30.10.2013 Aufrufe

Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht

Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht

Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

- 78 -<br />

den 60er-Jahren nicht mehr nach Italien gereist sei. Nach eigener Aussage<br />

vertraute er aber darauf, in der Schweiz rechtlich nicht belangt werden zu<br />

können, solange er ausschliesslich im Zusammenhang mit dem Zigaretten-<br />

schmuggel Geschäfte tätigte. Dass er die Berichterstattung sammelte, zeigt<br />

nur, wie er selber vorbringt, dass er wissentlich an der Grenze der Legalität<br />

handelte und sicher gehen wollte, keine Geschäftsbeziehung zu einem Krimi-<br />

nellen zu unterhalten, durch die er sich selbst möglicherweise auch in der<br />

Schweiz strafbar machen könnte. Das Sammeln der Zeitungsartikel genügt<br />

jedenfalls nicht, um den direkten oder den Eventualvorsatz auf Unterstützung<br />

krimineller Organisationen zu begründen. Dasselbe gilt für den Angeklagten<br />

B., mit dem sich A. nach eigener Aussage über alle Aspekte des gesamten<br />

Geschäfts stets unterhalten hat (TPF pag. 910.89 Z. 22). Von den übrigen An-<br />

geklagten ist nicht bekannt, ob und in welchem Umfang sie über die Berichter-<br />

stattung überhaupt im Bild waren. Für die Angeklagten E. und F., die nie im<br />

italienischen Sprachraum tätig waren, sondern nur im Kanton Jura und in An-<br />

dorra, ist die Kenntnis der italienischsprachigen Berichterstattung mit grösster<br />

Wahrscheinlichkeit positiv auszuschliessen.<br />

Was auf A. und B. zutrifft, gilt für die anderen Angeklagten umso mehr: Sie al-<br />

le gingen davon aus, sich in der Schweiz mit der Beihilfe zum Schmuggel<br />

nach Italien nicht strafbar zu machen; aufgrund der von der Anklagebehörde<br />

gesammelten Berichterstattung kann der Vorwurf nicht hinreichend begründet<br />

werden, sie hätten mit dem von ihnen betriebenen Geschäft wissentlich und<br />

willentlich die süditalienischen kriminellen Organisationen unterstützt.<br />

Die These der Anklage, wonach die Implikation der kriminellen Organisationen<br />

in den Zigarettenschwarzmarkt in den 90er-Jahren notorisch gewesen sei,<br />

wird durch folgende Umstände zudem entschieden in Frage gestellt: Notorisch<br />

war zwar das Geschäft des internationalen Zigarettenschmuggels, insbesondere<br />

nach Italien, sowie die Rolle, welche die Schweiz und insbesondere der<br />

Platz Lugano dabei innehatten. Die Schweiz wurde deshalb vor allem seitens<br />

der EU politisch unter Druck gesetzt. Gleichzeitig war auch bekannt, dass das<br />

in der Schweiz abgewickelte Geschäft von den Behörden und insbesondere<br />

von den Strafverfolgungsbehörden toleriert wurde – im Übrigen ist auch un-<br />

klar, gestützt auf welche Rechtsgrundlage damals polizeilich überhaupt hätte<br />

interveniert werden können. Auch die Gesetzgebungsorgane erkannten zu-<br />

nächst keinen Handlungsbedarf. Ebenso leistete die Schweiz, wenn über-<br />

haupt, nur sehr zurückhaltend Rechtshilfe, weil es sich aus Sicht der mit<br />

Rechtshilfe betrauten Behörden ausschliesslich um Fiskaldelikte zum Nachteil<br />

eines fremden Staates handelte. Die ersten Rechtshilfeersuchen, die Italien in<br />

dieser Sache an die Schweiz richtete, nahmen auf die Implikation krimineller<br />

Organisationen im Sinne von Art. 416 bis CPI beziehungsweise 260 ter StGB

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!