues Stück<br />

in 3 Acten vollendet, B ü l' ger s t 0 I z und Ade I sinn, 123 ferner ein<br />

Stück in 1 Act Der Mann von +0 Jahren.124 Von beyden werde<br />

ich Ihnen Abschriften zusenden, sobald sie fertig sind, um alsdann damit<br />

zu verfahren wie mit Benjowsky. Auf diese Weise hoffe ich mir bald bey<br />

Ihnen eine Ideine Casse zu machen, und Ihnen alsdann nicht beschwel:lich<br />

zu fallen. Ein grosses Stück in 5 Acten Roll asT 0 d 125 ist auch<br />

schon beynahe halb fertig (denn ich habe einige Monate auf dem Lande<br />

in der angenehmsten Ruhe und Einsamkeit gelebt) 126 meine Freunde<br />

schmeicheln mir, daß Alles recht gut gerathen sey, und so hoffe ich,<br />

trotz aller Feinde und Recensionen, meinem gesunckenen Ruf nach und<br />

nach wieder aufzuhelfen, denn das Theater bleibt doch immer mein<br />

eigentliches Fach. Alle diese Stücke könnten zukünftige Ostern gedruckt<br />

werden, und mir ist eingefallen, ob wir nicht wohlthun würden, eine<br />

vollständige Ausgabe meiner sämmtlichen dramatischen Wercke zu veranstalten?<br />

und zwar so, daß in jedem Bande immer nur Ein altes und<br />

zwey neue Stüel,e erscheinen. Zum Beyspiel, wir gäben auf Ostern die<br />

drey ersten Bände in folgender Ordnung: 1 s tel' Ban d. Graf Benjowsky.<br />

Menschenhaß und Reue (verbessert) 127 und die edle Lüge. 2t e l'<br />

Ban d. Sonnenjungfrau. Rollas Tod. Der Mann von 40 Jahren. 3 l'<br />

Band. Biirgerstolz u. Adelsinn. Das Kind der Liehe, (oder irgend ein<br />

anderes altes Stück) und Schaell Wampun. So könnte man denn von<br />

Jahr zu Jahr fortfahren, u. die alten Stücke würde ich alle aufs neue<br />

durchsehen und verbessern. Finden Sie das aber niellt vortheilhaft, nun<br />

in Berlin aufgeführt würde. In dem Antwortschreiben, datiert Berlin, den<br />

14. Julius 1794, heißt es, daß wegen voraussichtlichen Ungelegenheiten von seiten<br />

der Zensur oder Polizei von einer Auffühnmg ahgesehen wurde. Brachvogel,<br />

Bd. 2, S. 34·9. Hier zeigt sich, welche Schwierigkeiten die Zensur zu jener Zeit allgemein<br />

bereitete. In Wien konnte ,Benjowsky< wegen der hesonders strengen Zensur<br />

zum erstenmal am 16. Jlmi 1830 aufgeführt werden. Wlassack, S. 182.<br />

123 Es erscheint unter dem Titel ,Armuth lmd Edelsinn< in Leipzig 1795.<br />

124 Erscheint 1795 in Leipzig.<br />

125 ,Die Spanier in Peru oder Rolla's Tod. Romantisches Trauerspiel in fünf<br />

Akten.< Leipzig 1796.<br />

126 Sein Gut FriedenthaI bei Jewe.<br />

127 Hier ist nicht die zweite Fassung von ,lVlenschenhaß und Reue< gemeint,<br />

die lUn 1819 entsteht. vVie Kotzehue allgemein zur Frage einer üherarbeitung<br />

steht, veranschaulicht eine Briefstelle : »Daß Lessing 7 Jahre an Emilia Galotti<br />

gearbeitet hahe, kann unmöglich wahr seyn, sie hat vielleicht 7 Jalrr in seinem Pult<br />

gelegen, und er hat alle 6 Monat einmal ein paar Stunden daran gearbeitet. VVas<br />

im ersten Feuer nichts taugt, das taugt auch nach 7 J alu'en nichts. Feilen muß<br />

man, aher nicht ängstlich überfeilen.« Kotzebue an seine Mutter, vermutlich März<br />

1790, zitiert nach Köhler, S. 52.<br />

AUS BRIEFEN KOTZEBUES AN SEINEN VERLEGER KUMMER 265<br />

so druelcen wir sie einzeln. - Ich hoffe nunmehro, daß Sie mir hald wieder<br />

unsere Abreellnllllg senden werden, da die Messe schon lange vorbey<br />

ist. Ich wünsche sehnliell Ihnen bald nichts mehr schuldig zu seyn, weil<br />

es mir ungemein drückend ist, Ihnen beschwerlich zu fallen. - ... (Folgt<br />

Buchbestellung für einen Bekannten.)<br />

Ich für meinen Theil wünsellte die allgemeine Welthistorie von<br />

Guthry und Grey in Pappband gehunden mit rothem Titel, vollständig<br />

zu besitzen,128 doch nur unter der Bedingung, daß es Ihnen keine haare<br />

Auslagen, und überhaupt keine Beschwerden verursacht. Gleiellfalls<br />

bitte ich um 1/2 Dutzend rohe ungeschnittene Pfeifenköpfe, von guter<br />

reiner Masse mit dicken Boden und kleinen Löchern. - Die Nachtlichtel'<br />

sind hoffentlich unterwegens. Ich bin und verbleibe wie immer<br />

Ihr ergebenster Diener Kotzehue.<br />

Als Folge der Affäre um ><strong>Dr</strong>. Bahrdt< hat Kotzebues Popularität nach­<br />

gelassen, und der Umsatz im Verlagsgeschäft stagniert; <strong>Kummer</strong>, auf<br />

den Kotzebue allein schon wegen der abgeschiedenen Lage Revals ver­<br />

mehrt angewiesen ist, leistet Zalllungen nur mit Unwillen. Auch<br />

kommt ihm der Plan einer Gesamtausgabe ungelegen, mit der sich<br />

Kotzebue in neuem Gewande präsentieren könnte. 129 Die Schuld an der<br />

mißlichen Lage gibt Kotzebue den Rezensenten. Empfindlich gewor­<br />

den gegen alles, was seine Ehre antasten könnte, sind ihm die scharfen<br />

Urteile der >Allgemeinen Literatur-Zeitung< ein Dorn im Auge. Den<br />

Rezensenten zum Trotz erhofft er sich von neuen <strong>Dr</strong>amen neuen<br />

