Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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rale Willensbildung einbezogen beziehungsweise einer solchen unterworfen<br />
worden wären. Das ab 1996 funktionierende zentralisierte System war hervorgegangen<br />
aus bereits früher langjährig betriebenen Geschäfts- und Schmug-<br />
gelpraktiken mit unzähligen Beteiligten und Warenflüssen auch über andere<br />
Adriaanrainerstaaten. Die Zentralisierung des Geschäfts in Montenegro, die in<br />
der Gewährung der Exklusivlizenz für die Angeklagten C. und B. zum Aus-<br />
druck kam, war einerseits darauf zurückzuführen, dass andere Umschlags-<br />
plätze (insbesondere Albanien) nicht mehr zur Verfügung standen, die Gewährung<br />
der Exklusivlizenz andererseits aber vor allem auch im Interesse der<br />
montenegrinischen Seite selbst stand (Vereinfachung der Abläufe und Ver-<br />
antwortlichkeiten, Kontrolle, Einziehung und Abwicklung der Ansprüche Montenegros<br />
aus der Transitlizenz). Das Bemühen der Angeklagten C. und B.,<br />
diese Lizenz zu erhalten, erklärt sich hinreichend mit deren eigenen finanziel-<br />
len Interessen – funktionierte diese Lizenz für die beiden in den folgenden<br />
Jahren doch wie der sprichwörtliche Goldesel aus Grimms Märchen. Es gibt<br />
keinerlei Hinweise darauf, dass dieses Geschäftsmodell im Auftrag einer kri-<br />
minellen Organisation konzipiert und im Folgenden organisiert und arbeitsteilig<br />
umgesetzt worden wäre. Die weiteren einzelnen Umstände bestätigen den<br />
Befund, dass es sich beim Handelssystem nicht um eine Organisation im Sin-<br />
ne des Tatbestandes, sondern um ein horizontal organisiertes Zusammenspiel<br />
selbstständiger Akteure gehandelt hat: Die Unterlizenznehmer liessen die in<br />
Montenegro vorrätige, vertraglich bereits an die Italiener verkaufte Ware erst<br />
freigeben, wenn und nachdem die Käufer den Preis bezahlt hatten, also nur<br />
gegen Vorauszahlung. Läge ein Organisation vor, die ein eigenes Interesse<br />
an dem von ihr gesamthaft gesteuerten und beherrschten Geschäft hätte und<br />
die Vertrauen und Verbindlichkeit intern durchsetzen würde, wäre zu erwarten,<br />
dass auch ohne Bezahlung geliefert worden wäre. Weiter fällt auf, dass die<br />
Angeklagten mit dem Geschäft für sich ein Mehrfaches dessen verdient ha-<br />
ben, was den kriminellen Organisationen in Italien insgesamt direkt zukam.<br />
Auch sind keinerlei Absprachen bewiesen, die zwischen den Angeklagten und<br />
den hypothetisch zu ihrer Gruppierung gehörenden Vertretern italienischer<br />
krimineller Organisationen über Art, Struktur, Umfang und Modalitäten des<br />
Geschäfts geführt worden wären. Schliesslich mussten die Vertreter der krimi-<br />
nellen Organisationen, die den Umsatz in Montenegro „besteuern“ wollten, ih-<br />
re Information vor Ort einholen. JJJJJ. zum Beispiel hatte gemäss Aussage<br />
von I. Zugang zu den Büroräumlichkeiten im Hafen und konnte so auch die<br />
Ladescheine kontrollieren (VA BA pag. 13.2.645) Hätte es einen den Handel<br />
übersteigenden organisatorischen Zusammenschluss zwischen den Angeklagten<br />
und weiteren am Geschäft direkt und indirekt beteiligten Personen ge-<br />
geben, wäre es ein Leichtes gewesen, sich die nötigen Informationen direkt<br />
bei den Angeklagten zu beschaffen, führten diese doch über ihre Umsätze getrennt<br />
nach Kunde minutiös Buch.