Glyphosat und Agrogentechnik - Gentechnikfreie Regionen in ...
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GlyphOSAT UND AGROGENTEChNiK<br />
Betroffen waren auch Ackerrandbereiche, auf denen<br />
über 30 % weniger Beikräuter blühten <strong>und</strong> Samen bildeten<br />
<strong>und</strong> signifikant weniger Sp<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> bis zu 18<br />
% weniger Schmetterl<strong>in</strong>ge zu f<strong>in</strong>den waren (Roy et al.<br />
2003, Haughton et al. 2003). Durch Abdrift ausgebrachter<br />
Herbizide werden weiter entfernte Flächen belastet,<br />
was nicht nur benachbarte Nutzpflanzen schädigt (Thomas<br />
et al. 2005), sondern auch die übrige Flora (de Snoo<br />
& van der Poll 1999). Zudem könnte sich die Herbizidabdrift<br />
erhöhen, wenn Pflanzen im fortgeschrittenen<br />
Wachstumsstadium <strong>und</strong> aus größerer Höhe besprüht<br />
werden (Graef 2008). Dabei s<strong>in</strong>d Ackerränder für den<br />
Erhalt der biologischen Vielfalt besonders wichtig, da sie<br />
Lebensraum <strong>und</strong> Nahrungsquelle für zahlreiche Tierarten<br />
darstellen (Marshall & Moonen 2002), sie nicht mit<br />
Herbiziden zu besprühen, ist <strong>in</strong>sbesondere zum Schutz<br />
der Arthropoden-Diversität wichtig (De La Fuente et al.<br />
2010). Die <strong>in</strong>zwischen vielfach e<strong>in</strong>gerichteten Schutzprogramme<br />
für Ackerrandstreifen erkennen deren große<br />
Bedeutung für die Biodiversität ausdrücklich an. Barberi<br />
et al. (2010) stellen fest, die Forschung habe die Interaktionen<br />
zwischen Beikräutern <strong>und</strong> Arthropoden <strong>in</strong> Agrarökosystemen<br />
weitgehend ignoriert: Daten zur Rolle der<br />
genetischen <strong>und</strong> der Arten- <strong>und</strong> Habitatvielfalt sowie der<br />
Wechselwirkungen zwischen Nützl<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> Herbivoren<br />
von Beikräutern fehlten oder seien ungenügend.<br />
Bei Ausbr<strong>in</strong>gung von <strong>Glyphosat</strong> aus der Luft, wie <strong>in</strong><br />
den großflächigen RR-Soja-Monokulturen der USA<br />
<strong>und</strong> Late<strong>in</strong>amerikas häufig praktiziert, wird <strong>Glyphosat</strong><br />
über weite Areale verteilt; Areale, auf denen nicht nur<br />
RR-Pflanzen wachsen (Joensen et al. 2005). Gelangt<br />
<strong>Glyphosat</strong> <strong>in</strong> angrenzende Wald- <strong>und</strong> Heckenbereiche,<br />
führt das Breitbandherbizid auch hier zu Schäden, so<br />
brauchten Moose vier Jahre, bis sie sich <strong>in</strong> Vorkommen<br />
<strong>und</strong> Diversität nach e<strong>in</strong>maliger <strong>Glyphosat</strong>-Behandlung<br />
zu erholen begannen (Newmaster et al. 1999).<br />
10<br />
Der Verlust pflanzlicher Artenvielfalt zeigt unmittelbare<br />
Auswirkungen auf die Nahrungskette, wobei Vögel<br />
besonders empf<strong>in</strong>dliche Indikatoren darstellen. So belegte<br />
die Analyse von <strong>in</strong> Großbritannien von 1962 bis<br />
1995 erhobenen Daten e<strong>in</strong>e starke Korrelation zwischen<br />
Strukturveränderungen <strong>in</strong> der Landwirtschaft <strong>und</strong> dem<br />
Beg<strong>in</strong>n des Rückgangs von Vogelpopulationen (Chamberla<strong>in</strong><br />
et al. 2000). Die ersten Effekte wurden mit e<strong>in</strong>er<br />
zeitlichen Verzögerung von etwa sechs Jahren beobachtet:<br />
Änderungen der agronomischen Praxis machen<br />
sich demzufolge nicht unmittelbar im Artenrückgang<br />
bemerkbar, sondern werden häufig erst nach mehreren<br />
Jahren im Verlust an Biodiversität sichtbar – zu e<strong>in</strong>em<br />
Zeitpunkt, an dem die Umsteuerung bereits extrem<br />
schwierig ist. Die Veränderungen der agronomischen<br />
Praxis bei großräumigem Anbau Herbizid-resistenter<br />
Pflanzen lassen demzufolge negative Auswirkungen auf<br />
Agrarökosysteme erwarten, die bislang allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />
ausreichend untersucht s<strong>in</strong>d (Graef 2008, Graef et al.<br />
2010).<br />
Berichte aus Argent<strong>in</strong>ien belegen, dass auch hier negative<br />
Effekte auf die Biodiversität zu beobachten s<strong>in</strong>d,<br />
zumal die massive Ausweitung des Sojaanbaus nicht<br />
nur zu e<strong>in</strong>er starken Zunahme des Herbizide<strong>in</strong>satzes<br />
geführt hat (Kapitel 7) sondern bislang weniger <strong>in</strong>tensiv<br />
genutzte oder gar bewaldete Flächen der Intensivlandwirtschaft<br />
zugeführt wurden (Joensen et al. 2005,<br />
Pengue 2004a). De La Fuente et al. (2010) berichteten<br />
über die Abnahme des Artenreichtums an mehrjährigen,<br />
zweikeimblättrigen <strong>und</strong> exotischen Beikräutern<br />
sowie der nicht-herbivoren Arthropoden im Umfeld<br />
von RR-Sojaflächen. Ihre mehrjährigen, sich auf Entfernungen<br />
bis zu 1,5 km um RR-Sojaflächen erstreckenden<br />
Untersuchungen zeigten, dass e<strong>in</strong>e Zunahme der Anbauflächen<br />
von RR-Soja <strong>und</strong> die Herbizidbehandlung<br />
der Ackerränder Beikraut- <strong>und</strong> Arthropodenarten sowie<br />
funktionelle Gruppen an den Rand des Aussterbens<br />
br<strong>in</strong>gen.