Ruhm. Da er bereits zuviel VorschuB erhalten hat, kann er dabei nicht<br />

auf neue Einnahmen rechnen.<br />

Vom Lande, d. 20sten Septbr. 1793.<br />

Hochgeehrter Herr,<br />

Ich hahe Ihren Brief, sammt unserer Abrechnung empfangen, und<br />

hin freylich nicht wenig erstaunt, daß iell noch immer ehen so tief in<br />

Ihrer Schuld hleihe als voriges Jahr. Sie machen mir zwar Hoffnung,<br />

daß wir künftiges Jahr ins Reine seyn würden, wenn ich Sie mit allem<br />

baaren Vorschuß versellOnte; aber diese nemlielle Hoffnung machten<br />

Sie mir auch voriges Jahr, da doch die Reellllung auf keinen Fall getilgt<br />

128 ,Allgemeine Weltgeschichte von der Schöpfung an bis auf gegenwärtige<br />

Zeit; ausgefertigt von Wilh. Guthrie, Joh. Gray und anderen.< 17 Bde, Leipzig<br />

1765-1808. Die Vorrede zu der deutschen übersetzung st=t von dem Philologen<br />

und Theologen J ohann August Ernesti (1707-1781).<br />

129 Zum erstenmal erscheint eine fÜllfbändige Ausgahe der gesammelten<br />

,Schauspiele< in Leipzig 1797.


266 JÜRG MATHES<br />

Opitz darf für jedes Stück nicht weniger als 6 Louisdor zahlen.140<br />

Engel schreiben Sie nichts vor. 141 Mit Dalberg haben Sie ganz Recht<br />

gehandelt. 142 - VVegen der Herausgabe meiner sämmtlichen Schauspiele<br />

überlasse ich es Ihrem Gutdüncken. Nur wii.nsche ich, wenn es dazu<br />

kommt, daß meine Stücke doch eben so gut gedruckt werden mögten, als<br />

Ifflands seine bey GÖschen. 143 Sie vernachlässigen würcklich das Äussere<br />

ein wenig zu sehr. So ist z. B. die Vignette zu Kindern der Laune<br />

sehr schlecht gestochen,144 und das Papier sehr schwarz.<br />

J ezt habe ich Ihnen noch einen Vorschlag zu thun. Es haben sich drey<br />

Gelehrte von vielem Geschmack und Kenntnissen mit mir verbunden,<br />

ein Wörter buch der Ge s chich te heraus zu geben, welches nach<br />

den besten Geschichtschreibern bearbeitet werden so11.145 ...<br />

Ich bin wie immer Ihr ergebenster Kotzebue.<br />

Bemerkenswerter als die Zurücknahme der Bestellungen ist die Ankündigung<br />

der Erklärung >An das Publikum<strong>Dr</strong>. Bahrdt< zu ziehen, entschließt sich Kotzebue,<br />

für sein grob zweideutiges Produkt öffentliche Abbitte zu leisten,<br />

nicht ohne >sein Publikum< zu hofieren, das er zum höchsten Richter<br />

140 Opitz vgL Anm. 121. 6 Louisdor gleich 50 Taler.<br />

141 Das Berliner Theater zahlte trotz seiner nicht besonders günstigen Finanzlage<br />

,mter Engels Leitung im allgemeinen gute Honorare, die für Kotzebues<br />

Stücke zwischen 70 und 110 Talern schwan1,ten. VgL Teichmann, S. 4,57 f.<br />

142 vVie aus der zu Anm. 118 gehörenden Briefstelle ersichtlich ist, zahlte Dalberg<br />

nur zögernd Honorar. Ein solcher Vorfall könnte sich wiederholt hahen. Seit<br />

etwa 1799 galt zwischen Dalberg und Kotzbue die Vereinbarung, auf Grund von<br />

Kriegsunruhen ,md Ifflands Weggang im Jalne 1796 das Honorar von 10 Karolin<br />

auf 10 Dukaten gleich 55 Taler zu ermäßigen. Vgl. Armas Sten Fühler, a.a.O.<br />

S.62.<br />

143 Georg Joachlln Göschen (1752-1828), gründete 1785 seine berühmte Verlagsbuchllandlung<br />

in Leipzig. In den Jahren 1791 bis 1795 erschienen von Iffland<br />

,Die Kokarden


268 JÜRG MATHES<br />

gleich nach \/Vien unter der Addresse des H. v. Alxinger.152 Doch vorher<br />

lassen Sie zwey Abschriften davon nehmen, Eine für sich, wenn es einst<br />

gedruckt werden soll, die Sie so lange verwahren, u. Eine für meine<br />

Mutter. Eben so halten Sie es mit allen künftigen Mscpten. - Meine<br />

Schauspiele sollen Alle gedruckt werden, aber nicht eher, als bis sie<br />

lange genug als Mscpt circulirt haben. - ...<br />

Über den Bescheid seines Verlegers, daß er weiteren VorschuB nicht<br />

gewähren könne, setzt sich Kotzebue auf folgende Weise hinweg (Brief<br />

aus Jewe vom 5. Juni 1796):<br />

Ich habe in Erlangen eine sehr nothwendige Zahlung von 600 Gulden<br />

zu machen, das wären also 400 rho Ich hoffe, daß das honorarium<br />

für den 5ten Band der Launen 153 u. für die Verläumder,15'! sammt<br />

obigen Rest von 120 rh. 155 hinreichen werden, diese Sunmle zu bestreiten.<br />

Sollte das aber auch nicht ganz der Fall seyn, so bitte ich Sie doch<br />

recht dringend, das etwa noch Fehlende einstweilen vorzuschiessen. Sie<br />

können dabey auf keine Weise in Gefahr kommen, etwas zu verlieren,<br />

denn selbst wenn meine Kräncklichkeit etwa zunehmen, u. ich sterben<br />

sollte, sind Sie durch sec h s noch ungedruckte Schauspiele hinlänglich<br />

gedeckt, deren Verlag Ihnen meine Erben auf keine VVeise streitig<br />

machen würden. Die gewisse u. baldige Zahlung nach Erlangen liegt<br />

mir so sehr am Herzen, daß ich meine Bitte nicht dringend genug wiederholen<br />

kann. Sie erzeigen mir dadurch eine ausnehmende Gefälligkeit,<br />

die mir bey meiner jetzigen hypochondrischen Gemüthsverfassung<br />

zu keinem geringen Troste gereichen wird. Ich habe das Zutrauen zu<br />

das Stück mit einer Ehe zu dritt endet, fällt es in Wien der Zensur zum Opfer.<br />

