Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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Die Bereicherung durch verbrecherische Mittel setzt das Bestreben der Orga-<br />
nisation voraus, sich durch die Begehung von Verbrechen, namentlich von<br />
Verbrechen gegen das Vermögen und von als Verbrechen erfassten Wider-<br />
handlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, rechtswidrige Vermögensvor-<br />
teile zu verschaffen“ (132 IV 132, E. 4.1.1, ebenso BGE 129 IV 271 E. 2.3.1<br />
mit Hinweisen). Neben den explizit im Gesetz genannten Elementen der Ge-<br />
heimhaltung und der kriminellen Zwecksetzung ergeben sich aus dieser Be-<br />
griffsbestimmung die folgenden Merkmale einer Organisation als solcher: Auf<br />
Dauer angelegter Personenzusammenschluss, dessen Bestehen von der Mit-<br />
gliedschaft einzelner Personen unabhängig ist, Arbeitsteilung, Professionalität,<br />
Befehlsunterworfenheit der Mitglieder. Nicht explizit nennt das Bundesgericht<br />
die hierarchische Struktur, die sich jedoch aus der Arbeitsteiligkeit und der Be-<br />
fehlsunterworfenheit der Mitglieder ergibt (vgl. aber Botschaft des BR,<br />
BBl 1993, S. 297). Auch in der Literatur wird eine hierarchische, autoritäre und<br />
arbeitsteilige Struktur vorausgesetzt (TRECHSEL/VEST, StGB Praxiskommen-<br />
tar, Art. 260 ter , N. 4). Arzt postuliert eine gegenüber dem kriminologischen<br />
Begriff der Verbrechensorganisation engeren Rechtsbegriff und stimmt gleichzeitig<br />
mit Kaiser darin überein, dass eine Verbrechensorganisation durch eine<br />
hierarchische Organisationsstruktur gekennzeichnet sei (ARZT, Kommentar<br />
Einziehung / Organisiertes Verbrechen / Geldwäscherei, Band I, Zürich 1998,<br />
Art. 260 ter , N. 114), womit er indirekt eine hierarchische Struktur als Tatbe-<br />
standselement postuliert. Weiter schreibt er der Organisation einen gleichsam<br />
eigenen Willen sowie die Gehorsamserwartung gegenüber den Mitgliedern zu<br />
(ARZT, a.a.O., N. 119).<br />
b) Vor diesem Hintergrund kann das ab 1996 funktionierende Handelssystem für<br />
unversteuerte Zigaretten mit Lieferung über Montenegro nach Italien als Gan-<br />
zes im Sinne einer Organisation sui generis nicht unter den Tatbestand sub-<br />
sumiert werden, fehlt es doch bereits an einer Organisation im Sinne des Gesetzes.<br />
Zwar war der Handel hochgradig und arbeitsteilig strukturiert, von ei-<br />
ner hierarchisch aufgebauten Organisation mit gleichsam eigener Willensbil-<br />
dung, Zurechenbarkeit der von ihr ausgehenden Handlungen und mit autoritärer<br />
Willensdurchsetzung gegenüber den Mitgliedern kann jedoch nicht ge-<br />
sprochen werden. Der – sehr wohl organisierte – Handel funktionierte viel-<br />
mehr horizontal als Markt mit selbstständig und weitgehend frei agierenden<br />
Teilnehmern auf verschiedensten Stufen und mit ausdifferenzierten Funktio-<br />
nen, Teilnehmern, die je ihre eigenen Interessen verfolgten und im Zusam-<br />
menspiel mit den anderen Akteuren auf eigene Rechung und eigenes Risiko<br />
handelten. Bei dieser Sachlage ist die Annahme einer zentralen Steuerung<br />
und strukturierten internen Willensbildung der hypothetischen Organisation<br />
wenig plausibel; ausserdem hat das Verfahren keinerlei Hinweis darauf oder<br />
gar Beweis dafür erbracht, dass die Angeklagten in eine entsprechende zent-