Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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Das Verlesen der Anklageschrift dient primär der Öffentlichkeit des Verfahrens; in<br />
zweiter Linie ist darin die Verwirklichung des Anspruchs des Angeklagten zu sehen,<br />
dass ihm die gegen ihn erhobenen Vorwürfe detailliert zur Kenntnis gebracht wer-<br />
den. Der Anspruch des Angeklagten auf Verlesen der Anklage wird hinfällig durch<br />
die vorgängige Zustellung der Anklageschrift an ihn beziehungsweise dessen Verteidiger.<br />
Die Anklageschrift wurde in die Sprachen Französisch und Italienisch über-<br />
setzt, konnte somit von allen anwesenden Angeklagten in ihrer Muttersprache gele-<br />
sen werden. In casu ist das Recht des Verlesens ausserdem insoweit verwirkt, als<br />
dem Gericht vor dem <strong>Entscheid</strong> über das öffentliche Zugänglichmachen der Ankla-<br />
geschrift mitgeteilt wurde, dass das Verlesen dann verlangt werde, wenn das Ge-<br />
richt dieselbe öffentlich zugänglich mache. Damit sollte offensichtlich nicht ein rechtmässig<br />
begründetes Interesse am Verlesen der Anklageschrift geltend gemacht,<br />
sondern Druck auf das Gericht ausgeübt werden.<br />
Das Aushändigen der kompletten Anklageschrift an die akkreditierten Journalisten<br />
und das Auflegen derselben für das interessierte Publikum ist ein Surrogat für das<br />
öffentliche Verlesen. Auf Letzteres wird deshalb verzichtet.<br />
1.6 Verfahrens- und Verhandlungssprache<br />
1.6.1 Wechsel der Verfahrenssprache <strong>vom</strong> Deutschen zum Italienischen<br />
Gemäss Art. 97 Abs. 1 BStP wird vor dem <strong>Bundesstrafgericht</strong> in der Sprache des<br />
Angeklagten verhandelt, wenn er deutsch, französisch oder italienisch spricht. Bei<br />
einer Mehrheit von Angeklagten und in zweifelhaften Fällen entscheidet der Präsi-<br />
dent.<br />
In Ausübung des Ermessens, welches die genannte Gesetzesbestimmung dem Prä-<br />
sidenten einräumt, hielt dieser für das Verfahren vor <strong>Bundesstrafgericht</strong> an der bisherigen<br />
Verfahrenssprache Deutsch fest (TPF pag. 410.20 f.). Aufgrund eines<br />
Schreibens des Verteidigers des Angeklagten C. (TPF pag. 523.60 ff.) bestätigte der<br />
Präsident dies mittels Verfügung <strong>vom</strong> 1<strong>8.</strong> Februar <strong>2009</strong> (TPF pag. 430.60 ff.) nochmals.<br />
Dagegen opponierte ein Teil der Verteidiger und beantragte mittels Be-<br />
schwerde ans Bundesgericht einen Wechsel der Verfahrenssprache zum Italieni-<br />
schen (1B_70/<strong>2009</strong>, 1B_75/<strong>2009</strong>, 1B_77/<strong>2009</strong>, 1B_79/<strong>2009</strong>, 1B_83/<strong>2009</strong>). Das<br />
Bundesgericht wies die Anträge um aufschiebende Wirkung der Beschwerden ab<br />
(Verfügungen <strong>vom</strong> 25. März <strong>2009</strong> des Bundesgerichts in den erwähnten Fallnum-<br />
mern). Mit Urteilen <strong>vom</strong> 7. respektive 16. April <strong>2009</strong>, das heisst bereits während laufender<br />
Hauptverhandlung, trat das Bundesgericht auf die Beschwerden nicht ein,<br />
äusserte sich aber dahingehend, dass die Beibehaltung der Verhandlungssprache<br />
Deutsch die Verfahrensleitung nicht an der Gewährleistung der Parteirechte hindere<br />
(Urteil des Bundesgerichts 1B_70/<strong>2009</strong> <strong>vom</strong> 7. April <strong>2009</strong> E. 2.5 bzw. Urteile des