ZO Jahre später überarbeitet Kotzebue den Schluß, der nun den >tragischen< Selbstmord<br />

einer der beiden Frauen fordert. Vgl. >VorberichtAllgemeinen Literatur-Zeitung< zu. Kotzebues Zorn,<br />

der auf Grund seiner hypochondrischen Gemütsverfassung und der da­<br />

mit verbundenen Gereiztheit leicht hervorzurufen war, entlädt sich<br />

ohne Unterschied über Gerechten und Ungerechten in einer Schrift,<br />

deren Vollendung er seinem Verleger in einem Brief aus Reval vom<br />

8. November 1796 anzeigt:<br />

156 Alle erscheinen 1798 in Leipzig.<br />

157 Die gute Aufnahme des Stücks in Hamburg teilt Schröder in dem Brief vom<br />

15. November 1795 an Kotzebue mit, vgl. Köhler, S. 11.5.<br />

158 In einem Brief Kotzebues an seine Mutter vom 5. Oktober 1795 heißt es:<br />

"Ein neues Schauspiel Falsche Schaam ist wieder von meiner <strong>Dr</strong>ehscheibe gelaufen.<br />

Es ist so moralisch, dass ich begierig bin zu sehen, wie die Recensenten es<br />

anfangen werden, ihren ewigen Vorwurf der Unmoralität abermals geltend zu<br />

machen.« Zitiert nach Köhler, S. 115.<br />

159 Auch über dieses Stück äußert sich Schröder sehr zusti=end: »Brav, mein<br />

Freund! das ist wieder Waare für ganz Deutschland.« Brief an Kotzebue vom<br />

17. Juni 1796, zitiert nach Köhler, S. 118.<br />

166 Etwa 610 Taler.<br />

101 Gemeint ist das kleine So=ertheater, das Kotzebue auf einer künstlichen<br />

Insel in der Nähe seines Landsitzes Friedenthal erbauen ließ, vgl. Rosen, S. 128.


270 JÜRG MATI-IES<br />

Überdieß habe ich Fragmente üb er Rec ens en ten U nfu g, ei ne<br />

Bey lage zur Li t e r a tu r Z e i tu ng 162 geschrieben, die wenigstens<br />

12 Bogen betragen mögten, und von denen ich mit ziemlicher Gewißheit<br />

zu prophezeyen mich getraue daß sie starck werden gelesen werden.<br />

Ich hatte sie auch mit für die Lau n e n bestimmt, aber es ist mir nachher<br />

beygefallen, daß es noch besser wäre, wenn diese Fragmente in dem<br />

nemlichen Format mit den nemlichen Lettern wie die Lit. Zeitung gedruckt,<br />

und in eben einem solchen blauen Umschlag ausgegeben würden.<br />

Ich glaube, Sie könnten eine ziemlich starclce Auflage davon machen.<br />

Scllreiben Sie mir darüber Ihre Meynung. Wenn sie der meinigen beystimmt,<br />

so werde ich noch für einige andere kleine Aufsätze sorgen, um<br />

den 6ten Band der Launen zu füllen, daß er wenigstens 20 Bogen betrage.<br />

Mit kleinlicher Selbstgefälligkeit sammelt Kotzebue >Proben von<br />

AlbernheitenKritteleyenGeringschätzung< und> Widersprüche


282 JÜRG MATHES<br />

ken; Ankunft in Petersburg; VViedervereinigung mit meiner Familie;<br />

rührende Begebenheiten meiner Frau während meiner Abwesenheit;<br />

Grosses Benehmen des Kaysers gegen mich; meine Anstellung als Director<br />

des Hoftheaters wieder meinen Willen; Erste höchst merckwürdige<br />

Unterredung mit dem Kayser; politisches Geschäft welches er mir auftrug;212<br />

Schilderung von Petersburg unter Pauls Regierung; sein sehr<br />

freundliches Benehmen gegen mich; Auftrag von ihm seinen neuen Pallast<br />

zu beschreiben; Beschreihung dieses Pallastes in dem ich wie zu<br />

I-lause war; Pauls plözlicher Tod, so viel sich jezt davon sagen läßt;<br />

edles Benehmen des jungen Kaysers gegen mich; mein Abschied. Ausserdem<br />

kommen noch sehr intressante Geschichten u. Anecdoten von Verwiesenen<br />

u. vom vorigen u. jetzigen Kayser vor. Ich darf ohne Eitelkeit<br />

sagen, daß das Ganze höchst intressant seyn wird, u. daß ich fest überzeugt<br />

bin, Sie können 5 bis 6000 Exemplare davon absetzen. Die Erste<br />

Hälfte des Buchs ist in Sihirien seIhst geschriehen,213 u. erhält dadurch<br />

einen noch höheren Reiz. Meine Bedingungen sind: für die Erlaubniß<br />

5 oder 6000 Expl. auf eine seIhst beliehige Art zu drucken, ein Honorar<br />

von 2000 Thaler, die Hälfte zu Weyhnachten, die andere Hälfte zu<br />

Ostern zahlhar. Sollten mehrere Auflagen nothwendig werden, jedes­<br />

Inal2 Louisdor 214 für den Bogen.<br />

20 Frey-Exemplare. Da das Buch in politischer u. statistischer Hinsicht<br />

merckwürdig, u. so intressant als kein Roman seyn wird, so hin ich<br />

überzeugt, nicht zu viel zu fodern, u. erbitte mir Ihre recht haldige Antwort<br />

