30.10.2013 Aufrufe

Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht

Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht

Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

- 50 -<br />

rettengeschäft involviert. Die Behauptung der Anklageschrift, diese beiden Or-<br />

ganisationen hätten den Zigarettenschwarzhandel kontrolliert und beherrscht,<br />

wird diesen Differenzen möglicherweise nicht gerecht beziehungsweise kann<br />

nur auf genereller Ebene gelten: Dass nämlich diese Organisationen sicher-<br />

stellten, selbst an dem Geschäft partizipieren zu können, ohne dass damit etwas<br />

über die Art und Weise dieser Partizipation gesagt wäre.<br />

• Dasselbe gilt für die einzelnen Clans der kriminellen Grossorganisationen, die<br />

in ganz unterschiedlicher Weise oder auch gar nicht in den Zigaretten-<br />

schwarzmarkt involviert gewesen sein können.<br />

• Schliesslich kann nicht davon ausgegangen werden, dass die verschiedenen<br />

bestehenden kriminellen Organisationen in ganz Italien und im Verlauf der<br />

Zeit, wenn überhaupt, stets in derselben Weise in den Schwarzhandel mit Zigaretten<br />

involviert gewesen sind. Das ergibt sich unter anderem aus dem par-<br />

lamentarischen Untersuchungsbericht zum Phänomen des Zigaretten-<br />

schmuggels <strong>vom</strong> 6. März 2001 (VA BA Beilageordner 1 zur Anklageschrift,<br />

FN 1), vor allem aber auch aus der Aussage des Dirigente della Squadra Mo-<br />

bile von Neapel QQ.: Dieser führte als Zeuge in der Hauptverhandlung aus,<br />

dass die Camorra das Geschäft mit dem Tabakschmuggel aufgegeben habe,<br />

weil sie lukrativere Erwerbsquellen vor allem im Drogenhandel gefunden habe<br />

(TPF pag. 910.346 Z. 15 ff.). Erst in den 90er-Jahren, als man festgestellt ha-<br />

be, welch enorme Mengen an Zigaretten auf dem Schwarzmarkt umgesetzt<br />

würden, sei dieser <strong>Entscheid</strong> rückgängig gemacht worden und die Camorra<br />

habe sich des Geschäfts wieder angenommen (TPF pag. 910.347 Z. 21 ff.).<br />

• Schmugglerfamilien beziehungsweise Schmugglerclans sind grundsätzlich<br />

keine kriminellen Organisationen im Sinne der Camorra oder der Sacra Coro-<br />

na Unita. Die italienische Rechtsprechung subsumiert sie unter Art. 416 CPI<br />

(„associazione per delinquere“) und spricht von Personenzusammenschlüs-<br />

sen, die den Zweck haben, Straftaten („delitti“) zu begehen (auch der oben<br />

erwähnte parlamentarische Untersuchungsbericht spricht teilweise von kriminellen<br />

Organisationen, deren strafbare Handlung, ausschliesslich im Schmug-<br />

gelgeschäft liegt). Das Geschäft des Schmuggels an sich legaler Ware zum<br />

Zwecke der Steuer- und Zollumgehung wurde seit Langem von Clans und<br />

Familien betrieben, die sich in Italien fast ausnahmslos wegen organisierter<br />

beziehungsweise bandenmässiger Kriminalität strafbar gemacht haben, je-<br />

doch nicht beziehungsweise nur in Einzelfällen im Sinne des Mafiatatbestandes<br />

(Art. 416 bis CPI). Die auf die Schweiz übertragene Anwendung von<br />

Art. 416 CPI im Sinne von Art. 260 ter StGB ist zwar grundsätzlich möglich,<br />

würde aufgrund der Voraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit indes voraussetzen,<br />

dass das in Italien im Sinne des Organisationstatbestand began-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!