Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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persönlichen Kontakte zu den italienischen Händlern unterhielten, die teilwei-<br />
se Angehörige krimineller Organisationen waren, kann nicht geschlossen werden,<br />
dass sie über den letzteren Umstand auch im Bild waren. Dazu bräuchte<br />
es zusätzlicher gewichtiger Indizien. Angehörige krimineller Organisationen<br />
pflegen ihren Bezug zum organisierten Verbrechen in aller Regel nicht mitzuteilen,<br />
jedenfalls nicht, wenn solches nicht unbedingt nötig ist. Geheimhaltung<br />
ist typologisch die Regel und rechtlich gar Tatbestandsvoraussetzung. Aus-<br />
serdem dürften diejenigen Händler, die kriminellen Organisationen angehörten,<br />
auch kaum ein Interesse daran gehabt haben, sich zu offenbaren: Sie<br />
verfügten in der Schweiz über problemlos mitspielende Geschäftspartner, die<br />
ihnen enorme Gewinnmöglichkeiten verschafften; indem sie ihren Bezug zum<br />
organisierten Verbrechen offen gelegt hätten, hätten sie nur das reibungslose<br />
Funktionieren der für sie äussert einträglichen Geschäfte gefährdet. An diesen<br />
Feststellungen ändern auch die Aussagen der als Auskunftspersonen befragten<br />
„pentiti“ nichts. Auch wenn zum Beispiel TT. aussagte, dass die Angeklag-<br />
ten gewusst hätten, dass er ein Camorrist sei und dass sie gewusst hätten,<br />
wem sie die Zigaretten verkauft hätten (TPF pag. 910.313 Z. 4 ff.). Ihm selbst<br />
haben die Angeklagten offensichtlich keine Zigaretten verkauft, denn die Aus-<br />
kunftsperson bezeichnet sich selbst nicht als Schmuggler (TPF pag. 910.315<br />
Z. 34). Seine Kenntnisse über den Ablauf des Zigarettenhandels hatte er von<br />
seinem Vater, der nur als Schmuggler (nicht auch als Camorrist) tätig war und<br />
die Angeklagten kannten ihn als dessen Sohn (TPF pag. 910.313 Z. 6 f.).<br />
Im Übrigen waren, wie bereits mehrfach ausgeführt, unter den Kunden, mit<br />
welchen persönliche Kontakte unterhalten wurden, eben auch solche, die<br />
ausser dem verbotenen Zigarettengeschäft keine rechtswidrige Aktivitäten<br />
pflegten und auch nicht Beteiligte an kriminellen Organisationen waren. Es ist<br />
wenig wahrscheinlich, dass solche Händler den Angeklagten gegenüber mit-<br />
geteilt haben könnten, dass sie Abgaben an die Sacra Corona Unita und die<br />
Camorra leisten. So legte unter anderem der Angeklagte I. nachgewiesener-<br />
massen Wert darauf, dass seine finanziellen Abgaben an die Camorra nicht<br />
bekannt würden (siehe u.a. Aussage von VV. in RH Bari 02 pag. 621) und es<br />
ist notorisch, dass das System mafiös erzwungener Abgaben in Italien unter<br />
anderem gerade deshalb funktioniert, weil die Betroffenen darüber Still-<br />
schweigen halten.<br />
Schliesslich bringt die Bundesanwaltschaft vor, dass die Angeklagten den<br />
Kontakt zum den Händlern VVV. und ZZZ. abgebrochen und sie nicht mehr<br />
beliefert hätten, als manifest geworden sei, dass es sich beim jenen um An-<br />
gehörige der Sacra Corona Unita handle. Sie interpretiert den Vorgang dahin-<br />
gehend, dass die Angeklagten so entschieden hätten, weil ihnen der Kontakt<br />
zu heiss geworden sei, was für ihr Wissen spreche. Für die gerichtliche Beur-