nach Berlin, abzugehen unter den Linden hey dem Zahn Arzt<br />

Serre, neben der Sonne. Ich hitte aber mir gleich recht hestimmt mit Ja<br />

oder Nein zu antworten.<br />

Melden Sie mir auch gütigst, wann eher, Gustav, Bayard u. Octavia<br />

gedruckt erscheinen, weil ich zu allen dreyen Dedicationen liefern<br />

Will,215 u. von allen dreyen einige Exemplare auf Velin Papier zu hahen<br />

wünsche. Auf der Michaelis Messe hoffe ich Sie zu umarmen.<br />

Der Ihrigste Kotzehue.<br />

Ihre Sache gegen Sprewitz 216 habe ich guten Händen anvertraut.<br />

Mein Buch ist fast ganz fertig, u. der Anfang mit dem <strong>Dr</strong>uck könnte<br />

sogleich gemacht werden.<br />

212 Die ühersetzung einer ,Ausforderung zu einem Turnier an die Souveräns<br />

von Europa und ilu'e Minister


286 JÜRG lVIATHES<br />

einer Nlanuskriptübersendung wendet er sich mit dieser Bitte auch an<br />

<strong>Kummer</strong>. 225<br />

Jena d. 22sten July 1802.<br />

Ich sende Ihnen die grosse Hälfte des Manuscripts zum Almanach. 226<br />

Überschlagen Sie ungefähr, wie viele Bogen es ausmacht, und wie viele<br />

noch zu liefern sind? Ich wünsche daß Sie das Format nicht sehr klein<br />

nehmen, sondern wenigstens so wie die Schillersche Jungfrau; 227 doch<br />

muß der <strong>Dr</strong>uck nicht eng u. ängstlich seyn, der in der Ersten Edition<br />

meines merckwürdigsten Jahres ist sehr bequem. Auch die Kupfer 228<br />

gewinnen, wie das Format ein wenig groß ist. Ich habe bey 7 Stellen<br />

NB gemacht, welche der Zeichner zu seinen Darstellungen füglich wählen<br />

mögte. Doch muß man ihm nichts vorschreiben. Findet er welche,<br />

die ihn mehr begeistern, so mag er andere nehmen. Der Umschlag muß<br />

dunckel seyn, etwa Kaffeebraun, u. muß Ruinen, Höhlen, verfallene<br />

Burgen u. dergleichen darstellen. 229 Sie lassen doch 12 Kupfer machen?<br />

Der Ihrige Kotzebue.<br />

N.S. Da ich zu Michaelis ein grünes lebendiges Stammbuch in meinem<br />

Garten anlege, wozu alle meine Freunde mir Einen oder ein Paar<br />

Bäume schencken, so bitte ich Sie, mir zu Michaelis auch ein Paar zu<br />

schicken, am liebsten gute Kirsch- oder Pfirsch- oder Apricosenbäume;<br />

dann wird Ihr Nahme auf Blech gemahlt daran gehängt, und ich gedencke<br />

Ihrer danckbar dabey.<br />

Beides, Almanach und Bäume, ist Gegenstand eines weiteren <strong>Briefe</strong>s.<br />

Jena, d. 5ten August 1802.<br />

Das Format gefällt mir recht gut, nur scheint mir der <strong>Dr</strong>uck etwas zu<br />

fein; es ist wahres Augen Pulver. Ich kenne wohl 20 Menschen, die blos<br />

225 Vgl. Goethes Invektive ,Der neue Alcinous.


288 JÜRG MATHES<br />

wollen. Sie geben mir Schuld, ich f iinde Ihr h onorari um zu geringe.<br />

Das steht gewiß nicht in meinem <strong>Briefe</strong>, und kann nicht<br />

darinn stehn, weil es nicht in meiner Seele steht.<br />

Als Kotzebue diesen Brief schreibt, hatte er die Ankündigung, mn der<br />

Rentabilität willen bevorzugt <strong>Dr</strong>amen zu schreiben, bereits in die Tat<br />

umgesetzt. Auf Anregung des Berliner Verlegers La Garde, mit dem er<br />

durch die Ausgabe des >Merkwürdigsten Jahrs< in französischer Spraehe<br />

231 in Berührung gekommen ist, schließt er im Mai 1802 das Manu­<br />

skript zum ersten Band des >Almanach <strong>Dr</strong>amatischer Spiele< ab. 232 Im<br />

Gegensatz ZlUll >Almanach der ChronikenDer Freimüthige< druckt,235 ent­<br />

steht eine Partnerschaft, die <strong>Kummer</strong>s Anteil am Verlag der Werke<br />

spürbar schmälert.<br />

231 V gl. Anm. 221.<br />

232 Vgl. Vorrede zu dem >Almanach <strong>Dr</strong>amatischer Spiele zur geselligen Unterhaltung<br />

auf dem LandeAlmanach <strong>Dr</strong>amatischer SpieleAlmanach der Chroni1mn< statt für 2 Taler 16 Groschen<br />

für nur 16 Groschen angeboten, vgl. Verlags ankündigungen der letzten Seite.<br />

234 Wie Kotzebue selbst angibt, war es der Wunsch des preußischen Königs<br />

Friedrich Wilhehn III., Berlin zum Wolmsitz zu wählen. Er ernannte Kotzebue<br />

zum Kanonikus von Magdeburg und zum Mitglied der Berliner Akademie der<br />

I'Vissenschaften. V gl. Müller, S. 189 f.<br />

235 Die Verbindung zu Heinrich Fröhlich kommt durch Garlieb Merkel (1769<br />

bis 1850), den Mitarbeiter an Kotzebues >Der Freimüthige, oder Berlinische Zeitung<br />

für gebildete, unbefangene LeserErnst und Scherz< bei Fröhlich verlegt. 1804, vereinigen<br />

Merkel und Kotzehue ilu·e Blätter unter dem Titel >Der Freimüthige, oder Ernst<br />

und Scherz. Ein UnterhaItungsblattFreimüthigen<<br />

oder besser .Kotzebues gegen Goethe und die R.omantiker ist bekannt. Zu<br />

Einzelheiten vgl. Stenger, S.36-42, ferner: Thersites, Die Erinnerungen des<br />

deutsch-baltischen Journalisten Garlieb MerkeI, 1796-1817, hrsg. von Maximilian<br />

