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Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht

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Der Zeuge ist eine <strong>vom</strong> Beschuldigten verschiedene Person, welche in einem be-<br />

sonders geregelten Verfahren einem Gericht oder einer Untersuchungs- und Anklagebehörde<br />

unter strafrechtlich sanktionierter Wahrheitspflicht (Art. 307 StGB) über<br />

die von ihr wahrgenommenen Tatsachen Auskunft geben soll. Er ist täterschaftlich<br />

nicht an der abzuklärenden Handlung beteiligt und nimmt somit eine für die Wahrheitsfindung<br />

wertvolle Stellung ein (HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, a.a.O., § 62 N. 1).<br />

Als Regel ist festzuhalten, dass als Zeuge nur in Frage kommt, wer nicht als Be-<br />

schuldigter oder Auskunftsperson einzuvernehmen ist (SCHMID, Strafprozessrecht,<br />

Zürich 2004, 4. Aufl., § 40, N. 628). Der Zeuge untersteht der Wahrheitspflicht, das<br />

falsche Zeugnis steht unter Strafandrohung (Art. 307 StGB). Er hat nur unter gewis-<br />

sen Voraussetzungen ein Zeugnisverweigerungsrecht.<br />

Die Auskunftsperson dagegen hat keine erzwingbare Aussage- und strafrechtlich<br />

sanktionierte Wahrheitspflicht. Auskunftspersonen können solche sein, welche in<br />

den möglichen Täterkreis fallen, ohne dass handgreifliche Anhaltspunkte für die Tä-<br />

terschaft oder die Mitbeteiligung vorliegen (HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, a.a.O.,<br />

§ 63 N. 2 und N. 5).<br />

Es ist unbekannt, wie weit die Verfahren gegen die vier genannten Personen fortge-<br />

schritten sind und inwieweit sie schon in den Genuss einer Strafmilderung kamen<br />

oder ob sich ein „zuvorkommendes“ Aussageverhalten weiter positiv auf ihre eigene<br />

Strafe auswirken könnte. Im weiteren haben sie gemäss italienischem Recht auch<br />

ein weitergehendes Aussageverweigerungsrecht als Zeugen im Schweizerischen<br />

Strafprozess. Infolge dieser Umstände werden die „pentiti“ als Auskunftspersonen<br />

einvernommen.<br />

Die Einvernahmen finden nicht wie üblich im Gerichtssaal statt. Die „pentiti“ sind in<br />

Italien in Haft oder stehen unter Hausarrest. Ihr Transport an den Verhandlungsort<br />

ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Deshalb finden die Einvernahmen mittels<br />

Videobefragung statt, bei welchen alle im hiesigen Gerichtssaal Anwesenden die<br />

jeweils einvernommene Person nicht nur hören, sondern auch sehen können, wenn<br />

auch nur – wiederum aus Gründen der Sicherheit für den Aussagenden – von hinten.<br />

Eine solche Befragung findet ihre gesetzliche Grundlage in Art. VI des Vertra-<br />

ges <strong>vom</strong> 10. September 1998 zwischen der Schweiz und Italien zur Ergänzung des<br />

Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen <strong>vom</strong> 20. April<br />

1959 und zur Erleichterung seiner Anwendung (SR 0.351.945.41). In dem selben<br />

Artikel finden sich auch die Modalitäten einer solchen Befragung, welche nach den<br />

Grundprinzipien der Rechtsordnung des ersuchten Staates zu erfolgen hat. Die Befragung<br />

wird in Anwesenheit des jeweiligen Verteidigers des „pentito“ <strong>vom</strong> zuständi-<br />

gen Gericht in Bari mitverfolgt. Der Ablauf der Befragungen wurde <strong>vom</strong> Gericht in<br />

Bari protokolliert (TPF pag. 855.117 ff.) und entspricht in seiner Form dem zitierten<br />

Staatsvertrag.

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