Entscheid vom 8. Juli 2009 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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1.3 Ne bis in idem<br />
- 28 -<br />
Die Verteidigung beantragt anlässlich des den Vorfragen gewidmeten Teils der<br />
Hauptverhandlung, das Verfahren sei zu sistieren, eventualiter sei es gestützt auf<br />
den Grundsatz ne bis in idem einzustellen. Zur Begründung bringt sie vor, dass gegen<br />
die Angeklagten in Italien Verfahren wegen desselben Sachverhalts hängig sei-<br />
en, welche früher an die Hand genommen worden seien als das vorliegende oder<br />
schon durch Urteile italienischer Gerichte abgeschlossen seien. Dass diese Urteile<br />
zum Teil noch nicht rechtskräftig seien, verhindere eine Sistierung nicht, da der<br />
Grundsatz ne bis in idem nicht nur eine doppelte Bestrafung verhindern solle, son-<br />
dern auch eine doppelte Strafverfolgung.<br />
Der Grundsatz ne bis in idem beziehungsweise das Verbot der Doppelbestrafung<br />
ergibt sich unmittelbar aus der Bundesverfassung sowie aus Art. 4 Abs. 1 des Protokolls<br />
Nr. 7 <strong>vom</strong> 22. November 1984 zur Konvention zum Schutz der Menschen-<br />
rechte und Grundfreiheiten (SR 0.101.07) beziehungsweise aus Art. 14 Abs. 7 des<br />
Internationalen Pakts <strong>vom</strong> 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische<br />
Rechte (UNO-Pakt II, SR.0.103.2). Danach soll sichergestellt sein, dass eine Person<br />
– im nationalen Strafverfahren – nicht zweimal wegen derselben Tat bestraft wird.<br />
Der Grundsatz gilt somit nicht im Verhältnis mehrerer Staaten zueinander. Ne bis in<br />
idem ist ein im internationalen Strafrecht nur eingeschränkt umgesetztes Prinzip.<br />
Die internationale Umsetzung ist primär in Art. 3 Abs. 2 bis 4 StGB und in Art. 6<br />
Abs. 3 und 4 StGB geregelt.<br />
Art. 3 Abs. 2 StGB bestimmt im Wesentlichen, dass dem Inlandtäter, der für die glei-<br />
che Tat im Ausland verurteilt wurde, die ganz oder teilweise vollzogene Auslandstrafe<br />
<strong>vom</strong> Schweizer Richter angerechnet wird. Gemäss Art. 3 Abs. 3 StGB wird ein In-<br />
landtäter unter gewissen Bedingungen in der Schweiz nicht mehr verfolgt, wenn er<br />
auf Ersuchen der Schweizer Behörden im Ausland verfolgt worden und <strong>vom</strong> ausländischen<br />
Gericht endgültig freigesprochen worden ist oder die im Ausland ausge-<br />
sprochene Sanktion vollzogen oder verjährt ist. Eine Verfolgung von im Ausland be-<br />
gangenen Vergehen oder Verbrechen, zu deren Verfolgung sich die Schweiz durch<br />
ein internationales Übereinkommen verpflichtet hat, erfolgt in der Schweiz gemäss<br />
Art. 6 Abs. 3 StGB unter gewissen Bedingungen nicht mehr, wenn ein ausländi-<br />
sches Gericht den Täter endgültig frei gesprochen hat oder die im Ausland ausgesprochene<br />
Sanktion vollzogen oder verjährt ist. Nachdem die hier angeklagten Ta-<br />
ten im Ausland bisher weder zu einem endgültigen Freispruch noch zu einer rechts-<br />
kräftigen Verurteilung beziehungsweise zur Verjährung geführt haben, kommen die<br />
ne bis in idem-Bestimmungen des Schweizer Rechts nicht zur Anwendung.<br />
Das Strafgesetzbuch schliesst gerade nicht aus, dass eine Person in der Schweiz<br />
für Taten angeklagt und beurteilt wird, für die sie – insgesamt oder in Teilen – auch