Müller-Jabusch, Berlin 1921, S. 139-143.<br />

AUS BRIEFEN KOTZEBUES AN SEINEN VERLEGER KUMMER 289<br />

Nach dem Tode seiner zweiten Frau am 22. August 1803 sucht<br />

Kotzebue Zerstreuung in einer Reise nach Paris, die er zusammen mit<br />

Weber 236 unternimmt. Kurz nach der Rückkehr im Frühjahr 1864 ist<br />

das Manuskript der Reisebeschreibung abgeschlossen, das nicht - wie<br />

zu erwarten wäre - <strong>Kummer</strong> verlegt, sondern Fröhlich. 237 Darüber<br />

kommt es zu einem kleinen, aber heftigen Zusammenstoß, der neben<br />

Kotzebues Geschäftstüchtigkeit besonders <strong>Kummer</strong>s übertriebene V or­<br />

sicht bloßstellt.<br />

Berlin, d. 22sten März 180+.<br />

Da Sie den Nahmen Freund, den ich Ihnen immer von Herzen geb,<br />

bespötteln, so werde ich mich dessen in Zukunft enthalten. Allerdings<br />

beweißt Ihr Brief daß Sie nicht mein Freund sind, denn solche erniedrigende<br />

Vorschläge thut man keinem Freunde. Ich kann von meinem Erstaunen<br />

darüber noch nicht zu mir selbst kommen. Sie müssen wohl<br />

glauben, daß ich um 1000 rho sehr verlegen bin, daß Sie mir, und noch<br />

dazu auf eine so bittere Art, solche Zumuthungen machen. Ich dancke<br />

sehr für Ihren guten Willen u. werde mir auf andere Weise zu helfen<br />

suchen, sollte auch mein Sohn so lange Fähndrich bleiben als der Hauptmann<br />

von Capernaum. 238<br />

Ihre beissenden Vorwürfe sind eben so unwahr als lr.ränckend. Nie<br />

habe ich meine Manuscripte gleichsam verauctionirt. Ich seI b s t habe<br />

jederzeit, nach meiner Kenntniß des Publicums u. des Buchhandels, denjenigen<br />

Preiß darauf gesezt, den ich glaubte, daß man ihn geben könne<br />

worinn ich mich auch nie geirrt habe; dann habe ich allemal Ihnen,<br />

(u. fürwahr aus Freundschaft) das Buch zuerst angeboten. Fanden<br />

Sie den Preiß zu hoch, oder mutheten mir zu, Jahrelang zu warten, wie<br />

der Absatz seyn werde, weil Sie zu furchtsam waren ja, dann gab ich es<br />

freylich demjenigen, der diese Vorsicht nicht für nöthig erachtete, sondern<br />

gleich zahlte was ich verlangte. Mein Verfahren hiebey war also<br />

rechtlich u. freundschaftlich. Überhaupt ist es nur einmal vorgefallen,<br />

mit dem merckwürdigsten Jahr, u. da ist die Schuld durchaus ganz allein<br />

236 Der Kapellmeister und Komponist Bernhard Ansehn Weber (1766-1821),<br />

der mehrere Werke Kotzebues vertonte, z. B. >Das Gespenst< (unter dem Titel<br />

,DeodataDie kleine Zigeunerin< und ,Hermann und Thusnelda


1:111,<br />

290 JÜRG MATHES<br />

auf Ihrer Seite. Für die Hussiten 239 wurde mir zweymal so viel geboten,<br />

als ich von Ihnen gewöhnlich erhalte, u. ich wieß alle Anträge ab,<br />

gab sie Ihnen zu dem gewöhnlichen Preise u. machte mir nicht einmal<br />

ein Verdienst daraus. Dafür muß ich jezt Spott u. Bitterkeiten hören;<br />

u. endlich noch die sonderbarste Zumuthung, die jemals an einen Schriftsteller<br />

gemacht worden, nemlich, er soll sich durch einen Contract verbindlich<br />

machen, nie etwas an seinen Schriften zu verbessern, dafür soll<br />

er in 3 Jahren 150rh. Zinsen gewinnen. Diesen Vorschlag kann ich<br />

natürlich nicht eingehen. Behalten Sie Ihr Geld u. ich behalte das Recht<br />

meine Schauspiele zu feilen.240<br />

Hingegen will ich Sie recht gern von der Verbindlichkeit lossprechen,<br />

die Ausgabe meiner sämmtlichen Wercke zu verlegen. Gott bewahre<br />

mich, daß ich Sie ruiniren sollte, wie Sie sagen. Sie werden es vielleicht<br />

für Prahlerey halten, wenn ich Ihnen sage, daß mir für 20 Bände, theils<br />

Schauspiele, theils sonst auserlesene Schriften, Zeh n tau sen d Thaler<br />

geboten worden,241 Sie sehen also daß ich nicht verlegen bin, u. Sie<br />

Ihre völlige Freyheit haben.<br />

Sie scheinen überhaupt zu glauben, daß ich bey der Ausgabe meiner<br />

sämmtlichen Werke Geldgewinn besonders beabsichtige. Das ist so wahr<br />

Gott lebt nicht der Fall. Meisterstücke kann ich zwar nicht liefern, wie<br />

Sie spöttisch zu sagen belieben, aber daß mein Geschmack sich gereinigt<br />

hat, das kann u. will ich der Welt zeigen. - Aber wie lange können Sie<br />

wohl billigerweise verlangen, daß ich auf Absatz Ihres noch übrigen<br />

V orratlls warten soll? vor zwey Jahren vertrösteten Sie mich auf das<br />

Jahr 1805, und nun ist Ihnen auch das noch zu früh.<br />

Auch die Fortsetzung der Kinder meiner Laune will ich Ihnen gar<br />

nicht aufdringen.242 Sie können Sie entweder unter einem anderen Titel<br />

drucken oder auch gar nicht drucken, alles wie Sie wollen. Ob ich das<br />

Ganze zu Michaelis liefern könne, kann ich noch nicht gewiß versprechen.<br />

Wegen Wieland werde ich mich erkundigen. 243<br />

230 Die Hussiten vor Naumburg im Jahr 1452. Ein vaterländisches Schauspiel<br />

mit Chören in fünf Acten


294 JÜRG MATHES<br />

Da <strong>Kummer</strong> infolge der Kriegswirren, die auch den Leipziger Buch­<br />

