Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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den 60er-Jahren nicht mehr nach Italien gereist sei. Nach eigener Aussage<br />
vertraute er aber darauf, in der Schweiz rechtlich nicht belangt werden zu<br />
können, solange er ausschliesslich im Zusammenhang mit dem Zigaretten-<br />
schmuggel Geschäfte tätigte. Dass er die Berichterstattung sammelte, zeigt<br />
nur, wie er selber vorbringt, dass er wissentlich an der Grenze der Legalität<br />
handelte und sicher gehen wollte, keine Geschäftsbeziehung zu einem Krimi-<br />
nellen zu unterhalten, durch die er sich selbst möglicherweise auch in der<br />
Schweiz strafbar machen könnte. Das Sammeln der Zeitungsartikel genügt<br />
jedenfalls nicht, um den direkten oder den Eventualvorsatz auf Unterstützung<br />
krimineller Organisationen zu begründen. Dasselbe gilt für den Angeklagten<br />
B., mit dem sich A. nach eigener Aussage über alle Aspekte des gesamten<br />
Geschäfts stets unterhalten hat (TPF pag. 910.89 Z. 22). Von den übrigen An-<br />
geklagten ist nicht bekannt, ob und in welchem Umfang sie über die Berichter-<br />
stattung überhaupt im Bild waren. Für die Angeklagten E. und F., die nie im<br />
italienischen Sprachraum tätig waren, sondern nur im Kanton Jura und in An-<br />
dorra, ist die Kenntnis der italienischsprachigen Berichterstattung mit grösster<br />
Wahrscheinlichkeit positiv auszuschliessen.<br />
Was auf A. und B. zutrifft, gilt für die anderen Angeklagten umso mehr: Sie al-<br />
le gingen davon aus, sich in der Schweiz mit der Beihilfe zum Schmuggel<br />
nach Italien nicht strafbar zu machen; aufgrund der von der Anklagebehörde<br />
gesammelten Berichterstattung kann der Vorwurf nicht hinreichend begründet<br />
werden, sie hätten mit dem von ihnen betriebenen Geschäft wissentlich und<br />
willentlich die süditalienischen kriminellen Organisationen unterstützt.<br />
Die These der Anklage, wonach die Implikation der kriminellen Organisationen<br />
in den Zigarettenschwarzmarkt in den 90er-Jahren notorisch gewesen sei,<br />
wird durch folgende Umstände zudem entschieden in Frage gestellt: Notorisch<br />
war zwar das Geschäft des internationalen Zigarettenschmuggels, insbesondere<br />
nach Italien, sowie die Rolle, welche die Schweiz und insbesondere der<br />
Platz Lugano dabei innehatten. Die Schweiz wurde deshalb vor allem seitens<br />
der EU politisch unter Druck gesetzt. Gleichzeitig war auch bekannt, dass das<br />
in der Schweiz abgewickelte Geschäft von den Behörden und insbesondere<br />
von den Strafverfolgungsbehörden toleriert wurde – im Übrigen ist auch un-<br />
klar, gestützt auf welche Rechtsgrundlage damals polizeilich überhaupt hätte<br />
interveniert werden können. Auch die Gesetzgebungsorgane erkannten zu-<br />
nächst keinen Handlungsbedarf. Ebenso leistete die Schweiz, wenn über-<br />
haupt, nur sehr zurückhaltend Rechtshilfe, weil es sich aus Sicht der mit<br />
Rechtshilfe betrauten Behörden ausschliesslich um Fiskaldelikte zum Nachteil<br />
eines fremden Staates handelte. Die ersten Rechtshilfeersuchen, die Italien in<br />
dieser Sache an die Schweiz richtete, nahmen auf die Implikation krimineller<br />
Organisationen im Sinne von Art. 416 bis CPI beziehungsweise 260 ter StGB