handel in Mitleidenschaft gezogen haben, keine Zusagen machen kann,<br />

wählt Kotzebue einen Rigaer Verleger.<br />

Schwarzen 250 d. 6tenMay 1807.<br />

Endlich habe ich Einmal einen Brief von Ihnen erhalten, aber freylich<br />

einen nicht angenehmen Brief. Da die Stockung im Buchhandel so groß<br />

ist, daß Sie i n Ihr e m ga n zen Leb e n ni c h t hoff end ü rf e n<br />

auch nur einmal die Unkosten aus meinen Schriften<br />

wieder heraus zu ziehen, (wie Sie ausdrücklich sagen) so wäre<br />

es ja unverschämt von mir, wenn ich Ihnen jemals wieder etwas anbieten<br />

wollte. Ich habe unter diesen Umständen mit H. Hartmann 260 in Riga<br />

sowohl über die Preussische Geschichte u. meinen Roman Leontine,261<br />

als auch über den dramatischen Almanach contrahirt, u. bitte Sie, das<br />

Mnscpt zum leztern, welches Sie durch Schnoer & Stange 262 werden erhalten<br />

haben, an den Commissionäre des H. Hartmann abzuliefern.<br />

Wenn die Umstände sich ändern sollten, so hoffe ich auch daß wir<br />

unsere vieljährige Verbindung erneuern werden. Sollten Sie aber<br />

würcklich in Ihrem ganzen Leben keine Aussicht mehr haben<br />

Ihre Kosten aus meinen Schriften wieder zu gewinnen, so melden Sie<br />

mir, ob Sie auch die Schauspiele in Zukunft nicht mehr verlegen wollen?<br />

Denn in der O.(ster) Messe 1808 soll ein neuer Band erscheinen.263<br />

Ihr ergebenster Kotzebue.<br />

alte Mutter ist rein ausgeplündert worden, nur das Hemd auf dem Leibe u. ilu'<br />

Bett hat man ilu' gelassen. Ich hoffe daher um so mehr, daß Sie, Ihrem gütigen<br />

Versprechen gemäß, in diesem Monat 500 rh werden geschickt haben, denn nie<br />

hat sie nothwendiger Hülfe gebraucht als jezt.« Die Franzosen ziehen am 14,. Oktober<br />

in Weimar ein und plündern die Stadt.<br />

250 Von den Kriegswirren bleibt Estland weitgehend verschont. »Ich habe mir«<br />

- so teilt Kotzebue am 6. April 1807 mit - »ein neues Gut gekauft, wo ich jezt<br />

wohne. Ich bitte also künftig Ihre Addresse zu machen par Riga, Pernau & Runafer<br />

11 Schwarzen.«<br />

260 Bei Carl J ohann Gottfried Hartmann erscheinen >Preußens ältere Geschichte<<br />

(Anm. 256), der Roman >Leontine< (Anm. 261), der achte und neunte<br />

Jahrgang des >Almanach <strong>Dr</strong>amatischer SpieleGeist der JournaleLeontineFragment aus<br />

noch einem ungedruckten Roman: Leontine< in >Der FreimüthigeNeue SchauspieleAlmanach <strong>Dr</strong>amatischer Spiele< entgegen<br />

der Anweisung selber druckt 264 und statt der geforderten 900 nur<br />

500 Taler Honorar gibt, ist Kotzebue über das eigenmächtige und<br />

rigorose Vorgehen erbost.<br />

Schwarzen d. 3ten Octbr. 1807.<br />

Hochgeehrter Herr!<br />

Der Brief den ich Ihnen geschrieben,265 kann mein Gewissen unmöglich<br />

beunruhigen, denn er war ja blas eine Folge des Ihrigen. Sie sagen<br />

mir mit dürren Worten: daß Sie bey meinen Schriften, so lange Sie noch<br />

leben , nie Ihre K 0 s t e n wieder gewinnen werden. Nun sagen Sie mir<br />

um Gottes Willen, was soll denn ein rechtlicher Mann thun, wenn ihm<br />

so etwas gesagt wird? soll er sich auf dringen ? soll er einen Mann, dem<br />

er gern einen Ge w i n n s t zuwenden mögte, in Sc h ade n versetzen?vVas<br />

blieb mir denn übrig als mich an Jemand anders zu wenden? "Vi e<br />

konnte ich denn vermuthen, daß Sie doch noch etwas von mir drucken<br />

wollten, da Sie zeitlebens die Kosten nicht wieder heraus bringen konnten?<br />

Ich habe nemlich Ihren Brief mit dem kältesten Blute jezt eben<br />

wieder gelesen, aber ich bringe keinen andern Sinn heraus. Wenn Sie<br />

nicht einsehen, daß Sie selbst ganz allein an diesem Mißverstande Schuld<br />

sind , so haben Sie fürwahr zu wenig Selbsterkenntniß. Hätten Sie jene .<br />

übertriebene Schilderung nicht gemacht, (denn übertrieben muß SIe<br />

doch gewesen seyn, da Sie ja nicht gegen Ihren eigenen Vortheil handeln,<br />

u. mit gewissem Schaden etwas drucken werden;) hätten Sie mir<br />

für den Almanach ein leidliches Honorar geboten; so war alles zwischen<br />

uns in Richtigkeit. Abre statt der versprochenen 900 rho nun auf Einmal<br />

nur 500 zu bieten, das war doch würcldich allzuwenig, U. Sie konnten<br />

ja leicht dencken, daß ich entweder einen andern Verleger dazu suchen,<br />

204 Brief aus Schwarzen vom 21. September 1807: »Ich höre leider, daß Sie<br />

den Almanach nicht an Hartmann abliefern wollen; u. sollen gesagt haben: Sie<br />

hätten mir geschrieben, wellll ich das was Sie mir geboten, annehmen wollte, so<br />

mögte ich das Mscpt schicken; das hätte ich gethan, folglich würe es Ihr Eigenthum.<br />

Sie wissen aber wohl, daß sich das nicht SO verhält, sondern daß ich das<br />

Mscpt absandte, ohne noch zu wissen, was Sie geben wollten, u. daß ich, als ich<br />

hörte, Sie wollten nur 100 Frdor geben, Ilillen sogleich schrieb, Sie sollten es liegen<br />

lassen.« 100 Friedrichsdor gleich etwa 570 Taler. Das von <strong>Kummer</strong> schließlich<br />

gezahlte Honorar beträgt nur 500 Taler gleich 100 Louisdor, wie der folgende<br />

Brief zeigt.<br />

265 Der oben zitierte Brief vom 6. Mai.


298 JÜRG MATHES<br />

sehen, daß ich über 600 rho vor dem <strong>Dr</strong>ucke aus dem Mscpt gezogen.<br />

Zwar traf es sich wohl bisweilen, daß diese oder jene Bühne, aus Local<br />

Rücksichten, einmal ein Stück nicht annahm, doch auf 500 rho konnte<br />

ich immer rechnen, U. bey Lustspielen auf mehr. Da ich nun jezt, auf<br />

vielfältige Auffoderungen, nichts als Lustspiele schreiben werde, so<br />

läßt sich erwarten, daß jedesma1600 zu verdienen seyn werden; wobey<br />

ich manche Bühne nicht einmal erwähnt habe, die, wenn man sich mit<br />

ihr in Correspondenz setzen wollte, noch zu benutzen wäre, Z. B. Münster,<br />

Cassel, Düsseldorf, Dessau U.S.W. Nun sind mir aber alle diese Correspondenzen<br />

U. Mahnungen äusserst lästig, lwsten viel Porto, rauben<br />

viel Zeit U.S.W. Daher will ich gern etwas ansehnliches aufopfern, um<br />

das übrige gewiß, U. zu bestimmten Zeiten zu haben. Der Berliner Buchhändler<br />

bietet mir 600 rho für jedes Lustspiel in 4, oder 5 Acten, wofür<br />

es aber ganz sein Eigenthum wird, so daß er es verkaufen kann, so oft<br />

U. an wen er will. Verkauft er es nun würcklich an alle die genannten<br />

Bühnen, so bekommt er nicht allein sein Geld gleich wieder, sondern<br />

er spart das Honorar für den <strong>Dr</strong>uck gänzlich.<br />

Natürlich sind Sie der Erste den ich davon benachrichtigen muß.<br />

Wäre Ihnen dieses Arrangement gefällig, so wäre folgendes festzusetzen:<br />

1) Für jedes meiner Lustspiele in 4 oder 5 Acten, welches so beschaffen<br />

ist, daß jede Bühne in Deutschland es unbedencklich aufführen kann<br />

(wobey jedoch das Streichen einzelner Zeilen nicht in Anschlag kommt)<br />

zahlen Sie mir, drey Monat a dato des Empfangens, 600 rho Leipz. Cour.<br />

2) Sie zahlen dann weiter kein Honorar für den <strong>Dr</strong>uck<br />

3) Sie erhalten dafür die Berechtigung, das Stück an alle deutsche<br />

Bühnen zu verkaufen, um welchen Preiß Sie wollen u. können, ausgenommen<br />

nach Wien an das Hoftheater, wohin jedesmal die Erste Abschrift<br />

gratis gesandt werden muß,270 U. ausgenommen die Bühnen in<br />

Rußland.<br />

'I,) <strong>Dr</strong>ucken können Sie es dann meinetwegen wann Sie wollen, allein<br />

der Bühnen wegen, werden Sie wohl ein Jahr damit warten müssen;<br />

weshalb Sie wohl thun würden, .alle Abschriften an Einem Tage abzusenden,<br />

wodurch auch allem VVinckelhandel mit dem Mscpt, der mir<br />

oft so viel Schaden thut, vorgebeugt würde.<br />

5) Ich mache öffentlich bekannt, daß meine Mscpte künftig bey Niemandem<br />

sonst, als bey Ihnen zu haben sind.<br />

270 Bei der Ernennung zum Wiener Hoftheater-Dichter 1798 war Kotzebue<br />

die Bedingung eingegangen, alle Stücke zuerst dem Wiener Theater olme Anspruch<br />

auf Honorar zuzuschicken, vgl. Anm. 167.<br />

AUS BRIEFEN KOTZEBUES AN SEINEN VERLEGER KUMMER 299<br />

6) Sollte ich jemals nach Deutschland zurück kehren können, so behielte<br />

ich mir vor, diese Abmachung zu bestätigen oder aufzuheben.<br />

Ihr ergebenster Kotzebue.<br />

So fortschrittlich dieser Vorschlag auch ist 271 - eine Agentur für den<br />

Vertrieb dramatischer Werke wird erst 1832 gegründet 272 -, der kon­<br />

servative <strong>Kummer</strong> lehnt ab. Da Kotzebue ihm den Verlag der <strong>Dr</strong>amen<br />

vertraglich zugesichert hat und daher nicht den Berliner Verleger vor­<br />

ziehen kann, bleibt es bei der Anregung, was Kotzebue in dem Brief<br />

aus Schwarzen vom 27. Juni 1809 beklagt.<br />

Daß Sie meinen Vorschlag nicht angenommen, U. sich sogar sehr heftig<br />

darüber gegen H. Opitz geäussert,273 ist mir sehr schmerzhaft gewesen,<br />

da ich fest überzeugt bin, Sie würden dabey gewonnen, U. mich<br />

einer Sorge U. Mühe überhoben haben. Das Honorar von den Bühnen<br />

zu Berlin, <strong>Dr</strong>esden, Hamburg U. München beträgt allein 248rh. die<br />

immer prompt gezahlt werden. Die 100 rho aus Grätz sind auch immer<br />

richtig eingegangen. Ihr eigenes Honorar dazu gerechnet, beträgt die<br />

Summe schon fast so viel als ich gefodert. Um die Beschwerde los zu<br />

seyn, würde ich Ihnen sogar jedes Stück für 500 lassen. Einer Ihrer<br />

Ladendiener könnte Alles leicht besorgen. Doch ich will Sie nicht überreden.<br />

Ich will auch unseren Contract nicht verletzen, u. lieber ganz<br />

aufhören Schauspiele zu schreiben, da ich mit anderen Producten weniger<br />

genirt bin.<br />

Da >Preußens ältere Geschichte< den Beifall angesehener Geschicht­<br />

schreiber 274 erhalten hatte, befaßt sich Kotzebue erneut mit einem<br />

historischen Thema. Am 11. Mai 1810 meldet er <strong>Kummer</strong> aus Schwar-<br />

zen:<br />

Ich beschäftige mich jezt mit einer Geschichte des deutschen<br />

Reiches von dessen Ursprunge bis zu dessen Dn tergange.<br />

271 .Ähnlich modern war Kotzebues Abmaclllmg mit Iffland in Berlin aus dem<br />

Jahre 1799, bei dem Bülmenhonorar den Ertragswert eines Stückes mit zu berücksichtigen.<br />

Vgl. Weisker, S. 32f.<br />

272 Der Literat Ludwig von Alvensleben (1800-1868) gibt die >Allgemeine<br />

Theater-Chronik Wöchentliclle Mittheilungen von sämmtlichen deutschen Theatern<<br />

heraus, deren Jahrgänge 1-9 in Leipzig 1832--184·0 erscheinen. Im August<br />

1837 zieht er sich aus der Redaktion zurück.<br />

273 Vgl. Amn. 121.<br />

274 <strong>Johannes</strong> Müller und August Ludwig Schlözer, vgl. Anm. 257.


304 JÜRG MATHES<br />

Ich mögte (in Octav) ein Taschenbuch der neusten fr anz<br />

ö si s ehe n B ü h ne herausgeben. Ich habe nemlich gefunden daß alle<br />

neuere französische Stücke erbärmlich übersezt sind, die Ifflandschen<br />

Übersetzungen 290 nicht ausgenommen. Sie müßten üherhaupt, wenn sie<br />

für uns recht genießbar seyn sollen, gar nicht übersezt, sondern bearbeitet<br />

werden, so wie ich zum Beyspiel den Ge fan gen e n 291 bearbeitet<br />

habe. Halten Sie den einmal mit der, gleichfalls davon existirenden<br />

Übersetzung 292 zusammen und Sie werden gleich fühlen was ich meyne.<br />

Meine Idee wäre also, vom Jahr 1814· an, alle in Franckreich erscheinende<br />

neue Stücke, Opern u. Schauspiele, in das Taschenbuch zu sammeln,<br />

die gu t e n ganz zu bearbeiten, aus den mit tel m ä s s i gen nur<br />

einzelne Scenen zu geben, und von den sc h I e c h t e n nur Titel und<br />

Innhalt kurz zu erzählen. Das würde gewiß jährlich einen starcken<br />

Band geben. und, wie mich dünckt, Jedermann willkommen seyn. W 011ten<br />

Sie nun auf diese Idee entriren, so schicken Sie mir fürs Erste alle<br />

in diesem Jahr gedruckte französische Schauspiele, die in Leipzig oder<br />

Franckfurt zu haben sind, und verschreiben Sie sogleich das übrige aus<br />

Paris. Ich bin mit 10 rho für den Bogen zufrieden, und Sie können es<br />

ja mit Ein em Bande versuchen. Sollte es Ihnen aber nicht annehmlich<br />

seyn, so schreiben Sie es mir.<br />

Meinen wahrhaft herzlichen Glückwunsch zu der Verheyrathung<br />

Ihrer Mlle Tochter. Die bösen Zeiten sind hoffentlich nun vorbey; was<br />

noch lebt, wird sich des Lebens freuen.293<br />

Der Ihrigste Kotzebue.<br />

Ich bitte um gütige Beförderung der Einlage 294 Apropos, Sie werden<br />

doch zu Ostern einen neuen Band meiner Schauspiele drucken? 295<br />

1) Rudolph v. Habsburg 2) der Rehbock. 3) der Westindier.<br />

Die beyden ersten können Sie aus Berlin erhalten,296 durch meinen<br />

290 ,Beiträge für die deutsche Schaubülme in Uebersetzungen und Bearbeitungen<br />

ausländischer Schauspieldichter.< 2 Bde., Berlin 1807 f.<br />

291 ,Der Gefangene. Ein Lustspiel in einem AJü.< Leipzig 1800. Es ist eine<br />

Bearbeitung von ,Le prisonnier ou La ressemblance< des französischen Bülmendichters<br />

Alexandre Duval (1767-184.2). 292 Nicht nachweisbar.<br />

293 Anspielung auf den Tod seines ältesten Sohnes Wilhehn, vgl. Anm. 276.<br />

294 Nicht erhalten.<br />

295 ,Neue Schauspiele


306 JÜRG l\IJATHES<br />

ich Sie Ihnen nach gemachtem Gebrauch unbeschädigt zurück senden.<br />

Sie könnten ja den zweyten Theil immer im MeßCatalog ankündigen;<br />

wenn er auch erst späterhin fertig werden sollte. Mit Einem "Vorte :<br />

vertrauen Sie meinem Fleisse; wenn es mir physisch und moralisch<br />

m ö gl ich ist, so erfiUle ich Ihren Wunsch gewiß.<br />

Die >Geschichte des deutschen Reichs< ist eines der etwa dreißig Bücher,<br />

die auf dem Wartburgfest der deutschen Burschenschaften am 18. Oktober<br />

1817 feierlich verbrannt werden.<br />

Die wenigen erhaltenen <strong>Briefe</strong> aus den letzten Lebensjahren bestätigen<br />

das Fortbestehen des gewohnten Kontakts. Wie immer berichten<br />

sie nichts von den Spannungen, die um Kotzebue entstehen, als er<br />

sich, vom Zaren zum Berichterstatter über Politik und Wissenschaft<br />

ernannt,301 1817 in Weimar niederläßt und auf reaktionäre Weise die<br />

deutsch-nationale Bewegung und die Burschenschaften im >Literarischen<br />

Wochenblatt< bloßstellt. 302 Im letzten Brief an <strong>Kummer</strong> gibt<br />

Kotzebue Auskunft über den Wechselkurs des Rubels und berichtet:<br />

301 Am 16. März 1817 erhält Kotzebue seine Instruktionen, die von dem russischen<br />

Außenminister Karl Robert Graf von Nesselrode (1780-1862) unterzeichnet<br />

sind. Ihnen zufolge soll er jährlich zwei bis dJ.·ei Berichte über Neuerscheinungen<br />

auf dem Gebiet der Religion, Moral, Gesetzgebung, Politik, KriegslNemesis< äußert, gerät<br />

durch Indiskretion in Ludens Hände. Der Veröffentlichung in der >NemesisIsisVolksfreundLiterarisches Wochenblatt

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